Home German Linguistics Anwendungspotential und Adaption der Methode „Lernen durch Lehren“ im chinesischen Hochschulkontext
Article Publicly Available

Anwendungspotential und Adaption der Methode „Lernen durch Lehren“ im chinesischen Hochschulkontext

  • May Naomi BLANK

    arbeitet als DaF-Dozentin am Goethe-Institut Amsterdam und studierte an der Technischen Universität Berlin und der Zhejiang-Universität in Hangzhou Deutsch als Fremdsprache und China Studies.

    EMAIL logo
Published/Copyright: May 10, 2019

Zusammenfassung

Kann eine Lehrmethode weltweit eingesetzt werden oder muss sie jeweils an lokale Bildungskontexte angepasst werden? In diesem Beitrag wird ein Forschungsprojekt von 2015 bis 2016 vorgestellt, in dem die aus Deutschland stammende Methode „Lernen durch Lehren“ an der chinesischen Zhejiang-Universität getestet und evaluiert wurde. In der Methode „Lernen durch Lehren“ (LdL) erarbeiten Lernende eigenständig Unterrichtsthemen und vermitteln den Lehrstoff in der Rolle der Lehrkraft. Aus den Forschungsergebnissen der Studie geht hervor, dass die Methode auch mit TeilnehmerInnen (TN), die geringe Erfahrungen mit kommunikativer Didaktik haben, erfolgreich angewendet werden kann. Insbesondere in den Bereichen Sprechfähigkeit und Hörverstehen konnten erhebliche Erfolge verzeichnet werden; der Sprechanteil der TN erhöhte sich im Pilotprojekt ebenso wie die Lernerautonomie und Informationskompetenz der TN stark. Jedoch führte die Unterrichtsvorbereitung zu einer hohen Arbeitsbelastung für die Studierenden, denen es an didaktischer Erfahrung mangelte. Auch kulturelle Konzepte wie der Gesichtsverlust und ein durch das chinesische Schulsystem geprägtes Verständnis der Lehrerrolle beeinflussten die Implementierung. In diesem Beitrag wird die Hypothese aufgestellt, dass das Implementationsdesign der Methode LdL für den Einsatz in China kultursensitiv angepasst werden muss.

Abstract

Can teaching methods be applied globally or do they have to be adapted to fit the specific cultural environment of the classroom? This paper discusses a research project at Zhejiang University where the method learning-by-teaching (LBT) was applied and assessed in the context of Chinese Higher Education in 2015/2016. In LBT classes, students take over tasks that are traditionally performed by teachers: They explore content independently, find ways of teaching the subject matter and enable student learning by correcting other students or giving them feedback. The project at ZJU revealed that learning-by-teaching can be beneficial in the Chinese context, even though the learners had little experience with communicative methods. LBT showed positive results especially in promoting speaking and listening comprehension, by enhancing autonomous learning and creating an active and collaborative learning atmosphere. But in the case study, the participants described problems understanding student-taught grammar sections. Generally, they found it hard to comprehend other student-teachers. As the students lacked teaching experience, they faced an increased preparation time. This paper suggests that the previous learning experience of the participants in the Chinese school system and their exposure to Chinese cultural values (regarding teacher roles for example) had an influence on the results of the study. Consequently, the implementation design of the method should be adapted culture-sensitively if used in China. However, the quick progression of the learners in terms of speaking and listening comprehension contradict the wide-spread idea of a static Chinese type of learner and show the potential of the method in the PRC.

1 Einleitung: Deutsch als Fremdsprache in China. Zwischen Grammatik-Übersetzungsmethode und Kommunikativem Ansatz

In Zeiten einer wachsenden Rolle von DaF in China stellt sich die Frage, wie kommunikative Kompetenzen chinesischer DaF-LernerInnen ausgebaut werden können, wobei die Stärke der chinesischen Germanistik im Bereich der Grammatikvermittlung erhalten bleiben soll. Wang Yingpin (2007: 11 f.) konstatiert, chinesische DeutschlernerInnen verfügten oft über ausgezeichnete Grammatikkenntnisse, aber eine wenig entwickelte Sprechfertigkeit. Auch Cordula Hunold (2009: 57) stellt fest, Kommunikationsfähigkeit und Aussprache spielten im Unterricht in China eine untergeordnete Rolle, und verweist auf einen hohen Sprechanteil der Lehrkraft und Mängel in der Lehrerausbildung.[1] In der Volksrepublik China etablierte sich ab den 1960er Jahren eine Praxis, in der Elemente der Audiolingualen Methode (AM) und der Grammatik-Übersetzungsmethode (GÜM) kombiniert werden. Bei GÜM werden deutsche Texte übersetzt und grammatische Regeln deduktiv vermittelt, wobei die Unterrichtssprache hauptsächlich Chinesisch ist. Satzmuster werden durch Imitation und Repetition eingeübt, zum Beispiel indem die Klasse laut im Chor vorliest (vgl. Kleppin 1987: 252; Wang 2007: 86 und 96). Diese Praxis überlebte, anders als in Westeuropa und den USA, die Kommunikative Wende und wird von Wang (2007: 94) als typisch für den chinesischen Fremdsprachenunterricht beschrieben.

Gleichzeitig lernten laut Fan Jieping und Li Yuan (2007: 205 f.) viele Studierende Deutsch, um ein Studium in der Bundesrepublik zu absolvieren, da die deutschen Universitäten einen guten Ruf genössen und die Studiengebühren niedrig ausfielen. Neben den traditionellen GermanistikstudentInnen gibt es eine wachsende Gruppe Studierender, die Deutsch neben ihrem Hauptfach studieren, und SprachkursteilnehmerInnen außerhalb des universitären Kontextes (vgl. Hunold 2009: 50). Zhao und Stork (2007: 168 f.) beschreiben jedoch, dass viele chinesische Studierende aufgrund mangelnder Integration und wegen Hemmungen in der mündlichen Beteiligung in Sprachkursen und Fachseminaren ihr Auslandsstudium in Deutschland abbrechen. Sowohl von Seiten der DeutschlernerInnen, die im Zielsprachenland studieren und arbeiten wollen (vgl. Wang 2007: 11), als auch von Seiten der Regierung, die die internationale Kommunikation und den Handel mit Deutschland vorantreiben will, gibt es den Wunsch, die kommunikative Ausrichtung der Germanistik zu stärken.

Dies schlägt sich beispielsweise in folgenden Entwicklungen nieder: Erstens wurden in den Kerncurricula ab 1991 kommunikative Kompetenzen aufgenommen, zweitens wurde 2001 das interkulturelle, kommunikative Lehrwerk Klick auf Deutsch von einem Team chinesischer Lektoren entwickelt. Drittens werden, in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut, chinesische DeutschlehrerInnen in kommunikativen Methoden qualifiziert (vgl. Künstler 2011: 79). Die Weiterbildungsreihe des Goethe-Instituts „Deutsch Lehren Lernen“, die zum Teil auch in die Lehrerausbildung der Universitäten integriert ist, ist hierfür ein Beispiel (zu Kooperationen zwischen dem Goethe-Institut und chinesischen Bildungseinrichtungen siehe Benkelmann-Zhang 2019). Künstler spricht von einer generellen „Offenheit und Bereitschaft, neue innovative westliche Lehr- und Lernkonzepte zu testen und bei gegebener Wirksamkeit weitläufig einzusetzen” (2011: 92).

2 Übertragbarkeit von LdL auf den chinesischen Bildungskontext

2011 regte der Sinologe Daniel Künstler in den Landauer Beiträgen zur Fremdsprachenvermittlung dazu an, den in Deutschland entwickelten pädagogischen Ansatz „Lernen durch Lehren“ auf den chinesischen Unterrichtskontext zu übertragen (vgl. Künstler 2011: 75 ff.). Bei der Methode „Lernen durch Lehren“ (LdL) übernehmen LernerInnen zeitweise die Rolle der Lehrkraft, indem sie Übungen anleiten, andere TeilnehmerInnen korrigieren oder Grammatikeinheiten erklären. Auch der Lehrplan kann in einigen Varianten der Methode gemeinsam aufgestellt werden (vgl. Martin/Kelchner 1998: 217). „Dabei darf nicht von einem ,einfachen‘ Referieren ausgegangen werden”, betont Künstler in seinen Ausführungen zu LdL, „der Lehrer-Lerner muss mittels Einsatz diverser Unterrichtmethoden und -techniken [...] den Stoff auf vielfältige Art vermitteln und versuchen, mit der Klasse in Interaktion zu treten“ (2011: 76). Diese Schüler-Schüler Interaktion über Lerninhalte in der Zielsprache ist die Besonderheit der Methode „Lernen durch Lehren“.

Der Vorteil von LdL liege darin, dass sich durch die Schülerorientierung einerseits der Sprechanteil der Lernenden in authentischen Kommunikationssituationen erhöhe, andererseits Zeit für die Grammatikvermittlung bleibe. So schreiben Martin und Kelchner: „Eine Einführung von Grammatik kann schon relativ früh von Schülern übernommen werden, wenn es sich um einfache Strukturen und Regularitäten handelt“ (1998: 216). Martin (1996) proklamiert, die Methode „Lernen durch Lehren“ löse die Opposition zwischen Grammatik-Übersetzungsmethode, dem Behaviorismus und der Kommunikativen Methode auf, indem sie Kognitivierung, Automatisierung und Kommunikation beinhalte. Er schreibt:

Der Stoff – z. B. ein Grammatikkapitel – wird von den Schülern zunächst in Einzel- oder Partnerarbeit kognitiv erfaßt, bevor er im Plenum vermittelt wird. Durch die Tatsache, daß die Schüler im Unterricht viel sprechen [...], wird für Habitualisierung gesorgt. Schließlich entsteht im Unterricht eine echte Kommunikation, denn die Schüler sprechen als sich selbst und wollen mit ihren Äußerungen echte Sprechintentionen realisieren. (Martin 1996: 72)

Wenn die Methode LdL bei chinesischen Lernergruppen effektiv eingesetzt werden könnte, ergäbe sich ein großes Anwendungspotential von LdL, um die Grammatikkompetenz sowie die Sprechfertigkeit von StudentInnen in der chinesischen Germanistik zu schulen. Mit Ausnahme der Erfahrungsberichte Oebels (2005) aus Japan und der Forschung von Ho (2010) in Vietnam stammen die Fallstudien zum Einsatz von LdL jedoch größtenteils aus dem europäischen Bildungskontext. Beispielsweise beschreiben Grzega (2005), Grzega und Schöner (2008) sowie Stollhans (2016) Erfolge im Einsatz von LdL in universitären Seminaren in Deutschland und Großbritannien. Es stellt sich nun die Frage, ob die in Deutschland entwickelte Methode auf andere Bildungskontexte und -kulturen übertragen werden kann. Der Urheber der Methode, Jean-Pol Martin, stellt die Hypothese auf, „Lernen durch Lehren [sei] nach entsprechenden kulturbedingten Anpassungsmaßnahmen“ universell anwendbar (vgl. Martin/Oebel 2007: 4). Die Vermittlung von Wissensstoff befriedige kulturunabhängige menschliche Bedürfnisse. Indem das Selbstbewusstsein der Lehrer-Lerner gestärkt würde, erlangten die LernerInnen ein Bedürfnis nach Sicherheit. Indem sie über ihre Funktion soziale Anerkennung erfahren und sich, zum Beispiel bei der Ausgestaltung der Lerninhalte, selbst verwirklichen könnten, erfülle sich ein menschliches Bedürfnis nach Transzendenz (vgl. Martin 1996: 75; Martin/Oebel 2007: 6).

Dahingegen warnt der britische Linguist Holliday (1994), wie auch Coleman (1996), davor, westliche Didaktik blind zu exportieren, und kritisiert diese Praxis als ethnozentrisch (vgl. Holliday 1994: 3). Seine These, die sich auf die Disziplin Englisch als Fremdsprache bezieht, kann ebenso auf den DaF-Bereich übertragen werden: „What goes on within the classroom is influenced by factors within the wider educational institution, the wider educational environment and the wider society“ (ebd.: 11). Externe Faktoren nähmen Einfluss auf die Klassenkultur und auf die Methoden, die von SchülerInnen und LehrerInnen als effektiv gesehen würden, sowie auf die Rolle, die LehrerInnen zugewiesen würde (ebd.: 45 ff.). Als Beispiel für solche kulturspezifischen Unterschiede nennt er die Rolle des Lehrers in Ägypten:

Prevailing educational ideologies do not see the role of the teacher as a monitor of learning but as a fount of knowledge, which is delivered without any concession to students, and which students must struggle to attain. (Holliday 1994: 59)

Dabei betont Holliday den Einfluss von akademischen und pädagogischen Berufskulturen, der Kultur der Institution, in der die Methode implementiert wird, und national-kultureller Prägungen (1994: 29 und 67). Die bisherige Forschung habe sich jedoch zu sehr auf Letztere fokussiert:

National culture [...] is very broad and conjures up vague notions about nations, races and sometimes whole continents, which are too generalized to be useful, and which often become mixed up with stereotypes and prejudices. It is easy to talk about, for example, the learning problems of a particular group to be influenced by „Arab culture“ or „Confucian culture“ but such cultures, if indeed they are identifiable, are so complex and vast that they are no longer useful devices for investigating what is happening in the classroom between people. (ebd.: 21)

Hollidays Position lässt sich wie folgt zusammenfassen: Lehrmethoden müssen an die Kulturen angepasst werden, in denen sie angewendet werden. Wenn wir jedoch von stereotypen Annahmen über Nationalkulturen ausgehen, laufen wir Gefahr, die tatsächlichen Dynamiken, die im Klassenzimmer stattfinden und die von institutionellen Kulturen und Berufskulturen beeinflusst werden, zu übersehen. So werden chinesische Lernende oft als passiv, rezeptiv, schweigsam, kritiklos und fleißig beschrieben. Es falle ihnen schwer, Unterrichtsaspekte selbständig zu erarbeiten. Lernerautonomie müsse ihnen angelernt werden (vgl. Hunold 2009: 51 ff.). Da „Lernen durch Lehren“ eine Methode ist, die stark auf der eigenständigen Erarbeitung von Lerninhalten und der Planung von Unterrichtseinheiten fußt und deren Vermittlung kommunikative, produktive Fähigkeiten erfordert, müsste die Methode im krassen Widerspruch zu der Lernerprägung stehen.

Die wissenschaftliche Relevanz dieser Studie besteht darin, dass erstmals empirisch getestet wurde, ob die Methode „Lernen durch Lehren“ in einem chinesischen Hochschulkurs effektiv eingesetzt werden kann. Damit wird einerseits auf den Bedarf eingegangen, Lehrmethoden für den chinesischen Kontext zu entwickeln, mit denen die LernerInnen Kommunikationsstrategien in authentischen Sprechsituationen entwickeln und simultan ihre Grammatikkenntnisse ausbauen. Andererseits trägt das Forschungsprojekt zu der Diskussion bei, inwieweit die These vom „chinesischen Lernertyp“ haltbar ist und ob Lehrmethoden global anwendbar sind. Das Projektdesign und die Ergebnisse dieser Studie werden in den folgenden Abschnitten vorgestellt.

3 Forschungsprojekt: LdL an der Zhejiang-Universität

Die Implementierung von LdL wurde in einer Fallstudie an der Zhejiang University (ZJU) in Hangzhou umgesetzt. Im Forschungsprojekt wurde ein Deutschkurs mit elf TeilnehmerInnen neun Wochen lang, vom 24. November 2015 bis zum 19. Januar 2016, an die Prinzipien von LdL herangeführt und der Unterricht nach einer Einführungsphase nach LdL gestaltet. Da es unterschiedliche Richtlinien zur Implementierung von LdL gibt (vgl. Martin/Kelchner 1998: 217; Grzega 2006: 3), wurde ein eigenes Projektdesign entwickelt, das im folgenden Abschnitt genauer beschrieben wird.

3.1 Projektdesign

Der Kurs wurde in drei Unterrichtseinheiten pro Woche nach LdL unterrichtet, jedoch zusätzlich auch nach konventionellen Unterrichtsmethoden bei zwei anderen DozentInnen. Die KursteilnehmerInnen (sieben weibliche, vier männliche) lernten Deutsch studienbegleitend neben ihren Hauptfächern Architektur, Physik, Ingenieurwesen, Informatik, Philosophie und Stadtplanung. Der Kurs startete auf Zielniveau A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens und sollte die TeilnehmerInnen innerhalb eines Jahres auf den DSH-Test vorbereiten.

Tab. 1

Projektdesign.

PhaseUnterrichtsinhaltLernziel
Einführung

(Woche 1)
Aufgaben von LehrernTN können gedanklich Lehrerrolle einnehmen, TN können in der Zielsprache über Unterrichtsse-quenzen und Aufgaben von Lehrern sprechen
Einführung

(Woche 2)
Aspekte der Methode „Lernen durch Lehren“, Projektvorstellung, ErwartungsabfrageTN kennen die Ziele und Methoden des Forschungsprojektes
Einführung

(Woche 3)
Negotiated CurriculumTN können eigene Wünsche zu Unterrichtsinhalten in die Planung des Curriculums einbringen, TN kennen Groblernziele der Projekttage
Implementation

(Woche 4–8)
TN unterrichten in Kleingruppen Unterrichtssequenzen, diese besprechen sie in der wöchentlichen Sprechstunde mit der LehrkraftTN kennen Strategien der Wissensvermittlung, (z. B. variierte Sozialformen, Mediennutzung) und Quellen zur Unterrichtsvorbereitung (z. B. Online- und Offlineressourcen),

TN können anderen KursteilnehmerInnen Lehrinhalte vermitteln und diese einüben
Evaluation

(Woche 9)
Feedback und EvaluationTN können Erfahrungen im Projekt reflektieren

Das Forschungsprojekt wurde im zweiten Viertel des Studienjahres in drei Phasen umgesetzt (vgl. Tab. 1). Die TN hatten damit ein Kurzsemester Zeit gehabt, sich an die Lehrkraft und ihren kommunikativen Unterrichtsstil zu gewöhnen, bevor das Projekt begann. Die Implementierungsdauer richtete sich nach dem akademischen Kalender der Universität, der in vier kurze Semester eingeteilt ist, und ließe sich ähnlich auf andere chinesische Universitäten übertragen. In der Einführungsphase wurden die Lernenden inhaltlich auf das Projekt vorbereitet. Es wurden mögliche Sozialformen und Ressourcen für die Unterrichtsvorbereitung vorgestellt und Wortschatz für die Klassenkommunikation eingeführt, um den TeilnehmerInnen Methoden und Redemittel zur eigenen Unterrichtsgestaltung an die Hand zu geben. Gleichzeitig wurde die Vermittlung dieser Inhalte graduell an die TeilnehmerInnen selbst übergeben, sodass Elemente der Lehrmethode bereits in der Praxis getestet werden konnten, bevor die Unterrichtsgestaltung in der Implementierungsphase gänzlich von den TN übernommen wurde. Schließlich wurden die Lerninhalte der Projektwochen in einem sogenannten Negotiated Curriculum gemeinsam bestimmt (vgl. Bovill/Bulley 2011).

Das Lernziel der ersten Woche war, dass die TN frei sprechen, erstmals selbst Übungen anleiten und sich in die LehrerInnen-Rolle hineinversetzen. In der ersten Unterrichtseinheit erfassten die TN dafür Tätigkeiten von LehrerInnen in einer Mindmap (Anleitung: „Denkt in Partnerarbeit über die Frage nach: Welche Aufgaben hat ein Lehrer oder eine Lehrerin? Was machen sie im Unterricht? Wie bereiten sie zu Hause den Unterricht vor? Ihr dürft ein Wörterbuch oder eine App benutzen“) und erstellten ein Wandplakat zum Thema „Wie sollte ein guter Lehrer sein?“. Anschließend wurde ein Kursteilnehmer gebeten, eine Podiumsdiskussion darüber zu leiten, ob der Lehrerberuf schwer ist.

Ziele der zweiten Woche waren die Bewusstmachung der Kernelemente von LdL und die Erwartungsabfrage vor Beginn des Projektes. Die Methode „Lernen durch Lehren“ wurde vorgestellt, indem eine Reportage des Bayerischen Rundfunks zu LdL geschaut (Bayerischer Rundfunk 1992) und ein Lückentext mit den Hauptinformationen der Methode bearbeitet wurde. Danach wurden die TN gebeten, sich eine der in der Vorwoche gesammelten Lehrertätigkeiten auszuwählen und in einer Kurzpräsentation zu argumentieren, ob LernerInnen diese Tätigkeit übernehmen könnten. Es ergab sich folgende Verteilung:

Tab. 2

Welche Lehraufgaben können von Lernenden übernommen werden? Selbsteinschätzung der TN.

Aufgaben, die von Lernenden übernommen werden könnenAufgaben, die nicht von Lernenden übernommen werden können
– Unterrichtsmaterialien erstellen

– Grammatik erklären

– andere LernerInnen berichtigen

– Examen konzipieren

– Fragen beantworten

– Vokabeln abhören

– Landeskunde vermitteln

– sich um das Wohlbefinden der anderen LernerInnen kümmern
– Durchführung von Prüfungen organisieren

– Phonetik/Phonologie unterrichten

– Hausaufgaben korrigieren

Erst im Anschluss an diese Aufgabe wurden die TN über das Forschungsprojekt informiert und wiederum ein TN gebeten, eine Diskussion zu Vor- und Nachteilen einer solchen Lehrmethode anzuleiten. Die Ergebnisse der Abfrage, welche Lehrtätigkeiten der Meinung der TN nach von LernerInnen übernommen werden könnten, wurden im Projektdesign berücksichtigt, um die Methode gemeinsam mit den Studierenden anzupassen und weiterzuentwickeln.

In der letzten Einführungswoche wurden gemeinsam Unterrichtsinhalte für das Projekt besprochen und von der Lehrkraft in einem Curriculum strukturiert, sodass an jedem Termin die Bereiche Grammatik, Wortschatzeinführung, Sprechfertigkeit sowie Landeskunde unterrichtet werden.[2] Außerdem bereiteten die TeilnehmerInnen erstmals in Gruppen eine selbst gestaltete Unterrichtseinheit zu den Themen (1) „Sozialformen“, (2) „Onlineressourcen zur Unterrichtsplanung“ beziehungsweise (3) „Offlineressourcen zur Unterrichtsplanung“ und (4) „Wortschatz für die Unterrichtskommunikation“ vor. Um die TN in diesem Prozess zu unterstützen, wurde die Vorbereitungsphase, anders als in den darauffolgenden Wochen, in den Unterricht gelegt. So konnte die Lehrkraft den TN während des Vorbereitungsprozesses unterstützend und erklärend zur Seite stehen. Die TN setzten sich theoretisch mit Lehrmethoden auseinander und vermittelten praktisch dieses Wissen an ihre KommilitonInnen.

In der Implementierungsphase unterrichteten alle TN jede Woche eine kurze Lerneinheit in Kleingruppen. Übungen wurden dazu von den TN eigenständig angeleitet. Die Unterrichtsplanung wurde im Unterricht und in der Sprechstunde gemeinsam mit der Lehrkraft besprochen. Die Studierenden wurden dazu angeregt, sich gegenseitig zu korrigieren, und die TN gebeten, den einzelnen Lehrer-Lernern nach ihren Unterrichtssequenzen Feedback zu geben. Auch die Lehrperson gab den Studierenden nach jeder Unterrichtseinheit persönliche Feedbacks. In der neunten Woche folgte eine Evaluierung im Rahmen einer gemeinsamen Diskussion und in individuellen, leitfadengestützten Interviews.

3.2 Forschungsdesign

Im vorigen Abschnitt wurde dargelegt, wie die Methode LdL in einem studienbegleitenden Deutschkurs an der ZJU umgesetzt wurde. Jetzt soll kurz diskutiert werden, wie empirische Daten zum Implementationserfolg der Methode erhoben wurden. Es bestanden hier drei Schwierigkeiten: Erstens sollten externe kulturelle Faktoren identifiziert werden, die die Implementation der Methode beeinflussen, ohne dabei gefestigte Annahmen oder Stereotype über chinesische Lernende zu vervielfältigen.[3] Um jedoch zu vermeiden, dass Literatur zum „typischen chinesischen Lerner” die Forschungsergebnisse beeinflusst, wurde die Literatur zum Lernverhalten chinesischer Lernender bewusst erst nach der Auswertung der empirischen Daten erfasst. Nach der Implementierungsphase wurden qualitative, leitfadengestützte Interviews mit den TN geführt, in denen Fragen zur Fremdsprachenlernbiografie und zur Wahrnehmung der Projektphase gestellt wurden. Mithilfe einer Inhaltsanalyse wurden Muster in den Beschreibungen der Lern- und Lehrerfahrung der StudienteilnehmerInnen ermittelt und induktiv Hypothesen entwickelt, welche Faktoren einen Einfluss auf die Implementierung von LdL haben könnten.

Das zweite methodologische Problem lag darin, dass externe Variablen nicht kontrolliert werden konnten, insbesondere da die StudentInnen simultan von anderen LehrerInnen unterrichtet wurden. Da der Einfluss von Drittvariablen nicht zu ermessen ist, können keine eindeutigen Kausalzusammenhänge zwischen der Lehrmethode und den beobachteten Lerneffekten abgeleitet werden. Schließlich tritt das Problem der Generalisierung von kleinen Stichproben auf. Ziel der Fallstudie war die intensive Erforschung eines Einzelfalles – ein kleiner studienbegleitender Deutschkurs an der ZJU –, aus dem Rückschlüsse für eine größere Gruppe ähnlicher Fälle – Deutschkurse an anderen chinesischen Universitäten – gezogen werden können. Bei der Diskussion der Forschungsergebnisse ist jedoch zu beachten, dass die Zhejiang University zu den neun prestigereichsten chinesischen Hochschulen, der sogenannten C9 League, gehört (vgl. Yang/Welsh 2012: 647). Da es sich also nicht um einen typischen Fall handelt, kann man keine eindeutigen Rückschlüsse für die Gesamtpopulation „alle chinesischen Universitäten“ ziehen, wie es etwa Seawright und Gerring (2008: 296) vorsehen. Die Daten können daher, neben dem Problem der kleinen Stichprobengröße, nicht generalisiert werden. Ausgehend von Hollidays These (1994: 15), der Klassenraum spiegele immer seine Umwelt wider, erlauben sie aber zumindest, Hypothesen zum Potential des Einsatzes der Methode im chinesischen Hochschulsystem aufzustellen. Da es bisher keine empirischen Daten zum Thema LdL in China gibt, öffnet die explorative Studie so das Forschungsfeld. Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse der leitfadengestützten Interviews skizziert.

4 Ergebnisse

Aus den Forschungsergebnissen geht hervor, dass es möglich ist, die Methode LdL im chinesischen Hochschulkontext erfolgreich anzuwenden, auch mit TeilnehmerInnen, die geringe Erfahrungen mit kommunikativer Didaktik haben. Es treten aber auch Schwachstellen auf. Im folgenden Abschnitt sollen zunächst Einflussfaktoren auf den Implementationserfolg von LdL vorgestellt werden, die aus der Analyse der Leitfadeninterviews ermittelt wurden. Dann werden die Vor- und Nachteile der Methode aus der Perspektive der StudienteilnehmerInnen[4] geschildert.

4.1 Mögliche Einflussfaktoren

Die Ergebnisse der Fallstudie unterstützen die These von Wang (2007), dass die GÜM noch immer einen großen Einfluss auf die Lernkultur in China habe, sie zeigen einen hohen Leistungsdruck mit Fokus auf Examen und einen lehrerzentrierten, hierarchischen Unterrichtsstil auf. Dabei ist zu beachten, dass die Erfahrungen der StudienteilnehmerInnen zum Teil aus ihrer Schulzeit stammen und die jüngsten Entwicklungen der chinesischen Didaktik nicht abbilden können.

Die StudienteilnehmerInnen beschreiben, dass schriftliche Kommunikation, Grammatikvermittlung und Übersetzung in ihrer Fremdsprachenlernbiographie eine größere Rolle spielten als Sprechfertigkeit. „When Chinese teachers teaching German they explain the words. Every word we don't understand. So it's just like reading a dictionary“, berichtet eine Kursteilnehmerin (vgl. Interview, Anna). Eine andere Studentin beschreibt eine typische Unterrichtsstunde aus ihrer Schulzeit:

A teacher would tell you some Grammatik, grammar and you do some practice in a paper. And teacher will explain you what Fehler, what mistakes you are machen- make and how you correct it. And the they will not speak too much to you. That is not good for the contact in real situations. (Interview, Effi)

Schließlich beschreiben die KursteilnehmerInnen ihre Schulzeit als eine hierarchisch strukturierte, lehrerzentrierte Lernumgebung mit wenig Lernerautonomie. Dies illustriert die folgende Beschreibung: „The teacher will talk to you: ,Open the page. That is the important things and I will check the language in the exam!‘ You just remember and don't say why or what“ (Interview, Björn).

Darüber hinaus berichten die Studierenden von einem großen Leistungsdruck und häufigen Examen. Eine der Studentinnen habe während ihrer Schulzeit alle zwei Tage einen Test geschrieben (vgl. Interview, Anna). Die Sprechfähigkeit wurde nicht geübt, da sie nicht examensrelevant war: „We don't have to. We have no exam for speaking“ (Interview, Leo). Dieser Leistungsdruck wird im gesamten Schulsystem wahrgenommen. Ein Student erzählt:

Jetzt in China gibt es viele Studenten aber wenige gute Schulen. Und so wenn man eine bessere Schule gehen möchte sie müssen haben eine ... hohe Note. Und ich unterrichte die Kinder Schwimmen als einen Part-time-Job und die meisten Kinder sind Kindergarten und die Eltern zwingen ihre Kinder Englisch ... zu studieren zum Beispiel und Klavier zu spielen und so weiter. Aber diese Kinder möchten nicht. (Interview, Reichman)

Die StudienteilnehmerInnen in der Fallstudie bereiteten sich neben ihrem Hauptstudium auf den DSH-Test vor. Der Workload der StudentInnen hatte einen großen Einfluss auf die Vorbereitungszeit für die Unterrichtssequenzen und damit die Qualität des LdL-Unterrichts, worauf im folgenden Abschnitt eingegangen wird.

Schließlich beschreiben einige TN, besonders zu Anfang des Projektes, eine starke Sprechangst vor den zu unterrichtenden Unterrichtssequenzen. Eine Studentin beschreibt dies wie folgt: „I find it difficult how to express myself in a long Satz – in a long sentence and I don't know how to say that, so I feel so depressed and nervous and I just stand there“ (Interview, Helene). Die fehlende kommunikative Ausrichtung im chinesischen Bildungssystem könnte den von Renkl (1997: 32) beschriebenen Effekt noch verstärken, dass Studierende die Einnahme der Lehrerrolle und die simultane Kommunikation in der Fremdsprache bei LdL als überwältigend erführen, wodurch ihr Selbstbewusstsein und die Qualität ihres Outputs abnähmen. Ein Effekt, der durch die Idealisierung der Lehrerrolle noch verstärkt werden könnte. Eine Studentin beschreibt ihr Lehrerbild wie folgt: „When I was young I just listened to the teacher ... I think they are holy maybe ... like a God“ (Interview, Helene).

Ein weiterer Faktor, den die TN ansprachen, war die Idee des Gesichtsverlusts. Hwang Kwang-Kuo (2006: 277) definiert das Gesicht als „an individual’s contingent self-esteem“. Ein TN äußerte die Hypothese, dass die Lehrer-Lerner aus Angst davor, ihr Gesicht zu verlieren, alles, was sie sagen wollten, verschriftlichten. Dies verkompliziere ihre Sprache und mache es schwieriger für die anderen LernerInnen, ihnen zu folgen (vgl. Interview, Kathryn). Durch solche kulturellen Prägungen und fehlende Erfahrung könnten chinesische LernerInnen besondere Schwierigkeiten dabei verspüren, vor anderen zu sprechen oder die Lehrerrolle einzunehmen, gerade bei einem relativ niedrigen Sprachniveau.

4.2 Adaptionsbedarf

Eine Schwachstelle des Projektes war nach Einschätzung der TN die Vermittlung von Grammatikinhalten, was den eingangs formulierten Erwartungen hinsichtlich der Methode widerspricht. Die Studierenden waren es gewohnt, neue Grammatik auf Chinesisch erklärt zu bekommen. Daher fehlte ihnen die Metasprache, um über Grammatikthemen zu sprechen und diese zu erklären (vgl. Interview, Milo). Die Lehrer-Lerner erarbeiteten sich den Meta-Wortschatz für ihre Unterrichtseinheiten in mühevoller Vorbereitungszeit, jedoch verstanden die TN ihre Erklärungen oft nicht, da ihnen das Vokabular fehlte.

Die Unterrichtsvorbereitung führte darüber hinaus zu einer hohen Arbeitsbelastung für die Studierenden, was besonders problematisch war, da sie Deutsch neben ihren Hauptfächern lernen und es sich um eine zusätzliche Arbeitsbelastung handelt. Je weniger Zeit die TN für die Vorbereitung der Lehrsequenzen fanden, desto schlechter wurde deren Qualität nach ihrer eigenen Einschätzung. Ein Student beschreibt den Effekt des Zeitmangels folgendermaßen:

[...] dann ist in unsere Präsentationen ganz schlecht und wir sagten wir können nicht über die Thema ganz klar, ganz genau sprechen. Und dann ist die Unterricht nicht sehr gut ... wenn die Lehrer spricht wir können etwas lernen. Aber wenn wir selbst die Lehrer war, wenn wir nicht gut vorbereitet, meistens haben wir nicht gut gelernt. (Interview, Leo)

Des Weiteren fehlte es den Studierenden an didaktischer Erfahrung. Sie unterrichteten die Unterrichtsinhalte oft frontal, besonders anfangs mit wenigen Variationen in den Sozialformen, ohne die KommilitonInnen zu aktivieren. Sie imitierten damit den lehrerzentrierten Lehrstil, den sie selbst als SchülerInnen erfahren hatten. Ein TN kommentiert: „[...] when Chinese students are presenting it's very – how to say – dry. Just PPT [Powerpoint] and they read what they have prepared. It's very dry and not so interesting“ (Interview, Milo). Die mangelnde didaktische Erfahrung zeigte sich insbesondere bei der Wahl der Unterrichtsthemen. Die Studierenden richteten sich dabei eher nach ihren Interessen als nach der Angemessenheit für ihr Sprachniveau, weswegen manche Lerninhalte schwer zu vermitteln waren. Eine TN beschreibt das Dilemma:

So die Materialien sind difficult – schwer zu finden ob es gut oder schlecht oder zu schwer oder zu leicht ist. Und auch die Inhalte ist auch schwierig zu wählen weil denn wir haben interessieren über die Thema aber das Thema ist nicht so leicht zu verstehen. Aber wir haben Interesse aber wir haben keine Erfahrung zu die Thema lösen. (Interiew, Charlotte)

Schließlich hatten die StudentInnen, etwa aufgrund fehlerhafter Aussprache und mangelndem Wortschatz, zum Teil Schwierigkeiten damit, ihre KommilitonInnen zu verstehen, was sich negativ auf den Lernerfolg auswirkte. Zwar erkannten die TN zum Teil die Fehler der unterrichtenden KommilitonInnen und korrigierten diese, jedoch nicht immer. Einige TN beschrieben, dass sie viel von den Inhalten gelernt hätten, die sie selbst unterrichteten, jedoch aufgrund von Verständnisproblemen kaum etwas von den anderen KommilitonInnen lernten. Hinzu kamen Konzentrationsprobleme, da die TN vor der eigenen Unterrichtssequenz nervös waren. Dies korrespondiert mit den Studien über Tutorenprogramme von Bargh und Schul (1980), die zeigen, dass Tutoren oft einen größeren Lerneffekt zeigen als ihre SchülerInnen. Interessanterweise berichteten einige Studierende von einem gegenteiligen Effekt. Eine Teilnehmerin berichtet: „Students are not so quick like teachers. [...] Their presentation is very interesting and I can get most of it. And they always explained in Chinese or English. So it feel more easier for me“ (Interview, Anna). Dies zeigt die Pluralität der Wahrnehmung von Lehrmethoden.

4.3 Anwendungspotential von „Lernen durch Lehren“

Das Feedback der ProjektteilnehmerInnen war insgesamt jedoch überwiegend positiv.[5] Insbesondere in den Bereichen (1) Sprechfähigkeit und (2) Hörverstehen verzeichneten die TN nach dem Forschungsprojekt erhebliche Erfolge.[6] Trotz der anfänglichen Nervosität beim Annehmen der LehrerInnenrolle, die im vorherigen Abschnitt beschrieben wurde, verzeichneten die KursteilnehmerInnen ein wachsendes Selbstvertrauen im Laufe des Projektes (siehe hierzu beispielsweise Interview, Kathryn). Anna, eine Teilnehmerin, die es anfangs als schwierig empfand, sich in langen Sätzen auszudrücken, beschreibt: „Gradually I got used to ... prepared for it.“ Die Sprechangst habe ihren Lernprozess nicht langfristig gehemmt: „Every time I feel depressed you said it's okay, I feel: Oh, it's okay and I think it's a way to just graduate, to grow up. It's okay, It motivated me to learn better“ (Interview, Anna). Dieses Zitat zeigt die wichtige Rolle von positivem Feedback und Begleitung durch die Lehrkraft. Einer der Studenten musste seine erste Präsentation aus Nervosität abbrechen. Er beschreibt die Entwicklung, die er durchmachte:

I think in the beginning I thought I would be a good teacher because my father is a teacher. So in the beginning I used the way he teached me. But then I find out that it's not very useful. So I found my own way to teach others. So I found that it's much easier to teach others when you use a more friendly way to teach them and sometimes you don't have to do ... to be ... how to say? Serious ... you can be more like a friend than a teacher to teach them. (Interview, Milo)

Signifikant war auch, dass einige der Studierenden sich entschlossen, die Leitfadeninterviews auf Deutsch anstatt auf Englisch zu führen. Eine Teilnehmerin, die mit sechs Jahren angefangen hatte, Englisch zu lernen, führte trotz ihrer 15-jährigen Lernerfahrung das Interview auf Deutsch. Ihre Sprechfertigkeit im Deutschen sei nach dem Projekt besser als ihr gesprochenes Englisch, so ihre Begründung (vgl. Interview, Kathryn). Das Hörverstehen der StudentInnen verbesserte sich nach eigener Einschätzung unter anderem dadurch, dass sie neben der Standardvarietät der Lehrkraft auch die gesprochene Lernersprache verstehen lernten (ebd.).

Drittens berichteten viele TN, sie hätten die Inhalte, die sie unterrichteten, tiefer durchdrungen (vgl. Interviews Kathryn; Milo; Vera; Anna; Charlotte). Ein Student schätzte diesen Effekt folgendermaßen ein: „I think it will take more time than teacher teaching us but it’s more useful. I can remember it better and I can learn it better“ (Interview, Milo). Schließlich beschreibt eine Studentin, wie sie das Wissen in ihrem Kopf strukturierte, bevor sie es anderen vermittelte:

When I did my presentation I had to ... rethink my logic when I do the design and then I have to cut it into process. And then ... thought how to explain it to some students. They are not my major. [...] And then I had to choose the I-think-I-can-understand-and-I-think-they-can-understand German words. (Interview, Anna)

Diese Beobachtungen korrespondieren mit den Forschungsergebnissen von Bargh und Schul (1980) zu Tutorenprogrammen, die von Fiorella und Mayer (2013: 282) wie folgt zusammengefasst werden:

Studying with the expectation of later teaching may alter one’s cognitive processing during learning by priming students to devote more resources toward selecting the most relevant material and organizing it into a meaningful representation.

Eine TN beschreibt den positiven Einfluss der Korrekturen ihrer KommilitonInnen:

Sometimes I write a sentence and the teacher helps me correct it but I can’t remember it for a long time. But when I make a mistake and I correct the mistake or I’m being corrected by other students it will be a Punkt in my memory. (Interview, Anna)

Diese Kritik wurde von den StudentInnen nach eigenen Angaben nicht als negativ aufgenommen. Sie beschreiben im Laufe des Projektes ein wachsendes Selbstbewusstsein, eine abnehmende Angst davor, Fehler zu machen (so zum Beispiel bei Effi, Anna und Helene), und berichten von einer niedrigeren Hemmschwelle, in der Klasse Fragen zu stellen: „When the teacher is teaching we don’t want to unterbrechen. But when it’s just students like ourselves, when we don’t know something we just break it. Interrupt“ (Interview, Helene).

Durch die kooperative Lernatmosphäre konnten die TN außerdem Lernstrategien und Vokabeln voneinander lernen. Ein TN beschreibt:

In China children or students seldom or never work in groups. The Chinese teacher wants them to think for themselves. Independent thinking. [...] But in this [LdL] lesson, we are working in a group and the success is beautiful. Every person has their own mistakes but they don’t realize their mistakes. The other persons can tell them the mistakes. And ... for example when I cannot phrase a sentence but my partner can, he can tell me. (Interview, Reichmann)

Mit der autonomen Vorbereitung der Unterrichtseinheiten erhöhte sich darüber hinaus die Informationskompetenz der Lernenden, etwa durch die Nutzung von Lernressourcen zur Unterrichtsvorbereitung. Schließlich beschreiben einige TN eine erhöhte intrinsische Motivation. Eine Teilnehmerin beschreibt, am Anfang habe sie sich nur deshalb mit den Themen beschäftigt, um die Arbeitsaufträge zu erledigen. Aber im Laufe des Projektes haben sie die deutsche Kultur und das Land immer mehr interessiert und zum Schluss habe sie „Lernen durch Lehren“ nicht nur als Auftrag, sondern aus eigenem Interesse praktiziert (Interview, Kathryn). Auch die Lehrtätigkeit wirkte für einige TN motivierend. So beschreibt eine Studentin: „It feels really good. With my help other students learned something about Germany and I did the preparation for them and they learned a lot because of my help“ (Interview, Vera).

5 Diskussion

Wenn im deutschen Bildungskontext LdL eingesetzt wird, können Pädagogen davon ausgehen, dass die Lernenden bereits bestimmte Erfahrungen aus der Kommunikativen Methode, zum Beispiel im freien Sprechen vor anderen KursteilnehmerInnen oder in der Arbeit in vielfältigen Sozialformen, mitbringen. Ausgehend von den Ergebnissen der Fallstudie ist dies im chinesischen Lernkontext nicht zwingend der Fall, weswegen ein Adaptionsbedarf besteht. Eine Studentin sagte zu diesem Thema: „We have gotten used to one method, the Chinese way, for ten or twelve years. So it’s not very quickly [for] us to get used to a new method“ (Interview, Anna).

Aufgrund der noch existierenden Dominanz der Grammatik-Übersetzungsmethode muss bei der Planung eines LdL-Projektes in China davon ausgegangen werden, dass TN wenig Erfahrung mit dem freien Sprechen haben; in Verbindung mit dem Konzept des Gesichtsverlusts kann dies den TN Angst machen und es Anfängern erschweren, Unterrichtssequenzen in der Zielsprache zu leiten. Des Weiteren muss berücksichtigt werden, dass den TN eventuell der Wortschatz in der Zielsprache fehlt, um über Grammatikthemen zu sprechen. Außerdem berichten die TN von einem hierarchischen Schüler-Lehrer-Verhältnis mit einer idealisierten Lehrerrolle, deren Ausfüllung die StudentInnen zunächst überforderte. Durch einen Mangel an didaktischen Erfahrungen kam es zu einem Rückgriff auf lehrerzentrierte Didaktik. Außerdem war der gemeinsam erstellte Lehrplan nicht dem Sprachniveau adäquat. Schließlich muss berücksichtigt werden, dass im chinesischen Bildungssystem ein hoher Leistungsdruck vorherrscht, sodass insbesondere in studienbegleitenden Kursen die Arbeitsbelastung eines LdL-Projektes reduziert werden muss.

Trotzdem ist die Entwicklung, die die TN in so kurzer Zeit durchliefen, bemerkenswert. Dies sieht man beispielsweise daran, wie schnell sich die negative Wahrnehmung des freien Sprechens im Projektverlauf veränderte. Nach dem Feedback der Lehrerin und ihrer KommilitonInnen entwickelten die TN einen schülerzentrierten, aktivierenderen Lehrstil, verbesserten ihre Sprechfähigkeit, ihr Hörverständnis und wurden zu selbstbewussten Nutzern der Fremdsprache. In den Leitfadeninterviews beschrieben die ProjektteilnehmerInnen, wie innerhalb von neun Wochen eine kollaborative, offene Lernatmosphäre in einem Bildungskontext entstand, den sie sonst als kompetitiv, leistungsorientiert und hierarchisch beschrieben. Ein Teilnehmer fasste diese Erfolge mit dem Urteil zusammen: „Besonders in China ist ,Lernen durch Lehren‘ vielleicht nötig.“ Diese Forschungsergebnisse widersprechen der These, es gebe einen festgelegten chinesischen Lernertyp. Man kann höchstens von einer Vorprägung der Lernenden sprechen, die erlernt und dynamisch ist.

Daraus ergibt sich die Hypothese, dass LdL im chinesischen Hochschulsystem effektiv eingesetzt werden kann, wenn die Methode an den Bildungskontext und die Fremdsprachenbiographien der TN angepasst wird. Adaptionsmöglichkeiten könnten sein:

  1. Bevor LdL eingeführt wird, wird das freie Sprechen geübt, sowie ein positiver Umgang mit Fehlern bestärkt, sodass es nicht zu Sprechangst und Angst vor Gesichtsverlust kommt.

  2. Grammatik wird bereits in der Zielsprache erklärt, sodass die Metasprache den TN bekannt ist, oder: Grammatiksequenzen werden nicht mit LdL eingeführt, sondern nur wiederholt oder eingeübt.

  3. Die TN werden in ihrer Methodenwahl stärker gesteuert und begleitet,, um einen kommuikativen Unterrichtscharakter zu gewährleisten.

  4. Entweder wird LdL in Germanistikkursen eingesetzt, sodass sich die TN zeitlich auf das Projekt konzentrieren können, oder es müssen ihnen kleinere Unterrichtssequenzen zugeteilt werden, die eventuell in der Klasse vorbereitet werden können, um den Workload der Methode zu reduzieren.

Die 2015–2016 an der ZJU durchgeführte explorative Studie zeigt das Anwendungspotential von „Lernen durch Lehren“ in der im Wandel begriffenen chinesischen Germanistik. Um dieses Potential ausschöpfen zu können, sollten neue Implimentationsdesigns entwickelt werden und die in diesem Aufsatz formulierten Hypothesen an einer größeren Stichprobe getestet werden.

Über den Autor / die Autorin

May Naomi BLANK

arbeitet als DaF-Dozentin am Goethe-Institut Amsterdam und studierte an der Technischen Universität Berlin und der Zhejiang-Universität in Hangzhou Deutsch als Fremdsprache und China Studies.

Literatur

Bargh, John A.; Schul, Yaakov (1980): „On the Cognitive Effects of Teaching“. In: Journal of Educational Psychology 72, 593–604.10.1037/0022-0663.72.5.593Search in Google Scholar

Bayerischer Rundfunk (1992): Medium Wissenschaft. Online: http://ldl.de/Material/Audio_Video/ldl-br92.rm (26.09.2017). Search in Google Scholar

Benkelmann-Zhang, Karin (2019): „Eine rasante Entwicklung: Deutsch als Fremdsprache an chinesischen Schulen im Kontext der Programme des Goethe-Instituts China“. In: Info DaF 46 (1), 122–142.10.1515/infodaf-2019-0010Search in Google Scholar

Bovill, Catherine; Bulley, Catherine J. (2011): „A Model of Active Student Participation in Curriculum Design: Exploring Desirability and Possibility”. In: Rust, Chris (ed.): Improving Student Learning Global Theories and Local Practices: Institutional, Disciplinary and Cultural Variations. Oxford: The Oxford Centre for Staff and Educational Development, 176–188.Search in Google Scholar

Coleman, Hywel (1996): „Shadow Puppets and Language Lessons: Interpreting Classroom Behaviour in its Cultural Context”. In: Coleman, Hywel (ed.): Society and the Language Classroom. Cambridge/New York/Melbourne: Cambridge University Press, 64–85.Search in Google Scholar

Fan, Jieping; Li, Yuan (2007): „Studien zum Motivwandel des Deutschlernens chinesischer Studierender”. In: Ammon, Ulrich; Reinbothe, Roswitha; Zhu, Jianhua (Hrsg.): Die Deutsche Sprache in China – Geschichte, Gegenwart, Zukunftsperspektiven. München: iudicium, 194–209. Search in Google Scholar

Fiorella, Logan; Mayer, Richard E. (2013): „The Relative Benefits of Learning by Teaching and Teaching Expectancy“. In: Contemporary Educational Psychology 38, 281–288.10.1016/j.cedpsych.2013.06.001Search in Google Scholar

Grzega, Joachim (2005): Learning by Teaching. The Didactic Model LdL in University Classes. Online: http://www.joachim-grzega.de/ldl-engl.pdf (26.09.2017).Search in Google Scholar

Grzega, Joachim (2006): „Developing more than just Linguistic Competence: The Model LdL for Teaching Foreign Languages (with a Note on Basic Global English)“. In: Humanising Language Teaching 8 (5). Online: http://www.hltmag.co.uk/sep06/mart01.htm (26.09.2017).Search in Google Scholar

Grzega, Joachim; Schöner, Marion (2008): „The Didactic Model LdL (Lernen durch Lehren) as a Way of Preparing Students for Communication in a Knowledge Society“. In: Journal of Education for Teaching 34 (3), 167–175.10.1080/02607470802212157Search in Google Scholar

Hall, Stuart (1997): „The Spectacle of the ,Other‘“. In: Hall, Stuart (ed.): Representation. Cultural Representations and Signifying Practices. London/Thousand Oaks/New Delhi: Sage, 223–290. Search in Google Scholar

Ho, Thang (2010):An Innovation Applying Learning by Teaching – A Case Study at National University Ho Chi Minh City – University of Technology. Online: https://www.researchgate.net/publication/290439268_An_innovation_applying_Learning_by_Teaching_-_A_case_study_at_National_University_Ho_Chi_Minh_City_-_University_of_TechnologySearch in Google Scholar

Holliday, Adrian (1994): Appropriate Methodology and Social Context. Cambridge/New York/Melbourne: Cambridge University Press.Search in Google Scholar

Hunold, Cordula (2009): „Kulturspezifische Einflüsse der Lehr- und Lernumgebung auf die (Aussprache)leistungen chinesischer Deutschlernender“. In: Peuschel, Kristina; Pietzuch, Jan P. (Hrsg.): Tagungsband zur 2. FaDaF-Nachwuchstagung: „Quo vadis DaF-Nachwuchs: Forschungsthemen und -designs“. Göttingen: Universitätsverlag, 49–66.Search in Google Scholar

Hwang, Kwang-Kuo (2006): „Moral Face and Social Face: Contingent Self-Esteem in Confucian Society”. In: International Journal of Psychology 41 (4), 276–281.10.1080/00207590544000040Search in Google Scholar

Kleppin, Karin (1987): „Deutsche Lehrer – Chinesische Lerner. Zur Unterrichtssituation an den Hochschulen in China“. In: Info DaF 3, 252–260.Search in Google Scholar

Kong, Deming (2007): „Die Hochschulen mit dem Fach Germanistik”. In: Ammon, Ulrich; Reinbothe, Roswitha; Zhu, Jianhua (Hrsg.): Die Deutsche Sprache in China – Geschichte, Gegenwart, Zukunftsperspektiven. München: iudicum, 123–140.Search in Google Scholar

Künstler, Daniel (2011): „,Lernen durch Lehren‘ in China? Zur methodischen Umsetzbarkeit von LdL im Fach Deutsch als Fremdsprache in der VR China“. In: Beiträge zur Fremdsprachenvermittlung 50, 75–95.Search in Google Scholar

Liang, Yong et al. (2003): „Ansätze interkultureller Germanistik in China“. In: Wierlacher, Alois (Hrsg.): Handbuch interkulturelle Germanistik. Stuttgart/Weimar: J.B.Metzler.Search in Google Scholar

Martin, Jean-Pol (1996): „Das Projekt ,Lernen durch Lehren‘ – Eine vorläufige Bilanz“. In: Henrici, Gert; Zöfgen, Ekkehard (Hrsg.): Fremdsprachen Lehren und Lernen (FLuL). Themenschwerpunkt: Innovativalternative Methoden. Tübingen: Narr, 70–86.Search in Google Scholar

Martin, Jean-Pol; Kelchner, Rüdiger (1998): „Lernen durch Lehren“. In: Timm, Johannes-Peter (Hrsg.): Englisch lernen und lehren – Didaktik des Englischunterrichts. Berlin: Cornelsen, 211–219.Search in Google Scholar

Martin, Jean-Pol; Oebel, Guido (2007): „Lernen durch Lehren: Paradigmenwechsel in der Didaktik?“ In: Deutschunterricht in Japan 12, 4–21.Search in Google Scholar

Mitschian, Haymo (1991): Chinesische Lerngewohnheiten. Evaluierungen für den Deutsch-als-Fremdsprachenunterricht in der Volksrepublik China. Frankfurt: Verlag für Interkulturelle Kommunikation. Search in Google Scholar

Oebel, Guido (2005): „Lernen durch Lehren (LdL) im DaF-Unterricht. Eine echte Alternative zum traditionellen Frontalunterricht“. In: Balmus, Petra; Oebel, Guido; Reinelt, Rudolf (Hrsg.): Herausforderung und Chance. Krisenbewältigung im Fach Deutsch als Fremdsprache in Japan. München: iudicium, 148–165.Search in Google Scholar

Renkl, Alexander (1997): Lernen durch Lehren: Zentrale Wirkmechanismen beim kooperativen Lernen. Bochum: Deutscher Universitätsverlag.10.1007/978-3-663-08696-3Search in Google Scholar

Seawright, Jason; Gerring, John (2008): „Case Selection Techniques in Case Study Research: A Menu of Qualitative and Quantitative Options”. In: Political Research Quarterly 61 (2), 294–308. 10.1177/1065912907313077Search in Google Scholar

Stollhans, Sascha (2016): „Learning by Teaching: Developing Transferable Skills“. In: Corradini, Erika; Borthwick, Kate; Gallagher-Brett, Angela (eds.): Employability for Languages: A Handbook, 161–164. Online: https://doi.org/10.14705/rpnet.2016.cbg2016. 9781908416384 (26.09.2017).10.14705/rpnet.2016.cbg2016.478Search in Google Scholar

Wang, Yingpin (2007): Mündliche kommunikative Fähigkeiten chinesischer Deutschlerner: Probleme und Perspektiven. München: iudicium.Search in Google Scholar

Yang, Rui; Welsh, Anthony (2012): „A World-Class University in China? The Case of Tsinghua”. In: Higher Education 63, 645–666.10.1007/s10734-011-9465-4Search in Google Scholar

Zhang, Guosheng; Yang, Guangzheng (2005): Protokolle des Fremdsprachenunterrichts. Berichte aus China. Baden-Baden: Tectum. Search in Google Scholar

Zhao, Jin; Stork, Antje (2007): „Hauptprobleme chinesischer Studierender in Deutschland. Ergebnisse einer Vorstudie zur Entwicklung interkultureller Kompetenz“. In: Deutsch als Fremdsprache 44 (3), 166–173.10.37307/j.2198-2430.2007.03.06Search in Google Scholar

Online erschienen: 2019-05-10
Erschienen im Druck: 2019-05-07

© 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 31.12.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/infodaf-2019-0020/html
Scroll to top button