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Edward Parker: Commercial and Military Applications and Timelines for Quantum Technology. Research Report. Santa Monica, Calif.: The RAND Corporation, 2021

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Published/Copyright: May 13, 2022

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Edward Parker Commercial and Military Applications and Timelines for Quantum Technology. Research Report Santa Monica, Calif. The RAND Corporation 2021


Edward Parkers Forschungsbericht analysiert in einem kurzen und übersichtlichen Format Quantentechnologien in den Kategorien Kommerzialisierung, wichtige internationale Akteure sowie mögliche Sicherheitsimplikationen. Das Hauptaugenmerk legt er dabei auf Quantensensorik, Quantenkommunikation und Quantencomputer.

Quantentechnologien ließen sich laut Parker in drei Kategorien einteilen: (1) Quantensensorik sei dafür geeignet, äußerst präzise Messungen von Zeit, Beschleunigung oder dem elektromagnetischen Feld vorzunehmen. Kommerziell ließen sich damit Erdbebenvorhersagen genauer gestalten oder Magnetresonanztomographie verbessern. Im militärischen Bereich könne Quantensensorik Navigation in Räumen mit eingeschränktem Zugang zu GPS deutlich verbessern, so z. B. in U-Booten. Zwei weitere Technologien der Quantensensorik seien Ghost Imaging und Quantum Illumination. Erstere ermögliche die visuelle Erfassung von Objekten auf Distanz, auch bei schlechten atmosphärischen Bedingungen. Quantum Illumination könne theoretisch durch ein sehr gutes Signal-Rausch-Verhältnis eine deutliche Leistungserhöhung von Radargeräten bedeuten. (2) Quantenkommunikation verspräche Parker zufolge eine theoretisch absolut sichere Kommunikation. In der praktischen Anwendung hätte sich jedoch gezeigt, dass technische Implementierungen weiterhin Schwachstellen aufweisen können und Endpunkte weiterhin kompromittierbar seien. Darüber hinaus sei die verlustfreie Übertragung von Photonen für die Verschlüsselung nur über begrenzte Strecken möglich. (3) Als Technologie mit der größten potenziellen Disruptivität seien Quantencomputer theoretisch in der Lage, Berechnungen durchzuführen, die für klassische Computer nahezu unmöglich seien. Hierbei müssten jedoch spezielle Algorithmen für die Lösung von spezifischen Problemen gefunden werden. Zwei wichtige Algorithmen für Quantencomputing wären in der Lage einerseits herkömmlich verschlüsselte Kommunikation zu entziffern (Shor Algorithmus) oder Datenbankabfragen zu beschleunigen (Grover Algorithmus). Letzterer sei beispielsweise geeignet, um in der Materialforschung oder Logistik deutliche Fortschritte zu erzielen.

Der Zeithorizont für den kommerziellen oder militärischen Einsatz der drei Quantentechnologien hänge Parkers Verständnis zufolge hauptsächlich von dem Maß an Quantenverschränkung ab, die die Technologien voraussetzten. Quantensensorik sei am wenigsten abhängig und daher am nächsten an der kommerziellen und militärischen Nutzung. Experteneinschätzungen gingen hier von einem Zeitraum bis 2025 aus. Quantenkommunikation könne in verschiedenen Modi operieren, d. h. sowohl mit Abhängigkeit von Quantenverschränkung als auch ohne. Letztere sei bereits im experimentellen Einsatz, käme jedoch nicht an die kryptographische Sicherheit von quantenverschränkter Quantenkommunikation heran. Vor den größten Hürden stünden, so der Autor, Quantencomputer. Sie benötigten eine große Anzahl an quantenverschränkten Qubits, um klar definierte Probleme lösen zu können. Aktuelle Qubit Designs bedürften aufwendiger Fehlerkorrekturverfahren, wodurch die Anforderungen an ein nutzbares Quantencomputer-Design enorm anstiegen. Experten gingen deshalb davon aus, dass kurz- bis mittelfristig eine hybride Form des klassischen und Quantencomputing zum Einsatz kommen werde.

Nach Parker sei ein direkter internationaler Vergleich in der Quantentechnologieforschung nur schwer möglich, da es innerhalb der Länder, die an Quantentechnologien forschen, einen Fokus auf verschiedene Aspekte dieser Technologien gäbe. Basierend auf technologischen Meilensteinen, ließe sich jedoch festhalten, dass China im Bereich Quantenkommunikation weltweit führend sei, die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich im Bereich Quantensensorik führen würden und Quantencomputing von den Vereinigten Staaten und Kanada dominiert werde.

Alle besprochenen Technologien hätten Auswirkungen auf die nationale Sicherheit, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Quantensensorik würde primär die Aufklärungs- und Überwachungsfähigkeiten von Streitkräften steigern. Insbesondere, wenn es zu einem operativen Einsatz von Quantenradaren kommen sollte, wäre der Effekt gegenüber der Tarnkappentechnik signifikant. Quantenkommunikation werde primär von China, Europa und Japan verfolgt. Briten und Amerikaner hätten sich gegen die Umstellung auf Quantenkommunikation ausgesprochen und würden dadurch keine gesteigerte Verwundbarkeit sehen. Der größte disruptive Charakter sei Quantencomputing zuzuschreiben, welches kommerzielle und weitverbreitete kryptographische Protokolle obsolet werden lassen könnte. Dies beträfe jedoch hauptsächlich asymmetrische Kryptographie. Hier gelte, so der Autor, abmildernd, dass in den nächsten zehn Jahren noch kein einsatzfähiger Quantencomputer zur Entzifferung von herkömmlicher verschlüsselter Kommunikation zur Verfügung stehen und bereits an Algorithmen für die „post-Quanten-Zeit“ gearbeitet werde.

Parker legt eine gut lesbare und aktuelle Übersichtsarbeit des kommerziellen und militärischen Stands der Quantentechnologieforschung und -anwendung vor. Der Beitrag kann in seiner Kürze keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, sehr wohl aber eine ausreichend detaillierte Darstellung aktueller Erkenntnisse liefern, die es schafft, den „Hype“ um die Quantentechnologie und ihren revolutionären Einfluss auf Verteidigung und Sicherheit ein wenig zu beruhigen.

https://www.rand.org/pubs/research_reports/RRA 1482-4.html

Published Online: 2022-05-13
Published in Print: 2022-05-09

© 2022 Andrä-Hampf, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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