Das Werk, das Kollektiv und der Tod
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Matthias Rothe
Abstract
„(W)enn ihr das Sterben überwinden wollt, so überwindet ihr es, wenn ihr das Sterben kennt und einverstanden seid mit dem Sterben“, heißt es im Kommentar von Bertolt Brechts, Elisabeth Hauptmanns und Slatan Dudovs Das Badener Lehrstück vom Einverständnis von 1929. Dieses und Stücke gleicher Art, die in den darauffolgenden Jahren entstanden, sahen vor, dass die Spielenden, idealerweise Arbeiterinnen, Studenteninnen, ‚wirkliche‘ Menschen also, in der Auseinandersetzung mit den Figuren der kargen Textvorlagen das Einverständnis mit dem Sterben lernen. Das ist zum einen nur metaphorisch gedacht: Indem sie sich vom Kollektiv her denken lernen, geben sie ihre Einzelexistenzen auf, aber durchgespielt wird es an ‚tatsächlichen‘ Situationen des Sterbens. Warum gewinnt das Sterben in diesen Spielvorlagen ein solches Gewicht? Dieser Beitrag geht der Frage anhand des wohl am meisten diskutierten Lehrstücks Die Maßnahme nach. Ich werde exemplarisch an diesem Text aufzeigen, dass die Lehrstücke die Form der Sterbelehre annehmen, weil sie Kollektivität immer zugleich mobilisieren und verunmöglichen, das heißt, das Zu-lernende vorentscheiden und den Lernprozess auf Zustimmung reduzieren.
Abstract
„(W)enn ihr das Sterben überwinden wollt, so überwindet ihr es, wenn ihr das Sterben kennt und einverstanden seid mit dem Sterben“, heißt es im Kommentar von Bertolt Brechts, Elisabeth Hauptmanns und Slatan Dudovs Das Badener Lehrstück vom Einverständnis von 1929. Dieses und Stücke gleicher Art, die in den darauffolgenden Jahren entstanden, sahen vor, dass die Spielenden, idealerweise Arbeiterinnen, Studenteninnen, ‚wirkliche‘ Menschen also, in der Auseinandersetzung mit den Figuren der kargen Textvorlagen das Einverständnis mit dem Sterben lernen. Das ist zum einen nur metaphorisch gedacht: Indem sie sich vom Kollektiv her denken lernen, geben sie ihre Einzelexistenzen auf, aber durchgespielt wird es an ‚tatsächlichen‘ Situationen des Sterbens. Warum gewinnt das Sterben in diesen Spielvorlagen ein solches Gewicht? Dieser Beitrag geht der Frage anhand des wohl am meisten diskutierten Lehrstücks Die Maßnahme nach. Ich werde exemplarisch an diesem Text aufzeigen, dass die Lehrstücke die Form der Sterbelehre annehmen, weil sie Kollektivität immer zugleich mobilisieren und verunmöglichen, das heißt, das Zu-lernende vorentscheiden und den Lernprozess auf Zustimmung reduzieren.
Kapitel in diesem Buch
- Frontmatter I
- Vorwort V
- Inhalt VII
- Sprache des Sterbens, Sprache des Todes 1
-
Teil 1: Gegenwartssprachliche Zugänge
- Die Textsorte Konventionelles Kondolenzschreiben 15
- Elektronische Kondolenzbücher 41
- PolitikerInnen kondolieren auf Twitter – Kondolenztweets als formelhafte Texte 71
- Notizen zum Tod einer Person in Kalenderbüchern älterer Schreiber/-innen 91
- Vom Requiem zum Sterbebildchen 109
- „Aber das Getto ist grausam, es hält seine Opfer fest in seinen faulenden Zähnen“ 121
- Trost und Trösten 141
- „Ach, heute wurde mir zum ersten Mal ein Sitzplatz angeboten im Tram“ 165
- Bedeutungsvarianz und sozialer Stil 185
- Diskursive Bilder des Todes in deutschsprachigen Raptexten 209
- Perspektiven der Thanatolinguistik 229
-
Teil 2: Sprachgeschichtliche Zugänge
- Sprache des Sterbens – Sprache des Todes in Danziger Leichenpredigten (1586–1746) 251
- Zur Geschichte, Form, Funktion und Sprache von Totenzetteln 265
- Der Mensch, der Tod und die Grenzen der Macht 281
- „… sagt der Todt …“ 297
- Sprachliche Entpersonalisierungsstrategien in barockem Funeraldiskurs 317
-
Teil 3: Interdisziplinäre Zugänge
- „… zu deinem Volk versammelt“ 337
- Sprache des Sterbens in altindogermanischen Sprachen 357
- The risk of death and the fear of dying 377
- Grieving on the Home Front 397
- Das Wort und der Tod 415
- Das Werk, das Kollektiv und der Tod 427
- Index 441
Kapitel in diesem Buch
- Frontmatter I
- Vorwort V
- Inhalt VII
- Sprache des Sterbens, Sprache des Todes 1
-
Teil 1: Gegenwartssprachliche Zugänge
- Die Textsorte Konventionelles Kondolenzschreiben 15
- Elektronische Kondolenzbücher 41
- PolitikerInnen kondolieren auf Twitter – Kondolenztweets als formelhafte Texte 71
- Notizen zum Tod einer Person in Kalenderbüchern älterer Schreiber/-innen 91
- Vom Requiem zum Sterbebildchen 109
- „Aber das Getto ist grausam, es hält seine Opfer fest in seinen faulenden Zähnen“ 121
- Trost und Trösten 141
- „Ach, heute wurde mir zum ersten Mal ein Sitzplatz angeboten im Tram“ 165
- Bedeutungsvarianz und sozialer Stil 185
- Diskursive Bilder des Todes in deutschsprachigen Raptexten 209
- Perspektiven der Thanatolinguistik 229
-
Teil 2: Sprachgeschichtliche Zugänge
- Sprache des Sterbens – Sprache des Todes in Danziger Leichenpredigten (1586–1746) 251
- Zur Geschichte, Form, Funktion und Sprache von Totenzetteln 265
- Der Mensch, der Tod und die Grenzen der Macht 281
- „… sagt der Todt …“ 297
- Sprachliche Entpersonalisierungsstrategien in barockem Funeraldiskurs 317
-
Teil 3: Interdisziplinäre Zugänge
- „… zu deinem Volk versammelt“ 337
- Sprache des Sterbens in altindogermanischen Sprachen 357
- The risk of death and the fear of dying 377
- Grieving on the Home Front 397
- Das Wort und der Tod 415
- Das Werk, das Kollektiv und der Tod 427
- Index 441