Staatsbürgerschaft und die Transnationalisierung der sozialen Frage. Eine Reflexion über Thomas Faists Buch „Exit“
Rezensierte Publikation:
Thomas Faist, Exit. Warum Menschen aufbrechen. Globale Migration im 21. Jahrhundert. München: C.H. Beck 2022, 400 S., gb., 32,00 €
Was kann ich, die ich nicht zu Migration forsche, über Thomas Faists Buch „Exit“ sagen, ohne anmaßend zu sein? Ganz sicher fehlt mir die Expertise, um dieses umfassende Werk in die wissenschaftliche Debatte über globale Migration einzuordnen. Ebenso mangelt es mir an Kenntnis des politischen Feldes, um seine konkreten Ideen und Vorschläge zur Verbesserung der Situation von Migrant:innen zu kommentieren. Als somit ziemlich unbedarfte Leserin kann ich zunächst berichten, dass dieses Buch sehr flüssig und instruktiv geschrieben ist. Es ist auch für alle diejenigen gut zugänglich, die (noch nicht) tief in die Materie der Migrationsforschung eingedrungen sind. Nach der Lektüre hatte ich tatsächlich das Gefühl, eine systematische Einführung in das Thema erhalten zu haben.
Die Transnationalisierung der sozialen Frage
Neben vielem Neuen, das ich beim Lesen des Buches erfahren habe, erhalte ich auch eine etwas andere Perspektive auf ein Thema, das mich seit langem beschäftigt. Die sogenannte soziale Frage, also der Frage der Verteilung von Einkommen und Vermögen, aber auch anderer Ressourcen wie Gesundheit oder Gewährung grundlegender sozialer Rechte.
Faist zeigt, dass es im Kontext von Migration zu einer Transnationalisierung der sozialen Frage gekommen ist, denn Menschen sind stärker als frührer über nationale Grenzen hinweg miteinander verbunden. Wenn Menschen ihr Herkunftsland verlassen und in ein anderes Land migrieren, entstehen transnationale Sozialbeziehungen und Familien, „deren Angehörige über mehrere Länder hinweg verstreut wohnen. Immer mehr Frauen migrieren auch unabhängig, nicht nur als Partner:innen ihrer Ehemänner. Ein Beispiel dafür ist Migration zu Beschäftigung im Pflegesektor“ (S. 144). Somit entstehen auch transnationale Muster von sozialer und geschlechtsspezifischer Ungleichheit. Die Pflegekräfte, die in westlichen Ländern meist zu im Maßstab der Migrationsländer schlechten Arbeitsbedingungen arbeiten, fehlen beispielsweise in ihren Herkunftsländern als Fachkräfte, aber auch als Familienangehörige. Migration ist allerdings nicht nur Ursache, sondern auch Ergebnis bereits existierender transnationaler sozialer Ungleichheit. Denn die Folgen des Kolonialismus oder transnationale ausbeuterische Produktionsstrategien, die auf extrem langen und unübersichtlichen Lieferketten, wie zum Beispiel in der Bekleidungsindustrie, beruhen, treiben bis heute Menschen dazu, ihre Herkunftsländer zu verlassen – ebenso wie die Folgen des maßgeblich durch den globalen Norden verursachten Klimawandels. Die Transnationalisierung der sozialen Frage wirft die Frage nach einer neuen sozialen Ordnung auf, denn ganz offensichtlich können Regelungsinstrumente, die sich an nationalstaatlichen Ordnungen orientieren, diese Probleme nicht angemessen adressieren. „Die dabei diskutierten Aspekte betreffen nicht nur vorwiegend im nationalstaatlichen Rahmen zu adressierende ökonomische Aspekte wie Einkommen, Steuern und Arbeitsmarktregulierungen, sondern berühren grundlegende Fragen transnationaler sozialer Ordnung wie etwa diejenigen nach gerechter Verteilung von Ressourcen über Ländergrenzen hinweg und die Verantwortung für klimagerechte Anpassung.“ (S. 89)
Wie Faist im Rückgriff auf Marshall (2000) zeigt, war die Antwort des 20. Jahrhunderts auf soziale Ungleichheit und die damit verbunden Verteilungskonflikte im Wesentlichen der Ausbau von wohlfahrtsstaatlichen und sozialen Rechten. Diese funktionieren in einem transnationalen Rahmen jedoch nicht mehr, denn Sozialstaatlichkeit und sozialstaatlicher Schutz ist hier an die Grenzen des Nationalstaats gebunden. Die damit verbundene Exklusion bestimmter Gruppen ist ein in der Soziologie oft diskutiertes Thema. So argumentiert Stephan Lessenich (2006) zum Beispiel, dass Sozialstaatlichkeit inkludiert, weil sie Solidarität institutionalisiert und soziale Rechte garantiert, aber eben auch exkludiert, weil sie nur für jene gilt, die Zugang zu diesen Rechten haben, die zur Solidargemeinschaft gehören. „Solidarität, fraglos eine der Sympathieträger unter den Wertideen des modernen Wohlfahrtsstaats, hat ein peinliches Geheimnis, eine dunkle Seite, die sich nicht wegidealisieren lässt: Sie ist auf die eine oder andere Weise immer exklusiv. Solidarität braucht ein Außen, von dem sich das Innen der Zugehörigkeit und der gemeinschaftlichen Unterstützung absetzen (lassen) kann. Solidaritätsräume haben Grenzen.“ (Lessenich, 2006, S. 182) Es ist ein wesentliches Merkmal von Migrationsbewegungen, dass sie quer zu diesen „Grenzen der Solidaritätsräume“ liegen. Migration schafft transnationale Sozialräume, die quer zu nationalen Sozialräumen liegen – und damit auch quer zu den innerhalb dieser nationalen Räume garantierten sozialen Rechten: „Für transnationale Sozialräume gibt es keinen durch soziale Rechte und soziale Bürgerschaft etablierten Referenzrahmen wie auch nationaler Ebene“ (S. 170).
Staatsbürgerschaft als Ursache (transnationaler) sozialer Schichtung[1]
Wenn auch teilweise eher implizit als explizit ist in Faists Ausführungen das Konzept der Staatsbürgerschaft zentral, um die Muster sozialer Ungleichheit im Kontext von Migration zu erklären. Der Zugang zu sozialen Rechten ist an die Zugehörigkeit zu einer Solidargemeinschaft gekoppelt und die strukturiert sich in Nationalstaaten entlang der Staatsbürgerschaft. Diese Perspektive ist fruchtbar, sie hilft, die Gleichzeitigkeit von nationaler Regulierung und transnationalen Sozialräumen zu fassen und zu beschreiben, wie aus dieser gleichzeitig spezifische Ausgrenzungsmuster entstehen, die neue Formen sozialer Ungleichheit schaffen.
Nicht ohne Grund thematisiert ThomasFaist (S. 182–193): das Konzept der Staatsbürgerschaft auch als Mechanismus sozialer Schließung. Entlang der Staatsbürgerschaft in einem EU-Mitgliedsland entscheidet sich beispielsweise die Situation von Pflegekräften in der EU und die Frage, inwieweit sie von bestimmten Rechten exkludiert sind. So sind Migrant:innen aus Rumänien arbeits- und sozialrechtlich besser abgesichert als Arbeitsmigrant:innen aus der Ukraine, die aber ähnliche Tätigkeiten verrichten (S. 184). Staatsbürgerschaft schafft aber auch Ungleichheiten zwischen jenen Migrant:innen die die Staatsbürgershaft des Landes, in das sie migriert sind, erlangt haben, und denen, die dies nicht getan haben. Dabei verweben sich Ungleichheiten, die sich vom fehlenden Zugang zur Staatsbürgerschaft und den damit verbundenen Rechten ableiten mit anderen Ungleichheitskategorien wie beispielsweise Geschlecht. So stellt Faist zum Beispiel dar, dass pflegerische Tätigkeiten als weiblich konnotierte Tätigkeiten häufig eine Abwertung erfahren und als unqualifizierte Tätigkeiten gelten, obwohl die Frauen, die in den EU-Ländern diese Arbeit verrichten, häufig eine entsprechende Ausbildung absolviert haben. Die Feminisierung der Migration im Pflegebereich sei dabei nicht nur der Nachfrage in den Zielländern geschuldet, sondern auch „ein Resultat der blockierten Aufwärtsmobilität für Frauen in den jeweiligen Herkunftsländern“ (S. 189). Die Abwertung von weiblichen Qualifikationen entsteht aus einem Zusammenspiel geschlechtsspezifischer Ungleichheitsmuster in den Herkunfts- und Zielländern und wird durch den fehlenden bzw. eingeschränkten Zugang zu den sozialen Rechten des jeweiligen Ziellandes verstärkt. Faist zeigt weiterhin, dass es auch innerhalb von Migrat:innen mit EU-Staatsbürgerschaft Hierarchisierungen gibt, da vor allem Migrant:innen aus Rumänien und Bulgarien fast ausschließlich Zugang zu Arbeitsmarktsegmenten haben, die schlecht entlohnt werden.
Damit wird Staatsbürgerschaft, die ja allen Menschen, die Zugang zu ihr haben, zumindest theoretisch, die gleichen zivilen, politischen und sozialen Rechte garantiert und daher häufig als inkludierender und integrierender Mechanismus interpretiert wird – zu einem Instrument sozialer Schichtung. Entlang von Staatsbürgerschaft strukturiert sich „eine de jure oder de facto Exklusion bestimmter Minderheiten von der Gesamtheit bürgerlicher, politischer und sozialer Rechte, die der Mehrheit zustehen“ (Lookwod, 2000, S. 164). Hier wird eine konflikttheoretische Perspektive auf Staatsbürgerschaft sichtbar, die im Gegensatz zu Marshalls (2000) für seine Zeit typischen funktionalistischen Blick steht. Marshall (2000) beschreibt die Entstehung der Staatsbürgerrechte als „linear-evolutionär konstruierten“ Prozess, in dessen Verlauf sich im Zuge einer „stetigen Ausdifferenzierung und Institutionalisierung“ sowie „(inhaltliche[n]) Niveausteigerung und (personale[n]) Ausdehnung“ (Brinkmann & Nachtwey, 2017, S. 19) drei Typen von Staatsbürgerrechten herausbildeten: Erstens die bürgerlichen (zivilen) Staatsbürgerrechte, die um das 19. Jahrhundert entstanden sind. Sie sind zentrale zivile Rechte, deren Entwicklung eng mit der Entstehung bürgerlicher Gerichtshöfe verbunden ist. Hierzu gehören die Gedanken- und Redefreiheit oder das Recht, Eigentum zu besitzen oder Verträge abzuschließen. Zweitens geht es um politische Staatsbürgerrechte, die eng mit den Institutionen der Parlamente und kommunalen Verwaltungen verbunden sind und die Partizipation an der Ausübung politischer Macht garantieren. Als letztes bildeten sich soziale Staatsbürgerrechte heraus, die soziale Standards und Teilhabe garantieren (Müller-Jentsch, 2008, S. 17–18). Im Sinne seines funktionalistischen Verständnisses von sozialem Wandel ging Marshall davon aus, dass die Entwicklung der Staatsbürgerrechte quasi „evolutionär in einer aufeinander aufbauenden Stufenleiter [erfolgte]; ein einmal erlangtes Bürgerrecht stellte die Grundlage für die Entfaltung des nächsten dar [...]“, wie es Brinkmann und Nachtwey formulieren (2013, S. 509).
Diese Annahme wurde allerdings von Vertreter:innen konflikttheoretischer Theorien mit dem Verweis auf die Auseinandersetzungen, die die Durchsetzung der Staatsbürgerrechte gekostet haben, schon immer kritisiert. „Gegen Marshalls evolutionistische und teleologische Perspektive hebt Giddens mit Nachdruck die Bedeutung des Klassenkonflikts als Motor und Medium der Ausdehnung von Bürgerrechten hervor. Bürgerrechte müssen als Kampfinstrumente begriffen werden, den Spielraum individueller Freiheiten auszudehnen, wodurch sie immer wieder Konflikte auslösen.“ (Mackert & Müller, 2000, S. 34–35) Faist erweitert diese Kritik nun um eine transnationale Perspektive, indem er zeigt, dass in Zeiten großer Migrationsbewegungen der Zugang zu Staatsbürgerschaft selbst zum umkämpften Territorium geworden ist: Ähnlich formuliert es auch Mackert (1999, S. 107): „Vielmehr ist deutlich geworden, daß dem Nationalstaat [...] weiterhin zwei entscheidende Funktionen zukommen: zum einen gilt er als souveräner 'gate-keeper', der die Zuwanderung auf sein Territorium kontrolliert, zum anderen entscheidet der Nationalstaat auch in seinem Innern souverän darüber, wer in den Genuß der Staatsbürgerrechte kommt. Dies zeigt, daß der Exklusionscharakter des nationalen Modells der Staatsbürgerschaft, der von den soziologischen Klassikern (fast) vollständig unbehandelt blieb, immer deutlicher hervortritt [...].“
Was tun?
Die Herausforderungen, die Faist skizziert sind groß: „Während sich seit Ende des 19. Jahrhunderts die soziale Frage auf den Konflikt zwischen Kapital und Arbeit zumeist in den sich herausbildenden Industrieländern fokussierte und seit dem Ende des 20. Jahrhunderts vermehrt kulturell codierte Fragen aufwarf, hat sie im 21. Jahrhundert über Prozesse der grenzübergreifenden Migration und der Wahrnehmung höherer Interdependenz in Bereichen wie dem Klimawandel eine noch ausgeprägtere weltweite Bedeutung angenommen.“ (S. 303) Was kann die regulative Antwort auf diese Herausforderungen sein? Eine naheliegende Antwort auf das skizzierte Problem der transnationalen sozialen Frage wäre, ihm eine transnationale Staatsbürgerschaft entgegenzusetzen. So schön der Gedanke ist, so unrealistisch scheint er in der Umsetzung. Denn in der Praxis sind supranationale Formen der Staatsbürgerschaft, zum Beispiel in Form der EU-Bürgerschaft häufig auch mit einer Aufweichung und Verringerung sozialer Rechte einhergegangen (Seikel, 2017, S. 352). Supranationale Institutionen und Regulierungen, die eine solche Staatsbürgerschaft garantieren, bergen die Gefahr der Entdemokratisierung.
Ich möchte daher auf Marshall zurückkommen, der neben den skizzierten zivilen, politischen und sozialen Rechten noch eine vierte Form von Rechten beschrieb – industrielle Staatsbürgerrechte. Diese Rechte sind deshalb interessant, weil sie sich (nur) vom Staatsbürgerstatus ableiten, sondern von dem Status der Erwerbstätigkeit. Hierzu gehören kollektive Rechte, wie die betriebliche Mitbestimmung und die Tarifautonomie, ebenso wie soziale Rechte oder Schutzmechanismen, die aus arbeits- und sozialrechtlichen Regelungen resultieren. Ihre Besonderheit besteht darin, dass sie als Bündel kodifizierter Rechte, aber auch sozialer Konventionen und Praktiken, sowohl individuelle als auch kollektive Rechte definieren. Diese industriellen Staatsbürgerrechte gewähren soziale Anerkennung im Kontext der Erwerbsarbeit (Heitmeyer, 2018) und demokratische Teilhabe (Kies & Schmidt, 2020). Sie setzen damit einen regulatorischen Rahmen für Erwerbsarbeit und strukturieren zugleich Muster sozialer Integration in Kontext der Erwerbsarbeit. Genau genommen sind sie sogar die Voraussetzung und der rechtliche Rahmen dafür, dass Erwerbsarbeit kein Ausbeutungsverhältnis, sondern ein Garant materieller und demokratischer gesellschaftlicher Teilhabe ist (vgl. Kohlrausch, 2022). Sie sind damit Instrument der Institutionalisierung und damit auch Befriedung des Konflikts zwischen Kapital und Arbeit, der, wie Faist zeigt, allerdings ein weltweiter Konflikt ist.
Während Marshall diese „industriellen Staatsbürgerrechte“ noch nicht als eigenständige Form von Staatsbürgerrechten betrachtet hat, betonen spätere Autor:innen ihre Besonderheit, weil sie anders als die genannten zivilen, demokratischen und sozialen Staatsbürgerrechte nicht nur an den Status des oder der Staatsbürger:in, sondern zusätzlich an abhängige Beschäftigung gekoppelt sind und über die im Rahmen von regulärer Staatsbürgerschaft garantierten Rechte hinausgehen (vgl. Nachtwey & Brinkmann, 2013; Kohlrausch, 2022). So haben sie dort, wo es betriebliche Mitbestimmung gibt, die Möglichkeit ihren Arbeitskontext demokratisch mitzugestalten. Im Rahmen der Tarifautonomie gestalten sie die Lohnstruktur ihrer Branche mit, indem sie sich z. B. an Streiks beteiligen. So schaffen diese Rechte auch einen neuen Status, den des/der industriellen Staatsbürger:in. Auch wenn industrielle Staatsbürgerrechte in konflikthaften Auseinandersetzungen zwischen Kapital und Arbeit in nationalen Kontexten errungen und durchgesetzt wurden, haben sie das Potenzial, die Grenzen und Begrenzungen der an nationale Staatsbürgerschaft gekoppelten Rechte zu überschreiten. Ich möchte an zwei Beispielen darstellen:
Ausländische Beschäftigte sind deutschen Beschäftigten im Hinblick auf ihre Rechte der betrieblichen Mitbestimmung gleichgestellt. Seit der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes von 1972 haben Beschäftigte unabhängig von ihrer Herkunft auch das passive Wahlrecht. Dies ermöglichte vielen ausländischen Beschäftigten, sich in Betriebsräte oder sogar als Betriebsratsvorsitzende wählen zu lassen. In Gewerkschaften sind zudem viele Migrant:innen ohne deutsche Staatsbürgerschaft organisiert. Sie gestalten dort die Arbeitsbeziehungen mit (Krings, 2019, S. 15). Somit genießen sie als industrielle Staatsbürger:innen partizipative Rechte, die durch den fehlenden Zugang zur deutschen Staatsbürgerschaft beschränkten politischen Rechte weit hinaus gehen. Ihre Teilhabemöglichkeiten sind im betrieblichen Kontext größer als in anderen gesellschaftlichen Kontexten. Industrielle Staatsbürgerrechte schaffen somit unabhängig von der Staatsbürgerschaft mehr Rechtssicherheit in den Zielländern.
Trotz aller Lücken schaffen Lieferkettengesetze Rechte für Beschäftigte, die meist in den Ländern des globalen Südens, also potenziellen Exit-Ländern von Migrat:innen, arbeiten. Sie regeln unternehmerische Verantwortung und garantieren im Idealfall Rechtssicherheit für Beschäftigte außerhalb der nationalen Grenzen.
Industrielle Staatsbürgerrechte schützen Erwerbsarbeit und Beschäftigte vor den Kräften des Marktes. Auch wenn sie im Kontext nationaler Regulierungen entstanden sind, weisen sie schon heute darüber hinaus. Möglicherweise wäre die Konzeptionalisierung einer transnationalen industriellen Staatsbürgerschaft somit eine, sicher nicht die einzige, Antwort auf die transnationale Frage. Denn transnationale Staatsbürgerrechte hätten, wie ich gezeigt habe, da Potenzial, die Mechanismen der sozialen Schließung, die sich mit Staatsbürgerschaft verbinden, auszuhebeln, ohne den Schutz, den diese ja auch gewährt, außer Kraft zu setzen.
Literatur
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© 2023 Bettina Kohlrausch, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.
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