Home Anthony H. Cordesman: The Changing Gulf Balance and the Iranian Threat. 2016.
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Anthony H. Cordesman: The Changing Gulf Balance and the Iranian Threat. 2016.

  • Sven Fikenscher EMAIL logo
Published/Copyright: September 11, 2017

Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine Zusammenfassung der wichtigsten Informationen über das militärische Kräfteverhältnis zwischen dem Iran und den arabischen Golfstaaten im Stile einer PowerPoint-Präsentation. Dabei setzt Anthony H. Cordesman auf eine Mischung eigener Einschätzungen, die allesamt in Form kurzer und prägnanter Stichpunkte präsentiert werden, sowie einer vielfältigen Kompilation graphischer Darstellungen und Auflistungen militärischer Kapazitäten, die größtenteils von Dritten konzipiert worden sind. Dank dieser Kombination gelingt es Cordesman, maßgebliche Trends hervorzuheben und gleichzeitig die Hintergrundinformationen, auf denen seine Schlussfolgerungen basieren, zu kommunizieren. Eine Schwäche der Studie besteht darin, dass einige der identifizierten Trends im Rahmen verschiedener Themenblöcke eher beiläufig benannt werden, ohne dass deren Hintergründe zur Sprache kommen, wodurch es für den Leser mitunter nicht leicht ist, das große Ganze im Blick zu behalten. Die wichtigsten Erkenntnisse der Zusammenfassung betreffen das militärische Potenzial des Irans, das einerseits deutlich hinter den gemeinsamen Kapazitäten der arabischen Golfstaaten zurückbleibt, was Teheran andererseits aber längst nicht aller Optionen beraubt, seine Umgebung zu bedrohen. Selbst wenn man die Militärpräsenz externer Akteure, vor allem der USA, in der arabischen Welt außen vorlässt, besteht mit Blick auf den Umfang der Verteidigungsausgaben sowie der Beschaffungsmaßnahmen beider Seiten ein deutliches Ungleichgewicht zuungunsten des Irans. Eine nähere Betrachtung einiger der zahlreichen Charts, die Cordesman eingefügt hat, zeigt allerdings, dass die arabisch-iranische Diskrepanz vor allem auf die hohen Verteidigungsausgaben und Rüstungsimporte von Saudi-Arabien zurückzuführen ist. Mit den kleineren arabischen Golfstaaten kann der Iran mehr als mithalten . Zudem wird verschwiegen, dass die ungleichen Rüstungsimporte nicht zuletzt einem Embargo des Weltsicherheitsrates geschuldet sind, das dem Iran den Bezug einer umfassenden Liste konventioneller Militärgüter untersagt. Hier zeigt sich erneut, dass eine nähere Diskussion der Ursachen der einzelnen militärischen Trends, auf die Cordesman bedauerlicherweise verzichtet, die Studie durchaus bereichert hätte. Der ausschließliche Fokus auf dem Ist-Zustand der Waffenarsenale und – im Falle des Irans – dem damit verbundenen Bedrohungspotenzial ermöglicht es wiederum, Einzelheiten der militärischen Dynamik am Golf genauer zu beleuchten. So weist Cordesman beispielsweise darauf hin, dass der Iran seine numerische Unterlegenheit mithilfe deutlich stärkerer Landstreitkräfte und eines wachsenden Raketenarsenals teilweise ausgleichen kann. Auch mit Blick auf seine U-Boote und die Möglichkeit der asymmetrischen Kriegsführung ist Teheran im Vergleich zu seinen Nachbarn im Vorteil, wenngleich die Kräfteverhältnisse im gesamten Marine-Sektor deutlich ausgeglichener sind als im U-Boot-Bereich und die arabischen Staaten eine unangefochtene Luftüberlegenheit genießen. Was die konkrete Bedrohung durch den Iran betrifft, so führt Cordesman aus, dass Teheran eine für den internationalen Transport von Rohöl und Waren extrem wichtige Handelsroute vor seiner Küste (Straße von Hormuz) schließen könnte, was jedoch unabsehbare Risiken für den Iran mit sich brächte. Dasselbe dürfte für den Einsatz der iranischen Raketen gelten. Es ist allerdings beunruhigend, dass der Iran seit Jahren bestrebt ist, sein entsprechendes Arsenal auszubauen und zu verbessern. Die arabischen Golfstaaten haben bereits mit dem Ausbau ihrer Raketenabwehreinrichtungen reagiert. Perspektivisch könnte auch das iranische Nuklearprogramm zur Bedrohung werden, das aber momentan dank des Joint Comprehensive Plan of Action zwischen dem Iran auf der einen sowie den ständigen Mitgliedern des Weltsicherheitsrates plus Deutschland auf der anderen Seite zumindest begrenzt wird. Die Studie endet ohne die naheliegende Frage aufzugreifen, wie sich diesen Bedrohungsszenarien vorbeugen lässt, wenngleich Cordesmans Analyse über das Kräfteverhältnis beider Seiten eine solche Diskussion befruchtet hätte.

https://www.csis.org/analysis/changing-gulf-balance-and-iranian-threat

Online erschienen: 2017-9-11

© 2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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