Rezensierte Publikation:
Alfons Bora, Responsive Rechtssoziologie – Theoriegeschichte in systematischer Absicht: Soziologische Theorie des Rechts 1. Wiesbaden: Springer VS 2023, 376 S., eBook, 42,79 €
Ich schreibe diese Rezension aus der Perspektive eines Strafrechtlers, der neben Rechtsphilosophie auch Rechtssoziologie als Grundlagenfach in einer 2-stündigen Vorlesung für Studierende aus dem zweiten Semester lehrt. Wie der Autor macht sich auch der Rezensent Sorgen um die institutionelle Zukunft der Rechtssoziologie, weniger allerdings um die Rechtssoziologie als Forschungsdisziplin als um die Rechtssoziologie als Grundlagenfach in der juristischen Ausbildung.
1. Der Autor nimmt als Ausgangspunkt seines Buches die im Kern von vielen Wissenschaftler:innen geteilte Analyse einer institutionellen Schwäche der Rechtssoziologie (S. 28–43). Unter Betrachtung von Professuren, akademischer Lehre, Forschungsinstituten und Förderprogrammen, wissenschaftlicher Selbstorganisation, Politikberatung sowie der Zeitschrift für Rechtssoziologie konstatiert er einen unübersehbaren Niedergang der Rechtssoziologie, die von wenigen Ausnahmen abgesehen an den Universitäten nicht existent ist (S. 43). Interessant an diesem unbestreitbaren Befund ist, dass Bora die Kriminologie und Kriminalsoziologie als gleichsam „Rechtssoziologie des Strafrechts“ nicht in seine Analyse mit einbezieht. Insbesondere die Kriminologie erscheint aber aufgrund der gesteigerten empirischen Legitimationsbedürftigkeit des Strafrechts im Kern institutionell krisenfester als andere Bereiche der Rechtssoziologie. Jedenfalls sind zahlreiche kriminologische Lehrstühle in den letzten Jahren nach der Beobachtung des Rezensenten auch mit der Denomination Kriminologie wiederbesetzt worden.
Trotz der institutionellen Krise der Rechtssoziologie insgesamt stellt Bora zutreffend fest, dass die Lehre der Rechtssoziologie jedenfalls an den juristischen Fakultäten „bis heute einigermaßen kontinuierlich gepflegt“ worden ist (S. 32). Das mag daran liegen, dass die Gleichbehandlung von Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie/Rechtstheorie und Rechtssoziologie als Grundlagenfächer der Rechtswissenschaft bis heute anerkannt ist und weithin stabil wirkt. Freilich schlägt die von Bora aufgezeigte institutionelle Schwäche der Rechtssoziologie auch auf die Lehre der Rechtssoziologie an den juristischen Fakultäten durch. Das beginnt mit Problemen bei der Auswahl der Lehrenden, die mangels Interesses der gesellschaftlichen Fachbereiche regelmäßig allein von den juristischen Fakultäten gestellt werden und dort aus einer dünnen Personaldecke geschöpft werden müssen, geht über die Schwierigkeit, die Vorlesungsinhalte angesichts des außergewöhnlich heterogenen Themen- und Methodenkanons in der Rechtssoziologie festzulegen, und reicht bis zu den Detailfragen, welches aktuelle Lehrbuch zur Rechtssoziologie als Begleitlektüre für die Studierenden über die ganze Breite des Stoffes empfohlen und welche Vorlesungsinhalte sinnvollerweise in einer Abschlussklausur geprüft werden können. Dass diese Schwierigkeiten sich in Zukunft zu Nachteilen der Rechtssoziologie im Wettbewerb mit den anderen Grundlagenfächern verschärfen, erscheint angesichts des andauernden finanziellen und personellen Drucks auf juristische Fakultäten, ihre Lehrangebote auf das Notwendigste zu fokussieren, nicht ausgeschlossen.
2. Für Bora bleiben derartige Gründe für die Schwäche der Rechtssoziologie freilich an der Oberfläche verhaftet (S. 189). Denn sie vernachlässigen die Ebene der Semantik, der Deutungen, Selbstbeschreibungen und Reflexionen (S. 17). Er sieht die Hauptursache für die Probleme der Rechtssoziologie vielmehr in einer konstitutiven Schwäche soziologischer Theorie selbst begründet. So habe es die Soziologie nicht vermocht, eine Reflexionstheorie zu formulieren, die sich responsiv gegenüber der rechtstheoretischen Umwelt verhält und diese soziologie-intern als relevant beobachtbar macht (S. 45). Diese Schwäche sei sehr folgenreich gewesen. Sie habe nicht nur eine mangelnde Aufmerksamkeit soziologischer Theorie für die Praxis als Umwelt der Wissenschaft bewirkt. Darüber hinaus habe sie ein asymmetrisches Modell rechtssoziologischer Selbstbeschreibung begünstigt, welches das System-Umwelt-Verhältnis der Rechtssoziologie vorwiegend einseitig als Rezeption von soziologischem Wissen in Rechtspraxis und Jurisprudenz bestimmt (S. 19). Entsprechend defizitär geblieben seien die rechtssoziologischen Diskurse über Interdisziplinarität. Sie hätten im Wesentlichen zwischen sachlicher Hierarchie mit entweder Überordnung der Rechtswissenschaft über die Rechtssoziologie oder umgekehrt oder pragmatischer Indifferenz ohne Klärung von Geltungsansprüchen geschwankt (S. 53, 62, 63). Insoweit greife auch die Diagnose zu kurz, dass der Niedergang der Rechtssoziologie hauptsächlich auf einer Abwehrhaltung der Jurisprudenz gegenüber erfahrungswissenschaftlichem Wissen zurückzuführen sei (S. 67). Ganz allgemein sieht Bora in dem Mangel an Reflexionstheorie den Grund dafür, dass die Rechtsoziologie bis heute kein konstituierendes und konsentiertes Selbstverständnis über ihre eigene Identität als Fach ausgebildet hat (S. 18).
Als Lösung der Probleme empfiehlt der Autor die Orientierung an einer Reflexionstheorie in Gestalt einer responsiven Rechtssoziologie. Responsivität bedeutet dabei ein Modell von Interdisziplinarität, welches nicht asymmetrisch die Rezeption soziologischen Wissens in der Rechtswissenschaft ins Zentrum stellt, sondern symmetrische Beziehungen zwischen Rechtssoziologie und Rechtswissenschaft anstrebt. Dies geschieht durch eine interne Integration der Umweltbeobachtung in die Rechtssoziologie durch Etablierung von Praxisdiskursen (S. 64–65). Insoweit konzipiert Bora responsive Rechtssoziologie als rechtssoziologischen Praxisdiskurs auf der Grundlage wissenschaftlicher Autonomie der Soziologie, die ein äquilibriertes Verhältnis zu ihrer Umwelt in Gestalt dieses Praxisdiskurses einnimmt (S. 5.).
Im Rahmen des damit eröffneten Forschungsprogramms einer empirischen Analyse reflexionstheoretischer Diskurskonfigurationen (S. 66) durchstreift der Autor die gesamte Theoriegeschichte der Rechtssoziologie. Für die Gründungszeit der Rechtssoziologie zwischen 1850 und 1930 (S. 71–117) stellt er unter Anknüpfung an Analysen von Schweitzer und Kaldewey fest, dass alle Positionen, obgleich von unterschiedlichen Perspektiven, vom asymmetrischen Leistungsaspekt der Soziologie für das Recht beherrscht waren. Während die Rechtstheorie die Soziologie primär unter dem Aspekt der Rezeption und Hilfswissenschaft betrachtete, akzentuierte die Soziologie ihren Autonomieanspruch und thematisierte den Leistungsaspekt aus dieser Perspektive (S. 72, 74). Entsprechend dominierten in der Gründungsphase trotz responsiver Spuren bei Weber und Geiger asymmetrische Verständnisse der Interdisziplinarität: Entweder wurde die Hierarchie der Soziologie (z. B. Marx, Durkheim) oder der Rechtswissenschaft angenommen (etwa Kantorowicz), oder im Diskurs wurde eine indifferente Position bezogen (z. B. Ehrlich; S. 115).
An diesem Befund hat sich nach Bora auch in der Rechtssoziologie der Nachkriegszeit trotz ihres Aufschwungs in den 60er und frühen 70er Jahren nichts Wesentliches geändert (Kap. 4, S. 119–186 und Kap. 5, S. 187–263). Zwar habe Schelsky eine Rechtssoziologie mit im Kern responsiver Interdisziplinarität propagiert, diesen Weg aber nicht weiterverfolgt (S. 123–131). Als sehr komplex erweist sich für den Autor die Interpretation von Luhmann. Dieser habe die Rechtssoziologie einerseits wie kein zweiter um substantielle gegenstandstheoretische Analysen bereichert, die auch Hinweise auf Responsivität enthielten. Andererseits habe Luhmann sich mit der Betonung der Geschlossenheit der soziologischen Außenbeobachtung und der Rezeptionsdefizite der Jurisprudenz ausdrücklich gegen eine Reflexionstheorie der Rechtssoziologie entschieden, für die responsive Praxisdiskurse konstitutiv sind (S. 131–183). Insoweit sei die paradoxale Situation entstanden, dass die soziologische Theorie in dem Moment, in dem sie mit dem Recht Ernst machte, sich zugleich vom Recht zurückzog (S. 183).
Dieser Abschied der Soziologie vom Recht setzt sich für Bora fort in den späteren Reflexionsdiskursen. Nach einer vertiefenden Analyse zum Schweigen der Systemtheorie zu einer responsiven Rechtssoziologie (S. 191–221) konstatiert er ein Desinteresse anderer soziologischer Theorien (Parsons, Foucault, Bourdieu) am Recht (S. 221–235). Insbesondere habe auch Habermas zwar an zentraler Stelle rechtstheoretische Argumente verwendet, jedoch letztlich keine soziologische Theorie des Rechts entwickelt (S. 236, 261). Trotz vielversprechender reflexionstheoretischer Einzelstimmen (u. a. Ziegert, Schelsky) und einiger positiver Ansätze in späteren reflexionstheoretischen Debatten (S. 253–260) bezeichnet der Autor die Responsivität der Rechtssoziologie im Ergebnis als bislang nicht eingelöste Aufgabe (S. 260–263).
Dieser Aufgabe widmet sich Bora im letzten Kapitel, wo er Potenziale einer responsiven Rechtssoziologie heben will (S. 265–333). Die Potenziale findet er nach einer Spurensuche in globalen rechtssoziologischen Diskursen (S. 266–287) vor allem in der neueren soziologischen Rechtswissenschaft (S. 287–312). Obschon die dortigen Denkbewegungen in Gestalt einer responsiven Rechtsdogmatik (u. a. Teubner, Grünberger), eines reflexiven Rechts (u. a. Teubner, Wilke) oder einer kritischen Systemtheorie (u. a. Amstutz, Fischer-Lescano, Möller) keine explizite Reflexionstheorie formulieren, verbinden sie doch instruktiv juristische Rechtstheorie und soziologische Theorie in einem nicht asymmetrischen Sinne. Denn in dem Maße, wie diese Ansätze die soziologische Perspektive in die Rechtstheorie integrieren, werden Strukturen einer responsiven Reflexionstheorie der Rechtssoziologie sichtbar, welche über die juristische Rezeption soziologischen Wissens hinaus Innen- und Außenreferenzen, Autonomie- und Praxisdiskurse in Rechtstheorie wie Soziologie gleichberechtigt zur Geltung bringt. Damit wird es möglich, Fragestellungen des Rechts einschließlich normativer Zwecke in der Rechtssoziologie als Umwelt behandelbar zu machen, ohne die Autonomie der Soziologie preiszugeben. Das schließt die Prüfung ein, ob sich aus soziologischer Perspektive bestimmte normative Zwecke im Lichte empirischer Befunde noch als richtig erweisen und welche Folgerungen dies für eine entsprechende soziologische Begriffsbildung hat (S. 314–315). Rechtssoziologie verwirklicht sich insoweit durch Beratung in Form eines interdisziplinären Praxisdiskurses (S. 320).
In einem hier nicht zu besprechenden zweiten Band beleuchtet Bora die gegenstandstheoretischen Möglichkeiten einer solchen responsiven Rechtssoziologie anhand ausgewählter Beispiele aus dem öffentlichen Recht und dem Zivilrecht (Bora, 2023). Seine dazu erschienenen Beiträge aus vier Jahrzehnten lagen bislang nur verstreut vor und beruhten ursprünglich nicht auf einer ausformulierten Konzeption einer responsiven Rechtssoziologie. Bora hat sie in dem zweiten Band neu zusammengestellt.
3. Die Entwicklung der responsiven Rechtssoziologie aus einer Theoriegeschichte in systematischer Absicht bietet naturgemäß Anlass, sich mit einigen Deutungen soziologischer Theorien durch Bora kritisch auseinanderzusetzen. Das könnte im Erfolgsfall dazu führen, dass die Einordnung des einen oder anderen Theoretikers als Ahnherr, Ignorant oder Kritiker einer responsiven Rechtssoziologie zu revidieren wäre. Die Grundthese des Autors bliebe dadurch aber unangetastet. Der Rezensent konzentriert sich daher auf zwei systematische Aspekte.
Zunächst ist dem Autor darin beizupflichten, dass die responsive Rechtssoziologie ein faszinierendes Forschungsprogramm markiert. Ihr wird man mit Blick auf die starke Betonung von auf rechtliche Fragestellungen bezogenen Praxisdiskursen nicht ein letztlich doch asymmetrisches Verhältnis zur Rechtswissenschaft vorwerfen dürfen. Denn die eigenständige Identität der Soziologie wird über die Unantastbarkeit ihrer Autonomie ausreichend gewährleistet. Ohnehin schließt eine responsive Rechtssoziologie wohl nicht soziologische Theorien aus, die primär autonome Fragestellungen verfolgen wollen.
Ich möchte die Leistungsfähigkeit responsiver Interdisziplinarität an einer Denkfigur aus dem Themenkreis des reflexiven Rechts veranschaulichen, die auch im Strafrecht wirksam wird – ein Bereich, den der Autor leider nicht thematisiert. Im Strafrecht, insbesondere im Medizinstrafrecht, wird die Straflosigkeit einer Handlung in mehreren Bereichen von der vorherigen Einhaltung von Verfahrensanforderungen abhängig gemacht. Bekanntestes Beispiel ist die Straflosigkeit des beratenen Schwangerschaftsabbruchs (§ 218a Abs. 1 Strafgesetzbuch). Weitere Anwendungsfelder finden sich etwa im Kastrationsgesetz, wo die Zulässigkeit einer Kastration abhängig ist von der Prüfung durch eine Gutachterstelle oder ein Betreuungsgericht (§§ 5, 6 Kastrationsgesetz); im Embryonenschutzgesetz, wo der Gesetzgeber die Straflosigkeit der Präimplantationsdiagnostik u. a. gebunden hat an die Prüfung durch eine interdisziplinär zusammengesetzte Ethikkommission (§ 3a Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Embryonenschutzgesetz); oder im Sterbehilferecht, wo für die Zulässigkeit einer Sterbehilfe gegenüber einwilligungsunfähigen Betreuten die Ermittlung des Patientenwillens (§§ 1827 Abs. 2 iVm. 1828 Bürgerliches Gesetzbuch) oder die Nichteinwilligung des Betreuers (§ 1829 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch) an die Einhaltung von Verfahren gebunden sind.
In diesen Beispielen wird eine allgemeine Prozeduralisierungsidee als Grund für die Erlaubtheit einer Handlung auch im Strafrecht sichtbar. Sie lässt sich auf das Konzept des reflexiven Rechts und rechtssoziologisch/rechtstheoretische Prozeduralisierungstheorien von Recht zurückführen. Der Einsatz von Prozeduralisierung rechtfertigt sich namentlich aus materialen Bestimmungsunsicherheiten im Recht. In dem Maße, wie sich etwa beim Schwangerschaftsabbruch die „Zweiheit in Einheit“ zwischen Mutter und nasciturus nicht einseitig zu Gunsten der Mutter („Mein Bauch gehört mir“) oder des ungeborenen Kindes (ausnahmsloser Lebensschutz mit Gebärpflicht der Mutter) auflösen lässt, tritt prozedurales Recht als Kompromiss auf den Plan, das der Mutter ihr Letztentscheidungsrecht nur belässt, wenn sie sich vor dem Abbruch hat beraten lassen. Das Strafrecht erweist sich hier nicht als heteronomes, repressives Recht, sondern als lernfähiges Recht, welches die Autonomie der Schwangeren bei Einhaltung von Verfahren im Einzelfall respektiert.
In dem jüngst gescheiterten Versuch, das Recht des Schwangerschaftsabbruchs neu zu regeln und dabei die Schwangere vollständig zu entkriminalisieren (Bundestags-Drucksache 20/13775), scheint diese Weisheit des geltenden Rechts tendenziell brüchig geworden zu sein. Eine responsive Rechtssoziologie könnte hier helfen, die in dem Reformprojekt zu Tage getretenen Einstellungsänderungen in Gesellschaft, Politik und Recht zum Schwangerschaftsabbruch, zur Rolle der Schwangeren und zur Erforderlichkeit einer Strafsanktionierung aufzuklären.
Dass eine „richtige“ Theorie allein sodann die institutionelle Schwäche der Rechtssoziologie noch nicht behebt, ist Bora bewusst. Er zieht deshalb, obgleich nur skizzenhaft, Konsequenzen aus seiner responsiven Rechtssoziologie für die rechtssoziologische Lehre (S. 324–326). Als Ziel eines mit zwei Pflichtmodulen ausgestatteten Schwerpunkts „Rechtssoziologie“ benennt Bora kohärent die Ausbildung eines wissenschaftlichen Habitus, der zur Bearbeitung von interdisziplinären Problemen befähigt. Das setze nicht nur eine allgemeine wissenschaftliche Propädeutik, sondern auch eine Einführung in die allgemeine Rechtslehre voraus. Erst darauf aufbauend habe eine Einführung in die Rechtssoziologie zu erfolgen anhand von Schlüsseltexten und ergänzt durch rechtssoziologische Feldstudien in Gerichtsinteraktion, Justiz- und Verwaltungsorganisation, Gesetzgebung usw. Der Autor hält einen solcherart ausgestalteten Schwerpunkt für integrierbar in bestehende Bachelor-Studienmodelle ebenso wie ein anschließendes Masterstudium.
Bora erkennt, dass die universitäre Verwirklichung einer responsiven Rechtssoziologie angesichts der eingangs angerissenen Probleme der Rechtssoziologie vor großen Herausforderungen steht. Er spricht sich in Überwindung der aktuellen Kooperationsflaute zwischen Soziologie und Rechtswissenschaft für eine starke Form der Interdisziplinarität in Gestalt von interfakultären Kooperationen und des Einsatzes juristisch gebildeten Personals für einige Veranstaltungen aus (S. 326). Ob dafür ausreichend Lehrpersonal generiert werden kann, ist zweifelhaft. Bereits gegenwärtig ist in den juristischen Fakultäten die Personaldecke für Grundlagenveranstaltungen dünn. Allerdings trifft die betonte Praxisorientierung des von Bora propagierten Schwerpunkts auf eine zunehmende Theoriemüdigkeit der Studierenden. Ohnehin gilt es im Wettbewerb der juristischen Grundlagenfächer schon jetzt, die Rechtssoziologie mit einer studierendenfreundlichen Mischung aus Grundbegriffen, rechtssoziologischen Klassikern sowie empirischer und systematischer Wissensvermittlung attraktiv zu halten.
Literatur
Bender, G. (1994). Rechtssoziologie in der alten Bundesrepublik. Prozesse, Kontexte, Zäsuren. In D. Simon (Hrsg.), Rechtswissenschaft in der Bonner Republik. Studien zur Wissenschaftsgeschichte der Jurisprudenz (S. 100–144). Suhrkamp Verlag.Search in Google Scholar
Bora, A. (2023). Reflexion des Rechts - Beiträge zur responsiven Rechtssoziologie. Soziologische Theorie des Rechts 2. Springer VS.10.1007/978-3-658-40787-2Search in Google Scholar
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