Startseite Linguistik & Semiotik „Aber das Getto ist grausam, es hält seine Opfer fest in seinen faulenden Zähnen“
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„Aber das Getto ist grausam, es hält seine Opfer fest in seinen faulenden Zähnen“

  • Friedrich Markewitz
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Abstract

Das kommunikative Verhalten der jüdischen Verfolgten im ‚Dritten Reich‘ wurde aus linguistischer Perspektive vornehmlich auf den Ebenen der Lexik und z.T. der Syntax z.B. im Rahmen der Bestimmung ihres sprachlichen Handelns als Form der Sondersprache erfasst. Texttypologische bzw. textvergleichende Ansätze liegen ebenso wie Inventarisierungen der kommunikativen Praktiken dieser Akteursgruppe nur in Ansätzen vor. Ziel dieses Aufsatzes ist es daher, diese Forschungslücken anhand verschiedener Textsorten, die im Getto Litzmannstadt produziert wurden, zumindest ansatzweise aufzuarbeiten. Im Gegensatz zu vielen anderen Gettos ist das Getto Litzmannstadt umfassend dokumentiert. So z.B. in der Getto-Tageschronik, in der ab 1941 in täglichen Einträgen versucht wurde, ein aktuelles Bild des Gettos für die Nachwelt festzuhalten. Anhand dieser Einträge wird der physische aber auch psychische Kraftaufwand deutlich, mit dem man sich im Getto-Alltag behaupten musste - vor allem auch hinsichtlich eines vom Tod umgebenen Lebens. Weiterhin sind zahlreiche Tagebücher der Getto-Bewohner erhalten geblieben. Im Rahmen dieser heterogenen Textsortenwelt zeigen sich nun auch die unterschiedlichen kommunikativen Strategien im Umgang mit der drohenden Vernichtung. Anhand der in den Textsorten unterschiedlich vorgenommenen Rekurse auf a) einen Unsagbarkeits-Topos sowie b) existenzielle Fragestellungen und durch c) das Äußern offener Kritik an den sie umgebenden Umständen soll ein Einblick in die Strategien gegeben werden, gegen die drohende Vernichtung und das tägliche Sterben anzuschreiben.

Abstract

Das kommunikative Verhalten der jüdischen Verfolgten im ‚Dritten Reich‘ wurde aus linguistischer Perspektive vornehmlich auf den Ebenen der Lexik und z.T. der Syntax z.B. im Rahmen der Bestimmung ihres sprachlichen Handelns als Form der Sondersprache erfasst. Texttypologische bzw. textvergleichende Ansätze liegen ebenso wie Inventarisierungen der kommunikativen Praktiken dieser Akteursgruppe nur in Ansätzen vor. Ziel dieses Aufsatzes ist es daher, diese Forschungslücken anhand verschiedener Textsorten, die im Getto Litzmannstadt produziert wurden, zumindest ansatzweise aufzuarbeiten. Im Gegensatz zu vielen anderen Gettos ist das Getto Litzmannstadt umfassend dokumentiert. So z.B. in der Getto-Tageschronik, in der ab 1941 in täglichen Einträgen versucht wurde, ein aktuelles Bild des Gettos für die Nachwelt festzuhalten. Anhand dieser Einträge wird der physische aber auch psychische Kraftaufwand deutlich, mit dem man sich im Getto-Alltag behaupten musste - vor allem auch hinsichtlich eines vom Tod umgebenen Lebens. Weiterhin sind zahlreiche Tagebücher der Getto-Bewohner erhalten geblieben. Im Rahmen dieser heterogenen Textsortenwelt zeigen sich nun auch die unterschiedlichen kommunikativen Strategien im Umgang mit der drohenden Vernichtung. Anhand der in den Textsorten unterschiedlich vorgenommenen Rekurse auf a) einen Unsagbarkeits-Topos sowie b) existenzielle Fragestellungen und durch c) das Äußern offener Kritik an den sie umgebenden Umständen soll ein Einblick in die Strategien gegeben werden, gegen die drohende Vernichtung und das tägliche Sterben anzuschreiben.

Heruntergeladen am 16.10.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/9783110694734-007/html?lang=de
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