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Das Pflichtexemplar in Baden-Württemberg

  • Felix Geisler

    Dr. Felix Geisler

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    , Marcel Thoms

    Marcel Thoms

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    , Wiebke Dannehl

    Wiebke Dannehl

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    und Andrea Willisch

    Andrea Willisch

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Veröffentlicht/Copyright: 12. November 2024
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Zusammenfassung

In Baden-Württemberg übernehmen die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe und die Württembergische Landesbibliothek in Stuttgart die Sammlung der gedruckt, elektronisch auf Datenträgern oder als Netzpublikation erscheinenden Pflichtexemplare. Dabei arbeiten Sie in Projekten eng mit dem Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg (BSZ) und der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) zusammen. So gelingt es, wesentliche Teile des textbasierten analogen und digitalen Kulturerbes des Bundeslands zu sichern.

Abstract

In Baden-Württemberg, the Baden State Library in Karlsruhe and the Württemberg State Library Stuttgart are tasked with collecting printed and electronic media and web publication deposit copies. In various projects, both libraries have been closely collaborating with the Baden-Württemberg Library Service Centre (BSZ) and the German National Library (DNB). In this way, successful data storage of substantial parts of the federal state’s text-based analogue and digital cultural heritage is secured.

Wie in anderen Ländern auch hat die Pflichtablieferung in Baden-Württemberg eine wechselhafte Geschichte, die sich zunächst getrennt und parallel in den jeweiligen Landesteilen Baden[1],[2] und Württemberg[3],[4] entwickelte. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts sammeln die beiden Landesbibliotheken, die Württembergische Landesbibliothek (WLB) in Stuttgart (1765) und die Badische Landesbibliothek (BLB) in Karlsruhe (1771) bzw. ihre königlichen und großherzoglichen Vorgängereinrichtungen die durch die zahlreichen angesiedelten Verlage sehr große Literaturproduktion der jeweiligen Landesteile. Allerdings gab es in Baden mehrmalige Unterbrechungen der Ablieferungspflicht (u. a. 67 Jahre von 1869 bis 1936) und einen nahezu Totalverlust der Bestände der BLB im Jahr 1942 durch Bombardierung, die WLB verlor einen wesentlichen Teil ihrer Bestände bei einem Angriff auf Stuttgart 1944. Daneben waren auch die Universitäten in Freiburg, Heidelberg und Tübingen für relevante Zeiträume Begünstigte einer Pflichtabgabe.

Die getrennten Pflichtexemplargesetze bestanden sogar nach Gründung des Landes Baden-Württemberg im Jahr 1952 unverändert fort und wurden erst 1964 in einer Novellierung des Landespressegesetzes behelfsmäßig vereinheitlicht.[5] Aktuelle gesetzliche Grundlage ist das Gesetz über die Ablieferung von Pflichtexemplaren an die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe und die Württembergische Landesbibliothek in Stuttgart[6] vom 3. März 1976 und die dazugehörige Verordnung[7] vom 26. März 1976. Die Ablieferung von amtlichen Veröffentlichungen, die im Gesetz explizit ausgenommen sind, ist separat im Erlass der Landesregierung vom 9. Oktober 2006 geregelt.[8] Eine Besonderheit in Baden-Württemberg ist, dass sich dieser Erlass auf Landesbehörden und -einrichtungen beschränkt und damit z. B. die amtlichen Veröffentlichungen der Kommunen, abweichend vom Mustererlass der Kultusministerkonferenz vom 5. Juli 2007, von der Pflichtabgabe ausgenommen sind. Ebenfalls besonders und einmalig in Deutschland ist das Konstrukt der „Pflicht mit Entschädigung“: Ablieferungspflichtige müssen ein Exemplar kostenfrei bei der für ihren Regierungsbezirk zuständigen Landesbibliothek abliefern und ein weiteres der anderen Landesbibliothek anbieten. Für das zweite Exemplar wird auf Antrag eine Entschädigung in Höhe von 50 Prozent des vom Verleger festgesetzten Ladenpreises gewährt, als Antrag gilt das Beifügen einer Rechnung zum Exemplar.

Das Baden-Württembergische Gesetz orientierte sich stark am Gesetz über die Deutsche Bibliothek vom 31. März 1969 und war zum damaligen Zeitpunkt das bundesweit erste eigenständige Pflichtexemplargesetz auf Landesebene. Allerdings sind die gesetzlichen Bestimmungen seitdem etwas in die Jahre gekommen: Das Gesetz wurde nur einmal im Jahr 2007 – als erstes Bundesland führte Baden-Württemberg die E-Pflicht ein – und die Verordnung noch nie an aktuelle Entwicklungen angepasst. Es fehlen u. a. Regelungen zu Benutzungs- und Ablieferungsmodalitäten für digitale Medien. Auch muss kritisch hinterfragt werden, ob der im Gesetz verwendete Verlegerbegriff für Online-Ressourcen, die in vielen Fällen von den Verfassern oder verantwortlichen Institutionen selbst erstellt werden, oder für die zunehmende Zahl von E-Books, die im Selbstverlag erscheinen, noch zeitgemäß ist. Am gravierendsten erscheint jedoch der Umstand, dass der Sammelgegenstand im Digitalen nicht genauer spezifiziert wird. Sind im Gesetz also nur Medienarten adressiert, die in der physischen Welt eine Entsprechung haben, z. B. E-Books, E-Journals, digitale Notenausgaben, amtliche Veröffentlichungen, Flyer, Audio- und Videofiles oder auch neue Formate der digitalen Kommunikation, z. B. Websites, Social Media, Online-Datenbanken, etc.?

Letztlich ist die Ausgestaltung und Erfüllung des Sammelauftrags auch abhängig von personellen Ressourcen, technischen Machbarkeiten und bestandserhalterischen Notwendigkeiten. Es soll das Bestmögliche getan werden, um die kulturelle Überlieferung der Medien aus Baden-Württemberg sicherzustellen. Dazu muss insbesondere im digitalen Bereich der Sammlung eine Priorisierung nach Medienarten und Zugangswegen erfolgen. Kooperationen mit Gleichgesinnten, ganz zuvorderst der Deutschen Nationalbibliothek, und weitgehende Automatisierung der Prozesse sind anzustreben. Um diese Ziele zu erreichen, wurde in mehreren Projekten in den vergangenen Jahren die Pflichtablieferung auf neue Füße gestellt – das soll hier in aller Kürze chronologisch berichtet werden.[9] Für eine ausführliche Darstellung der Projekte sei auf die zitierten Beiträge verwiesen.

1 Das Baden-Württembergische Online-Archiv BOA

Seit 2003 archivieren die Landesbibliotheken gemeinsam Netzpublikationen aus dem Bundesland im Baden-Württembergischen Online-Archiv (BOA).[10],[11] Dies betraf amtliche Schriften der Landesbehörden, im Open Access erschienene Publikationen sowie einige wenige Websites mit inhaltlichem Bezug zum Land. BOA wurde als Projekt von den beiden Landesbibliotheken und dem Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg (BSZ) als technischem Dienstleister ab 2002 entwickelt, 2006 kam das Landesarchiv Baden-Württemberg als Partner hinzu.

Im Jahr 2016 musste die Weiterentwicklung der selbst programmierten Software SWBcontent, die als technische Basis für BOA diente, seitens des BSZ eingestellt werden. Seitdem werden die PDF-Dokumente mit den zugehörigen Metadaten auf einem OPUS-Server zur Verfügung gestellt. Die vorgesehene Bereitstellung von Webinhalten über das Internet Archive war u. a. auf Grund rechtlicher Bedenken der Projektpartner nicht möglich.

2 Regionalfenster E-Paper der Deutschen Nationalbibliothek (DNB)

Für elektronische Zeitungen (E-Paper) wurde auf Initiative der AG Regionalbibliotheken im dbv in Kooperation mit der DNB und dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) ein System zur Bereitstellung der im Bereich der zuständigen Pflichtexemplarbibliothek liegenden Zeitungsausgaben aus dem Server der DNB realisiert (so genanntes „Regionalfenster“).[12] Die DNB sammelt die E-Paper seit 2010 (teilweise auch erst seit 2014) auf Basis ihrer gesetzlichen Grundlage aus dem Jahr 2006. Das Regionalfenster wurde Ende des Jahres 2017 in den Testbetrieb genommen, im Jahr 2018 startete dann der Produktivbetrieb. Vorbereitend hatten die Landesbibliotheken seit 2017 Verträge mit den Zeitungsverlegern geschlossen, die Zeitungsausgaben in der ZDB um die benötigten Exemplardaten ergänzt, die Administrationsoberfläche eingerichtet und einen Einzelplatzrechner zum Ausdruck der E-Paper bereitgestellt. Die E-Paper Baden-Württembergischer Zeitungen können nun an allen stationären Rechnern der Landesbibliotheken gelesen und jeweils an einem speziellen Rechner auch einzelne Seiten ausgedruckt werden.

3 Einrichtung einer Infrastruktur zur Langzeitarchivierung der E-Pflicht im Projekt bwDataBib

Das Projekt bwDataBib (10/2017–09/2019) hatte das Ziel, technische und organisatorische Voraussetzungen für die digitale Langzeitarchivierung von Daten im Verantwortungsbereich der wissenschaftlichen Bibliotheken Baden-Württembergs zu erarbeiten. Nach DIN 31644 ist ein digitales Langzeitarchiv eine „Organisation (aus Personen und technischen Systemen), die die Verantwortung für den Langzeiterhalt und die Langzeitverfügbarkeit von Informationen in digitaler Form sowie die Bereitstellung für eine bestimmte Zielgruppe übernommen hat.“ Im Laufe des Projekts wurde breites Know-how aufgebaut sowie Entwicklungsarbeit geleistet. Die Evaluierung im Projekt bwDataBib hat ergeben, dass Rosetta für die Langzeitarchivierung der gesetzlich vorgesehenen Pflichtablieferung elektronischer Publikationen das am besten geeignete System darstellt. In Folge wurde ein Rosetta-System am Rechenzentrum der Universität Tübingen und ein zugehöriger Spiegel am Rechenzentrum der Universität Freiburg aufgesetzt. Das Teilarchiv für die E-Pflicht-Medien darin wird durch das BSZ administriert und erhielt die Kurzbezeichnung BSZ-SAFE.[13]

4 Sammlung von E-Books im Projekt E-Pflicht BW 1

Das Projekt E-Pflicht Baden-Württemberg Teil 1 (05/2018–04/2020) der drei Projektpartner BLB, WLB und BSZ hatte zum Ziel, die E-Books baden-württembergischer Verlage und sonstiger Urheber einzusammeln, im Katalog nachzuweisen, sie in einem Langzeitarchiv zu archivieren und zur Nutzung unter Beachtung des Urheberrechts bereitzustellen. Vorbild waren die bereits etablierten Verfahren und Vorgaben der DNB.

Das im Projektzeitraum aufgebaute System hat einen hohen Automatisierungsgrad – weit über 90 Prozent der Ablieferungen werden über das SFTP/Hotfolder-Verfahren entgegengenommen und von einer Pipeline zeitnah verarbeitet, bis zur Archivierung und Bereitstellung in BSZ-SAFE und dem Nachweis im Katalog. Daneben können Ablieferungen in kleineren Mengen via Webformular erfolgen oder von Universitätsverlagen per OAI-Schnittstelle abgeholt werden. Die technische Umsetzung und der Weg dorthin wurden bereits ausführlich beschrieben.[14],[15] Seit Mai 2020 befindet sich das System erfolgreich im Regelbetrieb (bisher rund 120.000 abgelieferte und im Verbundkatalog K10plus nachgewiesene E-Books). Fast alle Verlage haben auch rückwirkend ihre Backlisttitel bereitgestellt, so dass die große Verzögerung in der Umsetzung der E-Pflicht (die Erweiterung des Gesetzes erfolgte bereits in 2007) sich nicht negativ ausgewirkt hat. Die Nutzung ist allerdings nur an ausgewählten Rechnern in der jeweiligen Landesbibliothek möglich, ein Ausdruck an einem lokalen Drucker im Rahmen des Rechts auf Privatkopie nach § 53 Abs. 1 UrhG eingeschlossen. Eine digitale Kopie für den Nutzer kann dagegen nicht erstellt werden.

5 Kennzeichnung der Pflichtexemplare im Projekt bwLastCopies

In ihren bundesweiten Handlungsempfehlungen von 2015 schlägt die Koordinierungsstelle für die Erhaltung des Schriftlichen Kulturguts (KEK) vor, für die Sicherung des gedruckten Schrifttums ab 1851 die Pflichtexemplarbibliotheken nach heutigen Zuständigkeiten in den Bundesländern in Anspruch zu nehmen.[16] Sie sollen, unabhängig von historisch tatsächlich gegebenen Pflichtexemplarregelungen, für die in ihrem heutigen Verantwortungsbereich publizierten Drucke eine Erhaltungsverpflichtung eingehen. Damit ist das prioritär zu erhaltende Archivexemplar identifiziert und zwar in der Regel dasjenige, das aufgrund einer Rechtsverpflichtung ohnehin aufzubewahren ist. Das KEK-Projekt Einheitlicher Nachweis hat 2016–2018 ein Datenmodell für das PICA-Feld 4233 bzw. das MARC-Feld 583 erarbeitet, womit die einheitliche Dokumentation von Archivierungsabsprachen und die kooperative Bestandserhaltung ermöglicht wird.

Im Rahmen des Landesprojekts bwLastCopies (09/2019–12/2021)[17] und in Folge wurden etwa 598.150 badische und etwa 925.800 württembergische Pflichttitel aus dem Zeitraum ab 1851 – davon etwa 82 Prozent im jeweils eigenen Bestand und 18 Prozent in den Beständen anderer Bibliotheken des Landes Baden-Württemberg (so genanntes „virtuelles Pflichtexemplar“) – im K10plus mit einer Erhaltungsgarantie markiert und damit für die Zukunft gesichert.[18] Die Direktionen der baden-württembergischen Universitätsbibliotheken, der PH-, HAW- und DHBW-Bibliotheken erhielten im Januar 2021 eine „Beschlussvorlage zur kooperativen Erfassung einer Erhaltungsverpflichtung für das virtuelle bwPflichtexemplar 1851 ff. im K10plus“. Durch ihre Zustimmung willigten sie in den Algorithmus der automatisiert in PICA-Feld 4233 einzutragenden Erhaltungsverpflichtung für das baden-württembergische Pflichtexemplar ein und erklärten sich bereit, in dieser Weise gekennzeichnete virtuelle Pflichtexemplare, wenn sie bei ihnen makuliert werden sollten, der jeweils für das Pflichtexemplar angegebenen Landesbibliothek zur Übernahme anzubieten.

Daneben wurden die laufenden Pflichtzeitschriften händisch mit dem Pflichtexemplarvermerk gekennzeichnet und die E-Pflicht-Stücke automatisiert bei Ablieferung bzw. rückwirkend. Somit haben die beiden Landesbibliotheken im überregionalen Gesamtsystem der Überlieferungssicherung ihre Verpflichtung bei den monographischen Titeln und den laufenden Periodika eingelöst. Die Kennzeichnungen ermöglichen nun auch eine jederzeit aktuelle Abfrage des Gesamtbestands der Baden-Württembergischen Pflichtexemplare (physisch, elektronisch, im eigenen Bestand oder im Bestand einer anderen Bibliothek des Südwestens) aus der Verbunddatenbank des K10plus.

6 Sammlung von E-Journals im Projekt E-Pflicht BW 2

Die rechtlichen, technischen und organisatorischen Grundsätze, die dem Projekt E-Pflicht Baden-Württemberg Teil 1 für E-Books zugrunde liegen, gelten für die Sammlung der E-Journals uneingeschränkt weiter. Die Medienart E-Journal machte allerdings die Anpassung und Weiterentwicklung der Werkzeuge und Geschäftsgänge nötig, die für E-Books erarbeitet wurden. Die Unterschiede liegen, da E-Journals in fortlaufenden Teilen und nicht wie E-Books in einer abgeschlossenen Einheit erscheinen, in der Darstellung des hierarchischen und vollständigen Erscheinungsverlaufs, der im Katalog sichtbar werden soll. Die Anpassungen am System erfolgten in dem Projekt E-Pflicht Baden-Württemberg Teil 2 (07/2021–12/2022).

E-Journals werden als Gesamtheit in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) mit allgemeinen Angaben zum Erscheinungsverlauf erfasst; der Bestandsnachweis enthält nur einen summarischen Überblick über den tatsächlich vorliegenden Bestand. Die Verteilung in die Kataloge erfolgt über den Transfer der Daten an K10plus und von dort per Abzug an die besitzende Einrichtung.

Das System befindet sich seit Februar 2023 im Regelbetrieb: Es wurden bisher rund 217.000 untergeordnete Objekte zu E-Journals erfolgreich abgeliefert und in den Katalogen der Landesbibliotheken nachgewiesen. Mit mehreren größeren Verlagen befinden sich die Landesbibliotheken noch in Abstimmung, sowohl was das laufende Verfahren als auch die Nachlieferung von Backfiles betrifft. Daher kann derzeit noch keine Bilanz gezogen werden, ob eine Umsetzung des Pflichtauftrags im Bereich der E-Journals rückwirkend bis 2007 gelingt (ähnlich den E-Books).

7 Webarchivierung

Bis 2018 leistete das Landesarchiv BW den Hauptteil der Arbeiten mit dem regelmäßigen Einsammeln der Webseiten der Landeseinrichtungen und -betriebe. Die Landesbibliotheken sammelten in Auswahl weitere Webseiten periodisch bzw. anlassbezogen.[19] Nachdem die gemeinsame Archivierung beim BSZ eingestellt wurde und das Landesarchiv seine Inhalte nur noch in den Räumen des Archivs zugänglich macht, müssen die Landesbibliotheken überlegen, wie sie mit ihren bisher gesammelten Inhalten umgehen und welche Services sie in Zukunft in diesem Bereich anbieten wollen.

Die BLB hat sich in 2020 dafür entschieden, das Angebot der DNB zur kooperativen Webarchivierung[20] anzunehmen. 2021 konnte das Webarchiv der DNB für die Nutzung an festen Lesesaalrechnern bereitgestellt werden. Außerdem wurde eine erste Tranche der an die DNB gemeldeten Webseiten verarbeitet – 213 wurden in die laufende Archivierung durch die DNB übernommen. Seitdem ruht das Projekt wegen der Umstellung des technischen Systems an der DNB.

Die WLB hat sich entschieden, für die Webarchivierung einen eigenen Dienst zu entwickeln und anzubieten. In der aktuellen Projektphase (seit 2023) wurden zunächst verschiedene technische Anbieter evaluiert. Auf Grundlage dieser Ergebnisse soll nun eine Plattform eingerichtet und parallel ein Sammlungsprofil entwickelt werden (Schwerpunkt Landeskunde und Sondersammlungen). Der Pilotbetrieb soll bis Anfang 2025 aufgenommen werden.

8 Aktueller Stand der Sammlung und Ausblick

Mit den Projekten der vergangenen Jahre konnte die Pflichtsammlung in Baden-Württemberg deutlich ausgeweitet werden, insbesondere auf Netzpublikationen – darunter E-Books, E-Journals, E-Paper und elektronische Amtsdruckschriften. Zugleich wurden Erhaltungsgarantien für bereits seit langer Zeit im Bestand befindliche Monographien und Zeitschriften aus dem heutigen Pflichtgebiet übernommen und fehlende Pflichtexemplare (monographische) in den Beständen anderer Baden-Württembergischer Bibliotheken identifiziert. Denn: Auch wenn in den letzten Jahren vor allem die Entwicklung der E-Pflicht im Mittelpunkt stand, darf nicht vergessen werden, dass die Sammlung und Bewahrung gedruckter Medien ein wesentlicher Teil der landesbibliothekarischen Aufgabe ist. In der folgenden Tabelle sind die Zahlen der Baden-Württembergischen Pflichtsammlung zusammengefasst. Nicht genau ermittelt wurden bisher die Bestände an Printzeitschriften (Hefte, Bände, Bindeeinheiten) und Sondermedien (Stückzahlen Noten, Karten, Tonträger) – einerseits wegen fehlender Bestandsangaben (bei Zeitschriften), andererseits wegen eines ungeklärten Erhaltungszustands (vor allem bei Tonträgern). Die jährlichen Zugangszahlen sind auf Basis der Zahlen der vergangenen Jahre geschätzt.

In der Tabelle zusätzlich angegeben (2. Zeile) sind die „virtuellen Pflichtexemplare“ – also Monographien aus Baden-Württemberg seit 1851, für die es keinen Bestand in der betreffenden Landesbibliothek gibt, dafür aber in einer anderen Bibliothek Baden-Württembergs.

Tab.:

Aktueller Stand der Pflichtexemplarsammlung inkl. Zugangsschätzung.

Pflichtexemplare Bestand & Zuwachs

Zeitraum

Pflichtexemplare BLB

Pflichtexemplare WLB

Pflichtexemplare BaWü

Zugang/Jahr (geschätzt)

Monographien print

1851-aktuell

487.000

751.800

1.238.800

31.500

Monographien print (nicht im Bestand)

1851-aktuell

111.200

174.000

230.000

x 

E-Books

2007-aktuell

70.200

50.100

120.300

10.000

BOA monographisch

2002-aktuell

3.900

3.200

7.100

800

Zeitschriften print (Bände)

1851-aktuell

nicht ermittelt

nicht ermittelt

nicht ermittelt

7.000

E-Journals (Teile)

2007-aktuell

175.500

41.500

217.000

>100.000 (noch unklar)

BOA periodisch (Teile)

2002-aktuell

8.500

9.700

18.200

1.500

E-Paper (Ausgaben)

2010-aktuell

307.000

297.000

604.000

50.000

Sondermedien (Noten, Karten, Tonträger)

1851-aktuell

nicht ermittelt

nicht ermittelt

nicht ermittelt

4.000

gerundet auf volle 100

In den kommenden Jahren gilt es noch, die Sammlung der E-Journals seit 2007 zu ergänzen, im Idealfall zu vervollständigen. Darüber hinaus sollte Umfang und technisches Vorgehen bei der Webarchivierung geklärt werden, mit oder ohne die DNB als Partner. Die Sammlung weiterer Netzpublikationen aus Baden-Württemberg, z. B. Audio- und Videofiles, muss mittelfristig ebenfalls geprüft werden. Der aktuelle Umfang der Sammeltätigkeiten stößt aber bereits an die Grenzen der personellen und finanziellen Machbarkeit. Dazu kommt noch, dass sowohl im physischen als auch im digitalen Teil der Sammlung regelmäßig Maßnahmen zur Bestandserhaltung durchzuführen sind, z. B. Massenentsäuerung, Verfilmung, Datenmigration, etc.

Der Ausbau und Erhalt der umfangreichen Pflichtsammlung Baden-Württembergs ist eine Kernaufgabe der beiden Landesbibliotheken – sie fordert einen stetig steigenden Personaleinsatz und einen fortschreitenden Ausbau der Kapazität der Magazine und digitalen Speichersysteme. Andernfalls ginge ein nicht unerheblicher Teil des Kulturerbes des Bundeslands verloren.

Über die Autoren

Dr. Felix Geisler

Dr. Felix Geisler

Marcel Thoms

Marcel Thoms

Wiebke Dannehl

Wiebke Dannehl

Andrea Willisch

Andrea Willisch

Online erschienen: 2024-11-12
Erschienen im Druck: 2024-11-08

© 2024 bei den Autoren, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Heruntergeladen am 31.10.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/bd-2024-0084/html
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