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IIoT-basierte Geschäftsmodelle für Komponentenhersteller

Unter Verwendung der AAS und Gaia-X-Prinzipien in Datenmanagementsystemen
  • Thomas Dickopf

    Dr.-Ing. Thomas Dickopf, geb.1985, studierte Maschinenbau mit angewandter Informatik, an der der Technischen Universität Kaiserslautern. Im Anschluss arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Virtuelle Produktentwicklung (VPE) und promovierte 2022 auf dem Gebiet des Model-based Systems Engineering. Seit 2018 ist er bei der CONTACT Software GmbH am Standort Kaiserslautern tätig, wo er mit Gründung der Forschungs- und Innovationsabteilung CONTACT Research im Jahr 2022 in einer leitenden Funktion als Senior Research Manager wirkt.

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    , Sven Forte

    Sven Forte, M. Sc., geb. 1989, studierte Virtuelle Produktentwicklung im Maschinenbau an der Rheinland-Pfälzischen technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) und war an dieser als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Leiter der Arbeitsgruppe „Smart Systems Engineering“ am Lehrstuhl für Virtuelle Produktentwicklung (VPE) tätig. Seit 2023 ist er als Research Manager bei der CONTACT Software GmbH am Standort Kaiserslautern tätig, wo er in CONTACT Research für die Themenbereiche Green Technology & Sustainability, Digital Lifecycle Management sowie Data und Service Ecosystems zuständig ist.

    , Yannik Meinberg

    Yannick Meinberg, M. Sc., geb. 1999, studierte im dualen Studium Informatik an der Darmstadt University of Applied Sciences in Kooperation mit der Software AG, wo er seit 2023 auch als Associate Researcher tätig war. Seit 2024 ist er bei der CONTACT Software GmbH am Standort Frankfurt/Bad Vilbel, wo er in CONTACT Research als Research Engineer in den Themenbereichen Green Technology & Sustainability, Digital Lifecycle Management sowie Data und Service Ecosystems agiert.

    und Markus Weber

    Dr.-Ing. Markus Weber, geb. 1991, studierte Maschinenbau mit Vertiefung Mechanical and Process Engineering an der Technischen Universität Darmstadt, wo er im Anschluss als wissenschaftlicher Mitarbeiter, Teamleiter sowie Head of Research am Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) mit Fokus auf dem Gebiet der Motorspindelsysteme tätig war und im Jahr 2024 promovierte. Seit 2023 ist er als Manager of Research and Development bei der GMN Paul Müller Industrie GmbH & Co. KG in Nürnberg tätig.

Veröffentlicht/Copyright: 10. Dezember 2024
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Abstract

Dieser Beitrag zeigt am Beispiel eines deutschen Komponentenherstellersfür Motorspindeln, wie das Service-Geschäft durch neue technologische Ansätze revolutioniert werden kann. Durch die Anwendung der AAS in Edge-Cloud-Umgebungen wird über Datenmanagementsystemen Datendurchgängigkeit entlang des Lebenszyklus bis hin zu einem Serviceangebot in einem Gaia-X-basierten Ökosystem gewährleistet und gleichzeitig die industrielle Tauglichkeit dieser Ansätze und der Mehrwert für Anwender verdeutlicht.

Abstract

This article uses the example of a German component manufacturer for motor spindles to demonstrate how the service business can be revolutionized through new technological approaches. By applying AAS in edge-cloud environments, data continuity is ensured across the lifecycle via data management systems, leading to a service offering in a Gaia-X-based ecosystem. Additionally, the industrial suitability of these approaches and the added value for users are highlighted.

Einleitung

Unternehmen nutzen Digitale Zwillinge, um Innovationen schnell bereitzustellen, nachhaltigen Betrieb zu gewährleisten und den Kundennutzen zu steigern. Diese virtuellen Gegenstücke zu physischen Objekten ermöglichen Echtzeitüberwachung, vorausschauende Wartung und iterative Funktionsentwicklung. Durch die Integration von IoT-Daten schaffen Unternehmen neue Geschäftsmodelle [1] und erreichen operative Exzellenz.

Der Grundstein für Digitale Zwillinge wird in der frühen Produktentwicklung gelegt, oft innerhalb von Hersteller-Ökosystemen. Diese bedienen verschiedene Interessengruppen und Branchen. Der standardisierte Austausch von Teilaspekten Digitaler Zwillinge verringert die Marktvolatilität, indem Datenlücken minimiert werden. Dies kommt besonders Komponentenherstellern zugute [2], die ihre Komponenten direkt an Integratoren oder Betreiber liefern können, wodurch Prozesse rationalisiert werden. Der Zugang zu Nutzungsdaten aus nachgelagerten Wertschöpfungsprozessen ist für Zulieferer oft schwierig, aber vorteilhaft für die Entwicklung zukünftiger Produktgenerationen [3]. Rückkopplungskanäle von Betreibern zu Herstellern sind oft unzureichend. Die Asset Administration Shell (AAS) und Gaia-X basierte Ökosysteme adressieren diese Lücke [4] und bieten Komponentenherstellern die Möglichkeit, ihre Geschäftsmodelle zu optimieren und ihr Servicegeschäft zu erweitern

Dieser Beitrag zeigt am Beispiel der GMN Paul Müller Industrie GmbH & Co. KG [5], wie das Servicegeschäft für Hochtechnologie-Motorspindeln durch neue technologische Ansätze revolutioniert werden kann. Er verdeutlicht, wie durch die Anwendung der AAS in Edge-Cloud-Umgebungen Datendurchgängigkeit entlang des Lebenszyklus bis hin zu einem Serviceangebot in einem Gaia-X-basierten Ökosystem gewährleistet werden kann. Zudem wird die Tauglichkeit dieser Ansätze in der industriellen Anwendung und der damit einhergehende Mehrwert für Anwender gezeigt. Die wesentlichen Ziele und grundlegenden Konzepte der AAS und Gaia-X basierter Daten-Ökosysteme werden beschrieben, bevor ihre Mehrwerte am Industriebeispiel evaluiert werden.

Datenmanagementsysteme als Enabler für industrielle AAS und Gaia-X Anwendungen

Sichere und standardisierte Datenbereitstellung, Datendurchgängigkeit sowie Rückverfolgbarkeit sind wesentliche Anforderungen in den Digitalisierungsbestrebungen heutiger Industrieunternehmen und ebenfalls Kernthemen der Konzepte der AAS und Gaia-X. Ebenso propagieren Datenmanagementsysteme diese Themen, indem sie Daten über eine oder mehrere Lebenszyklusphasen eines Produkts verwalten und bereitstellen. Somit stellt sich die Frage, inwiefern diese Systeme und genannte Ansätze sich ergänzen oder ob diese Systeme nicht sogar die wesentliche Datenquelle bzw. der -empfänger für AAS und Gaia-X basierte Anwendungen sind.

Asset Administration Shell

Die von der Industrial Digital Twin Association (IDTA) [6] vorangetriebene Asset Administration Shell (AAS) beschreibt ein standardisiertes Konzept für Industrie-4.0-Anwendungen. Sie definiert einen digitalen Rahmen, wie Informationen über ein Asset erfasst und ausgetauscht werden können, um einen sicheren und zuverlässigen Datenaustausch innerhalb einer Wertschöpfungskette zu gewährleisten. Die AAS besteht aus Submodellen, die Informationen für einen definierten Kontext bündeln, wie z. B. digitales Typenschild, Kontaktinformationen, PCF-Fußabdruck oder Zeitreihendaten.

Die Anwendungen der AAS umfassen manuelle bis hochautomatisierte Prozesse entlang des gesamten Lebenszyklus eines Assets. Mit zunehmender Bekanntheit der AAS steigt auch die Anzahl der AAS-Lösungen, insbesondere AAS-spezifische Repository-Lösungen, die über Unternehmensgrenzen hinweg angeboten werden. Die meisten Asset-Informationen entstehen jedoch während des Lebenszyklus und werden in Datenmanagementsystemen (DMS) verwaltet, wie z. B. PLM während der Entwicklung, ERP und MES für die Produktionsplanung und -ausführung sowie (I)IoT-Systeme oder CSM während der Nutzung. Die AAS erleichtert den Datenaustausch zwischen diesen Systemen, verbessert die Datenkonsistenz und vereinfacht die Integration, besonders in heterogenen IT-Landschaften. Es ist wichtig, dass diese Systeme die Informationen in das AAS-Format überführen und verarbeiten können, um den Nutzern einen Mehrwert zu bieten. Bild 1 zeigt mögliche Anwendungsfälle der AAS im Kontext von DMS [7].

Bild 1 
Wesentliche AAS-Anwendungsfälle im Kontext von Datenmanagementsystemen [7]
Bild 1

Wesentliche AAS-Anwendungsfälle im Kontext von Datenmanagementsystemen [7]

Im Kontext des Informationsaustauschs über Unternehmensgrenzen hinweg, in Zulieferketten und im After-Sales-Servicegeschäft, werden neben traditionellen Lieferanten- und Serviceverträgen auch neue Kooperations- und Informationsbereitstellungswege, wie z. B. Gaia-X basierte Daten- und Service-Ökosysteme, intensiv diskutiert. Initiativen wie Catena-X [8] im Automobilsektor und Manufacturing-X [9] für die fertigende Industrie treiben diese Entwicklung voran. Die AAS spielt dabei als Austauschformat oder Abbild eines realen Objekts eine wesentliche Rolle.

Daten- und Service Ökosysteme

In existierenden unternehmensübergreifenden Anwendungen wird meist auf das Konzept eines Plattformmodells zurückgegriffen, welches als Grundlage für die Produkte und Dienstleistungen einer Organisation dient und die unterschiedlichen Kundenbedürfnisse bedient [10]. Für die Fertigungsindustrie bietet ein solcher Ansatz jedoch nicht das erforderliche Maß an Vertrauen, Sicherheit, Transparenz und Kontrolle über die eigenen Daten.

Angetrieben durch die europäische Datenstrategie zur Lösung der beschriebenen Probleme und zur Verbesserung der Interoperabilität zwischen verschiedenen Bereichen und Infrastrukturen haben sich die Konzepte der Datenräume und Datenökosysteme herausgebildet [11]. Ein Datenraum ist ein koordinierter Satz von Standards, Richtlinien und Diensten unter einem Governance-Modell, das den Datenaustausch erleichtert [12]. Zu den Kerndiensten gehören Identitäts- und Zugriffsmanagement, Protokollierung und Konnektoren. Ein Datenökosystem ist allgemeiner gefasst und umfasst die Zusammenarbeit mehrerer Partner für ein zentrales Wertangebot [10]. Es kann die Definition eines Datenraum beinhalten, ist aber nicht auf den Datenaustausch beschränkt und erfordert nicht zwingend eine starke Governance. Die Konzepte der Datenplattform, des Datenraums und des Ökosystems sind in Bild 2 dargestellt.

Bild 2 
Gegenüberstellung der Konzepte Datenplattform, Datenraum und Datenökosystem (eigene Darstellung i. A. an [10])
Bild 2

Gegenüberstellung der Konzepte Datenplattform, Datenraum und Datenökosystem (eigene Darstellung i. A. an [10])

Seit 2019 arbeitet die Gaia-X Initiative [13] an einer föderierten und sicheren Dateninfrastruktur, um getrennte Daten- und Infrastruktur-Ökosysteme zu verbinden. Gaia-X basiert auf drei Säulen [14]:

  1. dezentralisierte Dienste für messbares Vertrauen (Compliance),

  2. interoperable Datensätze und Dienste über verschiedene Sektoren (Datenräume), und

  3. Vertragsregeln für den Datenzugang und -austausch.

Um an einem Gaia-X konformen Datenraum teilzunehmen [15], muss sich der Datenanbieter gemäß den Gaia-X Credentials standardisiert beschreiben. Die Mindestanforderungen umfassen eine notariell beglaubigte Registrierungsnummer, eine Selbstbeschreibung des Teilnehmers und die akzeptierten Gaia-X Terms & Conditions als überprüfbare Nachweise. Der anzubietende Vermögenswert (Daten oder Services) muss ebenfalls als Aggregation von Ressourcen beschrieben und mit der Selbstbeschreibung des Anbieters verknüpft werden. Diese Beschreibungen können mit anderen ökosystemspezifischen Informationen kombiniert und mit einer digitalen Clearingstelle abgeglichen werden. Die Präsentation kann dann in einem föderierten Katalog veröffentlicht werden, damit andere Teilnehmer das Angebot finden und nutzen können. Um Interoperabilität zu erreichen, kann eine verallgemeinerte Architektur für die Veröffentlichung in verschiedenen Datenrauminstanzen durch den Einsatz von Softwarekomponenten erreicht werden, die das Angebot in das erforderliche Format umwandeln und zusätzliche Elemente für das spezifische Ökosystem hinzufügen [16].

Implementierung von AAS und Gaia-X Prinzipien in Datenmanagementsystemen (DMS)

Viele der neuen AAS-Anwendungen fungieren als Repository für externe Informationen und werden parallel zur bestehenden IT-Infrastruktur betrieben. Dies führt zu neuen Schnittstellen und Fragen wie: Welches System verwaltet und stellt AAS bereit? Wie vermeidet man Dateninkonsistenz und -dopplung? Wo erfolgt das Versionsmanagement? Zudem muss geprüft werden, wo und wann Informationen in einer AAS gebündelt, angereichert, instanziiert und weitergegeben werden, um Mehrwert für Kunden, das Unternehmen und die Mitarbeiter zu schaffen. Im Kontext der AAS-Anwendung in DMS wurden vier wesentliche Funktionalitäten identifiziert, die Probleme lösen, Mehrwert schaffen und eine wertschöpfende Nutzung garantieren (Bild 3).

Bild 3 
Implementierung von AAS und Gaia-X Prinzipien in Datenmanagementsystemen (DMS)
Bild 3

Implementierung von AAS und Gaia-X Prinzipien in Datenmanagementsystemen (DMS)

  1. Erzeugung und Verwaltung der AAS-Submodelle als Objekt- bzw. Merkmalsklassen im Datenmanagementsystem, deren konkrete Anwendung im Kontext des führenden Datenobjekts (z. B. Produkt oder Asset) sowie das Referenzieren auf zusätzliche Datenobjekte (wie Dateien oder Zeitreihen).

  2. Bereitstellung der AAS in einem der gängigen Formate (Typ1 AASX-Datei, Typ2 REST, Typ3 Peer-to-Peer) [17] zum Austausch von Informationen (Import/Export).

  3. Unterstützung des täglichen Arbeitens durch Integration der AAS in die Business-Applikationen des Datenmanagementsystems (automatisches Erzeugen neuer Objekte (Artikel/Assets) oder Anreicherung bestehender Objekte (z B. PCF-Informationen für Zukaufteile) durch AAS-Import oder das heranziehen von Information und Bereitstellung dieser in einem AAS Submodel (z. B. Stücklisten- oder Zeitreiheninformationen).

  4. Automatische Bereitstellung von Daten oder Diensten aus dem Datenmanagementsystem heraus in einen industriellen Datenraum bzw. in ein industrielles Datenökosystem auf Grundlage der AAS.

Für die Teilnahme an Gaia-X-basierten Datenökosystemen müssen Informationsklassen mit erforderlichen Parametern angereichert werden (Bild 4). Dies betrifft sowohl das Organisations- und Stakeholder-Management als auch das Produkt- und Asset-Management. Ökosystem-spezifische Eigenschaften wie Verifiable Credentials, Federator-Informationen oder eine Blockchain-ID sowie die Geschäftsbedingungen der Organisationen müssen verwaltet werden. Ebenso müssen spezifische Eigenschaften des Serviceangebots, wie z. B. Titel, veröffentlichendes Ökosystem, Service Credentials, federator-spezifische Kriterien, Servicebeschreibung und Tags für die Abfrage in den Ökosystem-Angebotskatalogen, berücksichtigt werden. Die Auswahl des Datensatzes erfolgt im Rahmen des Datenraum-Dienstangebots. Eine tiefe Integration in die Geschäftslogiken der Unternehmen ermöglicht eine gute Integration für darauf aufbauende Dienste.

Bild 4 
Pontus-X Dataspace Offering und zugehörige Erweiterung der CONTACT Elements Plattform
Bild 4

Pontus-X Dataspace Offering und zugehörige Erweiterung der CONTACT Elements Plattform

Industrielle Anwendung am Beispiel von GMN

Die industrielle Anwendung der AAS und der Daten-Ökosystem-Fähigkeiten und damit die einhergehende Integration in CONTACT Elements [18] fand im Rahmen des digitalen Transformationsprozesses von GMN [5], führender Hersteller von Hochtechnologie-Motorspindeln, statt. GMN nutzt innovative Sensortechnologie, um ein tiefes Verständnis für sein Produkt zu erlangen, um u. a. Qualitätsindikatoren für die Montage oder andere Eigenschaften zu identifizieren.

In diesem Fall wurde der aus dem PLM-System stammende Artikel einer Schleifspindel im Rahmen einer Tracking-Analyse im Shopfloor (MES/IIoT) hinsichtlich der Restunwucht an einem End-Of-Line-Prüfstand (EoL) überprüft. Messgröße ist die radiale Schwingungsgeschwindigkeit (Vibrations-/Oszillationsgeschwindigkeit), die am Gehäuse der Motorspindel gemessen wird. Identische Spindeln weisen grundsätzlich das gleiche Schwingungsverhalten auf. Diese Kurven korrelieren zu mehr als 90 Prozent. Abweichungen (Spitzen) wie die schwarze Kurve (Bild 5) könnten daher ein Hinweis auf eine minderwertige Montage oder andere Qualitätsprobleme sein. Diese Korrelation regt dazu an, diese Muster im Rahmen des digitalen Datenaustauschs mit den Kunden zu nutzen, um die Funktionsfähigkeit der Motorspindeln ab der Inbetriebnahme und dann von Zeit zu Zeit, z. B. bei regelmäßigen Wartungsintervallen, zu überprüfen. Auf diese Weise ist es möglich, den Kunden von Motorspindeln direkt ein umfassendes datengetriebenes Serviceangebot zur Verfügung zu stellen (z. B. erweiterte Verfügbarkeitsgarantien).

Bild 5 
Beispiel für die Schwinggeschwindigkeit einer Schleifspindel im Rahmen der Qualitätsprüfungsmessungen bei GMN
Bild 5

Beispiel für die Schwinggeschwindigkeit einer Schleifspindel im Rahmen der Qualitätsprüfungsmessungen bei GMN

Die Daten-Ökosysteme ermöglichen es Kunden, zusätzlich zu den üblichen Garantien bei Bedarf jederzeit eine entsprechende Referenzfahrt zu generieren und mit dem initial erstellten Fingerprint und dem von GMN bereitgestellten Analyseservice ein sinnvolles Nutzungsende zu bestimmen und darauf aufbauend erweiterte Angebote zu buchen. Dies ermöglicht auch einen sicheren und vertrauenswürdigen Datenaustausch, unabhängig davon, wo die Komponente eingesetzt wird. Der im EoL-Test erzeugte Fingerprint wird nicht nur für die Verfügbarkeit oder den Gesundheitszustand der Komponente verwendet, sondern auch zur Erkennung von Montagefehlern in der Komponente. Diese Auswertungen können somit genutzt werden, um eine digitale Inbetriebnahme der Komponente in der jeweiligen Betriebsumgebung ortsunabhängig durchzuführen. Der Anwender der Produktionsmaschine, in die eine GMN-Spindel integriert wurde, kann so eine digitale Inbetriebnahme mit GMN durchführen und sicher sein, dass die Spindel bei der Montage der Maschine oder beim Transport und Einbau in der Produktionsumgebung des Anwenders nicht beschädigt wurde. Dies stellt somit einen entscheidenden Mehrwert für die Betriebssicherheit dar.

Für die schrittweise Umsetzung des GMN-Motorspindel-Datenangebots wurde das Pontus-X-Ökosystem [19] als Teil des GEN-X-Netzwerks [20] in Kombination mit Gaia-X-Selbstbeschreibungen für die Implementierung verwendet, wodurch die Übertragbarkeit auf andere Gaia-X-basierte Ökosysteme gewährleistet ist.

Beginnend mit der Erfassung der für das Angebot relevanten Daten über die GMN-Sensorik der Motorspindel (Bild 6 a), werden die gesammelten Daten für den Werker innerhalb des Spindel-Dashboards aggregiert (Bild 6 b). Wie beschrieben, wird die Spindel dem sogenannten EoL-Test unterzogen, bei dem die Referenzfahrt assetbezogen im IIoT-System aufgezeichnet und nachverfolgt wird. Mit Hilfe des AAS-Integrationsmoduls in CONTACT Elements werden entsprechende Submodelle wie die Zeitreihendaten auf Basis der erfassten Referenzdaten automatisch befüllt (Bild 6 c und Bild 6 d). Die Daten des AAS-Time-Series-Submodells bilden die Grundlage für den Datensatz, der im Rahmen des Dataspace Offering im Pontus-X Ecosystem veröffentlicht wird. Mit Hilfe der Data Ecosystem Integration in CONTACT Elements (vgl. Bild 4) wird das Offering mit Beendigung des Testzyklus angestoßen.

Bild 6 
CONTACT Elements Daten-Ökosystem-Integration (basierend auf Pontus-X) am Beispiel eines digitalen Motorspindel-Asset (Datensatz) Service-Angebots bei GMN
Bild 6

CONTACT Elements Daten-Ökosystem-Integration (basierend auf Pontus-X) am Beispiel eines digitalen Motorspindel-Asset (Datensatz) Service-Angebots bei GMN

Zu diesem Zweck werden die benötigten Eigenschaften aus dem System extrahiert, in die entsprechende Struktur gebracht und an den CONTACT Elements Dataspace Offering Service übergeben. Mit Hilfe der hinterlegten Organisationsinformationen (in diesem Fall für GMN), dem digitalen Typenschild der Motorspindel und den Angebotsdaten wird das Offering automatisch veröffentlicht (Bild 6e).

Zusammenfassung

Es wurde die Implementierung des AAS und der Funktionalitäten für das Anbieten von Diensten in unternehmensübergreifenden Datenräumen und Ökosystemen im Kontext von Datenmanagementsystemen vorgestellt. Ausgehend von den Konzepten der jeweiligen Ansätze wurde die technische Umsetzung in einem Datenmanagementsystem implementiert. So konnte gezeigt werden, wie Datensätze über vertrauenswürdige und sichere Gaia-X-basierte Ökosysteme einfach ausgetauscht werden können, indem die bereits im IoT-System vorhandenen standardisierten Informationen genutzt und der Angebotsprozess über einfache integrierte Schnittstellen initialisiert wird. Mit diesen Datensätzen lassen sich beispielsweise die Service- und Wartungsmöglichkeiten einer Maschinenspindel verbessern. Eine konkrete Umsetzung dieser Prinzipien für datengetriebene Geschäftsmodelle wird anhand eines industriellen Anwendungsfalls des Spindelkomponentenherstellers GMN in Kombination mit PLM und MES/IIoT Software von CONTACT als Datenmanagementsystem gezeigt. Dazu wird der Prozess beginnend mit der Erhebung der benötigten Daten aus der Referenzmessung bei GMN und der Bereitstellung des entsprechenden Datensatzes in der Zeitreihendatenbank unter Verwendung des Zeitreihendaten-Submodells der AAS dargestellt. Das Angebot wird dann unter Verwendung dieses Datensatzes im Rahmen der Integration von CONTACT Elements entsprechend zusammengestellt und schließlich im Datenökosystem Pontus-X veröffentlicht.


Hinweis

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen von den Mitgliedern des ZWF-Advisory-Board wissenschaftlich begutachteten Fachaufsatz (Peer Review).



Tel.: +49 (0) 421 201-530

About the authors

Dr.-Ing. Thomas Dickopf

Dr.-Ing. Thomas Dickopf, geb.1985, studierte Maschinenbau mit angewandter Informatik, an der der Technischen Universität Kaiserslautern. Im Anschluss arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Virtuelle Produktentwicklung (VPE) und promovierte 2022 auf dem Gebiet des Model-based Systems Engineering. Seit 2018 ist er bei der CONTACT Software GmbH am Standort Kaiserslautern tätig, wo er mit Gründung der Forschungs- und Innovationsabteilung CONTACT Research im Jahr 2022 in einer leitenden Funktion als Senior Research Manager wirkt.

Sven Forte

Sven Forte, M. Sc., geb. 1989, studierte Virtuelle Produktentwicklung im Maschinenbau an der Rheinland-Pfälzischen technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) und war an dieser als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Leiter der Arbeitsgruppe „Smart Systems Engineering“ am Lehrstuhl für Virtuelle Produktentwicklung (VPE) tätig. Seit 2023 ist er als Research Manager bei der CONTACT Software GmbH am Standort Kaiserslautern tätig, wo er in CONTACT Research für die Themenbereiche Green Technology & Sustainability, Digital Lifecycle Management sowie Data und Service Ecosystems zuständig ist.

Yannik Meinberg

Yannick Meinberg, M. Sc., geb. 1999, studierte im dualen Studium Informatik an der Darmstadt University of Applied Sciences in Kooperation mit der Software AG, wo er seit 2023 auch als Associate Researcher tätig war. Seit 2024 ist er bei der CONTACT Software GmbH am Standort Frankfurt/Bad Vilbel, wo er in CONTACT Research als Research Engineer in den Themenbereichen Green Technology & Sustainability, Digital Lifecycle Management sowie Data und Service Ecosystems agiert.

Dr.-Ing. Markus Weber

Dr.-Ing. Markus Weber, geb. 1991, studierte Maschinenbau mit Vertiefung Mechanical and Process Engineering an der Technischen Universität Darmstadt, wo er im Anschluss als wissenschaftlicher Mitarbeiter, Teamleiter sowie Head of Research am Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) mit Fokus auf dem Gebiet der Motorspindelsysteme tätig war und im Jahr 2024 promovierte. Seit 2023 ist er als Manager of Research and Development bei der GMN Paul Müller Industrie GmbH & Co. KG in Nürnberg tätig.

Literatur

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Published Online: 2024-12-10
Published in Print: 2024-12-20

© 2024 Thomas Dickopf, Sven Forte, Yannik Meinberg und Markus Weber, publiziert von De Gruyter

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Artikel in diesem Heft

  1. Frontmatter
  2. Editorial
  3. Die Zukunft der Produktionsnetzwerke – effizient, flexibel, intelligent und nachhaltig
  4. Produktionsstrategien
  5. Simulation und Bewertung von Fahrzeug-Produktionsstrategien
  6. Mit vorausschauenden Produktionsstrategien Wachstum in sich wandelnden Märkten erreichen
  7. Produktionsnetzwerke
  8. Standortstrategieentwicklung und Roadmapping in globalen Produktionsnetzwerken
  9. Kreislauffähige Produktionsnetzwerke
  10. Produktionsplanung
  11. Auswirkungen von Laststeuerungsprogrammen auf Lieferketten
  12. Digitaler Produktpass
  13. Verursachungsgerechte CO2-Bilanzierung für den Digitalen Produktpass
  14. Digitales Ecosystem
  15. Intelligente Wertschöpfungsnetzwerke für individuelle Fahrzeugentwicklung
  16. Supply-Chain-Management
  17. Modulares Simulationsmodell für das operative Supply-Chain-Management
  18. Variantenmanagement
  19. Frühzeitige Bewertung von Auswirkungen bei der Einführung neuer Produktvarianten
  20. Wirtschaftlichkeit
  21. Nutzen- und Kostenbestimmung von Technologien
  22. Echtzeitkommunikation
  23. Rescheduling zyklischer Echtzeitkommunikation
  24. Presshärten
  25. Höhere Duktilität durch verhinderte Austenitisierung
  26. Künstliche Intelligenz
  27. Generative Künstliche Intelligenz als Assistenz in der Instandhaltung
  28. Prozessmodell zur Entwicklung KI-basierter Geschäftsmodelle
  29. Digitale Transformation
  30. Gemba-Digitalisierung 4.0? Digitale Transformation auf Japanisch
  31. Vorgehensmodell zur Analyse und Auswahl einer IoT-Plattform für KMU
  32. Datenmanagement
  33. IIoT-basierte Geschäftsmodelle für Komponentenhersteller
  34. Vorschau
  35. Vorschau
Heruntergeladen am 8.9.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zwf-2024-1171/html
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