Kompetenzen von DaF-/DaZ-Lehrenden [Sammelrezension]Roche, Jörg (Hrsg.): Sprachen lehren. Tübingen: Narr Francke Attempto, 2019 (Kompendium DaF/DaZ, 5). – ISBN – 978-3-8233-8212-6. 369 Seiten, € 24,99.Ersch, Christina Maria (Hrsg): Kompetenzen in DaF/DaZ. Berlin: Frank & Timme, 2019 (DaF/DaZ in Forschung und Lehre, 1). – ISBN 978-3-7329-9378-9. 200 Seiten, € 29,80.

Obwohl sich die ausgewählten Titel beide mit Kompetenzen von DaF-/DaZ-Lehrenden beschäftigen, unterscheiden sie sich in diversen Aspekten voneinander; so nicht nur im Aufbau und Umfang, sondern auch im Hinblick auf Autoren und Themen. Roche (2019) gehört zu einem Kompendium zur Weiterbildung von Sprachlehrenden und gibt forschungsbasierte Anleitungen zu Themen im DaF-/DaZ-Unterricht wie Aufgabenerstellung, Fehlertypologie, Methodik u.v.m. Ersch (2019) andererseits richtet sich an Forschungsinteressierte, will „konkrete Vorschläge für die Umsetzung in die Praxis“ (9) geben und „hat das Ziel die viel diskutierte Kluft zwischen Theorie und Praxis [...] zu verringern“ (ebd.).

Roche (2019) hat einen Umfang von 369 Seiten und gliedert sich in acht Inhaltskapitel. Das erste Kapitel umfasst die Grundlagen der Didaktik. Dazu gehört der historische Überblick zu den Lerntheorien und eine Einführung in den Konstruktivismus. Anschließend werden die Merkmale eines konstruktivistischen Sprachunterrichts dargestellt, um daraufhin zur interkulturellen Landeskunde zu kommen. Insgesamt bietet das Kapitel einen guten Überblick und eine ausreichende Einführung zu einem FSU, der auf dem aktuellen Forschungsstand basiert.

Das zweite Kapitel handelt dann über Kompetenz-, Gebrauchs- und Handlungsorientierung. Als Einführung wird auf den GER zurückgegriffen und daran erklärt, welche Kompetenzen mit welchen Niveaustufen verbunden sind. Es folgt eine Einführung in den gebrauchsbasierten Ansatz. Anhand dessen werden aktuelle Sprachlern-Apps beispielhaft besprochen, um daran zu zeigen, dass sie im Grunde behaviouristischen Idealen folgen. Alternativ dazu werden die Handlungsorientierung und Szenariendidaktik eingeführt, wodurch Nachhaltigkeit durch aktives Handeln erzeugt werden kann. Im Allgemeinen ist dieses Kapitel gut strukturiert und informiert umfassend. Nur wünscht man sich als DaF-Lehrender neben den DaZ-Anwendungsbeispielen auch Anregungen für den Unterricht im Ausland, oder man versucht, die Beispiele aus einer Berufs- und einer Grundschule für den nichtdeutschen Sprachraum zu adaptieren.

Kapitel 3 bespricht die Lern- und Testaufgabenerstellung zuerst hinsichtlich Grundlagen, Funktion und Qualitätsmerkmale, dann wird der Frage nachgegangen, ob Testaufgaben auch zum Lernen eingesetzt werden können, bevor Beispiele für Testaufgaben aus der Praxis präsentiert werden. In diesem Kapitel werden die Grundlagen zu den Aufgabentypen gut vermittelt, sodass man daraufhin eigene Aufgaben erstellen könnte.

In Kapitel 4 werden die Fehlertypologie und -korrektur besprochen, wobei zuerst einmal definiert wird, was überhaupt unter Fehler zu verstehen ist. Gut und detailliert wird beschrieben, was, wann und wie am besten korrigiert werden sollte. Dies wird einerseits mit Bezug auf die mündliche, andererseits auch auf die schriftliche Korrektur besprochen. Einziger Kritikpunkt an dieser Stelle ist, dass man „Fehler für die unterrichtliche Gestaltung von Sprachlernkontexten produktiv einsetzen“ (134) kann, sich die Umsetzung in den eigenen Unterricht aber leider durch die eher deskriptive Darstellung der Korrekturen als schwierig gestalten könnte.

Es folgt im fünften Kapitel die Methodik, welches die Grammatikvermittlung, das Aussprachetraining und korrektives Feedback bespricht. Für die Grammatik werden einige Ansätze miteinander verglichen, bevor der Autor zu den Grundlagen aktueller Methodik kommt. Beim Thema Aussprachetraining werden von Einzellauten über Prosodie und segmentale Phonetik die Grundlagen besprochen. Außerdem gibt es viele Anregungen, wie man die Aussprache im Unterricht korrigieren kann. Schließlich werden zum korrektiven Feedback Methoden angeboten, wie positive und motivierende Korrekturen aussehen können. Das Methodenkapitel ist recht umfangreich, dementsprechend werden hier viele Tipps für die Umsetzung im Sprachunterricht gegeben.

Anschließend werden im sechsten Kapitel Alphabetisierung und Schriftsprachenerwerb besprochen, im Detail bedeutet dies die Grundlagen der Alphabetisierung, des Schriftspracherwerbs und des silbenanalytischen Ansatzes zur Erklärung des Grundmusters der gesprochenen Sprache. Auf 38 Seiten wird prägnant zusammengetragen, was man zu einer ersten Orientierung in diesem Bereich benötigt.

Das vorletzte Kapitel handelt von Mediennutzung. Insgesamt wirkt das Kapitel leicht veraltet, insbesondere vor dem Hintergrund der plötzlichen Umstellung des (Fremdsprachen-)Unterrichts im Corona-Jahr 2020. Es gibt zwar viele Beispiele für die Mediennutzung, allerdings werden Software-Beispiele aus den Jahren 2012, 2009 oder sogar aus dem Jahr 2003 aufgenommen, die mit keinem aktuellen Betriebssystem mehr kompatibel sein dürften. Obwohl dieses Kapitel solide Grundlagen anbietet, wäre eine Aktualisierung auch im Hinblick auf Konferenzanruf-Tools wünschenswert. Dem „umfassenden und dennoch übersichtlichen Evaluationsbogen“ (291) über dreieinhalb Seiten könnten Lehrende dann die für sie relevanten Gebiete entnehmen, für den Fall, dass sie Lernsoftware finden und für den Einsatz in ihrem Unterricht bewerten möchten.

Im achten Kapitel Lernerorientierung werden abschließend Lernervariablen, Lernstrategien und Sprachenpolitik bewertet. Es werden Vorurteile gegenüber dem Alter und dem Lernen besprochen und es wird herausgestellt, dass jedes Alter bestimmte Vorteil für das Lernen bietet. Die Lernstrategien werden leider mehr oder weniger nur aufgezählt, genau wie die „Fragen zur Bewusstmachung von Strategien“ (320).

Der fünfte Teil aus der Kompendium-Reihe kann wie folgt zusammengefasst werden: Auf über 360 Seiten wird viel Inhalt geboten, es werden viele Grundlagen erklärt, Anregungen gegeben und Tipps, den eigenen Unterricht zu verbessern. Allerdings gibt es hie und da Stellen, die eher beschreibend oder aufzählend wirken, insbesondere die Mediennutzung bietet zwar einige Einblicke, die aber oft aufgrund des Alters der Software nicht mehr ausprobiert oder eingesetzt werden können.

Ersch (2019) ist eine Sammlung von einzelnen Artikeln in der Reihe DaF/DaZ in Forschung und Lehre. Es handelt sich hierbei aber eher um wissenschaftliche Artikel und Praxisberichte: „Die Reihe DaF/DaZ in Forschung und Lehre richtet sich gezielt nicht nur an Forschungsinteressierte in diesem Bereich, sondern und vor allem auch an Lehrkräfte, denen die Beiträge in dieser Reihe konkrete Vorschläge für die Umsetzung in die Praxis geben sollen“ (9). Das Werk ist in drei Teile gegliedert: Fachspezifische Sprachkompetenzen, (Fach-)Kompetenzen für Lehrkräfte und Kompetenzen im kontrastiven Vergleich.

Der erste Artikel im Themenschwerpunkt Fachspezifische Sprachkompetenzen berichtet über den Einsatz der Grammatik-Übersetzungsmethode im lernerorientierten Unterricht. Die Autorin berichtet über ein Projekt an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, speziell über den Fremdsprachenunterricht im Unterricht für Doktoranden, die einen Austauschaufenthalt in Mainz haben und für Bibelübersetzungen u. ä. diese Methode einsetzen. Bei ihrer Darstellung geht die Autorin auf viele Details der Teilnehmenden und des Unterrichts ein, beschreibt, welche Formen es für den Passiversatz gibt und welche Rollen den Lehrenden zukommen. Der Artikel lässt sich eher als Erfahrungsbericht beschreiben, in dem das Fazit lautet: „Eine Sommerschule kann Lust aufs Deutsche machen“ (34). Auffallend sind die viele Anmerkungen beinhaltenden Fußnoten und Wortschöpfungen wie „Muttersprechende“ (20).

Der zweite Artikel ist eine Mischung aus Erfahrungsbericht und wissenschaftlichem Artikel über fachspezifische Deutschkurse in der Humanmedizin. Auch hier gibt es diverse Anmerkungen in Fußnoten, die oftmals ohne Mehrwert und deshalb überflüssig wirken. Leider krankt der Artikel daran, dass während der Präsentation diverser Förderkonzepte nicht deutlich wird, warum überhaupt darauf eingegangen wird. Daneben verliert man sich beim Lesen in den Informationen, die wenig in die Gesamtstruktur des Artikels passen. Ist man beim Fazit angelangt, fragt man sich schließlich, woher das Fazit der Autorin gewonnen wurde, da es der Leserschaft schwerfallen könnte, die Argumentation nachzuvollziehen.

Der erste Artikel im Themenschwerpunkt (Fach-)Kompetenzen für Lehrkräfte führt drei Studien zu Lernervorlieben zusammen, um daran die Präferenzen und den Zusammenhang mit gehirngerechtem Unterricht darzustellen. Das Fazit fasst hierbei die unterschiedlichen Ergebnisse der Studien noch einmal zusammen. Obwohl schlüssig und informierend, wären darüber hinaus Empfehlungen zur Umsetzung wünschenswert.

Der zweite Artikel beschäftigt sich mit den Genera im Deutschen und deren Vermittlung an Lernende, in deren Muttersprachen ein solches System nicht existiert. Hier wird durch diverse Beispiele verdeutlicht, dass es für die Lehrenden bei der Vermittlung der deutschen Genera vorteilhaft ist, Kenntnisse in der L1 und L2 der Lernenden zu haben. Dann wird über die Art der Vermittlung der Genera in Lehrwerken berichtet, um schließlich Mnemotechniken („Merkwörter“, wie z. B. „Tumchenmament(i)umlein“; 81) für die Vermittlung anzubieten. Der Artikel ist zwar generell gut strukturiert, es fehlen aber einige Zusammenhänge oder Herleitungen für die Mnemotechniken, auf die man dann doch plötzlich und ganz unerwartet stößt.

Der nächste Artikel zur interkulturellen Kompetenz führt zwei theoretische Modelle an, um an der Darstellung eines dialogischen Handlungsspiels zu verdeutlichen, wie interkulturelle Kompetenzen erworben werden können. Der Artikel ist gut strukturiert und zeigt auf interessante Weise, wie eine Möglichkeit aussehen kann, interkulturelle Kompetenzen zu verdeutlichen und zu erwerben.

Mit einem Artikel zu schriftlichen Beschwerden beginnt der dritte Themenschwerpunkt Kompetenzen im kontrastiven Vergleich. Hierin wird beschrieben, wie kulturspezifisch Beschwerdebriefe sind und dass diese nicht in allen Kulturen üblich sind. Am Beispiel von bulgarischen Deutschlernenden wird deutlich gemacht, woran es in Lehrwerken mangelt, wenn sie das Phänomen behandeln. Mit einer guten Struktur und Hinlenkung zur Untersuchung und einem detaillierten Lösungsvorschlag, wie mit dieser Textsorte im interkulturellen FSU umgegangen werden kann, behandelt der Artikel ein Phänomen, welchem bisher noch nicht so viel Beachtung geschenkt wurde.

Der letzte Artikel in diesem Schwerpunkt untersucht Unterschiede zwischen Deutschen und Briten in der Äußerung von Kritik. Gut strukturiert und gut nachvollziehbar wird hier aufgezeigt, wie unterschiedlich Sprecher in beiden Kulturen handeln und welche unterschiedlichen Redemittel sie benutzen. Diese wurden aus einer Fernsehserie extrahiert, die es in beiden Ländern gibt, und dazu wurden schließlich Daten gesammelt und entsprechend analysiert. In der Datenanalyse wird jedoch deutlich, dass die Datenmenge evtl. für ein aussagekräftiges Ergebnis nicht ausreicht.

Zusammenfassend zu beiden Titeln kann gesagt werden, dass es sich bei Roche (2019) um ein umfassendes Standardwerk handelt, das viele Bereiche abdeckt und nicht nur für Studierende geeignet ist, sondern auch für alle diejenigen, die ihr Wissen in diesem Bereich auf den aktuellen Stand bringen wollen. Bei Ersch (2019) wird zwar mehr Wert auf Praxisberichte gelegt, allerdings sind die Beiträge der einzelnen Autoren teilweise nur schwer nachzuvollziehen bzw. lassen die Leser allzu oft zurück mit der Frage, wie man das neu gewonnene Wissen anwenden oder selbst umsetzen kann.