Home Zur Bedeutung von Kernwaffen unter Bedingungen strategischer Rivalität – analytische Denkanstöße
Article Publicly Available

Zur Bedeutung von Kernwaffen unter Bedingungen strategischer Rivalität – analytische Denkanstöße

  • Andreas Lutsch EMAIL logo
Published/Copyright: November 27, 2020

Abstract

This article seeks to challenge sluggishness and wishful thinking in dealing with the issue of nuclear deterrence and to expose those tendencies to a reality check. Considering results of the latest research, the article offers methodological, conceptual, and empirical impulses to advance such an approach. On this basis, the article presents three key propositions to keep the current constellation of the European security order and its trajectories in perspective.

1 Einleitung

Dreißig Jahre nach dem Ende des Ost-West-Konflikts nimmt die Diskussion über nukleare Abschreckung auch in Europa wieder Fahrt auf. Sie wurzelt in notwendigerweise simplifizierenden Sichtweisen auf die Geschichte der nuklearen Abschreckung. Diese sind häufig unvollständig, zumeist unterkomplex bis fragwürdig, zum Teil fehlleitend und überholt. Auch besteht wenig Konsens über Erfolge oder Defizite von Abschreckung. Eine systematische und um Objektivität bemühte Auseinandersetzung mit dieser Geschichte – einschließlich der jüngsten Zeitgeschichte der letzten Jahre – findet noch zu wenig statt und ist dringend erforderlich. Zugleich ist die aktuelle Diskussion gerade in Nichtkernwaffenstaaten, deren Sicherheit auf nuklearer Abschreckung beruht, häufig schwerfällig bis phlegmatisch – ein Phlegmatismus, der oft mit Wunschdenken einhergeht.

Dieser Artikel will einen Beitrag leisten, um den gerade in Deutschland verbreiteten Hang zur Schwerfälligkeit im Umgang mit dem Thema nukleare Abschreckung aufzubrechen und einem Realitätscheck zu unterziehen. Dazu werden zunächst sicherheitsstrategisch relevante Forschungsergebnisse der jüngsten Zeit zur Geschichte der nuklearen Abschreckung kurz vorgestellt. Der euro-atlantische Rahmen und die Verortung der Bundesrepublik Deutschland innerhalb dieses Rahmens stehen im Mittelpunkt. Eine systematische Diskussion über die vollen Auswirkungen dieser Forschungsergebnisse auf das wissenschaftlich gesicherte Wissen kann und soll nicht vorweggenommen werden. Vielmehr werden methodologische, konzeptionelle und empirische Denkanstöße für einen Realitätscheck zum Thema nukleare Abschreckung gegeben. Aus dieser Problemskizze heraus betrachtet der Beitrag die gegenwärtige Konstellation der europäischen Sicherheitsordnung und ihre Entwicklungsperspektiven, indem drei Kernthesen präsentiert und diskutiert werden. Die in diesem Beitrag enthaltenen Annahmen, Ansichten, Interpretationen und Bewertungen sind ausschließlich die des Autors als Hochschulprofessor. Sie basieren auf historischen Archivstudien und frei zugänglichen Materialien. Sie entsprechen nicht zwangsläufig irgendwelchen Ansichten oder Positionen irgendeiner staatlichen Stelle der Bundesrepublik Deutschland. Solche Ansichten und Positionen werden hier auch nicht dargelegt, impliziert oder insinuiert.

2 Ausgangsüberlegungen

Die erste Ausgangsüberlegung geht davon aus, dass es unterschiedliche Haltungen gibt, die sich in der Bewertung von Kernwaffen und ihren Folgen niederschlagen. Die weitverbreitete Selbstgewissheit, für ein Verständnis der Gegenwart oder eine Einschätzung der Zukunft nicht allzu weit und nicht allzu genau zurückblicken zu müssen, läuft Gefahr, einem differenzierten Verständnis aktueller Zusammenhänge im Wege zu stehen. Vergangene Realitäten zu betrachten, verschafft zumindest einen besser informierten Sinn für die Grenzen zukünftiger Möglichkeiten.[1] Dieses Problempotenzial zu benennen, bedeutet aber nicht, es aufzulösen.

Die Betrachtung der Geschichte der nuklearen Abschreckung – etwa auch im euro-atlantischen Kontext der NATO – ist viel herausfordernder als gewöhnlich realisiert oder zugegeben wird. „We understand very little about nuclear statecraft“, bilanziert etwa einer der angesehensten Spezialisten aus den USA.[2] Trotz einer Myriade von Forschungsarbeiten, Analysen und öffentlichen Stellungnahmen staatlichen Führungspersonals diverser Länder aus mittlerweile mehreren Jahrzehnten bleibt vieles unverstanden und vieles auch geheim. Die Geschichte der nuklearen Abschreckung betrifft unter anderem Nuklearpolitik, die intellektuelle Geschichte des Denkens über Kernwaffen, die Technik- und Militärgeschichte der Nuklearstrategie, einschließlich des operativen Managements und der Zielplanungen, daneben die Geschichte nuklearer Verbreitung und Nichtverbreitung, den Kalten Krieg, die Zeit nach 1989/90, die Dekolonisierung und die Globalisierung.[3]

Viele Aspekte sind zwar auf die eine oder andere Weise erschlossen. Wissen und analytische Modelle beruhen aber zwangsläufig auf Annahmen, die nicht als selbstverständlich gelten können und häufig durch dezidiert politische Auffassungen geprägt waren. Ein regelrechter Tsunami der Offenlegung vormals eingestufter Regierungsakten zahlreicher Staaten, neue Möglichkeiten der digitalen Datenverarbeitung und eine zunehmende internationale Vernetzung spezialisierter Communities aus den Security Studies, der Politikwissenschaft und der Geschichtswissenschaft haben gerade in den letzten Jahren das gesicherte Wissen erweitert. Sie lassen aber auch erkennen, dass Ungewissheiten bestehen bleiben.

Daraus folgt die Notwendigkeit einer gewissen Demut statt overconfidence, aber auch die Bereitschaft, selbst als gesichert geltende Annahmen im Licht neuer einschlägiger Informationen kritisch zu überprüfen. Wichtig ist auch ein rigoroser Analyseansatz, der offen dafür und in der Lage ist, neue empirische Erkenntnisse in einen fruchtbaren Dialog mit bestehenden analytischen Konzepten zu bringen. Daraus folgt das Bemühen um sachbezogen-skeptische Nüchternheit und Objektivität anstatt Politisierung, Polarisierung, Bias-Ignoranz oder Wunschdenken. Diese Eigenschaften sind von zentraler Bedeutung, um im schwierigen Ringen mit dem Ziel eines besseren Verständnisses der Geschichte und Wirkungsweise der nuklearen Abschreckung nicht in die Irre zu gehen.[4]

Die zweite Ausgangsüberlegung bezieht sich auf die begrenzten Möglichkeiten, Entwicklungen und Ereignisse zu erklären, die nicht eingetreten sind. Es bleibt schwierig bis unmöglich und methodologisch herausfordernd, Nichtereignisse zu verstehen oder zu erklären. Dazu gehören das Ausbleiben vollständiger nuklearer Abrüstung oder eines Großmächtekrieges in Europa nach 1945 oder eines militärischen Einsatzes von Kernwaffen nach dem 9. August 1945. Viele Erklärungsversuche kommen nicht darüber hinaus, Korrelationen festzustellen, die nicht unbedingt Ursache-Wirkungs-Verhältnisse reflektieren. Verständnisse beruhen zwangsläufig auf Annahmen, deren Richtigkeitsgrad umstritten bleiben wird.

Es war und ist Wunschdenken, vollständige, globale nukleare Abrüstung als reale Entwicklungsperspektive zu sehen – unbeschadet der Tatsache, dass viele der Auffassung waren und sind, es sei ethisch verwerflich oder sündhaft, wenn Kernwaffen auf unbegrenzte Zeit einen Faktor in der internationalen Politik darstellten. Auch hierin zeigt sich die fundamentale Ambivalenz der Moderne: Obschon seit Hiroshima und Nagasaki in keinem Krieg in den vergangenen 75 Jahren Kernwaffen militärisch eingesetzt wurden, war immer eine gewisse, je nach Konfliktsituation spezifische Wahrscheinlichkeit für einen Einsatz von Kernwaffen gegeben. Der konstruierte Gegensatz zwischen Abschreckung und Kriegführung war schon immer ein sehr wenig glaubhaftes Konstrukt. Die Möglichkeit des militärischen Einsatzes barg immer auch Risiken für einen zivilisatorischen Absturz jenseits aller menschlichen Vorstellungskraft. Dagegen ist eine Chance zu vollständiger globaler nuklearer Abrüstung, so nehmen wohl die allermeisten mit großer Sicherheit zurecht an, zu keinem Zeitpunkt gegeben gewesen. Der in Sachen Abrüstung wirkungslose Atomwaffenverbotsvertrag von 2017 macht keinen Unterschied. Die Idee nuklearer Abrüstung ist eine Illusion. An diesen fundamentalen Grundgegebenheiten – an diesem Schwebezustand der Verworrenheit in einem existenziellen Sinn – wird sich auch in Zukunft nichts ändern, wie aktuell wohl nicht wenige Optimisten annehmen werden.

Andererseits werden viele, die auf die Wirkmächtigkeit der nuklearen Abschreckung als friedenserhaltende Kraft vertrauen, mit der Schwierigkeit konfrontiert bleiben, plausibel zu machen, dass es die nukleare Abschreckung war, die die Absenz von Großmächtekriegen bewirkt hat. Dies betrifft auch und gerade Europa zur Zeit des Ost-West-Konflikts. Somit bleibt die Frage offen, ob die Existenz von Kernwaffen die Welt sicherer, gefährlicher oder beides zugleich gemacht hat.[5] Jeder, der sich im Rahmen systematischer, archivalisch abgestützter Recherchen mit den großen „Nuklearkrisen“ der Geschichte – etwa mit der Zweiten Berlin-Krise und ihrem Höhepunkt, der Kuba-Krise – beschäftigt hat, wird nicht umhinkommen, nach dem Grad der Fragilität der durch die nukleare Abschreckung generieten Stabilität zu fragen und hieraus Annahmen abzuleiten, die Erwartungen und Interpretationen anleiten.

Nicht endgültig beantwortet ist auch die Frage, warum sich manche Staaten trotz hinreichender Kapazitäten nicht entschieden haben, Atommacht zu werden. Auch ist viel zu wenig bekannt darüber, ob und wie sich nukleare Proliferation auf Krieg und Frieden auswirkt. Viele messen beispielsweise der möglichen Transformation des Iran zu einer Atommacht scharf destabilisierende Wirkungen bei. Dem steht die These von Kenneth N. Waltz gegenüber, der behauptete, der Friede sei umso sicherer, je mehr Kernwaffenstaaten es gäbe.[6] Die überwältigende Mehrheit der Zeitgenossen zur Zeit des Kalten Krieges ging davon aus, dass eine eigenständige nukleare Bewaffnung der Bundesrepublik Deutschland destabilisierende Wirkungen auf das internationale System haben würde.

Worauf diese zweite Ausgangsüberlegung hinweisen soll, ist Folgendes: Auch weil viele relevante Aspekte mit schwer erklärbaren Nichtereignissen zusammenhängen, bleibt eine Auseinandersetzung mit grundlegenden Annahmen dauerhaft wichtig in jedem Versuch eines seriösen Realitätschecks.

3 Nukleare Revolution?

Neueste Forschungen weisen auf die Notwendigkeit einer vertieften Beschäftigung mit einer fundamentalen Frage hin, die viele als geklärt oder überflüssig erachten: Gab es eine nukleare Revolution in der internationalen Politik? Diese für viele vielleicht seltsame Frage stellt sich vor allem für die Zeit seit den frühen 1960er-Jahren, als die nukleare Bedrohung der USA durch die Sowjetunion massiv aufwuchs. Auf diesen Teil der Geschichte zu blicken und damit die ältere Nukleargeschichte einmal außen vor zu lassen, ist vor allem relevant, wenn man die Gegenwartsrelevanz im Blick hat. Denn eine verbindende Klammer zwischen unseren Tagen, der Zukunft und – ganz grob gesagt – der Zeit seit den 1960er-Jahren ist die nukleare Verwundbarkeit der USA – etwa durch Russland oder China – bei gleichzeitiger Fortgeltung und -wirkung nuklearer Schutzzusagen der USA für geografisch weit vom nordamerikanischen Kontinent entfernte Verbündete vor allem in Europa und Ostasien.

Die Frage nach einer nuklearen Revolution lässt sich spezifischer fassen: Hat sich die Existenz von Kernwaffen irreversibel und transformativ – eben revolutionär – auf die internationale Politik ausgewirkt, sodass nukleare Abschreckung und wechselseitige nukleare Verwundbarkeiten den aus der Anarchie des internationalen Systems resultierenden Druck auf konkurrierende Staaten abgemildert, wenn nicht eliminiert hat?

Begründer und Befürworter der stark in deduktiver Logik verankerten Theorie der nuklearen Revolution bejahten diese Frage kategorisch.[7] Viele, die aktuell beispielsweise die Möglichkeit (wie auch immer motivierter) russischer Aggression gegen die Ostflanke der NATO pauschal als „wenig wahrscheinlich“ bewerten[8] oder als trügerisches Scheinproblem abtun, welches zu einem „gefährlichen Rüstungswettlauf“ führen könne, bauen im Annahmebereich – bewusst oder unbewusst – auf Kernaspekten der Theorie der nuklearen Revolution auf. Robert Jervis unternahm im letzten Jahrzehnt des Ost-West-Konflikts den Versuch, die Essenz dieser Theorie zusammenzufassen: „If nuclear weapons have had the influence that the nuclear-revolution theory indicates they should have, then there will be peace between the superpowers, crises will be rare, neither side will be eager to press bargaining advantages to the limit, the status quo will be relatively easy to maintain, and political outcomes will not be closely related to either the nuclear or the conventional balance.“[9] Auch die Schwierigkeiten, mittels extended nuclear deterrence (END) geografisch weit entfernte Verbündete zu schützen, seien völlig übertrieben worden.[10]

Insbesondere in „westlichen“ Gesellschaften hat die Theorie der nuklearen Revolution und der damit verbundenen Idee von Stabilität durch mutual assured destruction (MAD) viele Anhänger gefunden. Dazu trugen über Jahrzehnte hinweg mehrere Faktoren bei. Zum einen war es die Rhetorik vieler Regierungen und politisch aktiver Lobbygruppen, wonach strategische Stabilität durch Rüstungskontrolle (Stichwort arms race stability) sinnvoll und machbar sei und auch einen Ersatz für Verteidigungspolitik darstelle. Darin war auch ein Hang zu Wunschdenken und die Sehnsucht nach einfachen Erklärungen involviert. Zweitens gab es die weitverbreitete Beschwörung hochsuggestiver, jedenfalls trivialisierender Horrorprognosen, wonach jede Form des militärischen Einsatzes von Kernwaffen ein „nukleares Armageddon“ einleiten werde und daher illegal oder inhuman sei.

Im Lichte neuer Forschungsergebnisse erscheinen vereinfachende Modelle, wie die Theorie der nuklearen Revolution und das damit einhergehende Vertrauen in MAD bzw. in strategic stability through mutual vulnerability, tatsächlich (noch) weniger geeignet als bisher häufig angenommen. Zumindest können sie nicht die komplexen Realitäten des intensiven System- und Sicherheitswettbewerbs – jedenfalls zwischen Ost und West zur Zeit des Kalten Krieges – erklären.[11] In einer Variante der Theorie der nuklearen Revolution sollen Kernwaffenstaaten und Nichtkernwaffenstaaten in den 1960er- und 1970er-Jahren sogar eine international nuclear order und damit einen großen Menschheitsfortschritt im Sinne der Aufklärung begründet haben – eine konstruierte Darstellung, die keinen Sinn für die bleibenden Realitäten von Wettbewerb, Furcht und Misstrauen erkennen lässt.[12]

4 Zum Verhalten der Sowjetunion unter Bedingungen von MAD

Ein schwerwiegendes Problem für die Theorie der nuklearen Revolution bzw. für besonderes Vertrauen in die Effekte von MAD ist die Diskrepanz zwischen theoretischen Erwartungen und realem Verhalten der Sowjetunion. Diese Diskrepanz beunruhigte seinerzeit die Regierungen von NATO-Mitgliedsstaaten, denn das Verhalten der Sowjetunion widersprach in vielen Punkten dem, was die Theorie der nuklearen Revolution erwarten ließ.

Erstens widersprach das in der marxistischen Dialektik verankerte, dominante Konzept der Korrelation der Kräfte (sootnosheniye sil) und die hiervon abgeleitete Notwendigkeit und Möglichkeit eines Sieges im Kriege der im Westen vorherrschenden Vorstellung, wonach jeder Krieg in Europa einen ungewissen Ausgang haben werde.[13]

Zweitens gab es auf sowjetischer Seite Vorstellungen davon, dass ein Nuklearkrieg in Europa begrenzt gehalten werden könne. US-Verteidigungsminister Harold Brown stellte etwa im Jahr 1980 in der Nuklearen Planungsgruppe der NATO fest: „There is some reason to believe that the Soviet leadership – or at least some of them – believe a nuclear war need not be a spasm all-out exchange against all targets; but could be focused chiefly on military and control targets and occur over a period of time. Moreover, they appear to take the possibility of victory in such a war quite seriously.“[14]

Dieser Grundeindruck hatte sich zumindest in Regierungen von NATO-Staaten vor allem auch aufgrund nachrichtendienstlicher Lagebilder bis dahin bereits stark verfestigt. Bis in die 80er-Jahre hinein verfolgte der Warschauer Pakt tatsächlich eine Strategie, bei der mit hoher Wahrscheinlichkeit schon in der Anfangsphase eines Krieges in Mitteleuropa Kernwaffen einzusetzen wären.[15] Gleichzeitig erzielten die USA und die Sowjetunion im Kontext des SALT-Prozesses erste vertragliche Ergebnisse zur rüstungskontrollpolitischen Begrenzung strategisch-nuklearer Streitkräfte.[16] Der sowjetische Ansatz und der US-amerikanische Ansatz waren unterschiedlich. Und selbst diese wichtige Einsicht war unterkomplex, da sie die anders gearteten Ansätze Großbritanniens, Frankreichs oder Chinas außer Betracht ließ.

Abb 1: Unterzeichnung des SALT-I-Vertrags am 26. Mai 1972
Abb 1:

Unterzeichnung des SALT-I-Vertrags am 26. Mai 1972

Drittens: Selbst, wenn es gelänge, auf zentral-strategischer Ebene ein gewisses Mehr an Stabilität durch Rüstungskontrolle zu generieren, so könnte das militärische Kräfteverhältnis zwischen Ost und West in anderen Bereichen, einschließlich des bislang nicht regulierten, substrategisch-nuklearen Bereiches, unterminiert werden. Genau ein solcher Prozess der Erosion zu sowjetischen Gunsten war in der Bewertung der Regierung Schmidt-Genscher seit Mitte der 1970er-Jahre im Gange, als die Sowjetunion – ohne erkennbare Veranlassung im Sinne einer Reaktion auf westliches Handeln – durch die Stationierung mobiler SS-20-Mittelstreckenraketen die auf Ziele in Europa ausgerichtete nukleare Bedrohung in einem qualitativ und quantitativ neuen Sinn verstärkte. Zahlreiche andere, einem breiteren Publikum in Deutschland vielleicht weniger bekannte Episoden könnten genannt werden. Nur ein Beispiel: In den ausgehenden 1950er- und 1960er-Jahren baute die Sowjetunion die speziell gegen Ziele in Westeuropa gerichtete nukleare Bedrohung viel schneller und viel robuster aus als ihre Fähigkeiten zur interkontinentalen Bedrohung Nordamerikas. Noch bevor es der Sowjetunion gelang, ein Verhältnis annähernder numerischer strategisch-nuklearer Parität gegenüber den USA herzustellen, vergrößerte die Sowjetführung die Ost-West-Disparitäten auf substrategisch-nuklearer Ebene ganz erheblich. Man muss sich klarmachen: Die großen Nuklearkrisen der Zeit – die Zweite Berlin-Krise und die Kuba-Krise – wurden von Chruschtschow initiiert und auf erstaunlich zähe Weise am Laufen gehalten, als die Sowjetunion auf substrategisch-nuklearer Ebene zunehmend überlegen wurde und auf zentral-strategisch-nuklearer Ebene massiv unterlegen war (wenn auch peu à peu abnehmend).

Damit hing – viertens – die zeitgenössische Einschätzung zusammen, dass Veränderungen im nuklearen Teil des militärischen Kräfteverhältnisses zwischen Ost und West – insbesondere auch in den Perzeptionen der Sowjetführung – politische Bedeutung hätten oder haben könnten. Auch diese Annahme stand im krassen Widerspruch zu dem, was gemäß dem Stabilitätsverständnis der Theorie der nuklearen Revolution zu erwarten wäre. Worin aber lag diese politische Bedeutung? Dazu ein Beispiel: Die schillernde Mischung des sowjetischen Ansatzes, bestehend unter anderem aus politisch offensiven Elementen wie Umwerbung, propagandistischen Einschüchterungsversuchen und nuklearer Aufrüstung, rief seinerzeit an höchster Stelle in der deutschen Bundesregierung die Sorge hervor, wie die nicht-nukleare Bundesrepublik zukünftig ihre sicherheitspolitische Westbindung aufrechterhalten könne. Wie David L. Aaron – der für die Modernisierung von NATO-Kommando-assignierten Kernwaffensystemen zuständige Sonderberater von US-Präsident Jimmy Carter – nach einem Aufenthalt in Bonn bilanzierte: „Juergen Ruhfus and other senior West Germans spoke frankly about what they called ‘Soviet efforts to Finlandize the Federal Republic.’“[17] Die Sowjetunion erschien demnach auch oder gerade unter Bedingungen von MAD nicht als Großmacht, die sich mit der Konsolidierung des Status quo zufriedengeben wolle oder könne. Sie zielte politisch darauf ab, Deutschland und damit Europa und damit den Kalten Krieg zu gewinnen. Zusammengefasst lässt sich festhalten: Zumindest bis zu den Umbrüchen der späten 1980er-Jahre war das Verhalten der Sowjetunion auf diversen Ebenen nicht vereinbar mit dem, was die Theorie der nuklearen Revolution erwarten ließ.

5 Zum Verhalten der USA unter Bedingungen von MAD

Neuere Forschungen auf der Basis offengelegter US-Regierungsakten legen nahe, dass auch das Verhalten der USA zur Zeit des Ost-West-Konfliktes unter den Bedingungen wachsender Verwundbarkeit durch sowjetische Kernwaffensysteme gemessen an der Theorie der nuklearen Revolution eher rätselhaft war. Von daher ist es geboten, diese historischen Erfahrungen, ihre theoretisch-konzeptionelle Bedeutung und ihre strategischen Implikationen neu zu durchdenken.

Der Ausgangsbefund der Rätselhaftigkeit in Bezug auf das US-Verhalten bedeutet aber nicht die Feststellung einer Ähnlichkeit oder Gleichheit zum Verhalten der Sowjetunion zu der Zeit. Auch impliziert er keine Aussage, wie die Ergebnisse des Befundes politisch-normativ bewertet werden können. Der Befund der Rätselhaftigkeit ist auch nicht neu. Es ist jedoch nicht klar, seit wann er artikuliert oder diskutiert wurde. Man muss insbesondere nach Analysen aus der „westlichen“ strategic community zur Zeit des Kalten Krieges suchen.

Ein frühes Beispiel ist ein Beitrag von Henry S. Rowen zu einem hochkarätigen Symposium, dessen Ergebnisse in einer 1979 erschienen Ausgabe der damals neuen Zeitschrift „The Washington Quarterly“ vorgelegt wurden. Rowen diagnostizierte, die Vereinigten Staaten von Amerika verfolgten zwei in unterschiedliche Richtungen weisende Konzepte von strategischer Stabilität: eines im Sinne von Erstschlagstabilität (first strike stability) im Verhältnis zur Sowjetunion und eines im Sinne von regionaler Krisenstabilität (deterrence stability). Das Konzept der regionalen Krisenstabilität berücksichtigte besonders die erweiterte nukleare Abschreckung, also die trotz wachsender Verwundbarkeit der USA aufgrund der sowjetisch-nuklearen Bedrohung aufrechterhaltenen nuklearen Schutzzusagen der USA an Verbündete in der NATO und in Ostasien im Sinne der US-Globalstrategie des containment.[18]

Die Grundrichtung dieses Befundes wurde in Analysen der amerikanischen strategic community verfestigt, die bis Ende der 1980er-Jahre vorgelegt wurden. Eine RAND-Studie, die im Auftrag der US Air Force erstellt wurde, entwickelte ähnliche Kernargumente und diagnostizierte eine Widersprüchlichkeit in den Zielsetzungen. Es lohnt sich, ausführlich zu zitieren:

„The United States has key national security objectives other than first-strike stability, and the objective of first-strike stability conflicts with the objectives of limiting damage and extended deterrence. (…) In strengthening extended deterrence, the United States strives to create a Soviet perception that it would be extremely dangerous for the USSR to provoke a crisis in the first place. To achieve this objective, the United States seeks to minimize its costs of going first. Holding at risk a large portion of Soviet strategic nuclear forces (and fostering a Soviet perception of a U.S. damage-limiting capability) represents a means to this end. Deploying weapons effective for counterforce first strikes in vulnerable basing modes serves to enhance extended deterrence. With such deployments, the United States creates the perception that a major crisis might escalate to strategic nuclear war. Obviously, the objective of extended deterrence contradicts that of first-strike stability.“[19]

Fast deckungsgleich war eine weitere zeitgenössische These über die Implikationen der amerikanischen erweiterten nuklearen Abschreckung unter den Bedingungen nuklearer Verwundbarkeit und des Kalten Krieges (und damit nicht automatisch auch in Bezug auf jede andere geostrategische Gesamtlage): Angesichts der irreversiblen nuklearen Verwundbarkeit der USA bestehe eine „ultimative Verbindung“ zwischen der erweiterten nuklearen Abschreckung einerseits und der Aufstellung und Modernisierung von Counterforce-Fähigkeiten andererseits. Es gehe für den wenig wahrscheinlichen Fall des Versagens der Abschreckung darum, dass die USA in der Lage sein müssten, Schäden reduzieren zu können (damage limitation). Der Befund war auch hier der Widerspruch zwischen den Erfordernissen der allgemeinen Krisenstabilität (Vermeidung von Anreizen zu einem umfassenden nuklearen Erstschlag) und der Fähigkeit zur erweiterten Abschreckung gerade in Europa.[20] Vielfach wurde seinerzeit aber gerade diese Lesart der Widersprüchlichkeit in Zweifel gezogen: Die USA hätten die Logik der damage limitation mindestens seit den frühen 1970er-Jahren nicht mehr weiterverfolgt, da das sowjetische Nukleardispositiv zu groß, zu diversifiziert und zu überlebenssicher sei und auch bleibe.[21] Zumindest auf einer konzeptionellen Ebene bleibt diese Diskussion bis heute relevant.[22]

Wie haben sich die USA tatsächlich verhalten? Was sagen jüngste, durch offengelegte Regierungsakten informierte Analysen dazu? In einem Versuch, wichtigste Erkenntnisse der letzten Jahre zu bündeln, konstatiert Francis Gavin: US-Regierungen hätten mit Sicherheit weder einen Entwaffnungs- oder Lähmungsschlag mittels first strike erwogen, noch hätten sie einen Versuch unternommen, in einem quantitativen und qualitativen Sinne vollständig entwickelte und den aufwachsenden Nuklearstreitkräften der Sowjetunion militärisch überlegene first strike forces aufzustellen.[23] Soweit, so bekannt und so unspektakulär, wird mancher sagen. Ebenso wenig überraschend ist die erneut bestätigte Erkenntnis zur US-Politik, dass diese den Aufwuchs eigener strategisch-nuklearer Streitkräfte zunächst durch unilaterale Beschlüsse in den 1960er-Jahren numerisch deckelte, um sodann in einem zweiten Schritt – speziell seit den SALT-Verhandlungen der 1970er-Jahre – die Sowjetunion zu einer rüstungskontrollpolitisch regulierten Reziprozität primär in Sachen quantitativer Deckelung zu motivieren, wobei das letzte Glied in dieser Kette der NEW START-Vertrag zwischen Russland und den USA darstellt, welcher 2021 ausläuft, wenn er nicht verlängert wird.

Die neueren Forschungsergebnisse unterstrichen allerdings auch, so fasst es Gavin zusammen, dass die USA, erstens, zu keinem Zeitpunkt Parität, Gleichheit oder gar Unterlegenheit in einem qualitativen Sinne gegenüber der Sowjetunion hinzunehmen bereit gewesen seien und dass sie, zweitens, im Rahmen quantitativ weithin gedeckelter Streitkräfteplafonds große Investitionen in Counterforce-Streitkräfte und -Fähigkeiten (insbesondere einschließlich Intelligence-Fähigkeiten) tätigten und diese auch aufstellten. Aber auch hier gilt, dass sie dabei weit unterhalb eines Niveaus blieben, welches als full-scale, first-strike capability hätte gelten können. Kurz, es sei um dauerhafte qualitative superiority[24] der USA unter den Bedingungen von strategisch-nuklearer Parität (hier: im quantitativ-numerischen Sinn) gegangen: „Considered broadly, the most important observation is that the United States never fully accepted the consequences of the nuclear revolution.“[25]

Abb 2: Mehrfachsprengkopf (MIRV) der amerikanischen Interkontinentalrakete LGM-118A Peacekeeper
Abb 2:

Mehrfachsprengkopf (MIRV) der amerikanischen Interkontinentalrakete LGM-118A Peacekeeper

Bei diesen Befunden handelt es sich in vielerlei Hinsicht nicht um „Neuentdeckungen.“ Vielmehr bestätigen sie ältere, häufig beeindruckend gut informierte Analysen.[26] Sie sind aber robuster bestätigt, weil sie auf offengelegten Regierungsakten basieren. Es handelt sich auch nicht um Nuancen, subtile Verschiebungen im Forschungsstand oder obskure bis irrelevante Petitessen, sondern um Aspekte, die für das Verständnis aktueller und zukünftiger Problemlagen in Bezug auf die nukleare Abschreckung von herausragender Bedeutung sind.

Was hat die Vereinigten Staaten, gemessen an jüngsten Forschungserkenntnissen, zu einem so energischen Streben nach „qualitativer Überlegenheit“ motiviert? Eine, wenn nicht die Schlüsselerkenntnis ist: Spezifika des militärischen Kräfteverhältnisses auch auf nuklearer Ebene wurden als hochgradig wichtig eingeschätzt im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit und damit den Erhalt der US extended nuclear deterrence im Hier und Jetzt sowie auf mittlere und längere Sicht – und zwar in Bezug auf Sicherheitskalkulationen diverser Schlüsselakteure in den USA, verbündeter Staaten und Partnern sowie Konkurrenten und Gegnern.[27] Für die konzeptionelle Ebene der strategischen Diskussion bedeutet dieses Schlüsselargument: Im Prioritätenkonflikt zwischen den Erfordernissen von Erstschlagstabilität und extended deterrence haben die USA durch kompetitive Ausnutzung diverser US-Technologievorteile und raumbezogener Asymmetrien den Schutz ihrer Verbündeten und damit auch den Schutz der US-geführten Sicherheitsordnungen in Europa und Ostasien priorisiert und zugleich so umgesetzt, dass eine friedliche, kooperative Lösung des Ost-West-Konflikts möglich blieb. Voraussetzung war aber die Bewahrung einer relativen nuklearstrategischen Überlegenheit.

Mit dieser Erkenntnis hängt mit Blick auf die damalige Sicherheitslage in Europa die Rolle des damaligen Berlin-Faktors zusammen. Der Berlin-Faktor verwies im Kalten Krieg und angesichts der Teilung Deutschlands auf die politisch-strategische Notwendigkeit, die militärisch nicht zu verteidigende „westliche“ Exklave Berlin (West) durch glaubwürdige extended nuclear deterrence zu schützen. Dies schloss zwingend eine glaubwürdige Bereitschaft und Fähigkeit zur Initiation von brinkmanship mit graduell sich steigernden militärischen Maßnahmen ein für den Fall, dass die Sowjetunion gewisse rote Linien in Bezug auf den Zugang der Drei Westmächte nach Berlin missachtete. Dieser Berlin-Faktor war eine der wichtigsten Beweggründe für die laut jüngsten Forschungen festzustellende US-Priorisierung der Erfordernisse der extended nuclear deterrence in Bezug auf Europa. Die US-Politik deutete also mit Vehemenz und selbst unter den Höchstrisiken wachsender nuklearer Verwundbarkeit der USA auf den Schutz speziell auch deutscher nationaler Interessen hin. Wie etwa Paul H. Nitze inmitten der Zweiten Berlin-Krise einem scharfen Kritiker aus der französischen Regierung erklärte, der Nitze mit dem misstrauischen Zweifel konfrontierte, die USA desavouierten letztlich ihre Position in Berlin und damit in der deutschen Frage unter sowjetischem Druck: „This was wholly contrary to fact: (…) our interest in standing firm on Berlin was just for the reason that Berlin was important to Germany and Germany was crucial to the Alliance.“[28]

Aus einer sicherheitsstrategischen Perspektive steckte in dieser nuklear unterlegten US-Entschlossenheit zum Schutz deutscher nationaler Interessen, die in der kriegsgefährlichen Zweiten Berlin-Krise deutlicher als zuvor zum Vorschein gebracht wurde, eine notwendige Bedingung für das zeitverzögerte und friedliche Gelingen der Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit. Dies kann man als eine echte Lehre der Geschichte bezeichnen, die vor allem in Deutschland im kollektiven Gedächtnis wie in der sicherheitspolitischen Debatte gewürdigt werden sollte.

6 Zum Verhalten der Bundesrepublik unter Bedingungen von MAD

Eine kurze Erinnerung an die spezielle Ausgangsfrage mag an dieser Stelle lohnen: Hat sich die Existenz von Kernwaffen revolutionär auf die internationale Politik ausgewirkt, sodass die nukleare Abschreckung und wechselseitige nukleare Verwundbarkeiten den aus der Anarchie des internationalen Systems resultierenden Druck auf konkurrierende Staaten abgemildert, wenn nicht eliminiert haben? Wie ist diese Frage zu beantworten, wenn man den Blick lenkt auf das Verhalten der nicht-nuklearen und von der erweiterten nuklearen Abschreckung der USA abhängigen Bundesrepublik Deutschland? Und was wird im Lichte jüngst offengelegter Regierungsakten als Verhalten erkennbar?

Die hier präsentierten Befunde können erste Hinweise geben. Sie basieren auf dem Archivstudium offengelegter Analysen vormaliger Spezialisten und Entscheider aus diversen Regierungen und einer überwältigenden Fülle exzellenter Forschungsarbeiten, die Politikwissenschaftler, Historiker und speziell Angehörige der strategic community in der Bundesrepublik Deutschland und ihren strategischen Partnerländern über Jahrzehnte hinweg vorgelegt haben.[29]

Vor fünfzig Jahren, Ende 1970, in einer Sitzung des National Security Council, gab US-Präsident Richard M. Nixon eine bemerkenswerte Stellungnahme ab: „It is clear from the discussion that any strategy without a credible deterrent would mean the Soviet domination of Europe. (…) This discussion must center on the effect on the Germans of what we do. Their response will not necessarily be rational; probably it will be emotional. They are a vigorous people, denied the use of their own weapons, who will make a deal with whoever is Number One. (…) It is not insignificant that the Russians always emphasize that they think they are superior to the US in nuclear forces. They say this to get France, the UK, Germany and Japan to have doubts about the credibility of the US nuclear deterrent and also to show who is Number One. We lose leverage as Number Two. (…) So no one should concede that the USSR is ahead. (…) Otherwise we are in a dangerous position with the Japanese and our NATO allies, particularly the FRG.“[30]

Lag Nixon eher richtig oder falsch? In Nixons Diagnoseversuch steckte die Annahme, dass bestimmte Spezifika des nuklearen Kräfteverhältnisses zwischen den USA und der Sowjetunion ein herausragendes politisch-strategisches Gewicht hätten und dass auch Schlüsselverbündete und die Sowjets diese Tatsache klar verstünden. Der Einschätzung Nixons zufolge beobachtete speziell die nicht-nukleare Bundesrepublik genau, wie sich das nukleare Kräfteverhältnis zwischen Ost und West entwickelte, um den long term winner im Sicherheits- und Systemwettbewerb des Ost-West-Konflikts zu identifizieren.[31]

Im Lichte der Erwartungen der Theorie der nuklearen Revolution ist das Verhalten der Bundesrepublik zur Zeit des Kalten Krieges schon deswegen nicht leicht erklärbar, weil das Land auf eine nationale Atombewaffnung verzichtet und insofern eine Politik der ausschließlichen Abhängigkeit von der nuklearen Schutzzusage der USA beibehalten hat. Im Licht neuer, offengelegter Akten wird darüber hinaus auch deutlicher als bisher, dass – im Unterschied zu dem, was die Theorie der nuklearen Revolution erwarten ließe – Spezifika und Entwicklungstrends im nuklearen Bereich des militärischen Kräfteverhältnisses Ost-West durchgehend eine sehr große Rolle in den Sicherheitskalkulationen spielten, die der Sicherheitspolitik der Bonner Republik zugrunde lagen. Den Spezifika und den Entwicklungstrends im nuklearen Kräfteverhältnis wurden große Bedeutung für die Glaubwürdigkeit der erweiterten nuklearen Abschreckung und damit für die Frage nach regionaler Krisenstabilität beigemessen. Die militärische Lage in Europa und im Verhältnis USA-Sowjetunion blieb immer im Fluss und unter genauer Beobachtung. Das nukleare Kräfteverhältnis galt zu keinem Zeitpunkt als austariert in dem Sinne, dass es den hochintensiven System- und Sicherheitswettbewerb der Supermächte ausbremsen oder gar stilllegen würde. Das Ringen mit den fundamentalen Ungewissheiten der Auswirkungen des stetigen Wandels im nuklearen Kräfteverhältnis war eine der wenigen Konstanten. Sorgen um eine Erosion oder gar den Verfall der Glaubwürdigkeit der nuklearen Schutzzusage der USA grassierten immer wieder in unterschiedlichem Maße. Häufig wurden aufgrund der Zunahme nuklearer Stabilität im nuklearstrategischen Sonderverhältnis der beiden Supermächte verstärkte Risiken sowjetischer Fehlkalkulationen auf der regionalen Ebene in Europa für wahrscheinlich gehalten.[32] In solchen Überlegungen spielte das nukleare Kräfteverhältnis eine ganz zentrale Rolle.[33] Die Vorstellung, wonach sich die eigene Seite im Sicherheitswettbewerb durchsetzen werde, war dabei nicht sehr verbreitet.

Bei alledem verfolgte die Bundesrepublik im Laufe der Zeit energischer, selbstbewusster und expertisemäßig gut unterlegt die Ambition, Einfluss auf die strategisch-konzeptionelle Nukleardebatte in der NATO zu nehmen und eine Konsensbildung darüber voranzutreiben, welche Auswirkungen die Veränderungen im nuklearen Kräfteverhältnis zwischen Ost und West haben würden und welche Formen strategischer Anpassung auf NATO-Seite erforderlich seien. Ziel war es, die erweiterte nukleare Abschreckung der USA mittel- und langfristig glaubwürdig zu halten. Wichtig war der Bundesregierung auch, dass es innerhalb der NATO keine politisch untragbar diskriminierende Risikoaufteilung gäbe.[34]

Diese Politik energischer Einflussaufnahme auf die Nukleardebatte in der NATO und damit auf die erweiterte nukleare Abschreckung der USA verstärkte wiederum eine in ihrer historischen Bedeutung zu wenig gewürdigte Entwicklung: die „Erhöhung der Weltposition der Vereinigten Staaten und Deutschlands“.[35] Zwei Weltkriegen zum Trotz konnte der westliche, der freie Teil des geteilten Deutschlands schon seit den ausgehenden 1950er-Jahren als der wichtigste strategische Partner der USA in Europa noch vor den Nuklear- und absteigenden Weltmächten Großbritannien und Frankreich gelten. Angesichts der beiden Weltkriege war das ein welthistorisch und strategisch wichtiger Trend, der lange Zeit „weithin verborgen“ blieb.[36] In den Jahren vor dem NATO-Doppelbeschluss war die herausragende Rolle der Bundesrepublik selbst für die Nuklearstrategie der NATO nicht mehr zu übersehen. Und 1989/90 wurde das politische Gewicht der deutsch-amerikanischen Kooperation auf überwältigende Weise deutlich.

Offenkundig ist: Auch diese Perspektiven zur Geschichte der nuklearen Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland zur Zeit des Ost-West-Konflikts lassen die Erklärungskraft allzu einfacher, in der Theorie der nuklearen Revolution verankerter Annahmen und Erwartungen erodieren, was die Auswirkungen von Kernwaffen auf die internationale Politik betrifft.

7 So what?

Gab es also eine nukleare Revolution? Wenn ja, welche? Was bedeuten unsere Antworten auf diese Fragen für Sicherheits-, Verteidigungs- und Nuklearpolitik und -strategie im 21. Jahrhundert? Und warum sollte dieses Nachdenken von Bedeutung sein? Die Debatte um jene tiefgründigen und strategisch fundamental wichtigen Grundsatzfragen hat gerade erst (wieder) begonnen. Diese Debatte muss auch in Deutschland geführt werden. Sie sollte zu einem an Objektivität und Wahrhaftigkeit ausgerichteten Realitätscheck gehören. Es geht nicht nur um eine große intellektuelle Herausforderung.

Diese Debatte drängt sich zu einer Zeit auf, in der vielseitige, mitunter sehr komplexe Veränderungsdynamiken in der Weltpolitik immer direkter zutage treten. Großmächtekonkurrenzen werden nahezu sicher an Intensität gewinnen, während Risiken regionaler Kriege in Europa und in Asien ansteigen.[37] Zugleich steht angesichts der tektonischen Kräfte, die der Aufstieg Chinas freizusetzen scheint, selbst die Frage nach der langfristigen Relevanz der NATO im Raum.[38]

Ausgangspunkt aller Überlegungen für die Zukunft einer durch strategische Rivalität charakterisierten Periode ist: Wir können nicht mit Sicherheit behaupten, dass eine nukleare Revolution stattgefunden hat, die die Großmächte zu mehr Vorsicht und Umsicht veranlasst hat und weiter veranlassen wird. Angehörige aller Generationen – ob alt oder jung, expertisebeladen oder intuitionsgesteuert – müssen aber zu einem Urteil kommen. Für viele ist dies wohl eine Zumutung – ethisch und politisch, strategisch wie militärisch. Mittlerweile wird sogar die Auffassung vertreten, die nukleare Revolution sei ein Mythos: „Nuclear weapons have not revolutionized international relations.“[39] Dass diese Behauptung extrem erscheint, macht sie noch nicht unschlüssig oder unwahr. Viele andere (den Autor eingeschlossen) halten daran fest, dass es tatsächlich eine Art nukleare Revolution gegeben hat, kommen aber zu gewissen einschränkenden Qualifikationen: dass die nukleare Revolution tatsächlich „unvollständig“ gewesen sei,[40] dass sie mehr oder weniger als „gescheitert“ gelten müsse,[41] oder dass sie äußerst schwer verstehbare und tatsächlich andere Auswirkungen gehabt habe als häufig erwartet oder angenommen worden sei.[42] Angesichts der Heftigkeit mittlerweile deutlich klarer erkennbarer historischer Erfahrungen, die die Vorstellung einer hohen Erklärungskraft etablierter Formen der Theorie der nuklearen Revolution infrage stellen oder vielleicht sogar demolieren, läuft eine intellektuelle Sehnsucht oder politische Grundhaltung, sich doch an den beruhigenden, zu einfachen Annahmen im Sinne der Theorie der nuklearen Revolution festklammern zu wollen, Gefahr, Wunschdenken zu erliegen.

8 Thesen zum Ausblick

Aufbauend auf diesen Überlegungen werden drei Kernthesen vorgestellt, die auf die gegenwärtige Konstellation und ihre Entwicklungsperspektiven abstellen. Dabei wird davon ausgegangen, dass Russland unter Putin entschlossen ist, die im Zuge des Endes des Ost-West-Konflikts etablierte Sicherheitsordnung in Europa herauszufordern.[43] Allerdings sind Ursachen und Gründe hierfür umstritten, ebenso die Motivation im Lichte etwaiger gesamtstrategischer Zielsetzungen der russischen Führung wie auch die Einschätzung ihrer Risikobereitschaft. Einer neuen Analyse zufolge zielt die Strategie der russischen Führung darauf ab, den Zerfall der existierenden Sicherheitsordnung in Europa zu bewirken, sei es aufgrund innerer Erosion, durch Versuche eines aktiven Zerbrechens mittels militärischen Drucks von außen oder durch eine Kombination aus beidem. Zudem wolle Russland die bestehende Sicherheitsordnung durch eine neue Ordnungsstruktur ersetzen, bei der die USA nicht mehr als europäische Macht agierten.[44] Offensichtlich nutzt die russische Regierung zumindest seit dem Georgienkrieg 2008 die Kernwaffenfähigkeiten der russischen Streitkräfte auf vielfältige Weise im Sinne von Signalbildung im Zusammenhang mit militärischen Einsätzen. So war die Annexion der Krim de facto ein nicht erklärter, nuklear überschatteter Krieg – eine Form von Nuklearkrieg in dem Sinne, dass Russland seine Kernwaffen politisch genutzt hat, um eine territoriale Expansion effektiv abzuschirmen. Diese und weitere Entwicklungen haben die Sicherheitsordnung in Europa in ihren Grundfesten erschüttert.[45] Sie haben dem Thema der nuklearen Abschreckung auch in Europa wieder einen Stellenwert verschafft, den sich sicher niemand in der NATO und in der EU gewünscht hat und den nicht wenige auch nicht wahrhaben wollen. Angesichts dieser Konstellation offeriert der vorliegende Artikel drei Kernthesen.

8.1 Die Triade von Westbindung, nichtnuklearem Status und erweiterter Abschreckung bleibt bestimmend für die Sicherheit Deutschlands

Seit den späten 1950er-Jahren hat sich eine Triade von drei Pfeilern der deutschen Sicherheitspolitik herausgebildet: politische Westbindung, freiwilliger Verbleib im Status eines nicht-nuklearen Staates und Gewähr der Sicherheit durch die NATO, die primär auf der nuklearen Schutzzusage der USA beruht (der extended nuclear deterrence). Im Rahmen dieser Triade stechen gleichwohl zentrale Veränderungen im Laufe der Zeit hervor. Im Unterschied zum Kalten Krieg, als die Bundesrepublik Deutschland das Ziel einer Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit verfolgte, ist das wiedervereinigte Deutschland in einem fundamentalem Sinne an einer dauerhaften, kooperativen Konsolidierung des territorialen Status quo in Europa interessiert, der jedoch in jüngster Zeit – auch unter Schwächung des Gewaltverbots gemäß VN-Charta – herausgefordert wurde. Weil diese Konsolidierung unter den Bedingungen der Triade viel besser gelingen kann als unter anderen, ist von einer Kontinuität der Triade auszugehen. Ohne die nukleare Sicherheitszusage der USA würde Deutschland scheitern, die internationale Ordnung zu stabilisieren.

8.2 Regionale Krisenstabilität muss immer unter nuklearen Bedingungen gedacht werden

Unter den Bedingungen der genannten Triade stellt sich auch heute wieder die politisch delikate, keineswegs aber irreale Frage nach regionaler Krisenstabilität. Es besteht erneut die Möglichkeit eines begrenzten Krieges aufgrund einer Intention oder einer Fehlkalkulation und einer daraus resultierenden Aggression, in deren Verlauf der Aggressor Kernwaffen selektiv einsetzen könnte. Dadurch würden thermonukleare Risiken verstärkt und die Wahrscheinlichkeit eines Kontrollverlusts könnte zunehmen.

Allerdings gibt es heute andere Bedingungen, die zu beachten sind. Es ist nicht länger die kontinentale Invasion einer großen Streitmacht, sondern es sind eher kleinere regionale Kriege, die es im Auge zu behalten gilt. Im Vordergrund steht das Kriegsbild eines regionalen, multi-dimensionalen, aus einem Grauzonenkonflikt erwachsenden und nuklear überschatteten Krieges, den ein potenzieller Aggressor intendiert oder im Zuge von Fehlkalkulation herbeiführt. Ziel wäre es, die bestehende regionale Ordnung zu brechen, indem US-Verbündete von den USA allianzpolitisch abgesprengt und zu einer politischen Neuausrichtung genötigt würden.[46] Dabei können Drohungen mit Kernwaffen eine Rolle spielen, mit deren Hilfe Eskalationsdominanz hergestellt werden soll.[47] In einem solchen begrenzten Krieg stünde auch mehr auf dem Spiel als nur die regionale Sicherheitsordnung.[48]

Trotz des berechtigten Hinweises auf Veränderungen im Vergleich zum Kalten Krieg gibt es aus analytischer Sicht doch Parallelen zur Zweiten Berlin-Krise (1958 bis vielleicht Ende 1962). Daraus erwächst eine Reihe von Anregungen, um Kernprobleme des oben skizzierten „neuen“ Kriegsbildes besser zu verstehen und Wirkmechanismen zu untersuchen. Auf diese Weise können bessere Hypothesen zur Erklärung der Gegenwart und Einschätzung der Zukunft gebildet werden.[49] Die Zweite Berlin-Krise – einschließlich ihres Höhepunktes, der Kuba-Krise – war nämlich bisher die einzige echte, das heißt kriegsgefährliche, Nuklearkrise in Europa. Und in dieser Krise waren praktisch alle Strategiediskussionen in der NATO zutiefst geprägt von einem intensiven Ringen mit den strategisch-konzeptionellen Problematiken von regionaler und allgemeiner Krisenstabilität und brinkmanship[50] unter nuklearen Bedingungen – jenen Kernproblematiken, die auch für das erwähnte „neue“ Kriegsbild so zentral sind. Thomas Schellings Arbeiten beispielsweise, die bis heute kaum etwas von ihrer herausragenden Qualität und politisch-strategischen Relevanz eingebüßt haben, sind genau in diesem Kontext entstanden. Jede Durchsicht wichtiger strategischer Analysen aus dem 21. Jahrhundert zur nuklearen Abschreckung wird die Prominenz des Denkens von Schelling aufzeigen, der etwa Mitte 1961 in einer sogar US-Präsident Kennedy vorgelegten Analyse ein Konzept von Kernwaffen als politischen Waffen vorgelegt hatte: „With nuclears, it has become a war of nuclear risks and threats at the highest strategic level. It is a war of nuclear bargaining.“[51]

Damalige Überlegungen auf Regierungsebene bieten beeindruckende und mitunter frappierende Ansatzpunkte, um im Hinblick auf mögliche konzeptionelle Parallelen und Ähnlichkeiten besser informierte Perspektiven auf das Thema der nuklearen Abschreckung in der aktuellen Konstellation zu gewinnen. Zur Illustration nur ein Beispiel: Vier Wochen vor dem Bau der Berliner Mauer (eine gravierende Veränderung des Status quo zugunsten des „Ostens“) tauschten sich der deutsche Verteidigungsminister Franz Josef Strauß, Paul H. Nitze – einer der wichtigsten Strategen im damaligen US-Verteidigungsministerium – und Dean Acheson, Altaußenminister und Kennedys NATO-Sonderberater, über das Wochenende in Nitzes Domizil in Maryland aus. Acheson notierte Kernpunkte der Diskussion, die hier ausführlich zitiert werden sollen:

„The talk then moved to what should be done to meet an East German stopping of access to Berlin. All the usual non-military sanctions were mentioned and Strauss himself spoke of the possibility of naval action to close the Baltic and the Black Sea. He seemed to accept the view that, if these efforts should be unsuccessful, he was not proposing the use of nuclear weapons. However, when it was mentioned that the alternative might be fairly substantial ground operations for the purposes of indicating that, if continued, this might result in nuclear war, he became very agitated (…). I then asked what his proposal would be if the crisis came in the meantime. Would he propose to take Khrushchev’s terms? He said no; but that he thought lesser measures might be effective, mentioning sanctions and perhaps naval measures. I said everyone hoped that, but my question went further and asked for his proposal upon the assumption that milder measures were not productive or that such measures as the naval blockade might precipitate military action by the Soviets. (…) We ended by my suggesting to him again that, in thinking about the matter, he must face realistically the possibility of accepting Khrushchev’s terms or of running the danger of nuclear war and that, if he was prepared to do the latter he should be prepared to do something less than the latter in the hope of avoiding the latter (…). I had the impression that this syllogism was new to him and puzzled him deeply.“[52]

Eine Kernidee, die in Achesons Gedankengang steckte, lautete: Eine starre Zwangssituation mit einer binären Wahl zwischen politischer Kapitulation bei Desavouierung eigener Schlüsselinteressen einerseits und einem thermonuklearen Weltkrieg andererseits sei zu vermeiden. Im Interesse der Integrität der mittels extended deterrence zu schützenden Sicherheitsordnung müsse eine Fähigkeit und Entschlossenheit für gewisse graduierte, letztlich nicht-evasive Reaktionen gegeben sein. Dies wären Reaktionsoptionen, die genug Entschlossenheit signalisierten, um eigene Interessen zu schützen, und genug Zurückhaltung, um einem Aggressor nicht Wege zu verstellen, um die Krise oder gar einen Krieg zu beenden.

Diese Thematik wurde – auch in ihrer nuklearen Dimension – seit der Zweiten Berlin-Krise immer wieder neu aufgeworfen. Es lohnt und erscheint auch erforderlich, solche Betrachtungserfahrungen von Regierungen vertieft zu untersuchen, um in der Folge Komplexitätsgrad, Triebkräfte und Wirkmechanismen der Konstellation unserer Gegenwart und nahen Zukunft besser einschätzen zu können.[53] Diese Thematik ist zudem untrennbar mit der Diskussion um die Theorie der nuklearen Revolution verbunden. Die Thematik zwang und zwingt zudem auch heute noch dazu, Annahmen über die Risikobereitschaft eines potenziellen Aggressors im Lichte des nuklearen Kräfteverhältnisses zu bilden. Die oben in Grundkonturen dargelegten Erfahrungen über Verhalten in der Vergangenheit legen zumindest diese Erkenntnis nahe: Im Lichte damaliger Lagebilder über tatsächliches sowjetisches Verhalten und Denken erschien entscheidenden Akteuren in den hier beispielhaft angeführten Regierungen der USA und der Bundesrepublik Deutschland strukturell eine Hauptannahme als gerechtfertigt: Schon bei bestimmten Verschiebungen im nuklearen Kräfteverhältnis werde die Versuchung in der Sowjetunion wachsen, risikofreudiger zu handeln.

Ist heute im Hinblick auf potenzielle, nuklear bewaffnete Aggressoren auch eine derartige Hauptannahme gerechtfertigt? Diese analytische Frage wird von öffentlichen Kommentatoren unterschiedlich beantwortet, allerdings überwiegend auf eine politisierende, polemisierende oder provozierende Art und Weise.[54] Denn diese analytische Frage wird regelmäßig vermischt mit einer von ihr trennbaren normativen Frage: Ist eine derartige Hauptannahme Teil der Lösung oder, gerade umgekehrt, Teil des Problems? Die genannte analytische Frage so nahe an der Realität und damit so objektiv und wahrhaftig wie möglich zu beantworten, ist eine der vornehmsten Aufgaben der strategischen Aufklärung. Es ist die Aufgabe zu sagen, was ist, nicht was sein soll: Truth to Power.

8.3 Die Debatte über nukleare Abschreckung unterliegt einem Verdrehungspotenzial

Schon zu Zeiten des Kalten Krieges galt, dass manche aktuellen Analysen und Expertenkommentare – auch Publikationen in deutscher Sprache – eine perspektivische Schwerlastigkeit auf die USA aufwiesen und dabei mitunter Ursachen und Wirkungen vertauschten. In der Hauptsache wurde die Behauptung aufgestellt, dass es gelte, einen Rüstungswettlauf zu vermeiden und dass es vor allem eine anstehende Rüstungsmaßnahme der USA sei, die diesen Rüstungswettlauf anheize. Daran hat sich auch heute nichts geändert. Waren derartige Behauptungen in den 1980er-Jahren weithin auf Vertreter der Friedensforschung und linker Parteien beschränkt, findet man ähnliche Argumentationsmuster heute auch in etablierten Forschungseinrichtungen und in Parteien der Mitte. Die Anpassungen in der US-Nuklearpolitik und -strategie durch die Obama- und die Trump-Administrationen sind vergleichsweise moderat.[55] Sie sollen auch zur Stärkung und Verstetigung der oben genannten Triade beitragen. Die Anpassungen werden aber häufig nicht als Reaktion auf eine gewachsene, auch nukleare und dezidiert gegen US-Verbündete und damit auch gegen die USA gerichtete Bedrohung bezeichnet, sondern als Schritte zum Führbarmachen eines Nuklearkrieges oder als gefährliches Drehen an der Rüstungsschraube.[56] Ein anderer Argumentationsstrang geht von einem vorgeblich realistischeren Bedrohungsbild aus und bewertet die Anpassungen als schädliche Überreaktion.[57]

Die dadurch beeinflusste öffentliche Diskussion ist nicht strategisch insignifikant. Bereits die Verdrehung hat – insbesondere bei Kombination mit der Überreaktions- oder der Gefahrenthese – als Wirkung, dass die politische Legitimität der genannten Triade und damit fundamentale Konstruktionsbedingungen des euro-atlantischen Sicherheitsarrangements infrage gestellt werden. Bedrohungsbilder so nahe an der Realität und damit so objektiv und wahrhaftig wie möglich zu treffen, stellt eine weitere der vornehmsten Aufgaben der strategischen Aufklärung dar. Es ist die Aufgabe zu sagen, was ist, nicht was sein soll.

Tatsächlich muss man anhand der historischen Erfahrungen daran erinnern, dass die konsequente Befolgung einer Politik und Sicherheitsstrategie im Rahmen der genannten Triade – einschließlich des Festhaltens an glaubwürdiger erweiterter nuklearer Abschreckung auch bei nuklearer Verwundbarkeit der USA – nahezu sicher in entscheidendem Maße zur Friedenssicherung beigetragen hat. Sie hat wider die Erwartung vieler die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit nicht blockiert, sondern zu ihrer Ermöglichung beigetragen, und die historisch präzedenzlose Wohlstandsexplosion und Demokratisierung des politischen Lebens innerhalb der von den USA militärisch garantierten Ordnung mit abgeschirmt. Sie hat auch die Befreiung Mittel- und Osteuropas vom Kommunismus in Europa begünstigt, der Sowjetunion bzw. Russland immer Wege zu friedlichem Wandel und Kooperation offengehalten und dabei sowjetische bzw. russische Sicherheitsinteressen nicht aus dem Blick verloren, was sich unter anderem auch im Verzicht Deutschlands auf Kernwaffen niedergeschlagen hat.

Eine um Objektivität bemühte Analyse aktueller Ursache-Wirkungs-Verhältnisse wird im Übrigen nicht an einer ernüchternden Feststellung vorbeikommen. Der durch die Regierung Putin auch durch machtpolitische Nutzung ihres Kernwaffenpotenzials Schritt für Schritt angestachelte Sicherheitswettbewerb, mit dem die USA, NATO-Europa, die EU und Kanada umzugehen haben, hat eine „tiefere Ursache“: die Abkehr der aktuellen russischen Führung vom kooperationsbereiten Kurs der Gorbatschow/Jelzin-Ära und ihre Rückkehr „zum traditionellen Denken in geopolitischen Kategorien“, „imperialen Ambitionen“ und Einflusssphären.[58]

9 Schluss

Dieser Artikel soll dazu beitragen, Schwerfälligkeit und Wunschdenken im Umgang mit dem Thema nukleare Abschreckung aufzubrechen und einem Realitätscheck zu unterziehen. Er diskutiert neuere sicherheitsstrategisch relevante Ergebnisse der internationalen Forschung aus den Security Studies mit einem Fokus auf den euro-atlantischen Rahmen. Der Artikel bietet Überlegungen zum Vorgehen bei der strategischen Analyse: methodologische, konzeptionelle und empirische Denkanstöße für einen Realitätscheck zum Thema nukleare Abschreckung. Zuletzt blickt der Beitrag auf die gegenwärtige Konstellation und ihre Entwicklungsperspektiven, indem drei Kernthesen präsentiert und diskutiert werden, die einem Maßstab analytischer Objektivität verpflichtet sind. Ein Realitätscheck zu historischen Erfahrungen, Gegenwart und Zukunft der nuklearen Abschreckung ist dringend geboten: aufgrund neuer Forschungsergebnisse und aufgrund einer Weltlage, in der das fundamentale Thema der Integrität existierender, US-geführter Sicherheitsordnungen in seiner existenziellen Bedeutung – auch in Europa – immer wichtiger wird.

Literatur

Adomeit, Hannes (2019): Müssen wir Russland besser verstehen lernen? Eine kritische Auseinandersetzung mit den Argumenten für eine neue Russlandpolitik, Sirius – Zeitschrift für strategische Analysen, 3 (3), 224–24110.1515/sirius-2019-3002Search in Google Scholar

Ball, Desmond/Richelson, Jeffrey (1986): Strategic Nuclear Targeting. Ithaca. N.Y.: Cornell University Press10.7591/9781501733314Search in Google Scholar

Battilega, John A. (2020): Assessing Soviet Military Capabilities, in: Mahnken, Thomas G., Hrsg.: Net Assessment and Military Strategy. Retrospective and Prospective Essays. With an Introduction by Andrew W. Marshall. Armherst: Cambria Press, 117–138Search in Google Scholar

Bracken, Paul (2012): The Second Nuclear Age. Strategy, Danger, and the New Power Politics. New York: Time BooksSearch in Google Scholar

Brands, Hal (2018): The Unexceptional Superpower: American Grand Strategy in the Age of Trump, Survival, 59 (4), 7–4010.1080/00396338.2017.1399722Search in Google Scholar

Brauss, Heinrich/Krause, Joachim (2019): Was will Russland mit den vielen Mittelstreckenwaffen? Sirius – Zeitschrift für strategische Analysen, 3 (2), 154–16610.1515/sirius-2019-2005Search in Google Scholar

Chekov, Alexander D. et al. (2019–20): War of the Future: A View from Russia, Survival, 61 (6), 25–4810.1080/00396338.2019.1688563Search in Google Scholar

Colby, Elbridge A. (2013): Defining Strategic Stability: Reconciling Stability and Deterrence, in: Colby, Elbridge A./Gerson, Michael S., Hrsg.: Strategic Stability: Contending Interpretations. Carlisle PA: U.S. Army War College, 47–8310.21236/ADA572928Search in Google Scholar

Colby, Elbridge A. (2018): If You Want Peace, Prepare for Limited Nuclear War. A Strategy for the New Great-Power Rivalry, Foreign Affairs, 97 (6), 25–32Search in Google Scholar

Gavin, Francis J. (2019): Rethinking the Bomb: Nuclear Weapons and American Grand Strategy, Texas National Security Review, 2 (1), 74–100Search in Google Scholar

Gavin, Francis J. (2020): Nuclear Weapons and American Grand Strategy. Washington: Brookings Institution Press10.1353/sais.2019.0012Search in Google Scholar

Glaser, Charles (1989): Why Do Strategists Disagree about the Requirements of Strategic Nuclear Deterrence?, in: Eden, Lynn/Miller, Steven E., Hrsg.: Nuclear Arguments. Understanding the Strategic Nuclear Arms and Arms Control Debates. Ithaca/London: Cornell University Press, 109–171Search in Google Scholar

Glaser, Charles (1990): Analyzing Strategic Nuclear Policy. Princeton: Princeton University Press10.1515/9781400862023Search in Google Scholar

Glatz, Rainer L./Major, Claudia/Richter, Wolfgang/Schneider, Jonas (2020): Abschreckung und nukleare Teilhabe. Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, SWP-Aktuell 48Search in Google Scholar

Hariri, Yuval Noah (2018): 21 Lektionen für das 21. Jahrhundert. München: C.H. Beck10.17104/9783406727795Search in Google Scholar

Hassner, Pierre (2007): Who killed nuclear enlightenment?, International Affairs, 83 (3), 455–46710.1111/j.1468-2346.2007.00631.xSearch in Google Scholar

Heuer, Richards J. Jr. (1999): Psychology of Intelligence Analysis. Washington: Center for the Study of IntelligenceSearch in Google Scholar

Heuser, Beatrice (1998): Victory in a Nuclear War? A Comparison of NATO and WTO War Aims and Strategies, Contemporary European History, 7 (3), 311–32710.1017/S0960777300004264Search in Google Scholar

Ischinger, Wolfgang (2018): Welt in Gefahr. Deutschland und Europa in unsicheren Zeiten. Berlin: EconSearch in Google Scholar

Jervis, Robert (1984): The Illogic of American Nuclear Strategy. Ithaca/London: Cornell University Press10.7591/9781501738654Search in Google Scholar

Jervis, Robert (1989): The Meaning of the Nuclear Revolution. Statecraft and the Prospect of Armageddon. Ithaca/London: Cornell University PressSearch in Google Scholar

Kamp, Karl-Heinz (2019): Das strategische Langfrist-Problem der NATO, Sirius – Zeitschrift für strategische Analysen, 3 (2), 129–13510.1515/sirius-2019-2003Search in Google Scholar

Kaplan, Fred (1983): The Wizards of Armageddon. New York: Simon and Schuster10.1063/1.2915934Search in Google Scholar

Kent, Glenn A./Thaler, David E. (1989): First-Strike Stability. A Methodology for Evaluating Strategic Forces. Santa Monica, CA: Rand CorporationSearch in Google Scholar

Krause, Joachim (2007): Enlightenment and nuclear order, International Affairs 83 (3), 483–49910.1111/j.1468-2346.2007.00633.xSearch in Google Scholar

Krause, Joachim (2018): Besprechung von „Peter Rudolf, US-Geopolitik und nukleare Abschreckung“, Sirius – Zeitschrift für strategische Analysen, 2 (3), 288–29010.1515/sirius-2018-3010Search in Google Scholar

Krause, Joachim (2020): Kriege und Kriegsgefahren im kommenden Jahrzehnt, Sirius – Zeitschrift für strategische Analysen, 4 (2), 117–14310.1515/sirius-2020-2002Search in Google Scholar

Kroenig, Matthew (2018): The Logic of American Nuclear Strategy. Why Strategic Superiority Matters. New York: Oxford University Press10.1093/oso/9780190849184.001.0001Search in Google Scholar

Larsen, Jeffrey A./Kartchner, Kerry M., Hrsg. (2014): On Limited Nuclear War in the 21st Century. Foreword by Thomas C. Schelling. Stanford, CA: Stanford University Press10.1515/9780804790918Search in Google Scholar

Lautsch, Siegfried (2013): Kriegsschauplatz Deutschland. Erfahrungen und Erkenntnisse eines NVA-Offiziers. Potsdam: Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der BundeswehrSearch in Google Scholar

Lieber, Keir A./Press, Daryl G. (2020): The Myth of the Nuclear Revolution. Power Politics in the Atomic Age. Ithaca/London: Cornell University Press10.7591/cornell/9781501749292.001.0001Search in Google Scholar

Long, Austin (2008): Deterrence. From the Cold War to Long War. Lessons from Six Decades of RAND Research. Santa Monica/Arlington/Pittsburgh: RAND CorporationSearch in Google Scholar

Long, Austin/Rittenhouse Green, Brendan (2015): Stalking the Secure Second Strike: Intelligence, Counterforce, and Nuclear Strategy, Journal of Strategic Studies 38 (1–2), 38–7310.1080/01402390.2014.958150Search in Google Scholar

Long, Austin/Rittenhouse Green, Brendan (2017): The MAD Who Wasn’t There: Soviet Reactions to the Late Cold War Nuclear Balance, Security Studies, 26 (4), 606–64110.1080/09636412.2017.1331639Search in Google Scholar

Lutsch, Andreas (2020): Westbindung oder Gleichgewicht? Die nukleare Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland zwischen Atomwaffensperrvertrag und NATO-Doppelbeschluss. München: de Gruyter10.1515/9783110538274Search in Google Scholar

Mastny, Vojtech/Byrne, Malcolm (2005): A Cardboard Castle?: An Inside History of the Warsaw Pact, 1955–1991. Budapest: Central European University Press10.1515/9786155053696Search in Google Scholar

May, Ernest R. (1973): “Lessons” of the Past: The Use and Misuse of History in American Foreign Policy. New York: Oxford University PressSearch in Google Scholar

May, Ernest R./Steinbruner, John D./Wolfe, Thomas W. (1981): History of the Strategic Arms Competition 1945–1972. Part II. Washington, DC: Office of the Secretary of DefenseSearch in Google Scholar

McDonnell, Timothy, Hrsg. (2009): The Euromissiles Crisis and the End of the Cold War, 1977–1987 […]. Document Reader Part II: International Diplomacy, 1975–1979. Washington DC: Woodrow Wilson CenterSearch in Google Scholar

Neustadt, Richard E./May, Ernest R. (1986): Thinking in Time. The Uses of History for Decision-Makers. New York/London: Free PressSearch in Google Scholar

Nielsen, Harald (1998): Die DDR und die Kernwaffen – Die nukleare Rolle der Nationalen Volksarmee im Warschauer Pakt. Baden-Baden: Nomos VerlagsgesellschaftSearch in Google Scholar

Pilat, Joseph F. (2007): The end of the NPT regime?, International Affairs, 83 (3), 469–48210.1111/j.1468-2346.2007.00632.xSearch in Google Scholar

Ravenal, Earl C. (1982): Counterforce and Alliance: The Ultimate Connection, International Security, 6 (4), 26–4310.2307/2538676Search in Google Scholar

Rittenhouse Green, Brendan (2020): The Revolution That Failed. Nuclear Competition, Arms Control and the Cold War. Cambridge et al.: Cambridge University Press10.1017/9781108779593Search in Google Scholar

Roberts, Brad (2007): ‘All the King’s men’? Refashioning global order, International Affairs 83 (3), 523–53010.1111/j.1468-2346.2007.00636.xSearch in Google Scholar

Roberts, Brad (2016): The Case for U.S. Nuclear Weapons in the 21st Century. Stanford: Stanford University Press10.1515/9780804797153Search in Google Scholar

Roberts, Brad (2020): On Theories of Victory, Red and Blue. Livermore: LLNLSearch in Google Scholar

Rowen, Henry S. (1979): Beitrag zu: A Strategic Symposium. SALT and U.S. Defense Policy, The Washington Quarterly 2 (1), 46–5910.1080/01636607909450253Search in Google Scholar

Rowen, Henry S./Brody, Richard (1991): The Development of U.S. Nuclear Strategy and Employment Policy, in: Marshall, Andrew W./Martin, J.J./Rowen, Henry S., Hrsg.: On Not Confusing Ourselves. Essays on National Security Strategy in Honor of Albert and Roberta Wohlstetter. Boulder et al.: Westview Press, 29–53Search in Google Scholar

Rudolf, Peter (2020): Deutschland, die NATO und die nukleare Abschreckung. Berlin: SWPSearch in Google Scholar

Rühle, Michael (2007): Enlightenment and the second nuclear age, International Affairs 83 (3), 511–52210.1111/j.1468-2346.2007.00635.xSearch in Google Scholar

Schaller, Christian (2018): Völkerrechtliche Argumentationslinien in der russischen Außen- und Sicherheitspolitik. Russland, der Westen und das „Nahe Ausland“. Berlin: Stiftung Wissenschaft und PolitikSearch in Google Scholar

Schelling, Thomas C. (2008 [1966]): Arms and Influence. With a New Preface and Afterword. New Haven/London: Yale University PressSearch in Google Scholar

Tertrais, Bruno (2018): Russia’s Nuclear Policy: Worrying for the Wrong Reasons, Survival, 60 (2), 33–4410.1080/00396338.2018.1448560Search in Google Scholar

Walker, William (2012): A Perpetual Menace: Nuclear Weapons and International Order. London/New York: RoutledgeSearch in Google Scholar

Waltz, Kenneth N. (1990): Nuclear Myths and Political Realities, The American Political Science Review 84 (3), 731–74510.2307/1962764Search in Google Scholar

Waltz, Kenneth N. (2012): Why Iran Should Get the Bomb: Nuclear Balancing Would Mean Stability, Foreign Affairs 91 (3), 2–5Search in Google Scholar

Yost, David S (2007): Introduction. Thinking about ‘enlightenment’ and ‘counter-enlightenment’ in nuclear policies, International Affairs 83 (3), 427–43010.1111/j.1468-2346.2007.00629.xSearch in Google Scholar

Yost, David S. (2011): Strategic Stability in the Cold War. Lessons for Continuing Challenges. Paris: IFRISearch in Google Scholar

Zysk, Katarzyna (2018): Escalation and Nuclear Weapons in Russia’s Military Strategy, The RUSI Journal 163 (2), 4–1510.1080/03071847.2018.1469267Search in Google Scholar

Published Online: 2020-11-27
Published in Print: 2020-11-25

© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Articles in the same Issue

  1. Titelseiten
  2. Editorial
  3. Editorial
  4. Aufsätze
  5. Die (unvollkommene) Rückkehr der Abschreckung
  6. Auf der Suche nach politischer Rationalität nuklearer Abschreckung
  7. Neue Herausforderungen erfordern neue Ideen: Elemente einer Theorie des Sieges in modernen strategischen Konflikten
  8. Zur Bedeutung von Kernwaffen unter Bedingungen strategischer Rivalität – analytische Denkanstöße
  9. Iran und Israel: Ist ein Krieg unvermeidlich?
  10. Kurzanalysen und Berichte
  11. Erdogan schafft im Windschatten von Corona in Libyen Fakten!
  12. Geopolitische Folgen und Herausforderungen der Coronakrise für die Ukraine
  13. Forum – welche Politik ist angesagt gegenüber China und Russland?
  14. Anregungen zu einer neuen transatlantischen China-Politik
  15. Russlandpolitik in der Kontroverse
  16. Russlandpolitik in der Kontroverse
  17. Ergebnisse strategischer Studien
  18. Russland
  19. Sergey Sukhankin: Instruments of Russian Foreign Policy: Special Troops, Militias, Volunteers, and Private Military Enterprises. Washington, D.C.: The Jamestown Foundation, 2019
  20. Richard Sokolsky/Eugene Rumer: U.S.-Russian Relations in 2030. Washington, D.C.: Carnegie Endowment for International Peace, Juni 2020
  21. Mathieu Boulègue/Orysia Lutsevych: Resilient Ukraine. Safeguarding Society from Russian Aggression. London: Chatham House, Juni 2020
  22. Naher Osten
  23. Peter Salisbury: Risk Perception and Appetite in UAE Foreign and National Security Policy. London: Chatham House, Juli 2020
  24. Ilan Goldenberg/Elisa Catalano Ewers/Kaleigh Thomas: Reengaging Iran. A New Strategy for the United States. Washington D.C.: CNAS, August 2020
  25. International Crisis Group: Taking Stock of the Taliban’s Perspectives on Peace. Brüssel, August 2020
  26. Europäische Sicherheit
  27. Peter Rudolf: Deutschland, die NATO und die nukleare Abschreckung. Berlin: SWP, Mai 2020
  28. Jana Puglierin/Ulrike Esther Franke: The big engine that might: How France and Germany can build a geopolitical Europe. Berlin/London: European Council on Foreign Relations, Juli 2020
  29. Digitale Sicherheit
  30. Kenneth Geers: Alliance Power for Cyber Security. Washington, D.C.: The Atlantic Council, August 2020
  31. Daniel Kliman/Andrea Kendall-Taylor/Kristine Lee/Joshua Fitt/Carisa Nietsche: Dangerous Synergies. Countering Chinese and Russian Digital Influence Operations. Washington, D.C.: Centers for a New American Security, Juni 2020
  32. JD Work/Richard Harknett: Troubled vision: Understanding recent Israeli-Iranian offensive cyber exchanges. Washington D.C.: The Atlantic Council, Juli 2020
  33. Ökonomische Aspekte des internationalen Wandels
  34. Bayern LB Research/Prognos: Das Ende der Globalisierung – braucht Deutschland ein neues Geschäftsmodell? Wie Unternehmen jetzt die Weichen richtig stellen. München: Prognos, Juni 2020
  35. Buchbesprechungen
  36. David Shambaugh (Hg.): China and the World. New York: Oxford University Press 2020, 394 Seiten
  37. Tingyang Zhao: Alles unter einem Himmel. Vergangenheit und Zukunft der Weltordnung. Berlin: Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 2020, 266 Seiten
  38. Campbell Craig/Frederik Logevall: America’s Cold War. The Politics of Insecurity. Second Edition. Cambridge, MA und London: Harvard University Press 2020, 443 Seiten
  39. Christopher Hill: The Future of British Foreign Policy. Security and Diplomacy in a World after Brexit, London: Polity Press 2019, 238 Seiten
  40. Jason Lyall: Divided Armies. Inequality & Battlefield Performance in Modern War. Princeton und Oxford: Princeton University Press 2020, 528 Seiten
  41. Ben Saul/Dapo Akande: The Oxford Guide to International Humanitarian Law. Oxford: Oxford University Press 2020, 480 Seiten
  42. James D. Bindenagel: Germany from Peace to Power. Can Germany lead in Europe without dominating? Bonn: Bonn University Press 2020, 223 Seiten
  43. Bildnachweise
  44. Iran and Israel: The Inevitable War?
Downloaded on 10.11.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/sirius-2020-4005/html?lang=en
Scroll to top button