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Das Pflichtexemplar in Sachsen-Anhalt

  • Nico Andres

    Nico Andres

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    and Susann Özüyaman

    Dr. Susann Özüyaman

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Published/Copyright: November 12, 2024
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Zusammenfassung

Das elektronische Pflichtexemplar in Sachsen-Anhalt wird bereits seit einigen Jahren in einem etablierten Geschäftsgang gesammelt, archiviert und präsentiert. Verändert wird aktuell die Betriebsarchitektur dahingehend, dass die Repositoriumssoftware DSpace eingesetzt und eine Migration der bereits archivierten Medien erfolgen soll. Nach Abschluss der Umstellung sollen weitere Anpassungen in Bezug auf Automatisierung und das Sammelprofil diskutiert werden.

Abstract

Electronic legal deposits in Saxony-Anhalt have been collected, archived and made accessible in a well-established workflow for some years now. The operating system is currently being converted to the use of repository software DSpace, to which media that have already been archived, will be migrated. Once the changeover is complete, further adjustments in terms of automation and collection profile will be addressed.

Die Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt in Halle hat eine sehr lange Tradition als Pflichtbibliothek. Gegründet 1698, finden sich erste Erwähnungen zur Abgabe von Pflichtexemplaren an die Universitätsbibliothek Halle bereits in Publikationen aus den Jahren 1738[1], sowie ab 1768.[2],[3]

Die elektronische Pflicht dagegen wird erst seit ca. 2008 gesammelt und die entsprechenden gesetzlichen Regelungen stammen aus dem Jahr 2010, welche im Folgenden kurz dargestellt sind.

1 Rechtliche Grundlagen

In Bezug auf die rechtlichen Grundlagen hat sich seit der letzten Publikation zur elektronischen Pflicht im Land Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren nichts Grundlegendes geändert.[4]

Gesetzliche Grundlage für die Pflichtablieferung stellt weiterhin der § 11 des Pressegesetzes für das Land Sachsen-Anhalt (Landespressegesetz) dar. Für Netzpublikationen gilt „… dass zur Ablieferung verpflichtet ist, wer den betreffenden Datenträger wie ein Verleger oder gleichgestellter Drucker oder sonstiger Hersteller im Sinne von Absatz 1 verbreitet oder berechtigt ist, die betreffende digitale Publikation öffentlich zugänglich zu machen, und den Sitz, eine Betriebsstätte oder den Hauptwohnsitz in Sachsen-Anhalt hat.“ Darüber hinaus ist in der Verordnung über die Durchführung der Ablieferungspflicht von Druckwerken und digitalen Publikationen in § 1 Ablieferungspflicht die Festlegung getroffen, dass die Ablieferung von Druckwerken und digitalen Publikationen von den ablieferungspflichtigen Verlegern, Druckern oder sonstigen Herstellern unaufgefordert zu erfolgen hat. In § 3 wird festgelegt: „Werke, die zugleich als Druckwerk und digitale Publikation erscheinen, sind in beiden Ausgabeformen abzuliefern.“ Für Amtsdruckschriften ist die Pflichtabgabe durch den „Beschluss der Landesregierung über die Abgabe amtlicher Veröffentlichungen an öffentliche Bibliotheken“ geregelt.

2 Betriebsarchitektur, Schnittstellen, Langzeitarchivierung

Seit Beginn der Sammlungstätigkeit 2008 wurde die Software Visual Library der Firma Semantics[5] zur Speicherung, Verwaltung und Präsentation der elektronischen Pflichtpublikationen der ULB Sachsen-Anhalt eingesetzt.

Diese wird derzeit durch eine neue Infrastruktur zur Speicherung elektronischer Medien ersetzt, die auf einer DSpace-Instanz basiert. Die ULB Sachsen-Anhalt hat Erfahrung mit der DSpace-Software[6] und betreibt bereits das DINI-zertifizierte institutionelle Open-Access-Repositorium Share_it[7], um eine Reihe verschiedener digitaler Inhalte zu hosten.

Die aktuell vergebenen Zugriffsrechte (siehe unten) können abgebildet werden und deren Umsetzung wird gerade getestet.

Da in der Regel eine Katalogisierung (K10plus, ZDB) der aufzunehmenden Medien erfolgt, ist die Integration einer Datenübernahme, inklusive Aktualisierung bei Datenanpassungen aus dem K10plus über die integrierte SRU-Schnittstelle gewünscht und befindet sich gerade in der Umsetzung. Die entsprechenden Datenschemata werden in den Fachabteilungen abgestimmt. Die URN- und/oder DOI-Vergabe ist gewährleistet. Der Verwaltungsworkflow für Monografien ist gut darstellbar, für mehrbändige Werke und Zeitschriften ist ab DSpace-Version 7 ein Entitätenmodell Bestandteil, welches zum Einsatz kommen soll und aktuell getestet und angepasst wird.

Ausspielungen in überregionale Kataloge erfolgen über die OAI-PMH-Schnittstelle. Eine dauerhafte Archivierung erfolgt entsprechend dem Archivierungskonzept für Repositorien der ULB Sachsen-Anhalt. Dieses beinhaltet Sicherungsroutinen auf den Servern des ITZ-Servicezentrum der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg inklusive LZA-Verkapselung für einen Teil der Dokumente.

3 Pflichtzugang und -bearbeitung

Die Ablieferung der elektronischen Pflichtexemplare erfolgt direkt per E-Mail oder per Information per E-Mail durch die Abliefernden mit der Angabe der URL der Netzpublikation zum Download durch die ULB. Für einige Verlage wird auch eine Ablieferungsmöglichkeit über eine Cloudlösung der Universität bereitgestellt. Nach Abschluss der Workflow-Umstellung auf DSpace werden weitere Ablieferungsmöglichkeiten, z. B. über ein Webformular oder automatisierte Verfahren, geprüft und ggf. integriert.

Die Urheber oder Herausgeber der Netzpublikationen können dabei die Form des öffentlichen Zugangs festlegen. Diese variiert zwischen der unbeschränkten Veröffentlichung im Internet, einer eingeschränkten Veröffentlichung im Netz der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg oder der ULB sowie einer eingeschränkten Veröffentlichung auf ausgewählten Rechnern innerhalb der ULB (Einzelplatzlizenz). Sollte es notwendig sein, kann auch eine exklusive Archivierung erfolgen.

Darüber hinaus wird die Recherche nach ablieferungspflichtigen E-Medien durch die Fachreferent*innen, den Kolleg*innen der Regionalbibliographie und der Zeitschriftenstelle unterstützt und durch die Kolleg*innen des Team M2 eRessourcen/ePflicht abgefordert und bearbeitet. Des Weiteren werden in regelmäßigen Abstand die Verlagsprogramme und Websites der relevanten Institutionen in Sachsen-Anhalt abgeglichen.

Mit der Software Visual Library werden die elektronischen Publikationen im PDF- oder EPUB-Format hochgeladen und die Verbreitungsrechte ausgewählt. Als Dokumententyp kann zwischen E-Book, elektronischer Zeitschrift oder mehrbändiges Werk unterschieden werden. Dabei wird eine URN generiert, die bei der Katalogisierung in der Titelaufnahme im K10plus oder in der ZDB eingetragen wird. Nach Katalogisierung der Netzpublikationen wird über Metadatenaustausch zwischen K10plus und dem Visual Library Manager über die URN die Titeldaten in den Visual Library Manager übertragen. Die inhaltliche Erschließung erfolgt mit Hilfe der BK und DDC.

Wie oben beschrieben wird dieser Workflow durch Überführung der E-Pflicht auf DSpace abgelöst werden. In DSpace können ebenfalls, sowohl PDF als auch das EPUB-Format, sowie viele weitere Formate abgedeckt werden.

Die E-Paper der Tageszeitungen in Sachsen-Anhalt werden unabhängig vom VLM (bzw. über eine Eigenlösung) gesammelt und der Öffentlichkeit per Einzelplatzlizenz an einem Rechner innerhalb der ULB zur Verfügung gestellt. Aktuell handelt es sich dabei um die Mitteldeutsche Zeitung, die Volksstimme und die Altmark-Zeitung mit einer Vielzahl von Regionalausgaben.

Mit Stand August 2024 wurden insgesamt rund 16.100 E-Books und 2.125 Zeitschriften dauerhaft archiviert, wobei ca. 1.300 Zeitschriften laufend aktiv sind.

Die Verwaltung der Verlags- und Abliefererinformationen erfolgt aktuell in Listen, welche in festen Zeitintervallen geprüft werden, wenn keine automatische Ablieferung erfolgt. Die ULB Sachsen-Anhalt hat kürzlich Folio-ERM zur Verwaltung elektronischer Ressourcen eingeführt und aktuell wird geprüft, ob dieses zur Verwaltung der laufenden Zeitschriften eingesetzt werden kann und soll.

4 Sammelprofil

Das Sammelprofil der ULB Sachsen-Anhalt wurde inhaltlich in den letzten Jahren nicht angepasst. Die Diskussion soll aber nach Abschluss der Server- und Workflowanpassungen aufgenommen werden. In der Verordnung über die Durchführung der Ablieferungspflicht von Druckwerken und digitalen Publikationen[8] sind in § 2 die zu sammelnden Publikationen festgeschrieben. Das Sammelprofil beinhaltet Publikationen von Kreisen, Gemeinden oder Gemeindeverbänden, Publikationen von öffentlichem Interesse, herausgegeben von Unternehmen und Institutionen, Online-Akzidenzen in Form von Darstellungen zur Geschichte von Institutionen und Verbänden, Online-Zeitungen und Zeitschriften, E-Books, sowie kartographische Werke und Musikalien. Filmwerke, Rundfunkproduktionen, Audiodateien und Websites werden bisher nicht gesammelt.

Prinzipiell besteht Interesse, das Sammelspektrum zu erweitern, da in den letzten Jahren neue Formate, wie z. B. Audiopodcasts usw. an Bedeutung gewonnen haben und kultur- bzw. regionalgeschichtlich relevante Aspekte darstellen. Nach Abschluss der Migration auf DSpace und der Neugestaltung des Verwaltungsworkflows wird dies wieder aufgegriffen werden. Zu prüfen sind hier neben einem klar definierten Sammelprofil für die neuen Formate vor allem die rechtlichen Rahmenbedingungen. Ziel ist es, neben der Archivierung, die Inhalte der Öffentlichkeit soweit wie möglich unbeschränkt zur Verfügung zu stellen.

Die Verlagslandschaft in Sachsen-Anhalt ist relativ überschaubar und so gibt es laut Börsenverein des deutschen Buchhandels[9] aktuell 34 aktive Verlage, wie den Mitteldeutschen Verlag, wohingegen es in den anderen beiden mitteldeutschen Bundesländern Thüringen 87 und in Sachsen sogar 127 sind. 2019 und 2020 waren es in Sachsen-Anhalt noch über 50 Verlage. Neben den Verlagspublikationen liegt der Fokus auch auf Publikationen von öffentlichen Einrichtungen. Für Sachsen-Anhalt wären hier folgende wichtige zu nennen: das Umweltbundesamt in Dessau, die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina e.V. – Nationale Akademie der Wissenschaften, Stiftungen, wie die Franckeschen Stiftungen, die Kulturstiftung des Bundes, die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz und die Stiftung Bauhaus-Dessau, Universitäten- bzw. Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Unternehmen, wie die MIBRAG, sowie Kleinschrifttum aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Eine Umfangsbegrenzung ist aktuell nicht umgesetzt.

Über die Autoren

Nico Andres

Nico Andres

Dr. Susann Özüyaman

Dr. Susann Özüyaman

Online erschienen: 2024-11-12
Erschienen im Druck: 2024-11-08

© 2024 bei den Autoren, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 31.10.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/bd-2024-0097/html
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