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United Nations Office on Drugs and Crime: World Drug Report 2017. 2017.

  • Fabien Merz EMAIL logo
Published/Copyright: March 14, 2018

Der „World Drug Report“ des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) wird seit 1997 jährlich publiziert. Diese Publikationsreihe ermöglicht eine Übersicht über die globalen Trends im Bereich der Drogenproduktion, des Konsumverhaltens sowie der gesundheitlichen Auswirkungen des Drogenmissbrauchs in den vergangenen 20 Jahren. Für die Datenerhebung stützen sich diese Berichte auf von den Mitgliedsstaaten zur Verfügung gestellten Statistiken.

Jährlich wird neben dem Aktualisieren der globalen, mit Drogen zusammenhängenden Trends auch ein weiteres für die Staatengemeinschaft relevantes Kernthema aufgearbeitet, bei dem es Wechselwirkungen mit der internationale Drogenproblematik und der Drogenpolitik gibt. In der diesjährigen Ausgabe beleuchtet der Bericht die Wechselwirkungen zwischen organisierter Kriminalität, Korruption, illegalen Finanzströmen und Terrorismus mit dem Anbau, der Produktion sowie dem Schmuggel von Drogen. Für sicherheitspolitisch Interessierte als besonders relevant dürfte sich die Abhandlung des Nexus’ zwischen im Bereich des organisierten Verbrechens angesiedelter Drogenproduktion und Schmuggel sowie der Beteiligung terroristischer Gruppen am Drogenhandel erweisen.

So wird im aktuellen Bericht unter anderem die Rolle, welche die Taliban bei der Opiumkultivierung in Afghanistan spielen, hervorgehoben. Es wird festgehalten, dass laut Schätzungen bis zu 85 % des Anbaus von Schlafmohn in Afghanistan in von den Taliban kontrollierten Gebieten angesiedelt sind und dass bewaffnete Gruppierungen in Afghanistan im Jahr 2016 rund 150 Millionen US-Dollar an der Opiumkultivierung und dem Schmuggel verdient haben. Diese Dynamik wirkt sich nicht nur negativ auf die Sicherheitslage in der Region aus, sondern hat auch einen Einfluss auf die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, transnationale Heroinflüsse einzudämmen und Heroinmärkte auszutrocknen. Im Bericht wird ebenfalls prominent aufgeführt, dass sich ein ähnliches Phänomen lange auch in Südamerika feststellen liess, wo sich die FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) während Jahrzehnten unter anderem am Anbau von Cocasträuchern beteiligt und an der Produktion sowie dem Schmuggel von Kokain mitverdient hat. Da sich die FARC nach der Unterzeichnung des Friedensabkommen mit der kolumbianischen Regierung 2016 im Rahmen der Demobilisierung dazu verpflichtet hat, sich aus dem Drogengeschäft zurückzuziehen, wird sich in den nächsten Jahren zeigen, welche Auswirkungen dies mittel- bis langfristig auf den regionalen sowie auf den globalen Kokainmarkt haben wird.

Neben diesen beiden gut dokumentierten Fallbeispielen wird von den Autoren festgehalten, dass ein besseres Verständnis des Zusammenhangs zwischen organisierter Drogenkriminalität und Terrorismus aufgrund der fehlenden empirischen Datenlage leider kaum zu erreichen sei. Medienberichte, wonach sich der so genannte „Islamische Staat“ (IS) an der Produktion und dem Schmuggel von Captogen, einer amphetaminähnlichen Substanz, beteiligt hat und zum Teil auch als Endnutzer dieser Substanz in Erscheinung getreten ist, kann laut den Autoren aufgrund fehlender Nachweise nicht bestätigt werden. Gleich verhält es sich laut der UNODC im Übrigen auch mit Medienberichten, wonach sich die hauptsächlich in Nigeria operierende und mit dem IS verbündete Boko Haram am Drogenhandel beteiligt.

Aufgrund der von den Autoren der Studie selbst diagnostizierten lückenhaften Datenlage gelingt es dementsprechend auch nicht, eine globale Gesamtübersicht des Nexus’ zwischen dem im Bereich der organisierten Kriminalität angesiedelten Drogenanabau, der Produktion und dem Schmuggel einerseits und dem Terrorismus andererseits herzustellen. Den Autoren ist dies durchaus bewusst Entsprechend rufen sie die Staatengemeinschaft dazu auf, sich vermehrt und proaktiver an dem Erheben und Teilen von Daten zu betätigen, um so zu einem besseren Verständnis des Zusammenspiels der in diesem Bereich vorhandenen Dynamiken und Wechselwirkungen beizutragen.

Die klare Schwäche ist zugleich aber auch die grösste Stärke des Berichts. Denn trotz der lückenhaften Datenlage und der daraus folgenden unvollständigen Abhandlung des Kernthemas liegt der Mehrwert des Berichts darin, dass die Autoren der Studie, bedingt durch die Institutionelle Position der UNODC, einen einmaligen Zugang zu teils sensiblen Daten aus UNO Mitgliedsstaaten haben und somit den aktuellen Stand der Kenntnisse zum Thema zwar unvollständig, aber doch so gut wie sonst nirgends wiedergeben können. Neben der an und für sich wertvollen Zeitreihe der Dokumentation der Entwicklung der globalen Trends im Bereich der Drogenproduktion, des Konsumverhaltens sowie der gesundheitlichen Auswirkungen des Drogenmissbrauchs trägt dieser Bericht mit seinem diesjährigen Fokusthema auch zu einem besseren Verständnis des Zusammenhangs zwischen Terrorismus und organisierter Drogenkriminalität bei. Somit bietet dieser Bericht jedem sich für dieses Thema Interessierenden einen entsprechenden Mehrwert.

https://www.unodc.org/wdr2017/index.html

Published Online: 2018-3-14

© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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