Arendt, Christine: Zur Analyse kulturreflexiver Filme und ihrer Rezeption im DaF-Unterricht.Das Leben der Anderen und Nirgendwo in Afrika. Interpretation, Narratologie, Erinnerungsrhetorik und Rezeption durch italienische Studierende. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2019. – ISBN 978-3-8260-6636-8. 461 Seiten, € 58,5700.

Dorothea Spaniel-Weise

doi:10.1515/infodaf-2021-0014

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Arendt, Christine: **Zur Analyse kulturreflexiver Filme und ihrer Rezeption im DaF-Unterricht.*Das Leben der Anderen*** und Nirgendwo in Afrika. Interpretation, Narratologie, Erinnerungsrhetorik und Rezeption durch italienische Studierende. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2019. – ISBN 978-3-8260-6636-8. 461 Seiten, € 58,5700.

Dorothea Spaniel-Weise

Published/Copyright: April 9, 2021

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From the journal Informationen Deutsch als Fremdsprache Volume 48 Issue 2-3

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Arendt, Christine: Zur Analyse kulturreflexiver Filme und ihrer Rezeption im DaF-Unterricht. Das Leben der Anderen und Nirgendwo in Afrika. Interpretation, Narratologie, Erinnerungsrhetorik und Rezeption durch italienische Studierende. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2019. – ISBN 978-3-8260-6636-8. 461 Seiten, € 58,00.

Deutsche Spielfilme, die sich mit historischen Themen beschäftigen, haben nach der Jahrtausendwende stark zugenommen, und so wählt die Autorin zwei Filme aus, die zwar beide jeweils einen Oscar in der Kategorie ‚Bester fremdsprachiger Film‘ gewonnen haben und somit ein großes Medienecho fanden, sich aber im Weiteren sowohl von der filmischen Gestaltung, der gewählten Epoche als auch der Rezeptionsgeschichte stark unterscheiden: Das Leben der Anderen (2006) und Nirgendwo in Afrika (2001). Arendt wählt für die Analyse einen hermeneutischen Zugang, um Merkmale herauszuarbeiten, die beide Filme als „Erinnerungsfilme“ (18) charakterisieren. Daran schließt jeweils die Darstellung der Rezeption der Filme durch italienische Studierende an der Hochschule Mailand an. Nach der Einleitung werden in Kapitel 2 die „theoretischen und methodologischen Grundlagen erläutert“ (23). Zur Analyse des Films Das Leben der Anderen wird das Konzept der Filmnarratologie von Markus Kuhn (2011) vorgestellt, das sich aus einer visuellen und sprachlichen Erzählinstanz zusammensetzt. Arendt ergänzt diese um eine auditive, um die Filmmusik beschreiben zu können. Für den Film Nirgendwo in Afrika wird das Konzept der Multiperspektivität von Vera und Ansger Nünning gewählt, das eine Vielzahl von Funktionen beschreibt, darunter moralisch-bilanzierende Funktionen, die Werte und Normen einer Gesellschaft aufzeigen (vgl. 31). Ähnlich trifft dies auf den Parameter der ideologischen Perspektive zu, der dem Konzept von Wolf Schmid entnommen wird und ihrem Verständnis kulturreflexiver Filme entspricht.

In einem nächsten Schritt weist Arendt dem Einfluss von historischen Filmen auf das Deutschlandbild von Deutschlernenden nach, wobei sie ausführlich die Konzepte des kulturellen bzw. kollektiven Gedächtnisses nach Halbwachs sowie Jan und Aleida Assmann nachzeichnet. Den Begriff Erinnerungsfilm referiert sie nach Astrid Erll und Stefanie Wodianka (2008) und betont, dass Erinnerungsfilme in „verschiedenen Erinnerungsgemeinschaften unterschiedlich rezipiert werden“ (45). Damit liefert sie den Begründungszusammenhang für ihre Forschungsfrage, wie die Filme von Mitgliedern der „italienischen Erinnerungsgemeinschaft“ rezipiert werden (ebd.). Ob durch die Beschäftigung mit diesen Filmen die „Annäherung an den fremden sozialen Gedächtnisrahmen“ gelingt oder sich „im Erwerb von historischen Kenntnissen erschöpft“, wird mithilfe von Fragebögen, Rezeptionsnotizen und der Auswertung schriftlicher Arbeiten zu untersucht (50).

Die ausführliche Besprechung der beiden Filme in Kapitel 3 und 4 kann an dieser Stelle nicht erfolgen. Es sei darauf hingewiesen, dass sich die Autorin für Das Leben der Anderen auf über 200 Seiten zuerst mit Filmkritiken und Stellungnahmen prominenter DDR-Bürger*innen auseinandersetzt, bevor sie die „zahlreich vorhandene Forschungsliteratur u. a. zum universellen Leitthema der Überwachung durch die Staatssicherheit skizziert und eigene Überlegungen zusammenführt. Nach der Rezeption des Films durch Master-Studierende mehrerer Jahrgänge (2012–2015), aus deren Arbeiten in Ausschnitten zitiert wird, kommt sie zu dem Schluss, dass die Beschäftigung mit dem Film dazu führt, dass sich Studierende mit den Folgen des Zweiten Weltkrieges in Deutschland auseinandersetzen (vgl. 279) und diese als Teil der eigenen Identität begreifen (vgl. 290).

Für die Analyse der filmischen Umsetzung des autobiographischen Romans von Stefanie Zweig Nirgendwo in Afrika wählt die Autorin stärker literaturwissenschaftliche Bezüge, um die transkulturelle Identität der Autorin herauszuarbeiten. Arbeiten zu diesem Film gibt es deutlich weniger als zum vorherigen, und die Inhalte, das Exil jüdischer Migrant*innen in Afrika, sind vielen Studierenden sowohl in Italien als auch Deutschland eher unbekannt. In der Rezeption fällt es den Studierenden jedoch leicht, kulturalistische Themen wie Kulturschock und kulturellen Identität zu interpretieren (vgl. 393), dabei liegt das Potenzial im Erkennen der hybriden Identität der Figur Regina (der Autorin) und bietet Anknüpfungspunkte für aktuelle Migrationsdiskurse. Arendt betont, dass die Rezeptionsprozesse der Studierenden durch offene Aufgabenstellungen unterstützt werden können, während die Filminterpretation durch die Analyse intensiviert werden kann (vgl. 406). Beide Filme sind, wie Arendt schlussfolgert, für den Einsatz im DaF-Unterricht geeignet, da beide aktuelle Bezüge herstellen können (vgl. 420). Das Buch endet mit einem umfangreichen Literatur- und Sachwortverzeichnis. Es bleibt zu wünschen, dass weitere so fundiert recherchierte und in der Praxis erprobte Didaktisierungen zu aktuellen historischen Spielfilmen erscheinen.

Online erschienen: 2021-04-09

Erschienen im Druck: 2021-04-01

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