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Digital History of Education Lab – im Spannungsfeld zwischen Bedarfsorientierung und Innovation

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Published/Copyright: August 13, 2025
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Abstract

This article presents the Digital History of Education Lab (DHELab) of the BBF | Research Library for the History of Education of the DIPF | Leibniz Institute for Research and Information in Education in terms of its genesis, target groups, contents, formats, resources, staff and existing or planned collaborations.

1 Kurzbeschreibung

Das DHELab – Digital History of Education Lab – der BBF | Bibliothek für Bildungsgeschichtlichen des DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation ist ein Ende 2023 gegründetes Library Lab, das im Rahmen der digitalen Transformation forschungsbezogene Formate anbietet sowie aktuelle Entwicklungen der Digital Humanities begleitet und zukünftige zu antizipieren versucht. Das DHELab ist ein physischer und virtueller Ort, wobei bisherige Aktivitäten schwerpunktmäßig in letzterem zu verorten sind. Das Lab arbeitet innovativ mit Beständen der BBF sowie in der Vernetzung mit externen Quellen und will Methoden und Tools für die digitale Bildungsgeschichte erproben, vermitteln und präsentieren. Dies beinhaltet auch einen reflexiven Umgang mit der Digitalität, was im konkreten Fall erfordert, die jeweiligen Werkzeuge und Methoden auf ihre Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit zu prüfen, um somit über ihre Potentiale, geeignete Einsatzszenarien und auch ihre Grenzen für die Forschung auskunftsfähig zu sein. Darüber hinaus möchte das DHELab Möglichkeiten des kollaborativen Arbeitens und der Vernetzung bieten, die mit Blick auf die zunehmend interdisziplinären Anforderungen an Forschungsprojekte den eigenen Fokus erweitern und neue Kooperationen fördern.[1]

2 Genese

Der Eröffnung des DHELab ging ein zweijähriger Prozess voraus, der sich innerhalb der Strategie „Digitale BBF“ verorten lässt. Die ursprüngliche Konzeption des Labs, die die Planung und Durchführung der Eröffnungsveranstaltung beinhaltete, war die Aufgabe einer sechsköpfigen Arbeitsgruppe, die innerhalb der BBF übergeordnet für die digitale Transformation bzw. digitale Aspekte des Arbeitens und Forschens zur Bildungsgeschichte zuständig und interdisziplinär sowie übergreifend aus den Arbeitsbereichen Bibliothek, Archiv und Forschung zusammengesetzt war. In diese Arbeitsgruppe waren auch die beiden Autor:innen des vorliegenden Beitrags eingebunden.

Die Vorüberlegungen zum DHELab und seiner Eröffnung bzw. allgemein zur Digitalität in der Historischen Bildungsforschung sind in der BBF ein dauerhaftes Thema: Als Forschungsbibliothek mit jeweils eigenem Archiv-, Bibliotheks- und Forschungsbereich ist sie schon seit vielen Jahren mit der Bereitstellung digitaler Angebote und (frei nutzbarer) Forschungsdaten, die übergeordnet im Kontext der Digital Humanities (inkl. eigener entsprechender Arbeitsgruppe seit den späten 2010er Jahren) aktiv, wie nicht zuletzt die digitalen Text- und Bilddatenbanken ScriptaPaedagogica[2] bzw. PicturaPaedagogica,[3] digitale Editionen,[4] eine eigene Plattform zur Bildungsgeschichte[5] und viele weitere Angebote[6] zeigen. Entsprechend gab es bereits 2021 eine Arbeitsgruppe, die sich Themen und Fragestellungen eines „DigiLab“ widmete, z. B. der Zielgruppe und der Raumausstattung. Wie für viele andere Vorhaben und Projekten in- und außerhalb der Wissenschaftslandschaft kam es auch für das DigiLab durch die COVID-Pandemie zu Einschränkungen und Verzögerungen. BBF-spezifisch kam nach einer Neueröffnung, die auf die Neugestaltung der Bibliotheksräume folgte, im November 2020 erschwerend ein vandalismusbedingter Wasserschaden hinzu, der das Vorankommen der räumlichen und konzeptionellen Gestaltung aufhielt.

Unter neuen Rahmenbedingungen und Vorzeichen konnten erwähnte Überlegungen und Umsetzungen teils fortgeführt, teils neu erdacht werden, als die BBF im Dezember 2021 und September bzw. Oktober 2022 drei neue Stellen im Rahmen einer strategischen Erweiterung des DIPF besetzen konnte, die sich auch und vor allem Forschungsdateninfrastrukturen, Forschungsdaten und Forschung im Sinne der Digital Humanities widmen soll(t)en – gleichwohl ein Cyberangriff auf das DIPF im Oktober 2022 die Bedingungen für Konzeption und Eröffnung des Labs erschwerte und für weitere Verzögerungen sorgte. Für die BBF als Abteilung des DIPF fügt sich die genannte strategische Erweiterung im Themenfeld Forschungsdaten nahtlos in wissenschaftsinterne Entwicklungen in der Historischen Bildungsforschung ein, die unter dem Schlagwort „digital turn“[7] im Vergleich zu anderen Fächern zwar mit leichter Verzögerung,[8] deswegen aber nicht weniger folgenreich und wirkmächtig die Wissenschaftspraxis kennzeichne(te)n.[9] In diesem Kontext wurde auch die Idee eines DigiLab – nun unter dem Label eines Digital History of Education Lab (DHELab) – weiterentwickelt und schließlich am 11. September 2023 mit einem Soft-Launch eröffnet,[10] der neben der Vorstellung der (geplanten) Angebote des DHELab auch Fachvorträge und Diskussionsmöglichkeiten beinhaltete.

Was sich als Konstante also festhalten lässt, ist das Bestreben, den Wandel in der Forschungslandschaft (inkl. Publikationspraxis) durch die Bereitstellung eines Experimentier- und Erfahrungsraums zu begleiten, mit dem übergeordneten Ziel, sich stärker an den Digital Humanities zu orientieren (ohne andere Forschungszugänge als obsolet zu erklären). Inzwischen ist ein Großteil der Arbeit am DHELab entsprechend im Forschungsschwerpunkt Digitale Bildungsgeschichte der BBF unter Leitung der einschlägigen Professur „Historische Bildungsforschung mit Schwerpunkt Digital Humanities“ verortet.[11]

3 Zielgruppen

Das DHELab lädt alle zur Bildungsgeschichte forschenden und daran interessierten Menschen dazu ein, in Austausch zu treten und die Angebote zu nutzen. Darüber hinaus sollen mit dem Angebot die Communities der Digital Humanities, insbesondere der Digital History erreicht werden.[12]

So lautet die Beschreibung der Zielgruppe auf der Homepage des DHELab. Als Forschungsbibliothek, die sich selbst als „Zentrum der historischen Bildungsforschung in Deutschland“[13] versteht, liegt dabei ein besonderes Augenmerk auf der Historischen Bildungsforschung als Forschungsfeld und eigenständiger Disziplin.[14] Die Eingrenzung des damit gemeinten Personenkreises fällt allerdings ebenso vage aus wie die disziplinäre Herkunft der in diesem Feld Forschenden breit. Ein naheliegender, wenn auch keinesfalls erschöpfender Ansatz der Eingrenzung zeigt sich in der institutionellen Zuordnung entsprechender Personen. Gemessen an der Etikettierung „Historische Bildungsforschung“ lassen sich beispielsweise 19 Lehrstühle, Arbeitsbereiche u. ä. mit 25 Professuren, die ein solches Label tragen (eigene Erhebung), im deutschsprachigen Raum finden; in der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft gehören der Sektion Historische Bildungsforschung rund 350 Mitglieder (inkl. kooptierter Mitglieder) an. Neben der Erziehungswissenschaft bildet die Geschichtswissenschaft die zweite primäre Bezugsdisziplin der Historischen Bildungsforschung, da „jedes historische Arbeiten konstitutiv auf das methodologische Wissen und methodische Instrumentarium der Geschichtswissenschaft angewiesen [ist]“.[15] In Verbindung mit dem auf Forschungsdaten sowie deren forschungsorientierte Bereitstellung und Nutzung ausgerichteten Fokus des DHELab zeigt sich folglich neben den Digital Humanities auch und insbesondere die Digital History als Zielgruppe der Angebote des DHELab. Ergänzend zu der hauptsächlich akademisch verorteten Zielgruppe gelten auch außerhalb der Wissenschaft an Bildungsgeschichte Interessierte als weitere Zielgruppe, die in der Vergangenheit vor allem aufgrund der besonderen Bestände den Weg in die BBF gesucht hat. Die Besonderheit der Zielgruppe des DHELab zeigt sich aus unserer Sicht in einer vergleichsweise kleinen (aufgrund des hohen Spezialisierungsgrades) und räumlich weit verstreuten Kern-Zielgruppe, die jedoch um eine umso breitere, wenn auch sehr heterogene Zielgruppe im weiteren Sinne ergänzt wird. Dieser Tatsache gilt es mit Blick auf die Konzeption (s. u.) Rechnung zu tragen, da beispielsweise die Vielfalt der fachlichen Zuordnungen ein großes Potential an Perspektiverweiterung sowie Wissens- und Kompetenztransfer durch Austausch verspricht, zugleich jedoch etwa die Nutzung eines physischen Raums für den Großteil der Zielgruppe allein aufgrund der Anfahrtswege erschwert wird.

4 Inhalte

Die Etablierung einer selbstreflexiven digitalen Forschungspraxis in der Historischen Bildungsforschung ist das übergeordnete Ziel des DHELab, an dem sich seine Inhalte ausrichten. Was sich unter dem Schlagwort digitale Transformation der Historischen Bildungsforschung fassen lässt, möchte das DHELab befördern und kritisch begleiten, da durch die Verschränkung digitaler und (ihnen oft in verkürzter Weise gegenüber gestellter) herkömmlicher, analoger Verfahren in diesem Feld „neben erlernten und etablierten wissenschaftlichen Methoden und Standards auch der Umgang mit neuen Techniken, Begriffen und Konzepten kritisch angeeignet werden muss“.[16] Dies geht einher mit dem Anspruch einer innerhalb wie außerhalb der BBF besseren Verzahnung von (vor Ort vorhandenen) Kompetenzen (von Archiv und Bibliothek bzw. jenseits der BBF insgesamt GLAM-Einrichtungen mit der Forschung). Zugleich sollen die Angebote des DHELab beim Vollzug „vom Medienwandel zum Methodenwandel“[17] unterstützen. Die Konzeption der Inhalte speist sich deshalb aus einer dreifachen Orientierung: Zum einen folgt das DHELab den Grundgedanken von Makerspaces und FabLabs,[18] bei denen insbesondere das Selbst-Tun, die Hilfe zur Selbsthilfe und damit verknüpft bzw. daraus resultierend neben Wissens- und Kompetenzerwerb auch der Austausch und die Kooperation unterschiedlicher Expertisen (oder im Fall des DHELab auch: Fächern) im Sinne eines kollaborativen Arbeitens im Mittelpunkt stehen. Zum anderen lässt sich durch die Verortung des DHELab in der BBF auch die Rolle von (wissenschaftlichen) Bibliotheken und darin die besondere Stellung und Funktion von Makerspaces und Labs in Erweiterung der ursprünglichen Entwicklung entsprechender Räume und Orte als Bezugspunkt festmachen.[19] Das bedeutet, dass sich die Funktionen auf den Wissenstransfer und die Anleitung und Bereitstellung von Soft- und Hardware erweitern, die auch in der Bereitstellung räumlicher Ressourcen bestehen. Schließlich bildet die dritte Orientierung die innerwissenschaftliche Einbettung des Angebots in der Community sowie im Umfeld eines Digital Turns den Bezugsrahmen für die Inhalte des DHELabs: Hier lässt sich einerseits der Bedarf an einer Befähigung zur Nutzung neuen Handwerkzeugs der Forschungspraxis thematisieren. Während bisherige kulturwissenschaftliche Turns eher programmatischen Charakter hatten, zeigt sich der digital turn vor allem auf forschungspraktischer Ebene.[20] Andererseits gilt es, diese Auswirkungen methodisch wie methodologisch zu reflektieren und auf Erkenntnismöglichkeiten hin zu befragen: „[D]iese digitale Forschungspraxis [sollte] stärker reflektiert werden […], um entsprechende Standards und Gütekriterien für den Umgang mit Forschungsdaten entwickeln zu können.“[21]

Abb. 1: Antworten, differenziert nach Statusgruppen, auf die Frage „Welche forschungsunterstützenden Tools nutzen Sie?“ aus der Bedarfserhebung zur digitalen Forschungspraxis in der Historischen Bildungsforschung im Frühjahr 2024
Abb. 1:

Antworten, differenziert nach Statusgruppen, auf die Frage „Welche forschungsunterstützenden Tools nutzen Sie?“ aus der Bedarfserhebung zur digitalen Forschungspraxis in der Historischen Bildungsforschung im Frühjahr 2024

Um der community-gestützten Bedarfsorientierung gerecht zu werden, welche die Spezifik der Zielgruppe im Besonderen herausfordert (s. o.), hat das Team des DHELab in Zusammenarbeit mit zwei Kolleginnen aus der BBF im März und April 2024 eine Umfrage zur digitalen Forschungspraxis in der Historischen Bildungsforschung durchgeführt[22] (Publikation in Vorbereitung).

Dabei zeigte sich nicht nur, dass mit Ausnahme von Literaturverwaltungssoftware die Nutzung forschungsunterstützender (digitaler) Tools eher nicht die Regel ist (vgl. Abb. 1), sondern auch dass für die Aneignung entsprechender Kompetenzen das Selbststudium oder informelle Zugänge die Regel sind (vgl. Abb. 2), was die Vermutung nahelegt, dass Inhalte und/oder Form von entsprechenden Formaten der Wissens- und Kompetenzvermittlung (s. u.) nicht den Bedarfen der Forscher:innen entsprechen. Auch die Selbsteinschätzung zum Anteil digitaler Forschung und Arbeit in Bezug auf die Verwendung entsprechender Tools fällt gering aus.

Ebenso zeigte sich in der Umfrage bezüglich des Forschungsdatenmanagements, dass die hohe Einschätzung seines Nutzens nicht im Einklang mit der verhaltenen Umsetzung in der eigenen Forschungspraxis steht.

Als konstitutiver Bestandteil wissenschaftlicher Kommunikation rücken neben Forschungsdaten(-management), Fach- und Methodenwissen auch neue Fertigkeiten und Kenntnisse einer sich verändernden Publikationslandschaft und -praxis[23] in den Fokus des DHELab. Neue Publikationsformate (z. B. Data Paper), veränderte Publikationswege (z. B. Blogs), die Bekanntmachung wenig etablierter Autorschafts-Konzepte (z. B. Datenkuratierende) oder veränderte Wege des Schreibens selbst (z. B. durch Anwendung menschen- und maschinenlesbarer Auszeichnungssprachen) sind Inhalte, die im DHELab zum Thema gemacht werden.

Abb. 2: Antworten, differenziert nach Statusgruppen, auf die Frage „Wie haben Sie sich die Kompetenzen zur Nutzung dieser Tools angeeignet?“ aus der Bedarfserhebung zur digitalen Forschungspraxis in der Historischen Bildungsforschung im Frühjahr 2024
Abb. 2:

Antworten, differenziert nach Statusgruppen, auf die Frage „Wie haben Sie sich die Kompetenzen zur Nutzung dieser Tools angeeignet?“ aus der Bedarfserhebung zur digitalen Forschungspraxis in der Historischen Bildungsforschung im Frühjahr 2024

Es ist insgesamt erkennbar, dass sowohl hinsichtlich der Methoden und Tools als auch der Informationskompetenzen und Publikationspraxen Lücken durch Angebote des DHELab geschlossen werden können (und sollten). Gleiches lässt sich für das Thema Forschungsdaten und deren Management sagen. In Kombination kommen die genannten Inhalte letztlich auch und vor allem dem Fachwissen der Historischen Bildungsforschung zugute.

5 Formate

Die Inhalte finden ihre Umsetzung in sehr unterschiedlichen Formaten. Niedrigschwellig in seiner Zugänglichkeit ist das aus diesem Grund unmittelbar nach dem Softlaunch zuerst etablierte Format monatlicher Vorträge, die in erster Linie einer Vermittlung von (Fach-)Wissen durch Personen mit unterschiedlicher Expertise dienen: In unserer Last Friday’s Lab Talk-Vortragsreihe sprechen überwiegend durch die DHELab-Mitarbeiter:innen angefragte, sowohl externe als auch (BBF- bzw. DIPF-)interne Kolleg:innen aus unterschiedlichen Domänen (Forschung ebenso wie Informationsinfrastruktur) und Disziplinen (z. B. Historische Erziehungswissenschaft, Digital History, Informationswissenschaft, Digital Humanities). Inhaltlich geht es um aktuelle Forschungsprojekte, Einführungen in bestimmte Themen und Fragestellungen oder auch forschungspraktische Veränderungen durch sich wandelnde oder neu entstehende Technologien und Theoriedebatten.

Abb. 3: Veranstaltung „Wissen durch Bilder − Multimodales Forschen in der Bildungsgeschichte“ in der BBF am 14.11.2024https://bbf.dipf.de/de/aktuell/termine/abendveranstaltung-wissen-durch-bilder-multimodales-forschen-in-der-bildungsgeschichte, zuletzt geprüft am 26.05.2025. (Foto: Daniel Erdmann)
Abb. 3:

Veranstaltung „Wissen durch Bilder − Multimodales Forschen in der Bildungsgeschichte“ in der BBF am 14.11.2024[24] (Foto: Daniel Erdmann)

Darüber hinaus finden Einzelveranstaltungen statt, die sich spezifischen Themen mit Bezügen sowohl zur Historischen Bildungsforschung als auch zu den Digital Humanities widmen.[25] Diese sind in der Regel einer breiten (fachlichen) Öffentlichkeit zugänglich.

Weiterhin gehören Workshops zur Angebotspalette des DHELab: Je nach Bedarf werden entweder Workshops zu bestimmten Themen durchgeführt mit dem Ziel, durch einen hohen Anteil praktischer Tätigkeit oder praxisbezogener Reflexion die eigene wissenschaftliche (Forschungs-, Publikations- oder Lehr-)Praxis anzuleiten und reflexiv zu begleiten,[26] oder aber für bestimmte Zielgruppen im Sinne eines Community-Building entlang der dieser Zielgruppe eigenen Bedarfe und Wünsche entworfen. Um die Nutzung der BBF-eigenen, aber auch anderer in Gedächtniseinrichtungen oder Repositorien vorgehaltenen Bestände zu befördern, werden auch (code-basierte) Anleitungen und Workflows publiziert, die beispielhaft Nutzungsmöglichkeiten und Anwendungsszenarien veranschaulichen und für den eigenen Gebrauch nachvollziehbar werden lassen. Schließlich ist auch das DHELab selbst in Form von Tagungs- oder Konferenzbeiträgen sein eigener Gegenstand und wird auf Entwicklung und Ausgestaltung hin kritisch hinterfragt.[27]

Die Abfrage der Vorzüge unterschiedlicher Durchführungsformate (online vs. in Präsenz) in der bereits genannten Bedarfserhebung ergibt ein uneindeutiges Bild (vgl. Abb. 4): Ob Veranstaltungen vor Ort durchgeführt werden sollten, was im Unterschied zu Online-Formaten vor allem dem Austausch und damit der Vernetzung dienlich sein dürfte, oder hybride oder reine Online-Formate bevorzugt werden, die im Gegensatz zu ersterem vor allem durch die Niedrigschwelligkeit und höhere Flexibilität der Teilnahme punkten, hängt vor allem vom Thema der Veranstaltungen ab, tendenziell scheinen aber Online-Formate ein wenig beliebter.

Die Wahl eines geeigneten Veranstaltungsformates (Workshop, Vortrag, Veranstaltung mit unterschiedlichen Formaten usw.) ergibt sich in aller Regel aus den Inhalten und Gegenständen der Veranstaltung selbst und hat wiederum mit Blick auf das Durchführungsformat jeweils eigene Schwächen und Stärken, die es seitens der Organisator:innen zu bedenken gilt.

6 Ressourcen

Das Lab ist momentan (Dezember 2024) von drei Mitarbeit:innen jeweils mit flexiblen Arbeitszeitanteilen personell ausgestattet. Dazu gehören sowohl die 2024 neu berufene Forschungsprofessorin für Historische Bildungsforschung mit dem Schwerpunkt Digital Humanities an der Humboldt-Universität zu Berlin, Katharina Vogel, sowie als wissenschaftliche Mitarbeiter:innen Linda Freyberg und Daniel Erdmann. Die beiden am DHELab mitwirkenden Autor:innen haben feste Stellen inne, die im Rahmen eines strategischen Sondertatbestandes zur Verstetigung des Projektes „Verbund Forschungsdaten Bildung“ sowie zum Ausbau des Bereichs „Forschungsdaten“ geschaffen wurden und bringen anteilig Arbeitszeit in das Lab ein, je nach anfallenden Aufgaben und Dringlichkeit. Personell profitiert das DHELab zudem von in der BBF arbeitenden Forscher:innen der Bildungsgeschichte, Bibliothekar:innen, Archivar:innen, Informationswissenschaftler:innen und IT-Entwickler:innen, die ihren Erfahrungsschatz und ihre Kenntnisse in den Bereichen Forschung mit computationalen Methoden, Erzeugung, Bereitstellung und Archivierung sowie Analyse, Präsentation und digitale Publikation von Forschungsdaten einbringen. Es findet ein wöchentlicher Jour Fixe statt, in dem beispielsweise die Vortragsreihe und weitere Veranstaltungen (s. o.) geplant und begleitet, aber auch konzeptionelle Fragen hinsichtlich weiterer Vorhaben diskutiert werden.

Abb. 4: Antworten, differenziert nach Statusgruppen, auf die Frage „In welchem Format bevorzugen Sie Workshops?“ aus der Bedarfserhebung zur digitalen Forschungspraxis in der Historischen Bildungsforschung im Frühjahr 2024
Abb. 4:

Antworten, differenziert nach Statusgruppen, auf die Frage „In welchem Format bevorzugen Sie Workshops?“ aus der Bedarfserhebung zur digitalen Forschungspraxis in der Historischen Bildungsforschung im Frühjahr 2024

In Ergänzung zu den bestehenden Ressourcen sind Drittmittelanträge in Planung und in Bearbeitung, um ausgewählte Inhalte und Formate des DHELab gezielt umsetzen und mit gebotener Expertise und entsprechender Qualität angehen zu können. In der Bibliothek ist ein Raum für das DHELab vorgesehen, dessen Ausgestaltung im Rahmen der fortzuschreibenden Konzeption in enger Abstimmung mit und Rückkopplung an die Community noch an den Anfängen steht.

7 Personalprofile/Skills

Die o. g. Mitarbeiter:innen der BBF, die an der Konzeption und Umsetzung des DHELab beteiligt waren und sind, bringen Qualifikationen im Bereich der Bibliotheks- und Informationswissenschaft, der Kulturwissenschaft sowie im Bereich der Historischen Bildungsforschung bzw. Erziehungswissenschaft mit. Zum Zeitpunkt ihrer Einstellungen verfügten sie jenseits erworbener Zertifikate über Berufs- bzw. Forschungserfahrung und Vernetzung im Bereich der Digital Humanities.

8 Kooperationen

Das DHELab als Experimentier- und Erprobungsraum mit daraus resultierendem Kompetenz- und Wissenstransfer bei gleichzeitiger Vernetzung setzt in eigenem Interesse sowie im Interesse der Zielgruppe(n) auf vielfältige, dauerhafte ebenso wie anlassbezogene Kooperationen. Thematisch und methodisch trifft dies naheliegenderweise (wie nicht zuletzt der vorliegende Text beweist) auf andere Scholarly Makerspaces oder Library Labs zu. Hier zeigt sich die Kooperation vor allem in der Teilnahme an entsprechenden Netzwerktreffen (z. B. des Netzwerk Bibliotheks-Labs oder des RIDSCH Berlin) und dem einrichtungsübergreifenden Austausch.[28]

Innerhalb der BBF und innerhalb des DIPF zeigt sich die Vernetzung einerseits im wechselseitigen Wissenstransfer durch aktive Einbindung von Kolleg:innen bei der Planung und Durchführung von Veranstaltungen sowie nach Möglichkeit und inhaltlicher Passung bei der Fortschreibung des Konzeptes im Sinne einer einrichtungsinternen Steuerung und Abstimmung. Von besonderem Interesse für die BBF ist hier auch die Förderung der Nutzung digitaler und digitalisierter Bestände und entsprechender Datenbanken (s. o.), womit sich ein Wechselspiel der steigenden Nutzung der Bestände einerseits mit entsprechend erhöhtem Bedarf an Nutzung und Reflexion von Methoden und Tools andererseits ergibt, was wiederum den Bedarf an Forschungsdaten (BBF-Beständen) erhöht. Für das Gesamt-Institut ist hier vor allem die Vernetzung im Rahmen des Erweiterungsvorhabens zum Thema Forschungsdaten zu nennen, in dessen Kontext eine Kooperation personell institutionalisiert ist.

Innerhalb der Historischen Bildungsforschung gilt es, neben dem Vorhalten von exklusiven wie offen gehaltenen Angeboten (s. o.) auch die Präsenz des DHELab bzw. der mit ihm verknüpften Mitarbeiter:innen auf Tagungen oder bei Veranstaltungen zu nennen, die einen fortwährenden Austausch ermöglicht und somit wechselseitige Anschlüsse ebenso wie bisher unbearbeitete Leerstellen sicht- und kommunizierbar werden lässt. Gleiches lässt sich auf die Digital-Humanities-Community ebenso wie auf die der Digital History übertragen. Auch im Kontext universitärer Lehre bestehen Kooperationsmöglichkeiten, wie sie zum Beispiel im Rahmen des Lehrbereichs Historische Bildungsforschung der Humboldt-Universität zu Berlin genutzt werden, um Studierende mit einem Besuch des DHELab mit einer Digital History of Education vertraut zu machen. Insgesamt kommt im Bereich der Forschung dem DHELab die Organisationsstruktur der BBF zugute, da durch einen eigenen, integrierten Forschungsbereich ein unmittelbarer Zugang zu den relevanten Communities gegeben ist.

Für eine Vernetzung in dem Feld der Infrastrukturen lässt sich ergänzend zur Teilnahme an einschlägigen Tagungen und Konferenzen die Mitgliedschaft in und Vernetzung mit mehreren NFDI-Konsortien (insbesondere Text+, NFDI4memory, NFDI4culture) nennen. Im Herbst 2024 hat zudem ein Austausch mit der „Kompetenzwerkstatt Digital Humanities“ der Humboldt-Universität zu Berlin[29] stattgefunden, die unter anderem zu der Teilnahme am Booksprint für diesen Beitrag geführt hat.

9 Nachhaltigkeit

Durch die Zuständigkeit mehrerer Personen, von denen zwei ihre Aufgaben auf Dauerstellen erfüllen, ergibt sich das Potential einer langfristigen Verstetigung der Angebote bei gleichzeitig fortschreitender Weiterentwicklung der Angebotspalette. Dabei gilt es stets im Blick zu behalten, ob und wie die Bedarfe der Communities, die als Zielgruppen identifiziert wurden, bearbeitet werden können und sollen und zugleich über die schon vorhandenen Bedarfe hinaus ausreichend Neugier und Interesse an bisher noch wenig oder unbekannten Themen, Verfahren und Tools geweckt und verstetigt werden kann. Bei diesem Punkt zeigt sich besonders deutlich der Bedarf an einer Meta-Forschung zu den eigenen und ähnlich gelagerten Angeboten, zu den Auswirkungen digitaler Technologien und Tools auf Forschungspraxis und Publikationslandschaft oder zur Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit von eingesetzten Werkzeugen, um die Relevanz der Angebote und Themen des DHELab reflektieren und entsprechend begründet fundieren zu können, was einer Nachhaltigkeit der eigenen Angebote mehr als dienlich ist. Mit Blick auf die Nachhaltigkeit des Angebots ist die Einbindung von festen Stellen in ein solches Angebot eine Besonderheit, auf die es hinzuweisen gilt, und die bei kluger und effizienter Verteilung von Arbeitskraft und Ressourcen ein wertvolles und solides Fundament der kontinuierlichen Arbeit darstellt.

10 Takeaways

Das DHELab der BBF ist ein junges und entsprechend nach wie vor in (Weiter-)Entwicklung begriffenes Angebot, das von der personellen Ausstattung und der guten Vernetzung in den relevanten Communities profitiert, durch die Erfüllung der Aufgaben im Rahmen weiterer Aufgabenfelder jedoch in Qualität wie Quantität Schwankungen zu unterliegen droht, da diese wesentlich von den Kapazitäten der Mitwirkenden abhängen. Vor allem mit Blick auf die Bedarfe der Zielgruppe und damit verbunden mit der Ausgestaltung des physischen Raums zeigen sich die Dynamik und Fluidität von Themen und (passenden) Angeboten in Verschränkung mit einer vergleichsweise kleinen, räumlich weit verstreuten Zielgruppe. Neben der Offenheit für durch die Zielgruppe selbst eingebrachte Themen und Fragestellungen zeigt sich auch eine Kehrseite dieser notwendigen Bedarfsorientierung: die Zielgruppe nicht nur im Status Quo zu erreichen, sondern zukünftige Forschungsszenarien zu antizipieren und die Zielgruppe auch zu gewinnen für Inhalte, die zum Teil noch nicht bekannt sind und entsprechend in ihrem Mehrwert für den eigenen Wissenschaftsalltag (noch) nicht wertgeschätzt werden können. Und das, ohne dabei eine „Frontstellung“ von Digital Humanities und bisheriger Forschung und Wissenschaftspraxis heraufzubeschwören, scheinen zentrale Herausforderungen der Zukunft.

Online erschienen: 2025-08-13
Erschienen im Druck: 2025-08-07

© 2025 bei den Autoren, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizenziert unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

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  28. Praxishandbuch Bibliotheksmanagement. Herausgegeben von Jochen Johannsen, Bernhard Mittermaier, Hildegard Schäffler und Konstanze Söllner. 2., völlig neu überarbeitete Auflage. Berlin, Boston: De Gruyter Saur, 2025. – XXII + 849 S., 33 Ill. – eBook ISBN: 978-3-11104-634-1. Open Access. ISBN: 978-3-11102-991-7. 189,94 €.
  29. Veranstaltungskalender
  30. Veranstaltungskalender
Downloaded on 28.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/abitech-2025-0045/html
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