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Brixen – der lange Weg zur neuen Stadtbibliothek

  • Bruno Kaser

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Veröffentlicht/Copyright: 9. November 2022
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Zusammenfassung

Im Oktober 2021 wurde nach langer Warte- und Planungszeit die neue Stadtbibliothek Brixen eröffnet. Das größte Wohnzimmer der Stadt, wie die Bibliothek von der Presse gerne bezeichnet wird, präsentiert sich als Zusammenspiel alter Bausubstanz und moderner Architektur direkt im historischen Zentrum, am Domplatz der Stadt. Auf über 2 000 m² bietet die Bibliothek nicht nur ein breitgefächertes Medienangebot, sondern auch Lern- und Studienräume, Veranstaltungssäle sowie einen großzügigen Lesegarten. Der Wunsch der Bibliotheksleitung, die Funktion der Bibliothek als Ort der Begegnung und des Austausches in den Vordergrund zu stellen, konnte realisiert werden.

Abstract

In October 2021, following a long waiting and planning period, Brixen’s new public library was open at last. The city’s enormous living room, as the press likes to call the library, is an interplay of old buildings and modern architecture right in the historic center, at the Domplatz. Covering an area of more than 2,000 m², the library not only offers a wide range of media and publications but also includes study and reference rooms, event halls, and a spacious reading garden. The management’s desire to focus on the library’s functionality and remodel it into a place to encounter and exchange ideas was appreciated.

1 Vorgeschichte

Die Stadtbibliothek Brixen wurde 1984 durch die damalige Kulturstadträtin Kathi Trojer als Einrichtung der Stadtgemeinde Brixen gegründet. Anlässlich der Neueröffnung 2021 wurde die Bibliothek nach ihrer Gründerin benannt. Untergebracht wurde diese „erste“ Bibliothek im sogenannten Kleinen Kulturhaus am Domplatz, in unmittelbarer Nähe zum Rathaus. Diese, als vorübergehendes Provisorium gedachte Unterbringung, währte schließlich über 37 Jahre. Schnell stieß die Bibliothek mit ihren ursprünglich 250 m² an ihre Grenzen, so dass wenige Jahre nach der Eröffnung, eine (wiederum provisorische) Erweiterung notwendig wurde. Diese konnte durch die Miete einiger Räume im Nebengebäude umgesetzt werden.

Zu Beginn der 1990er Jahre verfügte die Stadtbibliothek über knapp 400 m², eine weitere räumliche Entwicklung an besagtem Ort war nicht mehr möglich. Bibliotheksleitung und Politik versuchten in den folgenden Jahren eine Lösung der Raumfrage herbeizuführen. Es wurden verschiedene Ideen aufgegriffen und Vorprojekte erstellt. Schlussendlich wurde allerdings keines dieser Projekte realisiert und die Standortfrage blieb ungelöst. Währenddessen wurde das Raumproblem immer akuter, der Medienbestand wuchs und die Nutzungszahlen stiegen rasant. 2005 schlossen sich einige beherzte Bürgerinnen und Bürger zusammen und initiierten eine Unterschriftenaktion, um die Politik mit nachhaltigem Druck zur Lösung der Standortfrage zu bewegen. Mit 4 300 Unterschriften (bei 20 000 Einwohnerinnen und Einwohnern) war die Unterschriftenaktion erfolgreich wie keine andere in Brixen. In der Folge wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die zwei mögliche Szenarien erarbeitete. Der Bau eines neuen Gebäudes in der Zone Priel, etwas außerhalb der historischen Altstadt, und der Erwerb einiger in Staatsbesitz befindlicher Immobilien am Domplatz und die Verlagerung der Bibliothek dorthin. Erstere Variante hätte den Vorteil geboten, ein neues, auf die Bedürfnisse der Bibliothek zugeschnittenes Gebäude errichten zu können. Allerdings wäre dieses nicht im Herzen der Stadt gelegen gewesen. Die zweite Lösung hätte die Prämissen genau umgedreht. Wiederum vergingen Jahre, begleitet von mitunter heftig geführten Diskussionen zur Standortfrage. Schlussendlich endschied sich der Stadtrat für den Domplatz als zukünftigen Standort der neuen Stadtbibliothek. Zum einen sollte dadurch eine wichtige, frequenzbringende Struktur in der Altstadt gehalten werden, zum anderen wollte man der Bibliothek den ihr gebührenden Standort im historischen Zentrum, in unmittelbarer Nähe zum Domplatz, zukommen lassen und somit die Bedeutung der Stadtbibliothek für die Stadt Brixen unterstreichen. 2010 wurde ein europaweiter Wettbewerb für die Projektierung der neuen Bibliothek ausgelobt. Parallel verhandelte die Stadt Brixen mit dem Staat Italien, dem Besitzer der benötigten Immobilien, um eine Übernahme derselben. Mehr als ein Jahrzehnt zogen sich diese Verhandlungen hin, bis aufgrund der Vermittlung des Landes Südtirol, die besagten Gebäude durch die Stadtverwaltung übernommen werden konnten. Erst danach konnte mit der Realisierung des Projektes begonnen werden.

Abb. 1: Der Bibliotheksneubau mit Lesegarten (Foto: Anh Nguyen)
Abb. 1:

Der Bibliotheksneubau mit Lesegarten (Foto: Anh Nguyen)

Abb. 2: Das Logo der Stadtbibliothek mit dem Namen der Gründerin (Foto: Anh Nguyen)
Abb. 2:

Das Logo der Stadtbibliothek mit dem Namen der Gründerin (Foto: Anh Nguyen)

2 Die Bibliothek im historischen Dombezirk der Bischofsstadt

Die Bibliothek befand sich seit ihrer Gründung am nordwestlichen Ende des Domplatzes und sollte quer über den Platz in die am südöstlichen Rand des Platzes gelegenen Gebäude übersiedeln. Vorgesehen war die Unterbringung in Teilen des sogenannten Gerichtsgebäudes sowie der ehemaligen Finanzwache der Stadt. Beide Gebäude liegen in unmittelbarer Nähe zum Dom, im historischen Dombezirk. Die Geschichte der Häuser reicht weit zurück, sie spielten in der Entwicklung von Brixen eine bedeutende Rolle. Seit circa 960 war Brixen Bischofssitz. Der später als Gerichtsgebäude bezeichnete Palast war die Residenz der Fürstbischöfe, und erst im 13. Jahrhundert übersiedelten diese in die neu errichtete Hofburg. Das Gebäude wurde in der Folge von den Weihbischöfen und den Stadthauptleuten bewohnt und war schließlich bis in die jüngere Vergangenheit Sitz der Gerichtsbarkeit. Auch die direkt an das Gerichtsgebäude grenzende Finanzwache war bedeutend für die Geschichte der Stadt Brixen. Beide Gebäude waren seit dem Anschluss Südtirols an Italien, als Folge des Ersten Weltkriegs, im Besitz des italienischen Staates und beherbergten Staatsämter. Nach dem Auszug dieser Verwaltungen standen die Gebäude einige Zeit leer und verfielen zusehends.

Abb. 3: Eine der zahlreichen Sitzgruppen im historischen Freskenraum (Foto: Anh Nguyen)
Abb. 3:

Eine der zahlreichen Sitzgruppen im historischen Freskenraum (Foto: Anh Nguyen)

Abb. 4: Ein Detail aus dem historischen Gerichtsgebäude – das Spitzbogentor aus dem 13. Jahrhundert (Foto: Anh Nguyen)
Abb. 4:

Ein Detail aus dem historischen Gerichtsgebäude – das Spitzbogentor aus dem 13. Jahrhundert (Foto: Anh Nguyen)

3 Das Raumkonzept

Bereits einige Zeit vor Beginn der Bauausschreibung erarbeitete die Bibliotheksleitung in Abstimmung mit dem zuständigen Fachreferat des Amtes für Bibliotheken und Lesen, der Südtiroler Fachstelle für das Bibliothekswesen, ein Raumkonzept für die neu zu bauende Bibliothek. Dabei waren folgende Vorgaben zu berücksichtigen:

  • Laut Südtiroler Landesgesetz[1] dürfen Mittelpunktbibliotheken entsprechend der Einwohnerzahl der Stadt Brixen eine Mindestfläche von 1 000 m² nicht unterschreiten.

  • Die von der Landesverwaltung erstellten Qualitätsstandards geben eine Reihe von Parametern vor, die den Raumbedarf maßgeblich beeinflussen (z. B. Zielvorgaben für den Medienbestand, Räume für Veranstaltungen usw.).

  • Die bestehenden Gebäude standen vollständig unter Denkmalschutz, wodurch bauliche Eingriffe zur statischen Verbesserung nur bedingt möglich waren.

Abb. 5: Blick in den Bereich „Erzählendes“ im ersten Obergeschoss des Neubaus (Foto: Anh Nguyen)
Abb. 5:

Blick in den Bereich „Erzählendes“ im ersten Obergeschoss des Neubaus (Foto: Anh Nguyen)

Abb. 6: Die Ludothek mit gut 400 Brett- und Gesellschaftsspielen (Foto: Anh Nguyen)
Abb. 6:

Die Ludothek mit gut 400 Brett- und Gesellschaftsspielen (Foto: Anh Nguyen)

Schließlich ergab sich folgendes Raumkonzept (erstellt 2008), das später Teil der Ausschreibungsunterlagen wurde:

Zielbestand:

ca. 50 000 Medieneinheiten

Flächenbedarf (gemäß DVO zum Bibliotheksgesetz):

30 m² Hauptnutzfläche pro 1 000 Medieneinheiten= 1 500 m²

Normale Gewichtsbelastung (5–7,5 kN/m²):750 m²

Hohe Gewichtsbelastung (7,5–12,5 kN/m²):700 m²

Sehr hohe Gewichtsbelastung (12,5–15 kN/m²):100 m²

Schnell wurde klar, dass in den bestehenden Gebäuden eine adäquate Bibliotheksstruktur nicht zu verwirklichen war. Eine Erweiterung der historischen Bauten durch einen Neubau sollte die Lösung bringen. Daraufhin wurde ein europaweiter Planungswettbewerb ausgeschrieben. Zugelassen waren Ansässige der EWR-Staaten sowie der Länder des WTO-Beschaffungsübereinkommens (GPA). Mitte Juni 2010 fanden die Begehung des Areals und ein Kolloquium statt. 252 Teilnehmerinnen und Teilnehmer meldeten sich für den Wettbewerb an. Beim Kolloquium waren 236 von ihnen anwesend und somit teilnahmeberechtigt. Insgesamt gingen 160 Wettbewerbsbeiträge ein.

Im September 2010 fand die Bewertung durch eine Jury unter der Leitung von Dr. Arch. Josef March statt. Die weiteren Kommissionsmitglieder waren Arch. Piero Bruno, Arch. Andreas Graf, Dr. Waltraud Kofler Engl, Arch. Matteo Scagnol, Dr. Gianlorenzo Pedron, Ing. Alexander Gruber, Dr. Bruno Kaser, Dr. Verena Pernthaler. Vertreten waren also Techniker, Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Brixen, der Südtiroler Landesverwaltung, des Denkmalamtes sowie die Bibliotheksleitung. Zum Siegerprojekt kürte die Jury den Beitrag der Architekten Luca Mezzalira, Michel Carlana und Curzio Pentimalli aus Treviso.[2]

Wie bereits erwähnt, kam es in der Folge zu langwierigen Verhandlungen mit der Staatsverwaltung, so dass erst im November 2017 das Vorprojekt genehmigt werden konnte. Im September 2018 wurde schließlich das ausgearbeitete Ausführungsprojekt mit einer Gesamtkostenschätzung von 11 642 430,33 Euro genehmigt, wobei die Kosten für Einrichtung und Ankauf der Immobilien inbegriffen waren. Im März 2019 wurde eine Bietergemeinschaft, bestehend aus verschiedenen Firmen, mit den Arbeiten für den Bau der Bibliothek beauftragt. Die Arbeiten begannen im Mai 2019. Am 1. Oktober 2021 wurde die neue Stadtbibliothek, nach einer kurzen Verzögerung aufgrund der Corona-Pandemie, eröffnet.

Das Projekt der Architekten Carlana – Mezzalira – Pentimalli

Das Siegerprojekt bestach vor allem durch die gekonnte Eingliederung des Neubaus in das historische Ambiente rund um den Domplatz. Der Neubau sollte, so die Aussage der Vertreterin des Landesdenkmalamtes, nicht die Rolle der „Primadonna“ unter den Gebäuden im Dombezirk spielen. Diese Vorgabe wurde erfüllt. So ist der Neubau vom Domplatz aus nicht einsehbar. Erst beim Verlassen des Platzes an seiner südlichen Seite wird der Bau sichtbar. Dieser erscheint zwar markant, fügt sich aber trotzdem sensibel in den geschichtsträchtigen Gebäudekanon ein. Seine Positionierung im Winkel zwischen dem Gerichtsgebäude und der Finanzwache sorgt für eine harmonische Verbindung der beiden Gebäude, die bisher nur an den Ecken zusammengebaut waren. Ein weiteres zentrales Element, das die Architekten aufgriffen, war jenes der Erker. Die historische Altstadt mit ihren Gassen ist geprägt durch eine Vielzahl von Erkern an den Fassaden, die für eine bessere Belichtung der Wohnstuben sorgen. Auch der Bibliotheksneubau verfügt über zwei große Erker, die zum einen viel Tageslicht in das Gebäude bringen, zum anderen aber auch beeindruckende Ausblicke gewähren. So kann man von einem Erker die westlich gelegene fürstbischöfliche Hofburg, vom anderen die östlich gelegene St. Johannes-Kapelle betrachten.

Was die Innenräume betrifft, so sorgt vor allem das gelungene Zusammenspiel von alt und neu für viel Zuspruch. Dominiert im Neubau in den Obergeschossen vor allem Holz, so ist es in den historischen Baukörpern überwiegend Mauerwerk. Auch Stuck- und Balkendecken sowie Fresken blieben erhalten.

Tab. 1:

Hauptnutzungsfläche

Bereich 1

Fläche

Anmerkungen

Eingangsbereich

Windfang, Gardarobe, Schirmständer, Schließfächer usw.

40 m²

– laute Zone

– normale Gewichtsbelastung (5–7,5 kN/m²)

Infothek

Handzettel, Broschüren, Plakate usw. Schwarzes Brett für Anzeigen, Infopoint

20 m²

– in der Nähe des Eingangsbereiches

– normale Gewichtsbelastung (5–7,5 kN/m²)

Ausleihe & Rückgabe

Ausleihtheke mit 2 Arbeitsplätzen, Stauraum für Medien und Material hinter der Theke, 2 Selbstverbuchungsstationen

30 m²

– laute Zone

– in der Nähe des Eingangsbereiches

– normale Gewichtsbelastung (5–7,5 kN/m²)

Stöberzone

2 000 bis 3 000 Bücher und andere Medien (wechselnde Bestände: Buchausstellungen, Bestseller, Neuheiten)

60 m²

– laute Zone

– in der Nähe des Eingangsbereiches

– normale Gewichtsbelastung (5–7,5 kN/m²)

Internetcafe

20 Internet-Arbeitsplätze

100 m²

– in unmittelbarer Nähe zum Bereich „Auskunft & Beratung“

– normale Gewichtsbelastung (5–7,5 kN/m²)

250 m²

Bereich 2

Fläche

Anmerkungen

Kinderbereich

1 500 Bilderbücher

7 000 Kinderbücher

2 000 Videos bzw. DVDs

750 Hörkassetten

PC zur Nutzung von Lernsoftware für Kinder

100 m²

– laute Zone

– hohe Gewichtsbelastung (7,5–12,5 kN/m²)

Ludothek

500 Gesellschafts- und Brettspiele

Tische und Sitzgelegenheiten zum Spielen

60 m²

– laute Zone

– normale Gewichtsbelastung (5–7,5 kN/m²)

Jugendbereich

4 000 Jugendbücher

ca. 25 Lese- und Sitzplätze

100 m²

– laute Zone

– hohe Gewichtsbelastung (7,5–12,5 kN/m²)

Belletristik

14 000 Romane

2 000 Videos bzw. DVDs

ca. 25 Lese- und Sitzplätze

200 m²

– hohe Gewichtsbelastung (7,5–12,5 kN/m²)

Musikbereich

3 000 CDs

50 m²

– normale Gewichtsbelastung (5–7,5 kN/m²)

510 m²

Bereich 3

Fläche

Anmerkungen

Sachmedien

17 000 Sachbücher

1 000 CD-Roms

ca. 40 Lese- und Sitzplätze

300 m²

– ruhige Zone

– hohe Gewichtsbelastung (7,5–12,5 kN/m²)

Lese- bzw. Veranstaltungsraum

Platz für etwa 60 Personen (evtl. auch als Lesesaal nutzbar)

100 m²

– ruhige Zone

– normale Gewichtsbelastung (5–7,5 kN/m²)

Zeitschriftenraum

40 Tageszeitungen und allgemeine Wochenzeitschriften

160 Zeitschriften aus allen Sachgebieten

PCs für elektronische Zeitschriften

ca. 40 Lese- und Sitzplätze

Café-Ecke

120 m²

– ruhige Zone

– normale Gewichtsbelastung (5–7,5 kN/m²)

Auskunft & Beratung

Auskunftstheke mit 1 Arbeitsplatz

10 m²

– normale Gewichtsbelastung (5–7,5 kN/m²)

530 m²

Bereich 4 (allgemein)

Fläche

Anmerkungen

Büros

Büro Direktion

2 Büros Mitarbeiter

1 Bearbeitungsraum (technische Medienbearbeitung, Reparatur)

120 m²

– 1 Büro sollte in unmittelbarer Nähe zum Bereich „Ausleihe & Rückgabe“ sein (Backoffice)

– normale Gewichtsbelastung (5–7,5 kN/m²)

Magazin

Kompaktregale

Stauraum für Materialien und Geräte

100 m²

– evtl. im Keller- bzw. Untergeschoss

– sehr hohe Gewichtsbelastung (12,5–15 kN/m²)

Toiletten und Wickelraum

40 m²

– normale Gewichtsbelastung (5–7,5 kN/m²)

260 m²

Hauptnutzfläche insgesamt

1 550 m²

Die Nutzfläche, die sich auf 2 260 m² beläuft, verteilt sich wie folgt:

  • Neubau (Erdgeschoss + 3 Obergeschosse)

  • Finanzwache (Erdgeschoss + 2 Obergeschosse + Dachboden)

  • Gerichtsgebäude (Erdgeschoss + 1 Obergeschoss)

Außerdem verfügt die Bibliothek über einen eigenen ca. 800 m² großen Garten, der im Regelfall nur über die Bibliothek erreichbar ist.

Abb. 7: Der Grundriss der neuen Stadtbibliothek, bestehend aus Gerichtsgebäude, Finanzwache, Neubau (Grafik: Architektenstudio „Carlana – Mezzalira – Pentimalli“)
Abb. 7:

Der Grundriss der neuen Stadtbibliothek, bestehend aus Gerichtsgebäude, Finanzwache, Neubau (Grafik: Architektenstudio „Carlana – Mezzalira – Pentimalli“)

Abb. 8: Blick durch den Erker auf die St. Johannes-Kapelle, eine der ältesten Kirchen der Stadt (Foto: Anh Nguyen)
Abb. 8:

Blick durch den Erker auf die St. Johannes-Kapelle, eine der ältesten Kirchen der Stadt (Foto: Anh Nguyen)

Abb. 9: Blick in die Zeitschriftenabteilung (Foto: Anh Nguyen)
Abb. 9:

Blick in die Zeitschriftenabteilung (Foto: Anh Nguyen)

4 Die Aufteilung der Bibliothek

Nachdem das ursprüngliche Raumkonzept bereits 2008 erstellt worden war, musste dieses für das Ausführungsprojekt aktualisiert werden, da sich in mehreren Punkten die Anforderungen an die Bibliothek geändert hatten. Die ursprüngliche Entscheidung für die klassische Aufteilung der Bibliothek in die Bereiche Kinder, Jugend, Belletristik, Sachbücher usw. wurde beibehalten. Zu berücksichtigen war in diesem Zusammenhang auch die sprachliche Realität in Brixen. Die Bevölkerung ist zu etwa zwei Drittel deutscher, zu rund einem Drittel italienischer Muttersprache. Diese Zusammensetzung der Sprachgruppen spiegelt sich im Medienbestand und folglich in der Raumeinteilung wider. Die Bereiche gliedern sich wie folgt:

  • Eingangsbereich: Informationstheke, zwei Selbstverbuchungsstationen, Stöberzone, Bereich für Medienausstellungen, Infothek, Garderobe

  • Zeitschriftenlesesaal: Tageszeitungen und Zeitschriften; direkter Zugang zum Lesegarten

  • Erzählendes: Medienaufstellung erfolgt teilweise nach Themenkreisen sowie teilweise alphabetisch. Deutschsprachige und italienischsprachige Medien stehen getrennt, die Themen allerdings in unmittelbarer Nähe zueinander – siehe Abb. 5

  • Sachbücher: Aufteilung in 14 Gruppen, wobei die Sprachen gemischt werden; mehrere Räume in Kombination Sachbuch-Studienraum

  • Kinderbereich: sämtliche Mediengruppen für Kinder stehen gemeinsam

  • Jugendbereich: Jugendbücher und Jugendhörbücher stehen zusammen; eigener Raum für Fantasy, Graphic Novel und Manga; eigener „Chillraum“

  • Ludothek: Brett- und Gesellschaftsspiele zum Ausleihen sowie zum Spielen vor Ort – siehe Abb. 6

  • Hörbücher – DVDs: Hörbücher und DVDs für Erwachsene stehen zusammen

  • Veranstaltungsräume: ein Saal mit technischer Ausstattung von gut 200 m², geeignet für die verschiedensten Veranstaltungen; ein Raum mit rund 100 m² geeignet vor allem für die Arbeit mit Schulklassen und Gruppen

  • Verwaltung: Backoffice im Informationsbereich + sechs Büros mit insgesamt rund 140 m²

  • Depoträume: rund 120 m²

  • Nebenräume: Sanitäranlagen, Serviceräume usw.

Abb. 10: Die 24-Stunden-Rückgabe an der Außenfassade des Gerichtsgebäudes (Foto: Anh Nguyen)
Abb. 10:

Die 24-Stunden-Rückgabe an der Außenfassade des Gerichtsgebäudes (Foto: Anh Nguyen)

5 Technik

Die Stadtbibliothek verwendet, wie ein Großteil der Bibliotheken in Südtirol, das Programm BIBLIOTHECAplus der Firma OCLC. Die Ausleihe erfolgt auf der Basis der RFID-Technik über zwei Selbstverbucher der Firma EasyCheck, die Rückgabe über einen Rückgabeautomaten von außen, der 24 Stunden zugänglich ist. In der gesamten Bibliothek steht kostenloses WLAN zur Verfügung, Tablets können zur Verwendung in der Bibliothek ausgeliehen werden. Zudem stehen 20 Tablets für die medienpädagogische Arbeit mit Schulklassen zur Verfügung.

6 Das Leitsystem

Besonders eingehend studiert wurde die Umsetzung des Leitsystems. Aufgrund der Aufteilung der Bibliothek auf drei Gebäude, mehrere Stockwerke und eine Vielzahl von einzelnen Räumen erschien das Leitsystem von zentraler Bedeutung. Die Meinungen der Architekten, des Grafikers und der Bibliotheksleitung gingen dabei anfänglich auseinander. Man einigte sich schließlich auf ein möglichst einfaches, selbsterklärendes System aus Begriffen und Pfeilen (siehe Abb. 11). Die einzelnen Bereiche der Bibliothek finden sich auf den Hinweisen wieder (z. B. Sachbücher, Kinder, Jugend usw.). Gleichzeitig finden sich dieselben Begrifflichkeiten im OPAC, so dass es den Kundinnen und Kunden relativ einfach gemacht wird, die gesuchten Bereiche zu finden. Erarbeitet wurde das Konzept durch die Bibliotheksleitung. Für das Design zeichnete das Grafikstudio Frei & Zeit[3] aus Brixen verantwortlich.

Abb. 11: Das Leitsystem am Treppenaufgang (Foto: Anh Nguyen)
Abb. 11:

Das Leitsystem am Treppenaufgang (Foto: Anh Nguyen)

7 Erste Erfahrungen

Nach fast einem Jahr in der neuen Stadtbibliothek kann eine durchweg positive Bilanz gezogen werden. Da die neue Bibliothek jahrzehntelang auf sich warten ließ, war die Neugier der Brixnerinnen und Brixner hoch. Kaum jemandem war klar, wie eine moderne, zeitgemäße Bibliothek auszusehen habe. Das Feedback der Besucherinnen und Besucher war außerordentlich positiv. Besonders in den ersten Wochen nach der Wiedereröffnung war der enorme Publikumsansturm kaum zu bewältigen. Mittlerweile haben sich die Nutzendenzahlen auf durchschnittlich gut 1 000 Personen pro Tag eingependelt. Erfreulicherweise kommt die neue Stadtbibliothek vor allem bei den Jugendlichen sehr gut an.

Abb. 12: Detailansicht aus dem Sachbuchbereich – deutsch- und italienischsprachige Bücher stehen zusammen (Foto: Anh Nguyen)
Abb. 12:

Detailansicht aus dem Sachbuchbereich – deutsch- und italienischsprachige Bücher stehen zusammen (Foto: Anh Nguyen)

Abb. 13: Die Aufstellung der Zeitschriften erfolgt nach Themengebieten (Foto: Anh Nguyen)
Abb. 13:

Die Aufstellung der Zeitschriften erfolgt nach Themengebieten (Foto: Anh Nguyen)

Die Verwaltbarkeit der neuen Stadtbibliothek gestaltete sich erwartungsgemäß schwieriger. Das Bibliotheksteam wurde, allein durch die Größe der Struktur, vor ganz neue Herausforderungen gestellt. Die Umstellung auf die Selbstverbuchung ging relativ reibungslos vonstatten, wobei in den ersten Wochen Studierende Hilfestellung bei der Ausleihe und Rückgabe leisteten.

Für das Bibliotheksteam[4] unerwartet war das große Interesse an den Veranstaltungsräumen. Zahlreiche Vereine und Privatpersonen bekundeten ihr Interesse, in den Räumlichkeiten der Bibliothek Veranstaltungen zu organisieren. Daraufhin wurde die Grundsatzentscheidung getroffen, dass die Bibliotheksräume nicht an Dritte vermietet werden. Alle Veranstaltungen und Initiativen müssen in Kooperation mit der Bibliothek stattfinden, was bisher gut funktioniert. Auch die Nachfrage nach Klassen- und Gruppenführungen stieg um über 80 %.

Abb. 14: Blick in den großen Veranstaltungssaal (Foto: Anh Nguyen)
Abb. 14:

Blick in den großen Veranstaltungssaal (Foto: Anh Nguyen)

Fazit: Die Neueröffnung der Stadtbibliothek wurde durchwegs gut aufgenommen, Polemiken entstanden keine. Die Besucherzahlen und die Nutzung stiegen stark an, was dazu führte, dass die Akzeptanz und das Prestige der Stadtbibliothek enorm gesteigert werden konnten.

About the author

Dott. Bruno Kaser

Direktor

Published Online: 2022-11-09
Published in Print: 2022-11-08

© 2022 bei dem Autor, publiziert von De Gruyter.

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