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Unternehmen im öffentlichen Raum – Grundlegender Sammelband oder Sammelsurium?

  • Anaël Labigne
Published/Copyright: October 8, 2016
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Rezensierte Publikation:

Hüther Michael Bergmann Knut Enste Dominik (Hg.) 2015: Unternehmen im öffentlichen Raum. Zwischen Markt und Mitverantwortung. Wiesbaden: Springer VS


Privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen prägen den öffentlichen Raum und werden von ihm geprägt, besitzen „Sozialkapital“, kümmern sich um Reputation, beobachten ihre Umwelt und werden von dieser beobachtet. Die Liste ließe sich fortführen. In anderen Worten: In Deutschland besteht nicht nur eine Vielzahl konkreter Kooperationen zwischen Forprofit- und Nonprofit-Organisationen. Wirtschaft und Zivilgesellschaft stehen grundsätzlich in einem engen Interaktionszusammenhang. Die klassische Rollenverteilung – auf Profit setzende Wirtschaft einerseits und dem Gemeinwesen verpflichtete Zivilgesellschaft andererseits – ist heute über wissenschaftliche Disziplinen und politische Ideologien hinweg weniger klar als noch vor einigen Jahrzehnten. Außerdem lässt sich die Thematik nicht mit einem isolierten Blick auf CSR (Corporate Social Responsibility)-Maßnahmen abhandeln.

Trotz der Bedeutsamkeit des Themas wissen wir wenig über die Rolle von Unternehmen in mehr oder weniger zivilen, bürgerschaftlich geprägten Gesellschaften. Der Sammelband „Unternehmen im öffentlichen Raum. Zwischen Markt und Mitverantwortung – von knapp 20 Experten erarbeitet – stellt sich auf über 300 Seiten dieser Herausforderung. Die vorliegende Buchbesprechung konzentriert sich auf einige ausgewählte Aspekte der von Michael Hüther, Knut Bergmann und Dominik Enste – allesamt am Institut der deutschen Wirtschaft Köln tätig – herausgegebenen Publikation. Im Folgenden werden Artikel ausgewählt, die ausdrücklich den Zusammenhang zwischen Wirtschaft und Zivilgesellschaft behandeln.

Verantwortung von Unternehmen

Kapitel 1 startet interessanterweise nicht mit der Frage, welchen Nutzen Unternehmen aus verantwortungsvoller Unternehmensführung ziehen können. Das Buch widmet sich zu Beginn ebenso wenig der Frage, welchen Nutzen die Gesellschaft durch Unternehmensengagement hat, also welche soziale Wirkung Unternehmensengagement erzielt. Stattdessen steht die Verantwortung von Unternehmen im Zentrum der Einleitung. Diese Betonung geht auf eine Sachverständigenkommission der Bundesregierung zurück, die 2012 einen ersten Bericht zum Thema „Bürgerschaftliches Engagement von Unternehmen“ vorgelegt hat. Die Kommission stellte damals Weichen. Einige Kriterien der Definition des „bürgerschaftlichen Engagements von Unternehmen“ sind daher relativ klar: Es geht um freiwillige Mitverantwortung von Unternehmen für den öffentlichen Raum und um positive externe Effekte für die Gesellschaft.

Andere Aspekte der vorangestellten Definition implizieren normative Setzungen, die mit Blick auf Wirtschaftsunternehmen erstaunen: „Bürgerschaftliches Engagement kann sich in kontinuierlichen Leistungen, Innovationen und Problemlösungen ausdrücken, mit denen primär kein finanzieller Nutzen angestrebt wird“ (14). Es fällt auf, dass auch an dieser Stelle die positive Wechselwirkung zwischen funktionierendem Gemeinwesen und wirtschaftlicher Prosperität für die Autoren zunächst nicht im Vordergrund zu stehen scheint. Die Botschaft ist somit gerade nicht: Engagement lohnt sich! Stattdessen steht auch hier der Verantwortungsbegriff im Zentrum. Die Leitfrage des ersten Kapitels lautet: Welche theoretische Fassung kann einer erweiterten Unternehmensverantwortung gegeben werden?

Dominik Enstes Beitrag behandelt das Thema Unternehmensverantwortung dann allerdings am Ende des ersten Kapitels aus ökonomischer Perspektive. Der Beitrag bezieht die Herausforderung einer zu starken Moralisierung unter dem Stichwort „Mitverantwortung aus Eigennutz“ mit ein (81). Beispielsweise wird in diesem Kontext auf Basis des IW-Vertrauensbarometers argumentiert, die positive Korrelation zwischen Vertrauen in der Bevölkerung einerseits und BIP pro Kopf andererseits sei in folgender kausaler Richtung zu deuten: „Dort, wo das Vertrauen höher ist, ist tendenziell auch das BIP höher“ (93). Die Korrelation in diesen kausalen Zusammenhang zu setzen, hätte man allerdings eher von einem Kultursoziologen als von einem Volkswirt erwartet. Altbekannte Positionierungen nicht zu zementieren, prägt erfreulicherweise die Beiträge des gesamten Sammelbandes.

Wir lernen sieben konkrete Wege zur Förderung von mehr Mitverantwortung und Kooperation kennen. Dabei hat in den vergangenen Jahren vor allem eine Diskussion die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften umgetrieben, die Diskussion um den evolutorischen Vorteil: „Von der Steinzeit bis zur Neuzeit haben kooperative Akteure einen Fitnessvorteil gegenüber Egoisten“ (96). Interessant ist auch Enstes konkretes Beispiel zu dem Punkt Default-Settings. Hier wird die Praxis angesprochen: „Wenn alle Führungskräfte an einer Weiterbildung zur ‚Mitverantwortlichen Unternehmensführung‘ teilnehmen sollen, werden alle Teilnehmer automatisch für das Seminar angemeldet und die Führungskräfte müssen sich nur noch einen Termin aussuchen, an dem sie teilnehmen. Damit ist der Default anders gesetzt, als wenn die Anmeldung zunächst noch eigenständig erfolgen muss“ (95). In den meisten Unternehmen werden stattdessen lose, unverbindliche Angebote gemacht– ohne Incentivierung.

Unternehmen und ihr Sozialkapital

Stefan Hradil (Professor für Soziologie in Mainz) untersucht in seinem Beitrag zum ersten Kapitel des Sammelbandes „Unternehmen und ihr Sozialkapital“. Es sei an dieser Stelle nur auf einen Kritikpunkt hingewiesen, nämlich auf die Rolle des oben erwähnten Vertrauens im Wirtschaftsleben. Wir lesen bei Hradil: „Vertrauen spielt nicht zuletzt in der Mafia oder in Korruptionsnetzwerken eine bedeutende Rolle“ (70). Kurz, der Autor teilt die Begeisterung über die Leistungsfähigkeit von „Sozialkapital – also von zivilgesellschaftlichen Netzwerken, Vertrauen und Moral“ – nicht in der üblichen Pauschalität. Andererseits: Wer möchte schon pauschalisieren? Pierre Bourdieu – und dazu hat der Soziologe Hradil selbst geforscht – hat vor über 30 Jahren das Sozialkapital-Konzept sicher nicht ohne Grund rein deskriptiv als Gruppenzugehörigkeit gefasst. Und das eben nicht, weil Bourdieu an gesellschaftspolitischer Relevanz sozialwissenschaftlicher Konzepte weniger interessiert war als Putnam und Co. Stattdessen ging es schon damals um analytische Schärfe statt um normative Aufladung. Fast überraschend endet Hradil dann mit einem klaren Plädoyer für sektorenübergreifende Kooperation und deren Synergieeffekte, da „wünschenswertes Sozialkapital“ (73), also beispielsweise ein Kooperationsnetzwerk einer näher zu bestimmenden Qualität, tatsächlich helfen könne.

Die in Kapitel 2 behandelte mikroökonomische Perspektive zu „Handlungsbedingungen in Unternehmen“ sowie der in Kapitel 3 angelegte Makroblick decken gegenwärtige Fachdiskussionen ab. Insofern sei angemerkt, dass der Leser unter anderem etwas über die Mechanismen des Reputationsmanagements lernt, wenn Mark Eisenegger und Mario Schranz analysieren, inwiefern und durch welche Abfolgen sich Reputation aus der Kohärenz geschriebener und gelebter Werte ergibt. Auch der nicht nur aus volkswirtschaftlicher, sondern darüber hinaus aus soziologischer Perspektive gewählte Blick von oben kann an dieser Stelle nur empfohlen werden. Denn in Kapitel 3 finden sich weitere Beiträge renommierter Autoren. Michael Hüther, Nico Stehr und Marian Adolf sowie Jörg Rocholl arbeiten in ihren Beiträgen den Einfluss des globalen Strukturwandels auf Unternehmen heraus.

Wirtschaft und Zivilgesellschaft

Kapitel 4 und Kapitel 5 des Buches fokussieren schließlich auf das Zusammenspiel von Wirtschaft und Zivilgesellschaft: „Unternehmen und Dritter Sektor: Zwischen Partnerschaft und Ignoranz“ sowie „Perspektiven für die Pluralität von Gemeinwohlakteuren“. In diesen Kapiteln variiert, ob durch die Herausgeber so gewollt oder nicht, die Anschlussfähigkeit der Beiträge für eine breitere, interessierte Öffentlichkeit allerdings erheblich. Mit Bezug auf eine institutionelle Lerntheorie dekonstruieren Ingo Pies (Professor für Wirtschaftsethik in Halle-Wittenberg) und Stefan Hilscher (wissenschaftlicher Mitarbeiter in Halle-Wittenberg) das spontansoziologische, nur vermeintliche Gegeneinander von Unternehmen und Zivilgesellschaft im Sinne einer Akteursgruppe, die aus sogenannten ZGOs besteht, also aus „zivilgesellschaftlichen Organisationen“. Die Autoren wollen aufzeigen, dass ZGOs sowohl in die Politik (siehe Funktionen von NGOs) als auch in die Wirtschaft (siehe Funktionen von NPOs) hineinwirken. Es geht um Ko-Evolution und um Entwicklung, nicht um Kampf. Die Schlussfolgerung der differenzierten Analyse lautet: „Aus ordonomischer Sicht sind Unternehmen ebenso wie zivilgesellschaftliche Organisationen schlechthin konstitutiv für das Zivilisationsprojekt demokratisch verfasster Marktwirtschaften“ (224). Ordonomik fungiert dabei als Titel eines auf teilweise eigener Sprachbildung basierenden, interdisziplinären Forschungsprogramms, das sich selbst sowohl als „rational-choice-basierte Analyse“ wie auch sensibel für „Semantik“, also für Bedeutungslehre, bezeichnet. Vor allem wissenschaftlich interessierte Leser dürfte dieser Beitrag interessieren, da es um nichts weniger als grundlegende Theorieentwicklung geht.

Betrachtet man Kapitel 4 zu „Unternehmen und Dritter Sektor“ nun als Ganzes, hat der Leser zwei Optionen: geistige Flexibilität oder separates Studieren der Kapitelbeiträge. Denn die oben angesprochene „Ordonomik“ und Adams Smiths Überlegungen zu Tugenden wie Klugheit, Gerechtigkeit und Wohlwollen, die Andreas Suchanek (Professor für Wirtschafts- und Unternehmensethik in Leipzig) im Kontext einer grundlegenden Besprechung von „Unternehmensverantwortung in einer offenen Gesellschaft“ herausarbeitet, lassen sich nur schwer miteinander in Beziehung bringen. Zumindest müsste der Leser für eine explizite Verbindung der verschiedenen Theorieansätze an die Hand genommen werden. Schon die Grundaussage, dass private Unternehmen ein zentrales Element einer freiheitlichen, offenen Gesellschaft sind, wirft im Kontext der von anderen Autoren angesprochenen Globalisierungsperspektive Fragen auf: Ko-existieren in vielen Ländern private Unternehmen und eine nicht-offene, nicht freiheitliche Gesellschaft relativ problemlos nebeneinander? Kann es die im Smith’schen Sinne kluge „Investition in die gesellschaftliche Zusammenarbeit zu gegenseitigem Vorteil“ (264) auch auf Kosten anderer Tugenden, wie der ebenso von Suchanek untersuchten Rolle von Gerechtigkeit geben?

Weniger voraussetzungsvoll ist die Konstituierung eines gemeinsamen Diskurses sicherlich für diejenigen Autorenbeiträge, die interdisziplinär ausgearbeitet sind. Zugespitzt könnte man festhalten: Nicht aus theoretischer, sondern aus ganz konkreter Erfahrung heraus hinterfragen die Praktiker Knut Bergmann und Michael Alberg-Seberich (Geschäftsführender Gesellschafter von Active Philanthropy) die Sinnhaftigkeit der letzten drei Dekaden Dritter-Sektor-Forschung. Das Sektorendenken sei demnach eine wenig adäquate Hilfskonstruktion, da geprägt von unrealistischen Vorurteilen über Sektorenlogiken. Einige Kritikpunkte mögen übertrieben sein. So wird im ersten Satz von den überhöhten Erwartungen an „zivilgesellschaftliches Engagement“ gesprochen, um im zweiten Satz aufzuzeigen, dass Engagement Schattenseiten – „Stichwort bad civil society“ – haben kann. Aber was genau ist dann mit zivilgesellschaftlichem Engagement gemeint? Wofür steht denn das Zivil in Zivilgesellschaft laut den Autoren?

Die Stärke des Beitrags liegt in einem anderen Punkt: Es werden sechs konkrete Dilemmata für Unternehmen als zivilgesellschaftliche Akteure unter der Überschrift „Unternehmen dürfen nicht altruistisch handeln“ herausgearbeitet; dies scheint gerade Vertretern zivilgesellschaftlicher Organisationen bisher zu unklar. Dieser Beitrag bedient sich des Weiteren durchgehend repräsentativer Daten zum Engagement von Unternehmen, nämlich einer 2011 durch die Bundesregierung in Auftrag gegebenen Unternehmensbefragung. Dies sind bedauerlicherweise immer noch die aktuellsten Zahlen zum Engagement von Unternehmen in Deutschland.

Zu empfehlen, gerade auch für CSR-, Stiftungsmitarbeiter und Sozialmanager, ist zudem der Beitrag von Gerd Placke (Senior Project Manager, Bertelsmann Stiftung in Gütersloh). Hier werden unter der Thematik „Mehrsektorale Kooperationen in der Region“ einige typische Missverständnisse aufgeklärt. So überwindet der Autor die einfache Vorstellung, dass ein staatlicher, ein privater und ein gemeinnütziger Akteur zusammenkommen und ein soziales Projekt gemeinsam durchführen, um soziale Wirkung zu erzielen. Plackes Verständnis von intersektoraler Zusammenarbeit ist „die gemeinschaftliche Einbindung von Partnern außerhalb der initiierenden Akteursgruppe“ (265). Dies klingt zwar aus Praxis-Perspektive äußerst herausfordernd und wird selbst von Placke als „Kunst“ beschrieben. Es werden allerdings zugleich einige erfolgreiche Formate mitgeliefert, an denen man sich orientieren kann (die Marktplatz-Methode und das „Gute Geschäfte“-Konzept). Diese Praxis-Formate basieren laut Autor auf einem „Paradigmenwechsel“ bei der Einbindung unternehmerischen Engagements: „Es geht darum, Geld als ‚Leitwährung‘ gemeinwohlorientierten Handelns in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft zugunsten eines nichtmonetären Ansatzes in den Hintergrund zu stellen“ (267). Und weiter unten: „Die Verhältnisse sind unwiderruflich zu komplex geworden, als dass sie durch den schlichten Einsatz von mehr Geld gelöst werden können“ (268).

Neue Verantwortungsverteilung

Im abschließenden Kapitel 5 greift Rolf Heinze (Professor für Soziologie in Bochum) ein wiederkehrendes Thema des Buches auf: In welchem Zusammenhang stehen das steigende Interesse an CSR einerseits und die Veränderung von Staatlichkeit andererseits? Für Heinze ist die Sache relativ eindeutig: „Wenn nicht mehr vom Staat als Herrschaftsmonopolisten ausgegangen werden kann, vielmehr sogar der Übergang vom Steuerzum Schuldenstaat konstatiert werden muss, ist eine neue Verantwortungsteilung zwischen öffentlichen, privaten und zivilgesellschaftlichen Akteuren aufzubauen“ (284). Gleichzeitig ist sich Heinze wohl bewusst, dass es keine einfache Lösung im Sinne von „CSR als Staatsentlastung“ geben kann, zumindest findet sich zwischen den Zeilen ein eher kritischer Ton: „Das Soziale hat derart Konjunktur, dass man leicht den Überblick verliert: Nonprofit-Organisationen, CSR und jetzt auch noch Sozialunternehmer. Tatsächlich sind die Grenzen oft fließend“ (290). Und auch wenn Heinze den „besonderen historischen Entwicklungspfad der Wohlfahrtsproduktion in Deutschland“ durchaus im Blick hat, bleibt die Stoßrichtung seines Beitrags zunächst offenkundig: Klare Abgrenzungen zwischen den Sektoren sollen überwunden werden. Die Frage nach dem Mehrwert von Sektorenbewusstsein und funktionaler Arbeitsteilung steht im Hintergrund. Doch Heinze antizipiert, dass seine Analyse leicht als reine Befürwortung privater Initiative missverstanden werden kann, und endet mit einem Plädoyer für die stärkere, wenn auch nicht größere Rolle des Staates, die es durchaus brauche: „Die Fokussierung auf Eigenverantwortung und Selbstorganisation im Rahmen eines Wohlfahrtsmixes sollte jedoch gerade nicht als Aufforderung zur Privatisierung und eines Rückzug des Staates verstanden werden, vielmehr geht es um die Mobilisierung und Stärkung des sozialen Engagements (auch mit Hilfe der Wirtschaftsunternehmen) und eine aktivierende und transparente Koordination“ (298).

Im Ergebnis ist dieser Sammelband weitaus mehr als ein Sammelsurium zu CSR-Themen. Die Herausgeber haben eine Tour de Force unternommen, um ein interdisziplinäres Forschungsfeld zu Unternehmen im öffentlichen Raum erstmals in einem Buch zusammenzufassen. Noch deutlicher als durch diese Rezension dürfte das durch einen Blick in das Buch werden, in dem sich weitere – hier nicht besprochene – Beiträge finden, wie beispielsweise eine Analyse zur Rolle des privaten Wettbewerbsrechts bei der Gemeinwohlverwirklichung durch den verstorbenen Juristen und Wissenschaftler Christian Kirchner, die auch mehrere Jahre nach der Erstpublikation noch aktuell ist. Die Beiträge sind dabei durchweg als Metaanalyse konzipiert, es geht also nicht explizit um die Mitgestaltung des öffentlichen Raums im Sinne von Straßen, Gassen, Plätzen oder Boulevards und Promenaden. Diese Verbindung müsste der Leser selbst herstellen.

Der Sammelband bietet einen grundlegenden Beitrag zur Verortung des Zusammenspiels zwischen Wirtschaft und Zivilgesellschaft und dürfte vor allem als aktueller Überblick über eine große Debatte dienen. Insofern sollte das Buch in Verbänden, Strategie-Abteilungen und Abgeordnetenbüros zur Kenntnis genommen werden. Die in Teilen schon zuvor publizierten Beiträge argumentieren überwiegend, dass das Gegeneinander von Forprofit- und Nonprofit-Organisationen nur eine untergeordnete Dimension eines positiven Zusammenwirkens sei – und Praktiker dürften das in diesen herausfordernden Zeiten wohl bestätigen. Gleichzeitig wird durchweg das bisherige Verhältnis zwischen privatem Engagement und staatlichen Aufgaben in den Beiträgen aufgegriffen und durchaus kritisch hinterfragt.

In anderen Worten: Die Publikation ist typisch deutsch in dem Sinne, dass eine gesellschaftspolitisch brisante Frage in einem Buch behandelt wird. Es wirkt allerdings etwas vielschichtig, wenn auf einer Doppelseite graue Literatur der Bertelsmann Stiftung, Hannah Arendt, Bundespräsident Joachim Gauck und neuen „public intellectuals“ wie Colin Crouch als Quellen dienen (13/14). Vielleicht kann der Sammelband allerdings gerade aufgrund der Überwindung allzu klarer Denkschulen sowie in Kenntnis komplexer Zusammenhänge einen Beitrag dazu leisten, dass die Interaktion zwischen Wirtschaft und Zivilgesellschaft in Deutschland kontextbezogen verstanden wird, um die CSR-typische, atomistische Fallorientierung zu überwinden. Insofern passen Form und Inhalt des Sammelbandes durchaus zusammen.

Online erschienen: 2016-10-8
Erschienen im Druck: 2016-9-1

© 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Articles in the same Issue

  1. Frontmatter
  2. Editorial
  3. Das Heft im Überblick
  4. Aktuelle Analyse
  5. Plädoyer für eine evidenzbasierte Drogenpolitik in Deutschland
  6. Themenschwerpunkt: Einleitung
  7. Kapitalismus und Zivilgesellschaft
  8. Teil 1: Verschränkung beider Sphären: Kapitalismus und Zivilgesellschaft
  9. Zwischen Sozialstaat und kultureller Heterogenität: Philanthropie und Patronage in deutschen und amerikanischen Städten im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert
  10. Teil I: Verschränkungen beider Sphären: Zivilgesellschaft und Kapitalismus
  11. Business Statesmanship: Zeit- und Verantwortungskonzepte der internationalen Privatwirtschaft im 20. Jahrhundert
  12. Teil I: Verschränkungen beider Sphären: Zivilgesellschaft und Kapitalismus
  13. Genossenschaften, Konsum und Demokratie 1850-2000: Versuch eines Überblicks
  14. Teil I: Verschränkungen beider Sphären: Zivilgesellschaft und Kapitalismus
  15. Genossenschaften und Zivilgesellschaft: Historische Dynamiken und zukunftsfähige Potenziale einer ökosozialen Transformation
  16. Teil I: Verschränkungen beider Sphären: Zivilgesellschaft und Kapitalismus
  17. Die Politik der Zähmung des Kapitalismus im Wandel: Mitbestimmung und Beteiligung
  18. Teil I: Verschränkung beider Sphären: Kapitalismus und Zivilgesellschaft
  19. Unter der erschütterten Oberfläche: Sozioökonomische Praktiken, Zivilgesellschaft und Resilienz in der europäischen Krise
  20. Teil I: Verschränkungen beider Sphären: Zivilgesellschaft und Kapitalismus
  21. Anderes Geld – anderes Wirtschaften? Unternehmen und Regiogeld
  22. Teil II: Kritik und Antagonismus: Zivilgesellschaft versus Kapitalismus
  23. Konsumboykotte im Spannungsfeld von Markt, Zivilgesellschaft und Staat: „Alte“ und Neue Soziale Bewegungen im Vergleich
  24. Teil II: Kritik und Antagonismus: Zivilgesellschaft versus Kapitalismus
  25. Neuere kapitalismuskritische und antikapitalistische Bewegungen
  26. Teil II: Kritik und Antagonismus: Zivilgesellschaft versus Kapitalismus
  27. Den Finanzmarkt im Visier. Zivilgesellschaftliche Impulse für sozialen Wandel
  28. Teil II: Kritik und Antagonismus: Zivilgesellschaft versus Kapitalismus
  29. Neue Formen der Partizipation / Zivilgesellschaft, Rechtspopulismus und Postdemokratie
  30. Teil II: Kritik und Antagonismus: Zivilgesellschaft versus Kapitalismus
  31. Prosumismus und Protest / Eine Polemik
  32. Teil III: Möglichkeitsräume: Ideengeschichte und politische Theorie
  33. Debatten über die Gestaltbarkeit des Kapitalismus 1900-1933
  34. Teil III: Möglichkeitsräume: Ideengeschichte und politische Theorie
  35. Vergessene Potenziale assoziativen Lebens: Pluralismus, Funktionalismus und Freiheit bei G.D.H. Cole und H.J. Laski
  36. Teil III: Möglichkeitsräume: Ideengeschichte und politische Theorie
  37. Gleichheit Revisited: Überlegungen zum Verhältnis von Zivilgesellschaft und Märkten
  38. Special Collection: Olivine
  39. Kritische Theorie und solidarische Ökonomie: Von den Frankfurter Schulen zu den Epistemologien des Südens
  40. Sonderschwerpunkt: Politische Strategie
  41. Große und kleine Übel / Parteistrategien vor der Bundestagswahl 2017
  42. Sonderschwerpunkt: Politische Strategie
  43. Super-Wahljahr 2017 / Strategische Perspektiven der CDU in Nordrhein-Westfalen und im Bund
  44. Sonderschwerpunkt: Politische Strategie
  45. Neue Führung – neue Chance für ein Linksbündnis?
  46. Sonderschwerpunkt: Politische Strategie
  47. Merkels Formel der Macht / Zwischen Mitte und Modernisierung
  48. Pulsschlag: Analyse
  49. Von Protest zur Schaffung von Alternativstrukturen: Solidarische Hausbesetzungen in Athen
  50. Pulsschlag: Bewegungsgespräch
  51. Pro Lausitzer Braunkohle vs. Ende Gelände / Eine erneute Annäherung an gesteuerte Bürgerinitiativen
  52. Pulsschlag: Analyse
  53. Die Putschisten in Brasilien haben gezeigt, was sie im Schilde führen
  54. Pulsschlag: Kommentar
  55. Kommentar zu „Die Putschisten in Brasilien haben gezeigt, was sie im Schilde führen“
  56. Pulsschlag: Selbstdarstellung
  57. Städte in Bewegung – städtische Bewegungen? Neuer Arbeitskreis Stadt/Raum am Institut für Protest- und Bewegungsforschung
  58. Pulsschlag: Veranstaltungsbericht
  59. Theater: Ein Ort für Gesellschaftskritik?
  60. Literatur: Rezensionen
  61. Postwachstum und Degrowth – noch Diskursraum oder schon Bewegung?
  62. Literatur
  63. Alternativen zum derzeitigen Wirtschaftssystem
  64. Literatur
  65. Post-Kapitalismus als neues Ordnungsmodell?
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  67. Verbraucherorganisationen – wirtschaftssoziologisch beobachtet?
  68. Literatur
  69. Unternehmen im öffentlichen Raum – Grundlegender Sammelband oder Sammelsurium?
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  73. Unternehmen vor Gericht
  74. Literatur
  75. Ein Beitrag zur modernen Ideengeschichte des Republikanismus
  76. Literatur
  77. Öffentlichkeitsbeteiligung zwischen neoliberalem „Bargaining“ und deliberativer Ermächtigung
Downloaded on 22.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/fjsb-2016-0253/html
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