Home Graf, Dorothee; Fadeeva, Yuliya; Falkenstein-Feldhoff, Katrin (Hrsg.): Bücher im Open Access: ein Zukunftsmodell für die Geistes- und Sozialwissenschaften? Opladen: Verlag Barbara Budrich, 2020. ISBN: 978-3-8474-2460-4, Paperback, 39,90 €. Auch Open Access: https://doi.org/10.17185/duepublico/72237
Article Open Access

Graf, Dorothee; Fadeeva, Yuliya; Falkenstein-Feldhoff, Katrin (Hrsg.): Bücher im Open Access: ein Zukunftsmodell für die Geistes- und Sozialwissenschaften? Opladen: Verlag Barbara Budrich, 2020. ISBN: 978-3-8474-2460-4, Paperback, 39,90 €. Auch Open Access: https://doi.org/10.17185/duepublico/72237

  • Stefan Schmeja EMAIL logo
Published/Copyright: November 27, 2021

Rezensierte Publikation:

Graf, Dorothee; Fadeeva, Yuliya; Falkenstein-Feldhoff, Katrin (Hrsg.): Bücher im Open Access: ein Zukunftsmodell für die Geistes- und Sozialwissenschaften? Opladen: Verlag Barbara Budrich, 2020. ISBN: 978-3-8474-2460-4, Paperback, 39,90 €. Auch Open Access: https://doi.org/10.17185/duepublico/72237


Standen lange Zeit hauptsächlich Zeitschriften und damit die natur- und lebenswissenschaftlichen Fächer im Fokus der Open-Access-Transformation, gibt es seit einigen Jahren Initiativen, auch für Monografien Open-Access-Modelle zu entwickeln. Eine davon war das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) von 2018 bis 2020 geförderte Projekt OGeSoMo („Förderung von Open-Access-Publikationen in den Geistes- und Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt Monografien“) an der Universitätsbibliothek der Universität Duisburg-Essen. Das Ziel war insbesondere, Erfahrung zum konkreten Publikationsprozess in Hinsicht auf Open Access zu sammeln und praktisch zu erproben.

Dieser Sammelband fasst die Ergebnisse des Projekts zusammen, beschreibt die Inhalte und den Verlauf der einzelnen Arbeitspakete und streicht den weiteren Handlungsbedarf heraus.

Im ersten Beitrag schildern Dorothee Graf und Yuliya Fadeeva die Hintergründe, die Rahmenbedingungen und die komplexe Ausgangssituation des Projektes, wozu unter anderem die steigende Nachfrage nach Open Access speziell der Geistes- und Sozialwissenschaften, die Rahmenbedingungen der Forschungsförderer und der politischen Vorgaben auf nationaler und europäischer Ebene und der oft von gegensätzlichen Erwartungshaltungen geprägte Wunsch nach einem Geschäftsmodell für Open Access zählen. Dann fassen die Autorinnen die Ergebnisse der einzelnen Arbeitspakete zusammen, die teilweise an anderer Stelle noch ausführlicher geschildert werden.

Im zweiten Kapitel stellt Tobias Bülte die Frage „Welche (Um-)Wege nehmen Metadaten für Open-Access-Bücher vom Verlag zum Discovery System der Bibliothek?“ Er verweist auf die unterschiedlichen Metadaten-Standards in der Bibliothekswelt und im Buchhandel und zeigt, dass die Bereitstellung von Metadaten ein komplexer Prozess über mehrere Akteurinnen und Akteure hinweg ist und dass in Katalogen oftmals wesentliche Open-Access-Metadatenelemente fehlen.

Der Beitrag von Stefanie Hanneken und Miriam von Maydell widmet sich Open Access in den Verlagen transcript und Barbara Budrich, die eng mit dem Projekt OGeSoMo kooperiert haben. Er bietet Einblicke in die Open-Access-Modelle der beiden Verlage und die Kostenkalkulation bei Open-Access-Büchern, die leider etwas oberflächlich bleiben.

Katrin Falkenstein-Feldhoff und Dorothee Graf präsentieren in ihrem Beitrag eine Analyse der Verkaufs- und Nutzungszahlen von 40 durch das OGeSoMo-Projekt geförderten Titeln, von denen 19 zeitgleich mit der kostenpflichtigen Printversion und 21 mit Verzögerung Open Access veröffentlicht wurden. Auch wenn die Anzahl der Titel und die Methode keine statistisch signifikante Untersuchung erlaubten, gibt es einige interessante, aber oft erwartbare Ergebnisse. Unter anderem zeigte sich, dass die Printverkäufe nur geringfügig durch die parallele Open-Access-Veröffentlichung beeinflusst wurden.

Veronika Burovikhina stellt in ihrem Beitrag die Ergebnisse von zwei empirischen Studien vor, die im Rahmen des OGeSoMo-Projektes exemplarisch für das Fach Germanistik durchgeführt wurden. Dabei ging es um den Umgang von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit gedruckten sowie kostenpflichtigen und frei zugänglichen digitalen Publikationen in Forschung und Lehre. Die Publikationskultur zeigt sich als printdominiert und verlagsgebunden, Open Access scheint keine große Rolle zu spielen.

Im Kapitel „Awareness-Konzept: theoretisch und praktisch“ stellen Fadeeva, Falkenstein-Feldhoff und Graf im Projekt durchgeführte Maßnahmen vor, um die Akzeptanz und Verbreitung von Open Access in den Geistes- und Sozialwissenschaften zu steigern. Aus der Analyse der Maßnahmen leiten sie verschiedene Handlungsempfehlungen ab.

Der Beitrag von Michael Beißwenger demonstriert anhand eines Konzepts zur kooperativen Texterschließung in der Lehre einen konkreten Vorteil von Publikationen, die im Open Access zugänglich sind.

Das letzte Kapitel ist das längste und vielleicht auch spannendste: Yuliya Fadeeva fasst darin die Vorträge und die Podiumsdiskussion des im September 2019 abgehaltenen Projektworkshops „Alles Open – Chance oder Risiko?“ zusammen. Michael Beißwenger beleuchtete in seinem Vortrag das Open-Access-Publizieren in der Germanistik aus Wissenschaftler-, Autoren- und Lehrendenperspektive. Viola Voß präsentierte die Erfahrungen mit dem Open-Access-Monografien-Fonds an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und nannte als Problem unter anderem die Ermittlung der spezifischen Open-Access-Kosten aus den Rechnungen. Paul Klimpels Vortrag thematisierte das Verhältnis zwischen dem Urheberrecht und der Digitalisierung aus einer kapitalismuskritischen Sicht und beschäftigte sich ausführlich mit freien Lizenzen. Eric W. Steinhauer befasste sich mit der Sichtbarkeit und Verbreitung von Dissertationen und regte unter anderem eine Open-Access-Pflicht für Dissertationen an. Auf den fünften Vortrag von Stefanie Hanneken und Miriam von Maydell, der die Open-Access-Richtlinien der Verlage Barbara Budrich und transcript vorstellte, wird nicht eingegangen, vermutlich, weil das im dritten Kapitel bereits Thema war.

In der Podiumsdiskussion saßen sich neben den Vortragenden weitere Vertreterinnen und Vertreter aus Bibliotheken, Verlagen und Wissenschaft gegenüber. Durchaus kontrovers ging es um das Publikationsmodell der Zukunft, seine Finanzierung und um die Aufgabenteilung zwischen den verschiedenen Akteurinnen und Akteuren.

Es ist klar, aber dennoch schade, dass bei dieser Zusammenfassung notgedrungen Argumente entfallen oder verkürzt dargestellt werden, Fragen offen bleiben müssen und eine kritische Einordnung oft fehlt. Etliche angeschnittene Punkte, wie den Vorschlag Beißwengers, Repositoriums-Publikationen von Dissertationen mit einer Qualitätssicherung zu „verheiraten“, hätte man gerne weiter ausgeführt gesehen. Es bleibt unklar, warum man nicht die Vortragenden ihre Beiträge selbst in Schriftform ausarbeiten ließ. Für einige der in der Podiumsdiskussion geäußerten Aussagen, etwa dass Verlage kostengünstiger arbeiten und eine höhere Reichweite erzielen würden als bibliothekarische verlegerische Aktivitäten, hätte man sich Belege gewünscht.

Eine umfangreiche Literatursammlung, die auch online zur Verfügung steht und gepflegt werden soll, schließt das Buch ab. Sie ist ein Pluspunkt und ein guter Ausgangspunkt für die vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema.

Das Buch ist natürlich auch Open Access erschienen. Die unter CC BY-SA lizenzierte Version liegt im Repositorium der Universität Duisburg-Essen und ist von der Verlagsseite nur relativ unauffällig verlinkt. Es steht leider nur das PDF des gesamten Bandes zur Verfügung, nicht, wie bei Sammelbänden sinnvoll und wünschenswert, auch die einzelnen Kapitel.

„Bücher im Open Access“ ist interessante und lohnenswerte Lektüre für alle, die mit dem Thema zu tun haben, ob in Bibliotheken, in Verlagen oder in der Wissenschaft. Dass diese unterschiedlichen Perspektiven berücksichtigt werden, ist eine Stärke, auch wenn man manchmal den verbindenden roten Faden vermisst. Die unterschiedlichen Textsorten (Dissertation, Sammelband, Lehrbuch etc.) werden an verschiedenen Stellen erwähnt, angesichts der unterschiedlichen Anforderungen und Rahmenbedingungen hätte man sich aber eine systematischere Darstellung und Differenzierung gewünscht. Zu kurz kommt die Berücksichtigung von Alternativen zu (kommerziellen) Verlagspublikationen, was wohl in der Natur des OGeSoMo-Projekts, das eng mit Verlagen kooperiert hat, liegt. Schade ist daher, dass der Sammelband nur an wenigen Stellen über einen Projektbericht hinausgeht. Eine stärkere Lösung vom OGeSoMo-Kontext hin zu einem allgemeinen Handbuch zum Thema Open-Access-Monografien hätte den Leserinnen und Lesern sicher einen noch größeren Nutzen gebracht.

Online erschienen: 2021-11-27
Erschienen im Druck: 2021-12-31

© 2021 Stefan Schmeja, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Articles in the same Issue

  1. Frontmatter
  2. Frontmatter
  3. Inhaltsfahne
  4. Schwerpunkt: Nachhaltigkeit
  5. Positionen & Perspektiven
  6. Nachhaltigkeit – (k)ein Thema für Bibliotheken?!
  7. Von anderen lernen. Bibliothekarische Verbandsinitiativen zur Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele im deutschsprachigen Raum
  8. Bibliotheken für eine inklusive Demokratie
  9. Nachhaltigkeit 3.0 in Bibliotheken: eine Herausforderung für das Management
  10. Projekte in Wissenschaftlichen Bibliotheken
  11. Roadmap zum systematischen Nachhaltigkeitsmanagement
  12. Zwischen kulturellem Erbe und digitaler Herausforderung
  13. Projekte in Öffentlichen Bibliotheken
  14. Wieviel CO2 erzeugt eine Stadtbibliothek?
  15. Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) als Programm
  16. Stadtbücherei Tübingen – das Konzept „Grüne Bibliothek“
  17. Käptn Knitterbart und der Seeungeheuer-Zungenschleim
  18. Projekte im Ausland
  19. Sustainability in Danish Public Libraries
  20. Nachhaltigkeit als Programm
  21. Implementierung von Bildung für nachhaltige Entwicklung in Schul- und Gemeindebibliotheken
  22. Bücher für den Frieden
  23. Fachbeiträge
  24. Discovery-Systeme: Eine Analyse ihrer Geschichte und Gegenwart mit dem Hype-Zyklus
  25. Agile Produktentwicklung an Bibliotheken: Ein Erfahrungsbericht aus der Zentralbibliothek Zürich
  26. Künstlerische Forschung und Open Access? Übersicht zu Publikationsoptionen und praktischen Herausforderungen
  27. „Put your data goggles on“ – Impulse aus dem DaLiCo-Projekt
  28. Fragmente – Fragmentkunde – Fragmentforschung
  29. Rezensionen
  30. Hall, Murray G.: Der Volk und Reich Verlag, Prag. Zur Geschichte des Buchhandels und Verlagswesens im Protektorat Böhmen und Mähren 1939–1945. Wien: Praesens Verlag, 2021. 355 S., 89 Abb., Broschur. ISBN 978-3-7069-1131-3, 41,00 €
  31. Hall, Murray G.: Der Volk und Reich Verlag, Prag. Zur Geschichte des Buchhandels und Verlagswesens im Protektorat Böhmen und Mähren 1939–1945. Wien: Praesens Verlag, 2021. 355 S., 89 Abb., Broschur. ISBN 978-3-7069-1131-3, 41,00 €
  32. Lepman, Jella: Die Kinderbuchbrücke. Herausgegeben von der Internationalen Jugendbibliothek unter Mitarbeit von Anna Becchi. München: Verlag Antje Kunstmann, 2020, 299 S., Illustr., 25,00 €, ISBN 978-3-95614-392-2. Auch als E-Book erhältlich.
  33. Graf, Dorothee; Fadeeva, Yuliya; Falkenstein-Feldhoff, Katrin (Hrsg.): Bücher im Open Access: ein Zukunftsmodell für die Geistes- und Sozialwissenschaften? Opladen: Verlag Barbara Budrich, 2020. ISBN: 978-3-8474-2460-4, Paperback, 39,90 €. Auch Open Access: https://doi.org/10.17185/duepublico/72237
  34. Pinfield, Stephen; Wakeling, Simon; Bawden, David; Robinson, Lyn (2020): Open Access in Theory and Practice: The Theory-Practice Relationship and Openness. 1. Aufl. London: Routledge. 120 GBP
  35. Lackner, Karin; Schilhan, Lisa; Kaier, Christian (Hrsg.): Publikationsberatung an Universitäten. Ein Praxisleitfaden zum Aufbau publikationsunterstützender Services. Bielefeld: transcript Verlag, 2020. Print: 39,00 €, 396 Seiten kart., Dispersionsbindung, 14 SW-Abbildungen, ISBN 978-3-8376-5072-3. E-Book (PDF): Open Access, ISBN 978-3-8394-5072-7. E-Book (EPUB): Open Access, ISBN 978-3-7328-5072-3.
  36. Flinchbaugh, Michelle; Thomas, Chuck; Tench, Rob; Sipe, Vicki; Barnard Moskal, Robin; Aldana, Lynda L.: Transforming Acquisitions and Collection Services: Perspectives on Collaboration Within and Across Libraries. West Lafayette, IN: Purdue University Press, 2019. (Knowledge Unlatched Open Access Edition) Paperback, $49.99
  37. Schreiber-Barsch, Silke; Stang, Richard: Lernwelt Erwachsenenbildung/Weiterbildung – Entwicklungen, Konzepte und Perspektiven. Berlin: De Gruyter Saur, 2021. ISBN 978-3-11-058775-3. 99,95 €
  38. Slijkerman, Diederick; van Vlimmeren, Ton (Kurat./Hrsg.): Living Libraries. The house of the community around the world. Festeinband. In englischer Sprache. De Bibliotheek Utrecht, 2021. 413 S., Illustrationen. ISBN: 978-94-64026-75-7. 27,50 €. E-Book im PDF- und epub-Format frei zum Download unter https://www.bibliotheekutrecht.nl/living-libraries.html
  39. Audunson, Ragnar; Andresen, Herbjørn; Fagerlid, Cicilie; Henningsen, Erik; Hobohm, Hans-Christoph; Jochumsen, Henrik; Larsen, Håkon; Vold, Tonje (Ed.): Libraries, Archives and Museums as Democratic Spaces in a Digital Age. Berlin, Boston: De Gruyter, 2020. 370 S., Hardcover. ISBN: 9783110629545 99,95 €
  40. Audunson, Ragnar; Andresen, Herbjørn; Fagerlid, Cicilie; Henningsen, Erik; Hobohm, Hans-Christoph; Jochumsen, Henrik; Larsen, Håkon; Vold, Tonje (Ed.): Libraries, Archives and Museums as Democratic Spaces in a Digital Age. Berlin, Boston: De Gruyter, 2020. 370 S., Hardcover. ISBN: 9783110629545 99,95 €
  41. Miersch-Süß, Ines (Ed.): Libraries and Their Architecture in the 21st Century. Berlin, Boston: De Gruyter Saur, 2021. 230 S., Illustr., ISBN 978-3-11-068943-3, 79,95 €
  42. Jahresinhaltsverzeichnis 2021
Downloaded on 11.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/bfp-2021-0028/html
Scroll to top button