Der Mensch, der Tod und die Grenzen der Macht
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Andrea Moshövel
Abstract
Dem in zahlreichen Handschriften und Druckausgaben des 15. und 16. Jahrhunderts uberlieferten Buchlein Ackermann kam vermutlich nicht zuletzt im Zuge regionaler Pestwellen eine wichtige Funktion als ‚Trostbuchlein‘ zu. Angelegt als Streitgesprach zwischen zwei Kunstfiguren, einem Mann der Feder mit dem metaphorischen Namen Ackermann und dem personifizierten Tod, ist der Text im Umfeld der mehrsprachigen Kultur Prager Intellektueller wohl um 1400 entstanden. Im vorliegenden Beitrag werden der Aufbau und die Dynamik des Textes beleuchtet, indem zunachst Sprechhandlungsziele und -muster der beiden Gegner mithilfe von rhetorisch-funktionalen Gesichtspunkten und dialoggrammatischen Beschreibungsinstrumenten skizziert werden. Anschliesend werden diese zu sprecher- und kontextabhangigen Semantisierungen des fruhneuhochdeutschen Ausdrucks leben, d.h. des Substantivs leben (das) und des Verbs leben (V.), in Beziehung gesetzt. Gezeigt wird, dass der Verfasser nicht nur souveran uber unterschiedliche Semantisierungen von leben (das) und leben (V.) innerhalb des jeweiligen semasiologischen und onomasiologischen Feldes verfugt, sondern diese auch gezielt zur dialogisch kontrastierenden Perspektivitat einsetzt, um Handlungsmoglichkeiten des Menschen in seiner Auseinandersetzung mit Tod, Trauer und Verlust auszutarieren.
Abstract
Dem in zahlreichen Handschriften und Druckausgaben des 15. und 16. Jahrhunderts uberlieferten Buchlein Ackermann kam vermutlich nicht zuletzt im Zuge regionaler Pestwellen eine wichtige Funktion als ‚Trostbuchlein‘ zu. Angelegt als Streitgesprach zwischen zwei Kunstfiguren, einem Mann der Feder mit dem metaphorischen Namen Ackermann und dem personifizierten Tod, ist der Text im Umfeld der mehrsprachigen Kultur Prager Intellektueller wohl um 1400 entstanden. Im vorliegenden Beitrag werden der Aufbau und die Dynamik des Textes beleuchtet, indem zunachst Sprechhandlungsziele und -muster der beiden Gegner mithilfe von rhetorisch-funktionalen Gesichtspunkten und dialoggrammatischen Beschreibungsinstrumenten skizziert werden. Anschliesend werden diese zu sprecher- und kontextabhangigen Semantisierungen des fruhneuhochdeutschen Ausdrucks leben, d.h. des Substantivs leben (das) und des Verbs leben (V.), in Beziehung gesetzt. Gezeigt wird, dass der Verfasser nicht nur souveran uber unterschiedliche Semantisierungen von leben (das) und leben (V.) innerhalb des jeweiligen semasiologischen und onomasiologischen Feldes verfugt, sondern diese auch gezielt zur dialogisch kontrastierenden Perspektivitat einsetzt, um Handlungsmoglichkeiten des Menschen in seiner Auseinandersetzung mit Tod, Trauer und Verlust auszutarieren.
Chapters in this book
- Frontmatter I
- Vorwort V
- Inhalt VII
- Sprache des Sterbens, Sprache des Todes 1
-
Teil 1: Gegenwartssprachliche Zugänge
- Die Textsorte Konventionelles Kondolenzschreiben 15
- Elektronische Kondolenzbücher 41
- PolitikerInnen kondolieren auf Twitter – Kondolenztweets als formelhafte Texte 71
- Notizen zum Tod einer Person in Kalenderbüchern älterer Schreiber/-innen 91
- Vom Requiem zum Sterbebildchen 109
- „Aber das Getto ist grausam, es hält seine Opfer fest in seinen faulenden Zähnen“ 121
- Trost und Trösten 141
- „Ach, heute wurde mir zum ersten Mal ein Sitzplatz angeboten im Tram“ 165
- Bedeutungsvarianz und sozialer Stil 185
- Diskursive Bilder des Todes in deutschsprachigen Raptexten 209
- Perspektiven der Thanatolinguistik 229
-
Teil 2: Sprachgeschichtliche Zugänge
- Sprache des Sterbens – Sprache des Todes in Danziger Leichenpredigten (1586–1746) 251
- Zur Geschichte, Form, Funktion und Sprache von Totenzetteln 265
- Der Mensch, der Tod und die Grenzen der Macht 281
- „… sagt der Todt …“ 297
- Sprachliche Entpersonalisierungsstrategien in barockem Funeraldiskurs 317
-
Teil 3: Interdisziplinäre Zugänge
- „… zu deinem Volk versammelt“ 337
- Sprache des Sterbens in altindogermanischen Sprachen 357
- The risk of death and the fear of dying 377
- Grieving on the Home Front 397
- Das Wort und der Tod 415
- Das Werk, das Kollektiv und der Tod 427
- Index 441
Chapters in this book
- Frontmatter I
- Vorwort V
- Inhalt VII
- Sprache des Sterbens, Sprache des Todes 1
-
Teil 1: Gegenwartssprachliche Zugänge
- Die Textsorte Konventionelles Kondolenzschreiben 15
- Elektronische Kondolenzbücher 41
- PolitikerInnen kondolieren auf Twitter – Kondolenztweets als formelhafte Texte 71
- Notizen zum Tod einer Person in Kalenderbüchern älterer Schreiber/-innen 91
- Vom Requiem zum Sterbebildchen 109
- „Aber das Getto ist grausam, es hält seine Opfer fest in seinen faulenden Zähnen“ 121
- Trost und Trösten 141
- „Ach, heute wurde mir zum ersten Mal ein Sitzplatz angeboten im Tram“ 165
- Bedeutungsvarianz und sozialer Stil 185
- Diskursive Bilder des Todes in deutschsprachigen Raptexten 209
- Perspektiven der Thanatolinguistik 229
-
Teil 2: Sprachgeschichtliche Zugänge
- Sprache des Sterbens – Sprache des Todes in Danziger Leichenpredigten (1586–1746) 251
- Zur Geschichte, Form, Funktion und Sprache von Totenzetteln 265
- Der Mensch, der Tod und die Grenzen der Macht 281
- „… sagt der Todt …“ 297
- Sprachliche Entpersonalisierungsstrategien in barockem Funeraldiskurs 317
-
Teil 3: Interdisziplinäre Zugänge
- „… zu deinem Volk versammelt“ 337
- Sprache des Sterbens in altindogermanischen Sprachen 357
- The risk of death and the fear of dying 377
- Grieving on the Home Front 397
- Das Wort und der Tod 415
- Das Werk, das Kollektiv und der Tod 427
- Index 441