Bedeutungsvarianz und sozialer Stil
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Britt-Marie Schuster
Abstract
Im Mittelpunkt des Beitrags stehen Sprachgebrauchsmuster, die sich mit dem Basismorphem {blut} bzw. {blüt} verbinden lassen. Die Sprachgebrauchsmuster werden auf der Grundlage von drei umfangreichen Korpora ermittelt, die die heterogene Akteursstruktur im Nationalsozialismus zeigen. Es werden darin Texte aus dem NS-Apparat ebenso berücksichtigt wie Texte der integrierten Gesellschaft und des Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Die Wortfamilie Blut wurde deshalb ausgewählt, weil sie einerseits eine zentrale Bedeutung für die Konzeptualisierung von Tod und Sterben besitzt und andererseits einige ihrer Vertreter zu den Schlüsselwörtern des NS-Apparates zählen. Die erhobenen korpuslinguistischen Befunde werden sozialstilistisch interpretiert und mit stilistischen Verfahren in Verbindung gebracht. Der Beitrag kann zeigen, dass eine nach Akteuren differenzierte Betrachtung des nationalsozialistischen Sprachgebrauchs unabdingbar ist, denn es werden zum einen unterschiedliche Verwendungspräferenzen sichtbar, zum zweiten Bedeutungskonkurrenzen (illustriert an den Beispielen Blutopfer) und zum dritten lassen sich unterschiedliche stilistische Verfahren dokumentieren. Der unterschiedliche Umgang mit Tod und Sterben wird im Kontrast von NS-Apparat und Widerstand etwa dadurch erkennbar, dass eine anonymisierte Sichtweise auf Tod und Sterben, wie sie für die Texte des NS-Apparates charakteristisch ist und sich etwa an Mustern wie Blutzoll entrichten zeigt, im Widerstand zugunsten einer stärker personalisierenden Sichtweise vermieden wird. Dies wird neben dem Rekontextualisieren und dem sprachlichen Umperspektivieren als ein zentrales Verfahren der Gegenwehr gedeutet.
Abstract
Im Mittelpunkt des Beitrags stehen Sprachgebrauchsmuster, die sich mit dem Basismorphem {blut} bzw. {blüt} verbinden lassen. Die Sprachgebrauchsmuster werden auf der Grundlage von drei umfangreichen Korpora ermittelt, die die heterogene Akteursstruktur im Nationalsozialismus zeigen. Es werden darin Texte aus dem NS-Apparat ebenso berücksichtigt wie Texte der integrierten Gesellschaft und des Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Die Wortfamilie Blut wurde deshalb ausgewählt, weil sie einerseits eine zentrale Bedeutung für die Konzeptualisierung von Tod und Sterben besitzt und andererseits einige ihrer Vertreter zu den Schlüsselwörtern des NS-Apparates zählen. Die erhobenen korpuslinguistischen Befunde werden sozialstilistisch interpretiert und mit stilistischen Verfahren in Verbindung gebracht. Der Beitrag kann zeigen, dass eine nach Akteuren differenzierte Betrachtung des nationalsozialistischen Sprachgebrauchs unabdingbar ist, denn es werden zum einen unterschiedliche Verwendungspräferenzen sichtbar, zum zweiten Bedeutungskonkurrenzen (illustriert an den Beispielen Blutopfer) und zum dritten lassen sich unterschiedliche stilistische Verfahren dokumentieren. Der unterschiedliche Umgang mit Tod und Sterben wird im Kontrast von NS-Apparat und Widerstand etwa dadurch erkennbar, dass eine anonymisierte Sichtweise auf Tod und Sterben, wie sie für die Texte des NS-Apparates charakteristisch ist und sich etwa an Mustern wie Blutzoll entrichten zeigt, im Widerstand zugunsten einer stärker personalisierenden Sichtweise vermieden wird. Dies wird neben dem Rekontextualisieren und dem sprachlichen Umperspektivieren als ein zentrales Verfahren der Gegenwehr gedeutet.
Kapitel in diesem Buch
- Frontmatter I
- Vorwort V
- Inhalt VII
- Sprache des Sterbens, Sprache des Todes 1
-
Teil 1: Gegenwartssprachliche Zugänge
- Die Textsorte Konventionelles Kondolenzschreiben 15
- Elektronische Kondolenzbücher 41
- PolitikerInnen kondolieren auf Twitter – Kondolenztweets als formelhafte Texte 71
- Notizen zum Tod einer Person in Kalenderbüchern älterer Schreiber/-innen 91
- Vom Requiem zum Sterbebildchen 109
- „Aber das Getto ist grausam, es hält seine Opfer fest in seinen faulenden Zähnen“ 121
- Trost und Trösten 141
- „Ach, heute wurde mir zum ersten Mal ein Sitzplatz angeboten im Tram“ 165
- Bedeutungsvarianz und sozialer Stil 185
- Diskursive Bilder des Todes in deutschsprachigen Raptexten 209
- Perspektiven der Thanatolinguistik 229
-
Teil 2: Sprachgeschichtliche Zugänge
- Sprache des Sterbens – Sprache des Todes in Danziger Leichenpredigten (1586–1746) 251
- Zur Geschichte, Form, Funktion und Sprache von Totenzetteln 265
- Der Mensch, der Tod und die Grenzen der Macht 281
- „… sagt der Todt …“ 297
- Sprachliche Entpersonalisierungsstrategien in barockem Funeraldiskurs 317
-
Teil 3: Interdisziplinäre Zugänge
- „… zu deinem Volk versammelt“ 337
- Sprache des Sterbens in altindogermanischen Sprachen 357
- The risk of death and the fear of dying 377
- Grieving on the Home Front 397
- Das Wort und der Tod 415
- Das Werk, das Kollektiv und der Tod 427
- Index 441
Kapitel in diesem Buch
- Frontmatter I
- Vorwort V
- Inhalt VII
- Sprache des Sterbens, Sprache des Todes 1
-
Teil 1: Gegenwartssprachliche Zugänge
- Die Textsorte Konventionelles Kondolenzschreiben 15
- Elektronische Kondolenzbücher 41
- PolitikerInnen kondolieren auf Twitter – Kondolenztweets als formelhafte Texte 71
- Notizen zum Tod einer Person in Kalenderbüchern älterer Schreiber/-innen 91
- Vom Requiem zum Sterbebildchen 109
- „Aber das Getto ist grausam, es hält seine Opfer fest in seinen faulenden Zähnen“ 121
- Trost und Trösten 141
- „Ach, heute wurde mir zum ersten Mal ein Sitzplatz angeboten im Tram“ 165
- Bedeutungsvarianz und sozialer Stil 185
- Diskursive Bilder des Todes in deutschsprachigen Raptexten 209
- Perspektiven der Thanatolinguistik 229
-
Teil 2: Sprachgeschichtliche Zugänge
- Sprache des Sterbens – Sprache des Todes in Danziger Leichenpredigten (1586–1746) 251
- Zur Geschichte, Form, Funktion und Sprache von Totenzetteln 265
- Der Mensch, der Tod und die Grenzen der Macht 281
- „… sagt der Todt …“ 297
- Sprachliche Entpersonalisierungsstrategien in barockem Funeraldiskurs 317
-
Teil 3: Interdisziplinäre Zugänge
- „… zu deinem Volk versammelt“ 337
- Sprache des Sterbens in altindogermanischen Sprachen 357
- The risk of death and the fear of dying 377
- Grieving on the Home Front 397
- Das Wort und der Tod 415
- Das Werk, das Kollektiv und der Tod 427
- Index 441