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Anthony H. Cordesman (with the Assistance of Grace Huang): Strengthening European Deterrence and Defense: NATO, not European Defense Autonomy, is the Answer – Working Draft. Washington, DC: CSIS, 20. September 2021

  • Heinz-Dieter Jopp

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Published/Copyright: May 13, 2022

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Cordesman Anthony H. (with the Assistance of Grace Huang) Strengthening European Deterrence and Defense: NATO, not European Defense Autonomy, is the Answer – Working Draft Washington, DC CSIS 20. September 2021


Die beste Empfehlung für die Argumentation von Anthony Cordesman in seiner Studie sind die Vorgänge um die Ukraine, den monatelangen Truppenaufmarsch und den nunmehr erfolgten Angriff Russlands Ende Februar 2022. Die geforderte Autonomie der EU in Verteidigungsfragen liest sich gut in Papieren, hat aber kaum Einfluss auf die Realitäten. Man kann den Bogen europäischer Absichtserklärungen eigentlich bis zur Europäischen Sicherheitsstrategie aus dem Jahr 2003 zurückverfolgen. Eine europäische Streitmacht mit 60.000 Soldaten blieb ebenso Lippenbekenntnis wie der bis heute nicht erfolgte Einsatz europäischer Battle Groups.

Cordesman ist nicht nur – wie gewohnt – sehr scharfsinnig in seiner Analyse und seinen Folgerungen der aktuellen Entwicklungen, sondern fordert auch, die politisch unergiebigen Diskussionen um ein Wachstum des Verteidigungshaushalts auf 2 Prozent des BIP zu beenden. Stattdessen solle man sich auf eine dringend erforderliche Streitkräfteplanung zurück besinnen vor allem aufgrund des Wiedererstarkens Russlands im militärischen Bereich. Dies gelte nicht nur für die USA, sondern insbesondere für die Europäer. Neben der Streitkräfteplanung sollten sich diese um die Verbesserung nationaler Beiträge zu Schlüsselprojekten der NATO bemühen, anstatt nach rein europäischen Optionen zu suchen, wie sie wiederholt von Präsident Macron gefordert wurden.

Auf der Basis des Vergleichs von Verteidigungsaufwendungen und des Umfangs der Mittel zur Machtprojektion wird schnell deutlich, dass ohne die USA und Großbritannien Europa weniger als 25 Prozent der gesamten westlichen Verteidigungsausgaben stellt. Auf der anderen Seite übersteigen bereits die Aufwendungen NATO-Europas seit vielen Jahren diejenigen Russlands, ohne dass daraus eine militärische Überlegenheit abgeleitet werden kann. Wichtiger als Haushaltszahlen seien daher abgestimmte Streitkräfte- und Rüstungsplanungen der Nationen auf der Grundlage der NATO Strategie 2030.

Tiefer gehende Vergleiche von amerikanischen Truppen in Europa im September 2008, Dezember 2016 und Juni 2021, die Untersuchung von Trends in europäischen Teilregionen wie Nordflanke, Baltische Staaten, Zentraleuropa, neue Südflanke, Adriatische Flanke und letztendlich Mittelmeer Flanke lassen die Notwendigkeit zur Anpassung von Waffen und Streitkräften erkennen. Cordesman schlägt einen offenen und einen vertraulichen Vergleich der Sicherheitsbalance und der Höhe der Abschreckungs- und Verteidigungsmöglichkeiten vor, die die NATO zur Verfügung stellen kann.

Schließlich sollten die USA und Europa erkennen, dass sich China zu einer neuen, autoritären Supermacht entwickelt, die sowohl ökonomisch als auch militärisch wesentlich stärker als Russland ist. Europa müsse erkennen, dass die USA aufgrund der Geographie Kräfte in den Indo-Pazifik verschieben müssen und Europa mit China konkurrieren sollte. Dabei gelte es auch, China zur Rückkehr zur globalen Kooperation zu bewegen.

Gleichzeitig müssten sich die USA und Europa der wachsenden Herausforderung durch Russland und China stellen und hierbei besonders deren wachsende militärische Zusammenarbeit in eigene Überlegungen einfließen lassen. In seiner Schlussbetrachtung widmet sich Cordesman der veränderten Rolle der Supermächte in einem Vergleich 1991 und 2021. Neben einer quantitativen Betrachtung der Streitkräfte der USA, Russlands und Chinas folgt eine qualitative Betrachtung der Veränderungen im chinesischen Dispositiv. Hierzu zählen – durch Grafiken und Schaubilder untermauert – die gewachsene Wirtschaftskraft Chinas und seine strategischen Auswirkungen global und auf Europa; die unterschiedlichen Einschätzungen von GDP und GNI; die Produktivität Chinas und der weiter wachsende Anteil an Zukunftsforschung und Entwicklung; die Verteidigungsausgaben, bei denen China Russland weit hinter sich gelassen hat; der jährliche Anstieg der Ausgaben in China; der Bestand an Nuklearwaffen der drei Mächte; die japanische Einschätzung der Zuwachsraten und die Modernisierung chinesischer Streitkräfte und letztendlich die wachsende Bedrohung durch die chinesischen Seestreitkräfte.

Insgesamt bringt die Studie kurz und prägnant die Herausforderungen insbesondere im militärischen Bereich für die USA und Europa auf den Punkt. Umgehendes gemeinsames Handeln in der NATO erscheint dringend geboten.

https://www.csis.org/analysis/strengthening-euro pean-deterrence-and-defense-nato-not-european-defense-autonomy-answer

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Heinz-Dieter Jopp

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Published Online: 2022-05-13
Published in Print: 2022-05-09

© 2022 Jopp, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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