Zusammenfassung
Mit dem Wandel der Medienlandschaft ändern sich auch die Ansätze und Herausforderungen in der Pflichtsammlung. Die rechtlichen Rahmenbedingungen wurden in Sachsen 2014 angepasst, um auch digitale Medien einzuschließen. Ein kooperativer Ansatz innerhalb der SLUB und mit externen Partnern ermöglicht eine effektive Sammlung und Archivierung, die das kulturelle Erbe Sachsens sichert. Der Artikel fasst die aktuellen Entwicklungen zusammen und gibt einen Ausblick auf die Bedeutung der Pflichtsammlung für eine fundierte Auseinandersetzung mit der regionalen Geschichte und Gegenwart.
Abstract
As the media landscape changes, so do approaches to and challenges for the collection of legal deposit copies. In Saxony, the legal framework was adapted in 2014 to extend the collection mandate to digital publications. A cooperative approach within the SLUB (Saxon State Library – Dresden State and University Library) and external partners ensures effective collecting and archiving to safeguard Saxony’s cultural heritage. The article summarises current developments and provides an outlook on the significance of the legal deposit collection for a profound exploration of the region’s past and present.
1 Einleitung: Das Pflichtexemplar im Medienwandel
Angesichts des stetigen Medienwandels, mit dem sich eine Bibliothek seit längerem in allen Bereichen konfrontiert sieht, hat sich auch die Sicht auf das Thema Pflichtexemplar gewandelt.[1] Es geht heute vermehrt darum, effizient Kenntnis von neu veröffentlichten analogen und digitalen Publikationen zu bekommen und die Beschaffung und Archivierung in einem kooperativen Kontext zu denken; die Medienproduktion Sachsens für die Nachwelt umfassend, aber nicht vollständig zu archivieren. Eine nahezu vollständige Sammlung mag noch im analogen Bereich gelingen, aber bei der Flut an digitalen Publikationen in ihren unterschiedlichsten Veröffentlichungsformen ist sie allenfalls annährungsweise und nur mit Unterstützung (semi)automatischer Methoden möglich. So konzentriert sich die Sammlung an der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB) gegenwärtig auf Verlagsproduktionen und umfänglich auf inhaltlich relevante graue Literatur zur sächsischen Landeskunde in allen Facetten und diversen Medienarten.
Es müssen neben stringenten formalen Auswahlkriterien auch die an der SLUB vorhandenen Expertisen zur inhaltlich-fachlichen Auswahl in die Diskussion um den Aufbau der Pflichtexemplarsammlung eingebunden werden. Die Fachabteilungen Handschriften, Alte Drucke und Landeskunde sowie Musik und AV-Medien arbeiten immer intensiver kollaborativ mit Protagonisten zusammen, die Pflichtstücke veröffentlichen. Aus diesen Kontakten ergeben sich Synergien für die Pflichtakquise.
Der Kooperationsgedanke wird innerhalb der SLUB organisationsübergreifend gedacht, wie auch innerhalb Sachsens und auf nationaler Ebene. Die fachliche Expertise zu Pflichtrecht, Umsetzung und Weiterentwicklung wurde in einer referatsunabhängigen Koordinationsstelle für das sächsische Pflichtexemplar in der Abteilung Bestandsentwicklung gebündelt. Ziel ist, die Weiterentwicklung der Pflicht in einer fachlichen Hand zu halten, die dann für Anfragen zur Verfügung steht.
2 Rechtliche Entwicklungen
Die heutigen rechtlichen Grundlagen für das Pflichtexemplar in Sachsen wurden erstmals im Sächsischen Gesetz über die Presse (SächsPressG) vom 3. April 1992 formuliert. Hier heißt es in § 11 (Ablieferungspflicht): „Von jedem Druckwerk […] hat der Verleger […] ein Stück […] an die Sächsische Landesbibliothek in Dresden abzuliefern (Pflichtexemplar)“.[2] Mit der Fusion der Sächsischen Landesbibliothek und der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Dresden zur SLUB wurde diese rechtliche Grundlage aufgegriffen. Im Gesetz über die SLUB (SLUBG) von 1996 ist der Auftrag in § 2 (Organisation, Aufgaben) so formuliert: „Umfassende Sammlung und Archivierung von Literatur, Bild- und Tonträgern über Sachsen, sowie der in Sachsen erscheinenden ablieferungspflichtigen Publikationen (Pflichtexemplare)“[3].
Obwohl sich mit fortschreitender Digitalisierung der Verlagsmarkt und die Veröffentlichungen außerhalb des Buchhandels enorm wandelten, bezog sich die Pflichtabgabe in Sachsen bis 2014 ausschließlich auf Druck- und andere sogenannte körperliche Werke. Eine Initiative, diese Entwicklungen aufzugreifen, stand in Zusammenhang mit der Umwandlung der SLUB in einen Staatsbetrieb. Die damaligen Oppositionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen hatten einen Antrag an die damalige Staatsregierung gerichtet, mit dem die Rahmenbedingungen „für ein aufeinander abgestimmtes kooperatives Bibliothekswesen in Sachsen“ geschaffen werden und diese in einem eigenen Bibliotheksgesetz verankert werden sollten.[4] Dies wäre auch mit der Herauslösung der Pflichtexemplarregelung aus dem Pressegesetz verbunden gewesen, ihrer Erweiterung auf sogenannte unkörperliche Medienwerke sowie der Einführung einer Abgabepflicht für Belegexemplare bei Werken, die auf der Basis von Alt- und Sonderbeständen der sächsischen Bibliotheken erarbeitet wurden.
Der Antrag hatte allerdings keinen Erfolg. Stattdessen kam es zu einer Modifizierung des SächsPressG in den §§ 11 und 6 (Impressum). Hierbei spricht man nun seit 1. Januar 2014 von der „Ablieferungspflicht analoger und digitaler Publikationen“.[5] Nach § 11, Absatz 5 sind digitale Publikationen „Darstellungen in Schrift, Bild oder Ton, die auf digitalen Datenträgern oder in unkörperlicher Form in öffentlichen Netzen verbreitet werden“[6]. Auch das SLUBG wurde entsprechend angepasst und spricht nun in § 2 von der „Sammlung und Archivierung von Literatur, Bild- und Tonträgern über Sachsen sowie der in Sachsen erscheinenden ablieferungspflichtigen analogen und digitalen Publikationen (Pflichtexemplare)“[7].
Eine spezielle Formulierung zu Amtsdruckschriften fehlt in § 11 SächsPressG. Das Gesetz schließt explizit im § 15 (Anwendungsbereich) die Sammlung von Publikationen, „die nur zu Zwecken des Gewerbes oder Verkehrs, des häuslichen oder geselligen Lebens dienen wie Formulare, Preislisten, Werbedrucksachen, Familienanzeigen, Geschäfts-, Jahres- und Verwaltungsberichte …“ aus. Für amtliche Publikationen ist ein solcher Ausschluss hingegen nicht mehr formuliert. Seit 2014 sammeln wir daher auch amtliche Veröffentlichungen in analoger und elektronischer Form (bzw. in bestimmten Fällen nur die elektronische Variante, siehe unten), wenn sie einen Impressumsvermerk entsprechend § 6 SächsPressG haben. Dabei konzentrieren wir uns seit 2019 auf die Archivierung der über die Publikationsdatenbank der sächsischen Staatsregierung[8] bereitgestellten Veröffentlichungen. Oft handelt es sich dabei um jährlich überarbeitete Werke, von denen in der Datenbank nur die jeweils aktuellste Ausgabe verfügbar ist. Über den an der SLUB betriebenen sächsischen Dokumentenserver Qucosa[9] bleiben hingegen auch frühere Versionen verfügbar und können die entsprechenden Änderungen nachvollzogen werden. Ebenfalls zu erwähnen ist unsere inzwischen recht umfängliche Sammlung digitaler Amts- und Mitteilungsblätter von 120 Städten und Gemeinden, deren Anzahl stetig steigt. Teilweise sind amtliche Publikationen frei über Qucosa abrufbar, teilweise zugangsbeschränkt über den Datenbankdienst Databases on Demand (DBoD)[10].
3 Herausforderung „graue“ Netzpublikationen
Das Aufspüren von Publikationen außerhalb des Buchhandels war schon immer herausfordernd. Mit der Entwicklung der digitalen Welt hat es eine Vervielfältigung des Aufwandes gegeben. Immer wieder stellen sich zwei Fragen: Wie erlange ich Kenntnis von Netzpublikationen, die nicht in buchhändlerischen o. ä. Verzeichnissen zu finden sind? Sind diese dann abgabepflichtig?
Das wichtigste formale Bewertungskriterium ergibt sich aus der gesetzlichen Formulierung zur Impressumspflicht gemäß § 6 SächsPressG. Kenntnis von Netzpublikationen erhält die SLUB durch eigene Recherchen im Internet im Referat Kauf und Pflicht sowie durch die fachliche Expertise im eigenen Haus bezüglich der Landeskunde und aus dem Kreis der Fachreferenten. Neben der Auswertung der Veröffentlichungen der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) zu neu erworbener grauer Literatur werden regelmäßig sächsische Tageszeitungen automatisiert ausgewertet, um analoge und digitale Pflichtlektüre aufzuspüren. Nach Abgabe von analogen Publikationen wird geprüft, ob diese auch digital angeboten werden. In diesem Zusammenhang nehmen die Kolleginnen Kontakt zu den Abliefernden auf und informieren über die E-Pflicht. Zudem existiert auf den Webseiten der SLUB ein eigener Bereich für alle Fragen zur Pflichtabgabe, der laufend weiterentwickelt wird.[11]
Netzpublikationen im PDF-Format werden aufwendig auf ihre Verwendbarkeit für die Langzeitarchivierung (LZA) geprüft. Diese Veröffentlichungen werden mit unterschiedlichster Quellsoftware hergestellt, in den meisten Fällen ohne Wissen um die benötigte Archivfähigkeit für die Pflichtabgabe digitaler Dokumente gemäß § 2 SLUBG. Die SLUB verfügt über ein eigenes digitales Langzeitarchiv, das SLUBArchiv.digital[12]. Damit sind auch Experten zur LZA direkt im Haus. In Zusammenarbeit mit den Bibliothekar*innen wurden seitens der Abteilung Informationstechnologie (Referat Infrastruktur und Langzeitverfügbarkeit) Tools für die Prüfung und für die Umwandlung von PDF-Dateien in LZA-fähige Formate entwickelt. Gleichzeitig konnte eine Beratungskompetenz bei Bibliothekar*innen aufgebaut werden, die den Lernbedarf hinsichtlich LZA-fähiger Dateiformate bei den Lieferanten deckt. Dazu steht der kostenlose SLUB PDF/A-Validator[13] zur Verfügung, mit dem Abgebende selbst prüfen können, ob ihre PDF-Dokumente den LZA-Anforderungen entsprechen. Teilweise erfolgt die Bearbeitung aber auch direkt in der SLUB, was einen erheblichen weiteren Arbeitsaufwand bedeutet. Von Januar bis Juli 2024 wurden ca. 2.000 PDF-Dateien im Haus entsprechend behandelt.
4 Kooperatives Arbeiten
Pflichtlieferanten verändern sich hinsichtlich der organisatorischen Firmierung und der unterschiedlichsten Veröffentlichungsformen. Dies erfordert immer mehr Wissen von Bibliothekar*innen. Verlage fusionieren auch über die Grenzen der Bundesländer hinweg oder sind stillschweigend nicht mehr am Markt. All das schafft immer neue Anforderungen in der Akquise von Pflichtexemplaren. Oft ist derartiges Wissen bei Fachexperten anderer Abteilungen automatisch vorhanden und musste gezielt für die Pflichtbearbeitung verknüpft werden. Bei der Erarbeitung eines internen Sammelpapiers wurde bereits im Jahr 2013 überlegt, welche elektronischen Ressourcen gesammelt werden sollen. Grundsätzlich wollte man eine Auswahl von zu sammelnden Publikationen treffen, um auch einen verantwortungsvollen Umgang mit vorhandenen Personal- und Sachressourcen im Blick zu haben. Die Überlegungen gingen so weit, dass man auf analoge Pflichtexemplare, bei verlässlicher Langzeitarchivierung der digitalen Ausgabe, teilweise verzichtet. Für sächsische Tageszeitungen etwa wurde mit der Einführung des Services Regionale Bereitstellung der DNB[14] (Regionalfensterlösung) und der damit verbundenen Archivierung von E-Paper-Ausgaben die Mikroverfilmung eingestellt. Es werden bisher 47 sächsische Tageszeitungen über die DNB garantiert verfügbar gemacht und gehalten.[15]
Dies kann allerdings nicht für alle Publikationsformen gelten. Zum Beispiel werden Noten, aus Gründen der praktischen Nutzung, in beiden Formen gesammelt. Dieser Auswahlprozess ist dynamisch. An diesem Punkt rücken die SLUB-Abteilungen und Referate ganz Pflichtexemplar-spezifisch zusammen. Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit mit dem Referat Saxonica und Kartensammlung in der Abteilung Handschriften, Alte Drucke und Landeskunde. Grundlage für diese Synergien sind natürlich die Überschneidungen im Sammelprofil angesichts einer breiten Landschaft an akademischen wie nicht-akademischen Forschungen zu Geschichte und Kultur des Landes[16] sowie die inhaltliche Erschließung der dabei entstehenden Publikationen, die im Saxonica-Referat im Rahmen der Sächsischen Bibliografie – ebenfalls eine gesetzliche Aufgabe gemäß § 2 SLUBG – erfolgt.[17] Koordiniert wird hier ebenfalls die Online-Zweitveröffentlichung der einschlägigen landeshistorischen Periodika, wobei die SLUB diverse Serviceleistungen für die regionalen Kooperationspartner wie das Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde, die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften oder das Zentrum für Kultur//Geschichte übernimmt.[18] Die Veröffentlichung erfolgt im Rahmen des Dienstes Qucosa.Journals auf Basis der freien Software-Suite Open Journal Systems (OJS),[19] die Publikationen gehen die in die E-Pflicht-Sammlung ein.
Ein neues gemeinsames Projekt ist seit 2024 der Aufbau eines Webarchives.[20] Die inhaltliche Selektion und sachliche Erschließung von Websites erfolgt in der Fachabteilung, die formale Speicherung und Erschließung in der Abteilung Bestandsentwicklung. Darüber hinaus gibt es Absprachen mit dem Sächsischen Staatsarchiv, das die Webauftritte der staatlichen Institutionen archiviert, zu einer arbeitsteiligen Vorgehensweise. Diesen kooperativen Denkansatz verfolgen wir mit dem Staatsarchiv auch zu Fragen der Archivierung und Bereitstellung von Geodaten, wobei auch die (staatlichen und kommerziellen) Produzenten solcher Daten einbezogen werden.
In Sachsen gibt es weiterhin ein sehr reges Musikleben mit vielen Konzerthäusern und Institutionen. Viel Komponisten beginnen ihre Noten in Selbstverlagen zu publizieren. Daher lag eine Zusammenarbeit mit unserer Musikabteilung bei der Recherche nach neuen Veröffentlichungen auf der Hand. Die Bibliothekar*innen haben Kenntnis von Aktivitäten in der sächsischen Musikszene. Seit 2023 treffen sich Kolleginnen beider Abteilungen zu gemeinsamen Jour fixes. Der Bestand an Musikalien konnte von einer früher marginalen Anzahl Pflichtstücke auf mehr als 7.000 Exemplare erweitert werden.
Kreativ wurden Ideen entwickelt, schneller neue Informationen zu teilen. Dazu wird auch das Verbundsystem K10plus verwendet. Musikbibliothekar*innen und Mitarbeitende im Saxonica-Referat stoßen automatisch bei Ihrer Arbeit auf eventuell fehlende Musikalien und Neuerscheinungen. Früher wurde dann per E-Mail eine Info an die Pflichtkollegin geschrieben. Heute wird das Mailboxverfahren in K10plus genutzt, um diese Hinweise weiterzuleiten. Damit kann eine „Liste“ generiert werden, auf deren Grundlage die Kolleginnen der Pflicht ein Bestellverfahren auslösen können.
Wichtig ist bei einer solchen Zusammenarbeit, dass man sich nicht verzettelt und immer die gesetzlichen Regelungen, Auslegungen und Entwicklungen im Blick hat. Dafür wurde 2017 die Koordinierungsstelle für das sächsische Pflichtexemplar installiert, wo alle Fäden zusammenlaufen. Es gibt innerhalb der SLUB seitdem eine zentrale Ansprechpartnerin, die mit fachlicher Expertise allen zum Thema „Pflicht“ zur Seite steht und neue Entwicklungen unter dem kollaborativen Aspekt begleitet. Zu den Aufgaben gehört es, weitere Synergien zur kooperativen Zusammenarbeit in Sachsen und auf nationaler Ebene zu schaffen – anknüpfend etwa an die Regionalfensterlösung als Gemeinschaftsprojekt der UAG Pflicht mit der DNB.[21]
5 Fazit: Das Pflichtexemplar als Teil des regionalen kulturellen Erbes
Die genannten Aktivitäten sind natürlich kein Selbstzweck, sondern dienen der „Sicherung und Überlieferung kulturellen und wissenschaftlichen Schaffens“[22] in einer historischen, gegenwärtigen und zukünftigen Perspektive und damit der „dauerhafte[n] Konservierung des historisches Erbes der […] Region“[23]. Mit Blick auf die oben geschilderten kooperativen Ansätze mit verschiedenen Akteuren im Bundesland kann die SLUB als Landesbibliothek auch unter den Vorzeichen der Digitalität eine Rolle als „zentrale[r] Knotenpunkt“[24] einnehmen, wie sie Bernd Hagenau schon im Jahr 2000 für die Regionalbibliotheken skizzierte. Allerdings kommt ihr diese Rolle eben nicht nur allein zu, sondern kommt es auf die Zusammenarbeit mit anderen staatlichen Akteuren wie v. a. dem Sächsischen Staatsarchiv an, um die Fülle der aktuellen Aufgaben adäquat adressieren zu können. Die Kultur- und Gedächtniseinrichtungen sollten so mehrere, miteinander in Beziehung stehende Knotenpunkte bilden.[25]
Das Pflichtexemplar ist dabei nur ein Aspekt des kulturellen Erbes und Teil einer umfassenderen Aufgabe von Regionalbibliotheken wie der SLUB auch in der Vermittlung der entsprechenden Bestände. Mit Thomas Stäcker können sie hier einen Raum schaffen, „in dem sich das Wissen um die Vergangenheit formiert und den sie selbst mit Blick auf die Funktionen der Vergangenheit gestalte[n]“[26]. Bei Stäcker ist diese Funktion auf die aus heutiger Sicht historischen Objekte fokussiert, die nun vielfach in retrodigitalisierter Form und angereichert um weitere Daten vorliegen, und in dieser Form zum Ausgangs- und Ankerpunkt einer regional fundierten Auseinandersetzung mit der Geschichte werden. Sie lässt sie sich aber auch als eine zukünftige Perspektive denken, in die die heute gesammelten Pflichtexemplare mit eingehen. Oft handelt es sich dabei bereits um Veröffentlichungen sowohl der akademischen als auch der nicht-akademischen Forschung (Stichwort Citizen Science[27]), die im Stäcker’schen Sinn eben vielfach mit auf den digitalisierten Altbeständen beruhen, bereits selbst als Kontextmaterialien fungieren und als Quellen der aktuellen Beschäftigung mit Geschichte und Gegenwart einer Region wie Sachsen dienen können.[28] Als Scharnier zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, zwischen akademischer Welt und interessierter Öffentlichkeit, können gerade die kombinierten Landes- und Universitätsbibliotheken wie die SLUB hier „zur Plattform und zum Moderator eines gleichermaßen von Nutzern bestimmten Prozesses der Aneignung und Darstellung der Vergangenheit [und auch der Gegenwart; KB/MM]“[29] werden – eine Perspektive, die einem oft nachrangig behandelten bibliothekarischen Thema wie dem Pflichtexemplar durchaus eine wichtige und zukunftsträchtige Bedeutung zuweist.
Über die Autoren

Kathrin Berude

Martin Munke
© 2024 bei den Autoren, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.
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- Notizen und Kurzbeiträge
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