Sprachliche Entpersonalisierungsstrategien in barockem Funeraldiskurs
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Odile Schneider-Mizony
Abstract
Der Beitrag wendet sich der Entpersonalisierung des/der Verstorbenen und seiner/ihrer Lebenslaufe in katholischen Leichenpredigten des 17. Jahrhunderts zu. Im ersten Teil wird das barocke Todesschrifttum kontextualisiert, der zweite Teil stellt die Figuren der Rede sowie die sprachlichen Mittel vor, womit über den Tod und die Toten abstrahierend geredet wurde: Verschweigen personlicher Bezugsobjekte, Umwandlung von individuellen Taten in Rollenpositionen, Verschleierung des Handlungsgehalts, Topoi, Passivierungen sowie lexikalische Abstrahierung. Im dritten Teil werden Erklarungshypothesen für diese Entpersonalisierung angebracht. Historische und konfessionsbedingte Grunde erklaren zum einem diese barocke Generalisierung eines christlichen Todes; zum anderen wirken Leichenreden für Frauen besonders unpersonlich, weil die verschiedenen Geistes- und Gefuhlswelten, in denen beide Geschlechter lebten, eine Individualisierung der Lebensschicksale durch mannliche Prediger schwierig machten. Manche sprachliche Mittel konnten durchaus in moderner Trauerbewaltigung weiterleben. Der barocke Funeraldiskurs erfullt aber die Normen und Erwartungen der Epoche voll und ganz - nicht durch eine Sprache, die Traumata reduzieren wurde, sondern durch einen stereotypisierenden und unpersonlichen Schreibduktus, der diese überhaupt nicht aufkommen lasst.
Abstract
Der Beitrag wendet sich der Entpersonalisierung des/der Verstorbenen und seiner/ihrer Lebenslaufe in katholischen Leichenpredigten des 17. Jahrhunderts zu. Im ersten Teil wird das barocke Todesschrifttum kontextualisiert, der zweite Teil stellt die Figuren der Rede sowie die sprachlichen Mittel vor, womit über den Tod und die Toten abstrahierend geredet wurde: Verschweigen personlicher Bezugsobjekte, Umwandlung von individuellen Taten in Rollenpositionen, Verschleierung des Handlungsgehalts, Topoi, Passivierungen sowie lexikalische Abstrahierung. Im dritten Teil werden Erklarungshypothesen für diese Entpersonalisierung angebracht. Historische und konfessionsbedingte Grunde erklaren zum einem diese barocke Generalisierung eines christlichen Todes; zum anderen wirken Leichenreden für Frauen besonders unpersonlich, weil die verschiedenen Geistes- und Gefuhlswelten, in denen beide Geschlechter lebten, eine Individualisierung der Lebensschicksale durch mannliche Prediger schwierig machten. Manche sprachliche Mittel konnten durchaus in moderner Trauerbewaltigung weiterleben. Der barocke Funeraldiskurs erfullt aber die Normen und Erwartungen der Epoche voll und ganz - nicht durch eine Sprache, die Traumata reduzieren wurde, sondern durch einen stereotypisierenden und unpersonlichen Schreibduktus, der diese überhaupt nicht aufkommen lasst.
Chapters in this book
- Frontmatter I
- Vorwort V
- Inhalt VII
- Sprache des Sterbens, Sprache des Todes 1
-
Teil 1: Gegenwartssprachliche Zugänge
- Die Textsorte Konventionelles Kondolenzschreiben 15
- Elektronische Kondolenzbücher 41
- PolitikerInnen kondolieren auf Twitter – Kondolenztweets als formelhafte Texte 71
- Notizen zum Tod einer Person in Kalenderbüchern älterer Schreiber/-innen 91
- Vom Requiem zum Sterbebildchen 109
- „Aber das Getto ist grausam, es hält seine Opfer fest in seinen faulenden Zähnen“ 121
- Trost und Trösten 141
- „Ach, heute wurde mir zum ersten Mal ein Sitzplatz angeboten im Tram“ 165
- Bedeutungsvarianz und sozialer Stil 185
- Diskursive Bilder des Todes in deutschsprachigen Raptexten 209
- Perspektiven der Thanatolinguistik 229
-
Teil 2: Sprachgeschichtliche Zugänge
- Sprache des Sterbens – Sprache des Todes in Danziger Leichenpredigten (1586–1746) 251
- Zur Geschichte, Form, Funktion und Sprache von Totenzetteln 265
- Der Mensch, der Tod und die Grenzen der Macht 281
- „… sagt der Todt …“ 297
- Sprachliche Entpersonalisierungsstrategien in barockem Funeraldiskurs 317
-
Teil 3: Interdisziplinäre Zugänge
- „… zu deinem Volk versammelt“ 337
- Sprache des Sterbens in altindogermanischen Sprachen 357
- The risk of death and the fear of dying 377
- Grieving on the Home Front 397
- Das Wort und der Tod 415
- Das Werk, das Kollektiv und der Tod 427
- Index 441
Chapters in this book
- Frontmatter I
- Vorwort V
- Inhalt VII
- Sprache des Sterbens, Sprache des Todes 1
-
Teil 1: Gegenwartssprachliche Zugänge
- Die Textsorte Konventionelles Kondolenzschreiben 15
- Elektronische Kondolenzbücher 41
- PolitikerInnen kondolieren auf Twitter – Kondolenztweets als formelhafte Texte 71
- Notizen zum Tod einer Person in Kalenderbüchern älterer Schreiber/-innen 91
- Vom Requiem zum Sterbebildchen 109
- „Aber das Getto ist grausam, es hält seine Opfer fest in seinen faulenden Zähnen“ 121
- Trost und Trösten 141
- „Ach, heute wurde mir zum ersten Mal ein Sitzplatz angeboten im Tram“ 165
- Bedeutungsvarianz und sozialer Stil 185
- Diskursive Bilder des Todes in deutschsprachigen Raptexten 209
- Perspektiven der Thanatolinguistik 229
-
Teil 2: Sprachgeschichtliche Zugänge
- Sprache des Sterbens – Sprache des Todes in Danziger Leichenpredigten (1586–1746) 251
- Zur Geschichte, Form, Funktion und Sprache von Totenzetteln 265
- Der Mensch, der Tod und die Grenzen der Macht 281
- „… sagt der Todt …“ 297
- Sprachliche Entpersonalisierungsstrategien in barockem Funeraldiskurs 317
-
Teil 3: Interdisziplinäre Zugänge
- „… zu deinem Volk versammelt“ 337
- Sprache des Sterbens in altindogermanischen Sprachen 357
- The risk of death and the fear of dying 377
- Grieving on the Home Front 397
- Das Wort und der Tod 415
- Das Werk, das Kollektiv und der Tod 427
- Index 441