Volume 17, Issue 8

I. Vorbemerkung Die grundsätzliche Finanzierungsfreiheit des GmbH-Gesellschafters wird erst in der Krise der Gesellschaft eingeschränkt. Sofern die Gesellschafter die Gesellschaft in der Krise fortführen, obgleich objektiv eine Eigenkapitalfinanzierung geboten ist, tragen sie dafür die Finanzierungsfolgenverantwortung mit der Folge der Behandlung eines Darlehens als funktionelles Eigenkapital. Die Finanzierungsfolgenverantwortung knüpft an die Finanzierungsentscheidung des Gesellschafters an, finanzielle Mittel nicht abzuziehen und die Gesellschaft auch nicht zu liquidieren. Mithin wird ein früher gewährtes Gesellschafterdarlehen nach § 32 a GmbHG der Eigenkapitalbindung unterworfen, wenn es in einem Zeitpunkt gewährt oder stehen gelassen wurde, in welchem ein Gesellschafter als ordentlicher Kaufmann Eigenkapital zugeführt hätte. In der Krise der Gesellschaft endet daher die Finanzierungsfreiheit mit der Verpflichtung, der Gesellschaft, das Darlehen zu entziehen, soweit dies nicht möglich ist, die Gesellschaft zu liquidieren, oder Eigenkapital zuzuführen. Die Vorschriften zum Eigenkapitalersatzrecht erfassen systematisch nur die Fälle, in denen Kapital in der Krise bereits zugeführt oder stehen gelassen wurde. Gegenstand der Eigenkapitalersatzregeln ist mithin ein Abzugsverbot und nicht ein Zuführungsgebot. Obergerichtlich ungeklärt erscheint, welche Folgen und gesetzliche Einschränkungen der Aufhebbarkeit für schuldrechtliche Liquiditätszusagen seitens der Gesellschafter bei Eintritt der Krise gelten.

I. Einführung Die Behandlung von Leistungsstörungen und Mängeln bei Sacheinlagen war und ist heftig umstritten. Dies liegt u. a. daran, dass das GmbH-Gesetz keine Sondervorschriften enthält, die die Haftung für Leistungsstörungen sowie für Sach- und Rechtsmängel an Einlagegegenständen regeln. Auch die allgemeinen Normen dieses Gesetzes treffen für den Fall einer Verletzung der dem Sacheinleger obliegenden Leistungspflichten keine Bestimmungen. Einschlägige Vorschriften sind zudem weder im Aktiengesetz noch im Recht der Personengesellschaften zu finden, so dass sich insoweit keine Möglichkeit einer analogen Anwendung ergibt.

I. Einleitung Die Inbesitznahme von Aussonderungsgut durch den Insolvenzverwalter ist ein tagtäglicher Vorgang und gehört für ihn zum Alltagsgeschäft. So erstaunt es, dass diese Inbesitznahme rechtlich durchaus fragwürdig ist und zu grundlegenden Rechtstreiten führt. Schon die Frage, ob es ein Recht bzw. sogar eine Pflicht des Insolvenzverwalters zur Inbesitznahme des Aussonderungsguts gibt, wird nicht einheitlich beantwortet. Dies ist um so problematischer, als damit in der Folge wirtschaftlich bedeutende Haftungsfragen verbunden sind.

Das Recht der Insolvenzanfechtung ist in Bewegung. 2005 schränkte der BGH die Anfechtung außerhalb des Drei-Monats-Zeitraums bei Vollstreckung erheblich ein, die Abgrenzungen im Einzelnen sind noch nicht völlig klar. Weiter soll die – für alle Anfechtungsansprüche nötige – Gläubigerbenachteiligung fehlen, wenn eine schuldnerische Zahlung aus nur geduldeter Kontenüberziehung vorliegt. Hingegen sind Prozesszinsen ab Verfahrenseröffnung, gezogene oder schuldhaft nicht gezogene Zinsen als Nutzung sogar ab dem Anfechtungszeitpunkt geschuldet. Welche Entwicklungen gibt es nun bei der Zahlungsunfähigkeit?

InsO § 38 Urteil vom 27.4.2006 – 6 AZR 364/05 Ein in einem Tarifvertrag für den Fall der Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund von Rationalisierungsmaßnahmen vorgesehener Abfindungsanspruch ist auch dann bloße Insolvenzforderung im Sinne von § 38 InsO, wenn die Kündigung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter erklärt wird. (Vorgehend: LAG Köln, 28.4.2005 - 5 [8] Sa 1630/04)

FGO § 114; InsO § 16 Beschluss vom 1.6.2007 – 1 V 990/07 Im Beschlussverfahren wegen vorläufigen Rechtsschutzes, gerichtet auf die Rücknahme eines vom Finanzamt gestellten Insolvenzantrags, ist auf den Zeitpunkt der abschließenden Beratung des Gerichts abzuheben. Ob der Insolvenzantrag im Zeitpunkt seiner Stellung möglicherweise rechtmäßig war, ist insoweit unerheblich. (Leitsatz der Redaktion)

AktG §§ 93, 116, 111; GmbHG § 52 Urteil vom 11.12.2006 – II ZR 243/05 Der fakultative Aufsichtsrat einer GmbH, dem die Zustimmung zu bestimmten Geschäften der Geschäftsführung nach § 52 Abs. 1 GmbHG, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG vorbehalten ist (hier: Rechtsgeschäfte mit einer Verpflichtung von mehr als 100.000 DM), verletzt seine zur Haftung führenden organschaftlichen Pflichten nicht erst dann, wenn er die Geschäftsführung an von seiner Zustimmung nicht gedeckten Zahlungen nicht hindert, sondern bereits dann, wenn er ohne gebotene Information und darauf aufbauender Chancen- und Risikoabschätzung seine Zustimmung zu nachteiligen Geschäften erteilt. (Vorgehend: LG Koblenz, 1.12.2004 – 3 HKO 149/00; OLG Koblenz, 11.8.2005 – 6 U 41/05)

InsO §§ 34, 270 Beschluss vom 11.1.2007 – IX ZB 10/05 Die Ablehnung des Antrags auf Anordnung der Eigenverwaltung kann weder isoliert noch mit der sofortigen Beschwerde gegen den Eröffnungsbeschluss angefochten werden. (Vorgehend: AG Würzburg, 1.10.2004 – 1 IN 377/04; LG Würzburg, 2.12.2004 – 3 T 2459/04)

InsO §§ 26, 34, 270 Beschluss vom 11.1.2007 – IX ZB 85/05 Die Ablehnung der Eigenverwaltung kann nicht im Wege der sofortigen Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Fehlens einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse angefochten werden. (Vorgehend: AG Charlottenburg, 22.12.2004 – 101 IN 2808/04; LG Berlin, 18.2.2005 – 86 T 49/05)

InsO § 34 Beschluss vom 18.1.2007 – IX ZB 170/06 Hat das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren auf Antrag des Schuldners eröffnet, steht diesem hiergegen grundsätzlich kein Beschwerderecht zu. (Vorgehend: AG Stendal, 2.8.2006 – 7 IN 197/06; LG Stendal, 20.9.2006 – 25 T 156/06)

InsO §§ 211, 216 Beschluss vom 25.1.2007 – IX ZB 234/05 Die Einstellung des Insolvenzverfahrens nach § 211 InsO ist nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. (Vorgehend: AG Heilbronn, 27.7.2005 – 1 IN 441/02; LG Heilbronn, 29.8.2005 – 1 T 354/05 Ve)

InsO §§ 35, 36 (Versäumnis-)Urteil vom 1.2.2007 – IX ZR 178/05 1. Der Anspruch auf Prozesskostenerstattung gehört zur Insolvenzmasse, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt vor oder während des Insolvenzverfahrens verwirklicht wurde. 2. Es ist ausschließlich Sache des Insolvenzverwalters darüber zu befinden, ob ein zur Insolvenzmasse gehörender Gegenstand im Wege der Freigabe aus dem Insolvenzbeschlag gelöst und wieder der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners unterstellt wird. (Vorinstanzen: LG Hamburg, 18.3.2005 – 327 O 37/05; OLG Hamburg, 13.9.2005 – 9 U 82/05)

BGB § 823; GmbHG § 64 Urteil vom 5.2.2007 – II ZR 234/05 1. Eine Bank, bei der eine GmbH einen Kontokorrentkredit unterhält, ist Neugläubigerin im Sinne des Senatsurteils vom 6.6.1994 (BGHZ 126, 181), soweit sich das von der GmbH in Anspruch genommene Kreditvolumen im Stadium der Insolvenzverschleppung erhöht. Für den Differenzschaden haftet der schuldhaft pflichtwidrig handelnde Geschäftsführer bis zur Höhe des negativen Interesses der Bank. 2. Die Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers einer GmbH gegenüber Neugläubigern (§§ 823 Abs. 2 BGB, 64 Abs. 1 GmbHG) ist nicht um die auf diese entfallende Insolvenzquote zu kürzen (Abweichung von BGHZ 126, 181, 201); vielmehr ist dem Geschäftsführer entsprechend § 255 BGB i.V. m. § 273 f. BGB ein Anspruch auf Abtretung der Insolvenzforderung des Neugläubigers gegen die Gesellschaft zuzubilligen (vgl. auch BGHZ 146, 264, 278 f. [= DZWIR 2001, 202 ff. mit Anm. H. P.Westermann ] zu §64 Abs. 2 GmbHG). 3. Für einen Schadensersatzanspruch wegen Insolvenzverschleppung (§§ 823 Abs. 2 BGB, 64 Abs. 1 GmbHG) kommt es auf das Vorliegen ihrer Voraussetzungen im Zeitraum der Gläubigerschädigung und nicht auf lange zurückliegende Gegebenheiten an. 4. Mit der Neufassung des Überschuldungstatbestandes in § 19 Abs. 2 InsO ist für das neue Recht der zur Konkursordnung ergangenen Rechtsprechung des Senats zum sog. »zweistufigen Überschuldungsbegriff« (BGHZ 119, 201, 214) die Grundlage entzogen. (Vorgehend: LG Koblenz, 20.1.2005 – 3 O 15/04; OLG Koblenz, 28.7.2005 – 6 U 225/05)

InsVV §§ 1, 2, 3; InsO §§ 60, 232, 254 Beschluss vom 22.2.2007 – IX ZB 106/06 1. Ein Insolvenzverwalter, der einen vom Schuldner vorgelegten Insolvenzplan überarbeitet und hierbei einen Ansatz für die Verwaltervergütung unbeanstandet gelassen hat, ist im nachfolgenden Vergütungsfestsetzungsverfahren in der Regel nicht an diesen Ansatz gebunden. 2. Führt der Insolvenzverwalter das Unternehmen des Schuldners fort, können auch Geschäftsvorfälle, die noch nicht in Rechnung gestellt worden sind, in die Berechnungsgrundlage der Verwaltervergütung eingestellt werden. 3. Hat der Insolvenzverwalter notwendige Ausgaben, die er bei ordnungsgemäßer Ausübung des Verwalteramtes hätte tätigen müssen, unterlassen, um zu verhindern, das sie den Überschuss aus seiner Unternehmensfortführung – und damit seine Vergütung – mindern, kann dies eine Pflichtverletzung zum Schaden der Insolvenzbeteiligten darstellen. 4. Bleibt die Erhöhung der Vergütung durch Massemehrung aufgrund Fortführung des Unternehmens hinter dem Betrag zurück, der dem Verwalter bei unveränderter Masse als Zuschlag gebühren würde, so ist ihm ein diese Differenz in etwa ausgleichender Zuschlag zu gewähren. 5. Hat auch die bloße Überarbeitung eines von dem Schuldner vorgelegten Insolvenzplans durch den Verwalter einen erheblichen Mehraufwand mit sich gebracht, rechtfertigt dies die Gewährung eines Vergütungszuschlags. (Vorgehend: AG Berlin-Charlottenburg, 17.2.2006 – 101 IN 6699/02; LG Berlin, 8.6.2006 – 86 T 190/06)

InsVV §§ 2, 3 Beschluss vom 1.3.2007 – IX ZB 280/05 Zur Bemessung der Vergütung des Insolvenzverwalters, wenn nach Einreichung des Schlussberichts bekannt wird, dass der Schuldner, in dessen Insolvenzverfahren die Teilungsmasse bislang 0 € betrug, kurz vor Einreichung eine Erbschaft gemacht hat, die die Summe der Insolvenzforderungen um ein Vielfaches übersteigt. (Vorgehend: AG Bielefeld, 22.8.2005 – 43 IN 819/03; LG Bielefeld, 28.11.2005 – 23 T 644/05)

GesO § 5; ZPO § 234 Beschluss vom 8.3.2007 – IX ZB 113/05 Hat der Gläubiger im Anwendungsbereich der Gesamtvollstreckungsordnung die Anmeldefrist schuldlos versäumt, ist § 296 ZPO entsprechend anzuwenden; § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO gilt nicht. (Vorgehend: AG Neuruppin, 19.3.2004 – 15 N 455/96; LG Neuruppin, 15.3.2005 – 5 T 116/04)

InsO §§ 14, 21 Beschluss vom 22.3.2007 – IX ZB 164/06 1. Die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen setzt grundsätzlich einen zulässigen Insolvenzantrag voraus. 2. Bei zweifelhaftem Gerichtsstand können berechtigte Sicherungsinteressen der Insolvenzgläubiger es gebieten, Sicherungsmaßnahmen vor der Feststellung der Zulässigkeit des Insolvenzantrags zu treffen, wenn sich das Insolvenzgericht letzte Gewissheit erst im weiteren Verfahrensablauf verschaffen kann. 3. Wurzeln die Anknüpfungspunkte für eine Frage der Zulässigkeit des Insolvenzantrags wie bei der örtlichen und der internationalen Zuständigkeit in der Sphäre des Schuldners und trägt dieser zur Aufklärung nicht bei, kann es für die Anordnung der Sicherungsmaßnahme im Einzelfall ausreichen, dass die nicht sicher zu verneinende Zulässigkeitsvoraussetzung noch zu prüfen ist. (Vorgehend: AG Hanau, 21.7.2006 – 70 IN 323/04; LG Hanau, 21.8.2006 – 3 T 185/06)

InsO § 251 Beschluss vom 29.3.2007 – IX ZB 204/05 1. Ob der Gläubiger, welcher den Versagungsantrag stellt, durch den Insolvenzplan wirtschaftlich benachteiligt wird, ist auf der Grundlage des glaubhaft gemachten Vorbringens des Gläubigers zu beurteilen. 2. Macht der Gläubiger geltend, er sei durch den Entzug der Aufrechnungsbefugnis benachteiligt, obwohl der Insolvenzplan eine höhere Quote als das Regelverfahren erwarten lässt, muss das behauptete Ergebnis überwiegend wahrscheinlich sein. (Vorgehend: AG Pinneberg, 31.5.2005 – 71 IN 220/02; LG Itzehoe, 27.7.2005 – 4 T 219/05)

InsO § 14 Beschluss vom 29.3.2007 – IX ZB 141/06 Soll der Insolvenzgrund allein aus der Forderung des antragstellenden Gläubigers hergeleitet werden, kann die Berechtigung einer vom Schuldner erhobenen Verjährungseinrede grundsätzlich nur im Prozesswege überprüft werden. (Vorgehend: AG Münster, 28.4.2006 – 84 IN 1/05; LG Münster, 5.7.2006 – 5 T 540/06)

Christoph G. Paulus, Europäische Insolvenzverordnung, Kommentar Verlag Recht und Wirtschaft GmbH, Frankfurt a. M. 2006. 331 S., 98,– €