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Das Pflichtexemplar im Saarland

  • Caroline Dupuis EMAIL logo
Published/Copyright: November 12, 2024
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Zusammenfassung

Im Saarland wird das Pflichtexemplarrecht durch das Saarländische Mediengesetz geregelt. Seit 2015 unterliegen auch elektronische Publikationen der Pflichtablieferung. Die Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek hat den Auftrag, die Pflichtexemplare des Landes in ihren Bestand aufzunehmen, zu verzeichnen und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

Abstract

Saarland’s legal deposit regulations are governed by the Saarland media law. Since 2015, mandatory deposit also applies for electronic publications. The collection mandate is held by the Saarland University and State Library with the aim of documenting and indexing deposit copies to make them available to the public.

Das Sammeln, Auswerten und Bereitstellen landeskundlicher Literatur ist Aufgabe der Landesbibliotheken. Da im Saarland eine solche Einrichtung bis 1994 fehlte, hat sich die damalige Universitätsbibliothek Saarbrücken schon in den 1950er Jahren aus eigenem Antrieb die Aufgabe gestellt, zusätzlich zu ihren wissenschaftlichen Funktionen auch die der fehlenden saarländischen Landesbibliothek[1] zu übernehmen. In der „Ordnung für die Universitätsbibliothek der Universität des Saarlandes vom 14. Juli 1976“[2] ist sie auch offiziell mit der Wahrnehmung von Aufgaben des Landes im Bereich des Bibliothekswesens betraut worden.

Mit dem systematischen, möglichst vollständigen Sammeln aller im Lande erscheinenden Literatur hatte die Universitätsbibliothek Saarbrücken bereits 1960 begonnen.

Erst 1994 wurden die landesbibliothekarischen Funktionen der Bibliothek im Zuge einer Novellierung des Hochschulgesetzes auch in ihren Namen zum Ausdruck gebracht.[3] Aus der Universitätsbibliothek Saarbrücken wurde die Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek (SULB), 1996 erfolgte die Ausformulierung ihrer Aufgaben als Landesbibliothek.[4]

1 Gesetzesregelungen

Mit Inkrafttreten des Saarländischen Pressegesetzes 1965[5] waren die saarländischen Verleger und Drucker gesetzlich verpflichtet, ein Exemplar aller von ihnen verlegten bzw. gedruckten oder herausgegebenen Publikationen der Universitätsbibliothek Saarbrücken unaufgefordert anzubieten und auf Verlangen gegen angemessene Entschädigung an sie abzuliefern. Der Erlass der Landesregierung über die Abgabe amtlicher Drucksachen an Öffentliche Bibliotheken vom 19. Dezember 1967 mit Änderungen vom 4. September 1973[6] regelte die Abgabe der Amtsdruckschriften an die Universitätsbibliothek Saarbrücken.

2015 erfolgte eine grundlegende Neuregelung des Pflichtexemplarrechts. Die Pflichtablieferung wird durch das Saarländische Mediengesetz geregelt.[7] Es verpflichtet die Verleger im Saarland, ihre Publikationen an die Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek abzuliefern. Vor dem 10. Dezember 2015 bestand eine Anbietungspflicht der saarländischen Verleger. Mit der Novellierung des Saarländischen Pressegesetzes wurde ein Ablieferungspflicht eingeführt.

Abzuliefernde Publikationen im Sinne des Gesetzes sind alle Darstellungen in Schrift, Bild und Ton, die in körperlicher Form verbreitet werden. Dazu gehören neben den gedruckten Büchern, Zeitschriften und Zeitungen auch Publikationen auf Mikroform, CD und DVD, Musik, Hörbücher und weitere Medienarten.

Seit der Gesetzesnovelle 2015 unterliegen auch die Medienwerke, die in unkörperlicher Form der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, der Pflichtabgabe. Unkörperliche Medienwerke sind Veröffentlichungen im Internet. Dazu zählen bspw. E-Books, E-Journals, digitale Tageszeitungen und Webseiten.

In Ergänzung des Saarländischen Mediengesetzes präzisiert die 2016 erlassene Durchführungsverordnung[8] die gesetzlichen Bestimmungen. Sie präzisiert die Ausgabe/Ausstattung des Pflichtexemplars und die Ablieferungsfrist.

Generell haben die Ablieferungspflichtigen alle abzuliefernden Medienwerke vollständig, in einwandfreiem, nicht nur befristet benutzbarem Zustand und zur dauerhaften Archivierung durch die Bibliothek geeignet innerhalb von vier Wochen nach Beginn der Verbreitung oder Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit abzuliefern. Medienwerke in elektronischer Form können nach den Maßgaben der Bibliothek auch zur Abholung bereitgestellt werden.

Die Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek ist bei nicht fristgerechter Ablieferung nach Mahnung und fruchtlosem Ablauf berechtigt, die Medienwerke auf Kosten des Ablieferungspflichtigen anderweitig zu beschaffen, die sogenannte Ersatzvornahme.

Ferner wird in der Durchführungsverordnung die Entschädigung für das abgelieferte Pflichtexemplar präzisiert. Dem Ablieferungspflichtigen ist auf Antrag, wenn die Gesamtauflage eines Medienwerkes nicht mehr als 300 Exemplare umfasst und die Herstellungskosten für die abzuliefernden Ausfertigungen mindestens 150 Euro eines Stückes der Auflage betragen, eine Entschädigung zu gewähren. Die Entschädigung beträgt 50 Prozent der Herstellungskosten. Eine Entschädigung wird nicht gewährt bei Medienwerken, deren Herstellung aus öffentlichen Mitteln gefördert wurde. Ebenso ist bei Dissertationen und andere Hochschulprüfungsarbeiten keine Entschädigung vorgesehen.

2 Sammelrichtlinien

Die SULB richtet sich nach den Festlegungen in der Gesetzesgrundlage.

Grundsätzlich gilt „online vor print“. Erscheinen Print- und Online-Ausgabe gleichzeitig und sind beide Ausgaben identisch, wird dem Online-Medium der Vorzug gegeben. Wurde ein Werk bereits in Printform archiviert und erscheint es zu einem späteren Zeitpunkt in elektronischer Form, wird in Auswahl auch zusätzlich online archiviert.

Sind gedruckte und Online-Ausgabe nicht identisch, was insbesondere bei Grauem Schrifttum mit personenbezogenen Daten der Fall ist (z. B. Kirchenblätter), wird dem vollständigen Exemplar (das ist in der Regel die gedruckte Ausgabe) der Vorrang gegeben.

Nicht gesammelt werden bspw. Fahrpläne, Verkaufskataloge, Bedienungsanleitungen, Malbücher, Patentschriften.

Tageszeitungen

Die SULB sammelt alle Haupt- und Nebenausgaben der Saarbrücker Zeitung, der einzig verbliebenen Tageszeitung des gesamten Saarlandes. Im Rahmen der E-Paper-Kooperation mit der DNB stellt sie die Zeitung ab Erscheinungsjahr 2015 online in den Räumen der Bibliothek zur Verfügung.

Netzpublikationen von Verlagen

Aufgrund technischer und rechtlicher Gegebenheiten (insbesondere Rechtemanagement) werden bislang keine kostenpflichtigen E-Books/E-Journals von Verlagen archiviert. In diesen Fällen werden die parallel erscheinenden gedruckten Ausgaben gesammelt.

Festschriften

Festschriften saarländischer Vereine werden nur noch zu besonderen Jubiläen (25, 50, 75, 100 Jahre usw.) erbeten und archiviert. Da das Anfordern dieses Schrifttums in einem Land, das eine große und bedeutende Vereinskultur hat, sehr aufwendig ist, hat man sich auf diese Jubiläen beschränkt.

Festschriften, die nur Werbung oder ausschließlich einen Festkalender enthalten, werden nicht eingestellt. Es wird bei der Archivierung insbesondere Wert auf historische Abrisse des jeweiligen Vereins gelegt.

Kalender

Kalender, die inhaltlich keinen Bezug zum Saarland aufweisen, werden seit 2014 nicht mehr gesammelt.

Kleinstschrifttum

Faltblätter, Veranstaltungsverzeichnisse etc. werden nur in Ausnahmefällen archiviert.

3 Verzeichnung der Pflichtexemplare

Alle Publikationen, die im Rahmen der Pflichtabgabe an der SULB gesammelt werden, werden in der ZDB[9], im K10plus[10] und – sofern sie das Saarland inhaltlich betreffen – in der saarländischen Bibliographie[11] verzeichnet. In der Saarländischen Bibliographie erfolgt zusätzlich noch eine inhaltliche Erschließung der Medien.

Die Archivierungsverantwortung (dauerhafte Archivierung und Erhaltung der abgelieferten Pflichtexemplare) der SULB wird in der ZDB und im K10plus mittels Codierung kenntlich gemacht. Dies gilt sowohl für die körperlichen als auch unkörperlichen Werke.

4 Benutzung der physischen Pflichtexemplare

Die saarländischen Pflichtexemplare werden im Magazin der SULB oder als Präsenzbestand im regionalen Lesesaalbereich (Saarland-Lesesaal) aufgestellt. Wichtige, inhaltlich das Saarland betreffende Werke werden bevorzugt im Saarland-Lesesaal aufgestellt. Bei Werken, die im Saarland-Lesesaal zu finden sind, ist die SULB bemüht, ein weiteres Exemplar zu erwerben und der Ausleihe uneingeschränkt zur Verfügung zu stellen.

Graue Literatur, also alle nicht verlagsgebundenen Veröffentlichungen, ist seit 2017 nur noch im Lesesaal der SULB benutzbar, ebenso Monographien/Zeitschriften/Zeitungen, die vor 1900 erschienen sind.

5 Online-Archivierung (Sammlung, Verfahren und Benutzung)

Obwohl die gesetzliche Grundlage erst 2015 geschaffen wurde, werden bereits seit 2008 an der SULB Webseiten und weitere frei zugängliche Netzpublikationen (E-Books, E-Journals) gesammelt.[12] Zur Archivierung landeskundlicher elektronischer Dokumente steht das Repositorium SaarDok[13] zur Verfügung.

Die SULB verfolgt bei der Archivierung von Webseiten einen selektiven Harvesting-Ansatz. Der Fokus liegt auf Webseiten ausgewählter Institutionen (z. B. Landesbehörden, Interessensverbänden, Kultureinrichtungen, Städte und Gemeinden etc.) sowie auf Webseiten zu bestimmten Ereignissen (z. B. Filmfestival Max-Ophüls-Preis[14]) und zu bestimmten Themen (z. B. Literaturland Saarland[15]). Vereinzelt werden auch Webseiten privater Anbieter archiviert, insbesondere Seiten von Kunstschaffenden (z. B. Elmar Willé[16]) und historisch Forschenden (z. B. Ahnen im Saarland[17]).

Die Priorität der SULB liegt allerdings nicht auf der Archivierung von Webseiten, sondern vielmehr auf der Langzeitarchivierung von frei zugänglichen E-Books und E-Journals.

Mit der Ablieferung eines Medienwerks in unkörperlicher Form erhält die SULB das Recht, das Werk in ihren Räumen zugänglich zu machen. Bis 2021 wurde für jedes Online-Medium, das archiviert werden sollte, eine schriftliche Einverständniserklärung des Anbieters eingeholt, das Werk uneingeschränkt der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Ab 2021 werden alle Online-Medien, die zum ersten Mal archiviert werden, nur noch in den Räumen der Bibliothek (IP-basiert) zugänglich gemacht. Zum einen war der personelle Aufwand für das Einholen der Genehmigung sehr hoch, der Rücklauf über die Jahre zunehmend geringer. Zum anderen sprachen rechtliche Konsequenzen (insb. Abmahnungen) gegen eine uneingeschränkte öffentliche Zugänglichmachung.

Webseiten werden unter Nutzung der Infrastruktur von Archive-It[18] archiviert. Die SULB veranlasst die Archivierung über das Bibliotheksservicezentrum Baden-Württemberg (BSZ). Sämtliche erzeugten Spiegelungen werden sowohl auf den Servern von Archive-It als auch auf den Servern des BSZ dauerhaft gespeichert.

Bisher werden aufgrund technischer Gegebenheiten keine Inhalte aus Social-Media-Quellen gesammelt.

6 Bestandserhaltung und Langzeitarchivierung

Unikale und/oder bereits beschädigte physische Pflichtstücke sollen in erster Linie durch die Retrodigitalisierung der Nachwelt erhalten bleiben. Eine Restaurierung beschädigter Pflichtexemplare erfolgt bisher nicht systematisch, wird aber bei Bedarf inhouse vorgenommen.

Die Mikroverfilmung von Zeitungen als Mittel der Langzeitarchivierung wurde bereits vor mehr als 30 Jahren eingestellt.

Retrodigitalisierung

Seite 2022 digitalisiert die SULB systematisch landeskundliche Medien (Monographien, Zeitschriften, Zeitungen) und stellt sie auf SULB digital[19] der breiten Öffentlichkeit uneingeschränkt zur Verfügung. Zurzeit werden nur urheberrechtsfreie Monographien digitalisiert, Zeitschriften und Zeitungen bis zum Erscheinungsjahr 1945.

Indem die SULB die Digitalisate zugleich mit Metadaten versieht, sie zum größten Teil mittels OCR-Texterkennung im Volltext recherchierbar macht und weitere inhaltliche Mehrwertdienste (GND-Anbindung) anbietet, erleichtert sie der Forschung den Zugriff und die Analyse der bereitgestellten Dokumente und verschafft ihr erweiterte Untersuchungsmöglichkeiten.

7 Statistik

Pflichtexemplare im Bestand der Saarländischen Universitäts- und Landesbibliothek (Stand 20.08.2024):

  • Gesamt: 47.168

  • Physische Medien: 40.712

  • Elektronische Medien: 5.761

  • Audiovisuelle Medien: 695

Online erschienen: 2024-11-12
Erschienen im Druck: 2024-11-08

© 2024 bei den Autoren, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 31.10.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/bd-2024-0095/html?lang=en
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