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Patricia Lewis/Jacob Parakilas/Marianne Schneider-Petsinger/Christopher Smart/Jeffrey Rathke/Donatienne Ruy: The Future of the United States and Europe. An Irreplaceable Partnership. London: The Royal Institute of International Affairs, April 2018

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Published/Copyright: December 14, 2018

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Lewis Patricia Parakilas Jacob Schneider-Petsinger Marianne Smart Christopher Rathke Jeffrey Ruy Donatienne The Future of the United States and Europe. An Irreplaceable Partnership London The Royal Institute of International Affairs April 2018


Eine wahrlich transatlantische Perspektive nimmt die gemeinsame Studie des Washingtoner Center for Strategic International Studies (CSIS) und dem Londoner Think Tank Chatham House ein. Darin werden jeweils aus US- und EU-Perspektive zentrale Fragestellungen der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik, der Wirtschafts- und Handelspolitik, sowie zu Rechtsdurchsetzung und Terrorismusbekämpfung, Datenverkehr, Energieversorgung und Klimawandel analysiert. Die Studie zeigt auf, wo die transatlantischen Partner gemeinsame Interessen verfolgen und wo Konfliktpotenziale bestehen. Aus US-Perspektive werden dazu die politischen Prioritäten der Trump-Administration analysiert, aus europäischer Sicht werden die wichtigsten Punkte aus EU-Agenden wie der Globalen Strategie ergänzt. Abschließend werden zu jedem Themengebiet Handlungsempfehlungen für die transatlantische Zusammenarbeit abgeleitet. Die Autoren sind der Auffassung, dass die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Europa außerordentlich eng und besonders komplex seien, jedoch nicht länger als selbstverständlich betrachtet werden könnten. Dies gelte insbesondere in einer Zeit, in der auf beiden Seiten des Atlantiks die Polarisierung in der Bevölkerung ansteige und das Vertrauen in Institutionen und Verantwortliche in Politik und Wirtschaft sinke.

Ausgehend von den 2 %-Verpflichtungen der NATO und dem Engagement der EU in den drei ausgewählten Bereichen „Kampf gegen Terrorismus und Instabilität“ (EU-Missionen im Mittelmeer und in Afrika), „PESCO und European Defence Action Plan“ sowie „EU-NATO-Zusammenarbeit“ leitet die US-Perspektive drei Handlungsempfehlungen ab: Erstens, dass die USA den Europäischen Verteidigungsfonds als innovative Form der Lastenteilung verstehen und die EU darin bestärken sollten, dessen Finanzierung möglicherweise zu erhöhen; zweitens die Fortschritte im Bereich der EU-NATO-Zusammenarbeit öffentlich anzuerkennen und weiter zu fördern (beispielsweise im Bereich militärischer Mobilität); sowie drittens die Zusammenarbeit zu Themen wie hybrider Kriegsführung, strategischer Kommunikation und Cybersicherheit auszubauen. Best practices, die in EU- und NATO-Exzellenzzentren identifiziert wurden, sollten Politikstandards in NATO und EU werden. Aus EU-Perspektive wird außerdem auf Fragen der Cybersicherheit eingegangen. Die USA und die EU sollten neue Schritte bei den Vereinten Nationen unternehmen, nachdem die Regierungsexpertengruppe UNGGE 2017 ohne Ergebnisse blieb. Präsident Trumps Dekret zu Cybersicherheit stelle für die EU eine Grundlage dar, um diesbezüglich mit den USA in internationalen Foren zusammenzuarbeiten.

In ihren Analysen zur Außenpolitik schlussfolgern die Autoren, dass die transatlantische Zusammenarbeit insbesondere in Bezug auf Russland (Rüstungskontrolle, Unterstützung von Nicht-EU-Mitgliedsstaaten in Europa bei der Stärkung unabhängiger Medien, der Zivilgesellschaft und der gerichtlichen Unabhängigkeit) und auf ihre Politik der Reformen in der Ukraine, sowie in Bezug auf die Asien-Pazifik-Region und China vertieft werden müsse. Hier bedürfe es besserer Abstimmung, um widersprüchliche oder konkurrierende Politik zu vermeiden.

Die Länder des westlichen Balkans müsse man im Bereich guter Regierungsführung unterstützen und ihre Resilienz gegenüber Russland stärken. Zur verbesserten transatlantischen Abstimmung diesbezüglich schlagen die Autoren einen hochrangigen Dialog vor – solche Formate schlagen sie ebenso in Bezug auf die östliche Mittelmeerregion (zu humanitären Fragen und Fragen der Migration) und für Afrika (zur Koordinierung der Hilfe im Bereich Entwicklung und Militär sowie zur gemeinsamen Erstellung einer politischen Strategie für den Kontinent) vor. Abschließend wird empfohlen, dass die EU zum Erhalt des Multilateralismus eine „geduldige Strategie“ ähnlich wie während der Amtszeit von George W. Bush verfolgen solle. Ausgangspunkt für EU-Außenpolitik sei grundsätzlich die Globale Strategie – mit den USA solle zu jenen Themen gearbeitet werden, in denen Fortschritt möglich sei. Ansonsten solle man abwarten, ob die Trump-Administration ihre Positionen anpassen oder verändern würde.

Neben den Empfehlungen zu Außenpolitik, Sicherheit und Verteidigung geht die Studie außerdem auf eine Vielzahl von Herausforderungen und geteilte Interessen zu Wirtschaft und Handel, Datenverkehr oder Terrorismusbekämpfung ein.

So schlagen die Autoren beispielsweise eine verbesserte transatlantische Abstimmung in der WTO vor (insbesondere mit Blick auf China). In Hinblick auf eine mögliche Revitalisierung der Verhandlungen um ein Freihandelsabkommen raten die Kollegen von Chatham House und CSIS zur Verwendung eines neuen Namens sowie zum Verzicht auf jene Punkte, die in den bisher 15 Verhandlungsrunden am kontroversesten diskutiert wurden. Um den transatlantischen Datenverkehr und Handelsbeziehungen abzusichern, sollten sich US-Behörden und Unternehmen noch stärker über europäische Datenschutzbestimmungen informieren. Im Bereich der transatlantischen Kooperation zum Strafvollzug und zur Terrorismusbekämpfung sollte der Austausch von Fluggastdaten noch stärker erfolgen.

Die Studie besitzt ein überzeugendes transatlantisches Design – die Kooperation zwischen Washington und London trägt dazu bei, dass die gewählten Themenfelder für beide Seiten des Atlantiks spezifisch analysiert werden. Nützlich ist die gesonderte Sammlung der aus der Analyse abgeleiteten Handlungsempfehlungen am Ende der Studie. Leider bleiben Teile dieser Recommendations unkonkret und sie geraten im Bereich der Außenpolitik ziemlich gleichförmig. Die Studie leistet dennoch einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Diskussion über die Zukunft der transatlantischen Zusammenarbeit und legt dar, wie auch in Bereichen konstruktiv zusammengearbeitet werden kann, in denen die Trump-Administration einer gänzlich anderen Auffassung als Europa ist.

https://www.chathamhouse.org/sites/default/files/publications/research/2018-04-11-future-united-states-europe-irreplaceable-partnership.pdf

Published Online: 2018-12-14
Published in Print: 2018-12-19

© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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