Zusammenfassung
In diesem Beitrag werden historische Anschlussprozesse in Hessen vorgestellt, die an das Gesamtkonzept der revidierten Theorie zur Umlautgenese anschließen. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung eines phonetisch runden Vorderzungenvokals, der durch phonetische Messmethoden und Videoaufnahmen als solcher klassifiziert werden konnte. Da er sich jedoch ohne den sonst notwendigen Umlautfaktor entwickelt hat und nicht aus einer spontanen Lautentwicklung hervorgegangen ist, wird er hier als Pseudoumlaut bezeichnet. Mit Blick auf die Phonologie lassen sich sowohl in den umlautbedingten Entrundungsräumen als auch in den Rundungsräumen aufschlussreiche Distinktionserhaltungsprozesse beobachten, die in diesem Aufsatz ausführlich dargestellt werden sollen.
5 Literatur
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