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Ted Piccone: Democracy and Cybersecurity. Brookings – Democracy and Security Dialogue Policy Brief Series. 2017

  • Christine Hegenbart EMAIL logo
Veröffentlicht/Copyright: 14. März 2018

Öffentliche und private Informationen können über den Cyberraum manipuliert, gestohlen und missbraucht werden. Für demokratische Prozesse birgt dies große Gefahren. Die Politik muss daher reagieren und sicherheitspolitische Konsequenzen ziehen. In seinem Policy Brief beschreibt Ted Piccone im ersten Schritt drei Problembereiche – Demokratische Wahlen,Menschenrechte und Internet Governance –, in denen Cyber-Sicherheit besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Im zweiten Schritt stellt er Handlungsempfehlungen vor, insbesondere für die Community of Democracies, für die die Studie verfasst wurde.

Die Problemdarstellung wird in drei Bereiche untergliedert.

(1) Demokratische Wahlen können über den Cyberraum auf verschiedene Arten manipuliert und gefälscht werden. Diesen Versuchen ist gemein, dass sie darauf abzielen, die öffentliche Unterstützung, die Legitimität und die Soft Power von Demokratien zu untergraben. Insbesondere autoritäre Regime wie China und Russland gelten als Urheber derartiger Cyber-Angriffe. Als Beispiele werden die Leaks im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen 2015/2016 und die Fake-News-Kampagne kurz vor der Wahl in Frankreich 2016 genannt.

(2) Menschenrechte, wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit oder das Recht auf Privatsphäre, werden immer stärker mit Cyber-Mitteln angegriffen. Die digitalen Überwachungsmöglichkeiten haben so beispielsweise einen „‚chilling effect' on free speech“. Auch setzen autoritäre Staaten im Namen der nationalen Sicherheit Zensurmaßnahmen und sogenannte Internet Shutdowns bzw. Sperrungen von Seiten sozialer Medien ein. Damit verhindern sie u. a., dass sich Nachrichten und deren Bewertungen verbreiten, so wie z. B. in der Türkei nach dem Putschversuch 2015.

(3) Internet Governance ist von besonderer Bedeutung für die Offenheit und die Sicherheit des digitalen Raums. Von seinem Ursprung her ist das Internet dezentral organisiert, basiert auf grenzüberschreitenden Informationsströmen und wird als ein Netzwerk von Netzwerken von privaten Akteuren betrieben. Diese Struktur, die seinen Nutzern viele Freiheiten bietet, wird immer stärker angegriffen. Vor allem China und Russland schränken zum einen auf nationaler Ebene den freien Zugang der Nutzer zum Internet ein; und zum anderen stellen sie auf internationaler Ebene die Art und Weise in Frage, wie die Interoperabilität des Internets gewährleistet wird. Sie wirken darauf hin, den Multistakeholder-Ansatz der Internet Governance durch einen „state-centric multilateral approach“ zu ersetzen, damit staatliche Akteure größeren Einfluss erhalten.

Für diese drei Bereiche werden Handlungsempfehlungen gegeben:

(1) Im Bereich Demokratische Wahlen empfiehlt der Autor das Wahlsystem als Kritische Infrastruktur einzustufen. Er gibt demokratischen Staaten fünf Empfehlungen: (a) den Wahlvorgang umfassend vor der Einflussnahme aus dem Cyberraum zu schützen; (b) die Öffentlichkeit durch Datentransparenz von der Integrität des Wahlprozesses zu überzeugen; (c) daran zu arbeiten, staatlich finanzierte oder patriotische Hacker aufzuspüren und zu bestrafen; (d) einen Code of Conduct zu entwickeln, der den Grundsatz der gegenseitigen Nichteinmischung in Wahlen festschreibt; und (e) internationalen Konsens herzustellen, dass ein willentlicher Angriff auf das Wahlsystem als physischer Angriff auf das staatliche Territorium einzustufen ist, welcher internationales Recht bricht und daher Maßnahmen des Selbstschutzes rechtfertigt.

(2) Im Bereich Menschenrechte hat es für den Autor höchste Priorität, dass demokratische Staaten mit positivem Beispiel vorangehen und Menschenrechte in der digitalen Welt respektieren. Daher sollen sie erstens daran arbeiten, angemessene Normen z. B. durch UN-Resolutionen, zu schaffen. Zweitens sollen Staaten bei Gesetzen und Regulierungen, die Inhalte im Web oder in der digitalen Kommunikation einschränken, stets die digitalen Menschenrechte berücksichtigen. Zudem nimmt Piccone Privatunternehmen in die Pflicht: Sie sollen Systeme, Produkte und Protokolle entwickeln, die Bürger vor fremden digitalen Zugriffen schützen.

(3) Im Bereich Internet Governance sieht Piccone die demokratischen Staaten verpflichtet, sich klar hinter dem Ziel einer offenen Internet Governance zu vereinen. Die Community of Democracies soll daher eine Cyber-Sicherheitsarbeitsgruppe einsetzen. Diese hat vier Aufgaben: (a) einen freiwilligen „code of internet governance“ zu erarbeiten, der sich an bisherigen vielversprechenden Initiativen, wie der Internet Governance Strategy 2016–19 des Europarates, orientiert; (b) die Ausbildung politischer Entscheidungsträger im komplexen Feld Demokratie und Cyber-Sicherheit zu koordinieren; (c) Mitgliedstaaten zu unterstützen, ihre Fähigkeiten zum Schutz der demokratischen Prozesse auszubauen; und (d) diese Fortschritte zu beobachten, zu begleiten und zu fördern.

Die vorliegende Studie gibt für die ersten beiden Problembereiche Demokratische Wahlen und Menschenrechte nur sehr allgemeine Empfehlungen. Erst für den dritten Bereich Internet Governance werden der Community of Democracies, dem eigentlichen Adressaten, konkrete Handlungsvorschläge unterbreitet.

https://www.brookings.edu/wp-content/uploads/2017/08/fp_20170905_democracy_cyber_security.pdf

Published Online: 2018-3-14

© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Artikel in diesem Heft

  1. Cover und Titelseiten
  2. Cover und Titelseiten
  3. Editorial
  4. Editorial
  5. Aufsätze
  6. Die Rolle von Abschreckung im neuen strategischen Umfeld Europas
  7. Die Dynamik der Abschreckung
  8. Abschreckung einst und heute
  9. Erweiterte Abschreckung in Asien: aktuelle Lehren für Europa
  10. Berichte und Kurzdarstellungen
  11. Die Trump-Präsidentschaft – Jahr 2
  12. Die neue Nationale Sicherheitsstrategie der Trump Administration
  13. Russische Marinedoktrin und maritime Rüstung: Anspruch und Realität
  14. Ergebnisse internationaler strategischer Analysen
  15. John Allen/ Philip M. Breedlove/ Julian Lindley-French/ George Zambellas: Future War NATO. From Hybrid War to Hyper War via Cyber War. 2017.
  16. Karl-Heinz Kamp/ Wolf Langheld: The Military Adaptation of the Alliance. 2017.
  17. Ian J. Brzezinski/ Tomáš Valášek: Reanimating NATO's Warfighting Mindset: Eight Steps to Increase the Alliance's Political-Military Agility. 2017
  18. Ted Piccone: Democracy and Cybersecurity. Brookings – Democracy and Security Dialogue Policy Brief Series. 2017
  19. Sarah Fainberg: Russian Spetsnaz, Contractors and Volunteers in the Syrian Conflict, Institut français des relations internationales (IFRI), Russie, Nei. 2017. Tom Parfitt: President Putin's Private Army Pays a High Price for Syria Success. 2017.
  20. Benjamin Herscovitch: A Balanced Threat Assessment of China's South China Sea Policy. 2017.
  21. Kroenig, Matthew/ Oh, Miyeon. A Strategy for the Trans-Pacific Century: Final Report of the Atlantic Council's Asia-Pacific Strategy Task Force. 2017.
  22. United Nations Office on Drugs and Crime: World Drug Report 2017. 2017.
  23. Tom Keatinge, Anne-Marie Barry: Disrupting Human Trafficking: The Role of Financial Institutions. 2017.
  24. Buchbesprechungen
  25. Brad Roberts: The Case for U.S. Nuclear Weapons in the 21st Century. 2016.
  26. Christine M. Leah, The Consequences of American Nuclear Disarmament. Strategy and Nuclear Weapons. 2017.
  27. Paul Cornish, Kingsley Donaldson: 2020. World of War. 2017.
  28. Christopher Coker, Rebooting Clausewitz. On War in the 21st Century. 2017.
  29. MichaelPaul, „Kriegsgefahr im Pazifik? Die maritime Bedeutung der sino-amerikanischen Rivalität“. 2017.
  30. Translated Articles (e-only)
  31. The Role of Deterrence in a new European strategic environment
  32. Deterrence Then and Now.
Heruntergeladen am 16.11.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/sirius-2018-0012/html
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