Schätzungen zufolge werden weltweit jedes Jahr 20.9 Millionen Personen Opfer von Menschenhandel. Allein in der Europäischen Union und in Industrieländern werden mit Menschenhandel jährlich 46.9 Milliarden USD umgesetzt. Der Finanzdienstleistungsbereich ist im Gegensatz zu anderen Industriezweigen mit langen Wertschöpfungsketten weniger direkt von Problemen rund um Menschenhandel und illegale Ausbeutung von Arbeitskräften betroffen. Dementsprechend kam diesem Thema in der Finanzdienstleistungsbranche länger weniger Aufmerksamkeit zu. Da Akteure aus dieser Branche aber Zugang zu Finanzdaten von Opfern wie auch von Tätern haben, befinden sie sich in der Position, einen potenziell einmaligen Beitrag zur Bekämpfung von Menschenhandel und der damit zusammenhängenden illegalen Ausbeutung von Arbeitskräften zu leisten.
Vor allem in den USA und dem Vereinigten Königreich versuchen Strafverfolgungsbehörden dementsprechend vermehrt, auf die Fähigkeiten von Banken und Geld-Servicegeschäften, welche bei der Bekämpfung dieser Verbrechen von Nutzen sein könnten, zurückzugreifen. Die im Rahmen dieser Studie mit im Vereinigten Königreich beheimateten Finanzdienstleistern geführten Gespräche lassen erkennen, dass neuerdings auch diese vermehrt auf mit Menschenhandel zusammenhängende Problematiken achten. Zum Teil wurden bereits konkrete Massnahmen wie spezifische Schulungen zur Sensibilisierung des Personals ergriffen und eine verbesserte Kooperation innerhalb der Branche sowie mit den Strafverfolgungsbehörden vorangetrieben. Diese Massnahmen haben laut den Studienautoren mitunter dazu beigetragen, im Bereich der illegalen Ausbeutung von Arbeitskräften kriminelle Unterfangen aufzudecken.
Im Bereich der Bekämpfung des Menschenhandels stehen Akteure der Finanzdienstleistungsbranche laut den Studienautoren aber auch vor einer gewissen Anzahl von Herausforderungen. Dazu gehören unter anderem das Erkennen von mit Menschenhandel zusammenhängenden Geldströmen, die automatisierte Risikofaktorenüberprüfung sowie die personalintensive manuelle Überprüfung von verdächtigen Transaktionsflüssen. Ferner wichtig sind der erhöhte Bedarf an einer noch effizienteren Kooperation innerhalb des Finanzsektors wie auch mit den Strafverfolgungsbehörden und mit in diesem Bereich arbeitenden NGOs. Trotz dieser Herausforderungen halten die Studienautoren fest, dass es von Seiten der Finanzbranche ein starkes Interesse zu geben scheint, sich in diesem Bereich noch stärker zu engagieren.
Ziel des Berichts ist es, Wege aufzuzeigen, wie das aufkeimende Engagement des britischen Finanzdienstleistungssektors im Bereich der Bekämpfung des Menschenhandels aufrechterhalten und optimiert werden kann. Ganz besonders wird in diesem Zusammenhang empfohlen, den Austausch mit Strafverfolgungsbehörden und in diesem Bereich arbeitenden NGOs weiter zu verstärken. Dies, um sich unter anderem ein besseres Bild davon zu machen, wie an Menschenhandel beteiligte Akteure vorgehen, um diese Erkenntnisse anschliessend bei der Schulung von Mitarbeitern und der Festlegung von Compliance-Prozeduren miteinzubeziehen.
Obwohl sich der Bericht spezifisch auf den britischen Finanzsektor bezieht, ist das Abstraktionsniveau der Abhandlung und vor allem der abgegebenen Empfehlungen doch hoch genug, dass letztere – natürlich mit entsprechenden Anpassungen an den jeweiligen lokalen Kontext – auch für nicht in der angelsächsischen Welt beheimatete Finanzdienstleistungssektoren eine gewisse Relevanz aufweisen dürften. Dies gilt vermutlich ganz besonders für in Kontinentaleuropa beheimatete Finanzdienstleistungsakteure, welche unter ähnlichen Bedingungen operieren wie ihre britischen Pendants. Dementsprechend stellt dieser Bericht eine nützliche Quelle dar, um die Beiträge zu optimieren, welche Akteure aus der Finanzbranche zur Bekämpfung von Menschenhandel und dem damit verbundenen menschlichen Elend leisten können.
https://rusi.org/sites/default/files/201703_rusi_disrupting_human_trafficking.pdf
© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Artikel in diesem Heft
- Cover und Titelseiten
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- Editorial
- Editorial
- Aufsätze
- Die Rolle von Abschreckung im neuen strategischen Umfeld Europas
- Die Dynamik der Abschreckung
- Abschreckung einst und heute
- Erweiterte Abschreckung in Asien: aktuelle Lehren für Europa
- Berichte und Kurzdarstellungen
- Die Trump-Präsidentschaft – Jahr 2
- Die neue Nationale Sicherheitsstrategie der Trump Administration
- Russische Marinedoktrin und maritime Rüstung: Anspruch und Realität
- Ergebnisse internationaler strategischer Analysen
- John Allen/ Philip M. Breedlove/ Julian Lindley-French/ George Zambellas: Future War NATO. From Hybrid War to Hyper War via Cyber War. 2017.
- Karl-Heinz Kamp/ Wolf Langheld: The Military Adaptation of the Alliance. 2017.
- Ian J. Brzezinski/ Tomáš Valášek: Reanimating NATO's Warfighting Mindset: Eight Steps to Increase the Alliance's Political-Military Agility. 2017
- Ted Piccone: Democracy and Cybersecurity. Brookings – Democracy and Security Dialogue Policy Brief Series. 2017
- Sarah Fainberg: Russian Spetsnaz, Contractors and Volunteers in the Syrian Conflict, Institut français des relations internationales (IFRI), Russie, Nei. 2017. Tom Parfitt: President Putin's Private Army Pays a High Price for Syria Success. 2017.
- Benjamin Herscovitch: A Balanced Threat Assessment of China's South China Sea Policy. 2017.
- Kroenig, Matthew/ Oh, Miyeon. A Strategy for the Trans-Pacific Century: Final Report of the Atlantic Council's Asia-Pacific Strategy Task Force. 2017.
- United Nations Office on Drugs and Crime: World Drug Report 2017. 2017.
- Tom Keatinge, Anne-Marie Barry: Disrupting Human Trafficking: The Role of Financial Institutions. 2017.
- Buchbesprechungen
- Brad Roberts: The Case for U.S. Nuclear Weapons in the 21st Century. 2016.
- Christine M. Leah, The Consequences of American Nuclear Disarmament. Strategy and Nuclear Weapons. 2017.
- Paul Cornish, Kingsley Donaldson: 2020. World of War. 2017.
- Christopher Coker, Rebooting Clausewitz. On War in the 21st Century. 2017.
- MichaelPaul, „Kriegsgefahr im Pazifik? Die maritime Bedeutung der sino-amerikanischen Rivalität“. 2017.
- Translated Articles (e-only)
- The Role of Deterrence in a new European strategic environment
- Deterrence Then and Now.
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- Aufsätze
- Die Rolle von Abschreckung im neuen strategischen Umfeld Europas
- Die Dynamik der Abschreckung
- Abschreckung einst und heute
- Erweiterte Abschreckung in Asien: aktuelle Lehren für Europa
- Berichte und Kurzdarstellungen
- Die Trump-Präsidentschaft – Jahr 2
- Die neue Nationale Sicherheitsstrategie der Trump Administration
- Russische Marinedoktrin und maritime Rüstung: Anspruch und Realität
- Ergebnisse internationaler strategischer Analysen
- John Allen/ Philip M. Breedlove/ Julian Lindley-French/ George Zambellas: Future War NATO. From Hybrid War to Hyper War via Cyber War. 2017.
- Karl-Heinz Kamp/ Wolf Langheld: The Military Adaptation of the Alliance. 2017.
- Ian J. Brzezinski/ Tomáš Valášek: Reanimating NATO's Warfighting Mindset: Eight Steps to Increase the Alliance's Political-Military Agility. 2017
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- Sarah Fainberg: Russian Spetsnaz, Contractors and Volunteers in the Syrian Conflict, Institut français des relations internationales (IFRI), Russie, Nei. 2017. Tom Parfitt: President Putin's Private Army Pays a High Price for Syria Success. 2017.
- Benjamin Herscovitch: A Balanced Threat Assessment of China's South China Sea Policy. 2017.
- Kroenig, Matthew/ Oh, Miyeon. A Strategy for the Trans-Pacific Century: Final Report of the Atlantic Council's Asia-Pacific Strategy Task Force. 2017.
- United Nations Office on Drugs and Crime: World Drug Report 2017. 2017.
- Tom Keatinge, Anne-Marie Barry: Disrupting Human Trafficking: The Role of Financial Institutions. 2017.
- Buchbesprechungen
- Brad Roberts: The Case for U.S. Nuclear Weapons in the 21st Century. 2016.
- Christine M. Leah, The Consequences of American Nuclear Disarmament. Strategy and Nuclear Weapons. 2017.
- Paul Cornish, Kingsley Donaldson: 2020. World of War. 2017.
- Christopher Coker, Rebooting Clausewitz. On War in the 21st Century. 2017.
- MichaelPaul, „Kriegsgefahr im Pazifik? Die maritime Bedeutung der sino-amerikanischen Rivalität“. 2017.
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