Zusammenfassung
Die Varietätenkette bildet ein zentrales Konzept der Varietätenlinguistik und modelliert gerichtete Affinitäten zwischen den drei Varietätendimensionen der Diatopik, Diastratik und Diaphasik. Diese weisen jeweils eine interne Skalierung auf, deren Abstufungen in gerichteter Beziehung zueinander stehen und dabei auch am konzeptionellen Kontinuum der Nähe- und Distanzsprachlichkeit ‚hängen‘ (vgl. Koch & Oesterreicher 1994: 595). Die Varietätenkette wurde weitgehend intuitiv postuliert, allerdings nie an einem größeren Sprachkorpus empirisch überprüft. Dieser Beitrag belegt an einem Korpus von 191 süddeutschen Briefen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, geschrieben von Patientinnen und Patienten der psychiatrischen Anstalt Kaufbeuren-Irsee, die klaren Zusammenhänge zwischen den Varietätendimensionen sowie Nähe- und Distanzsprachlichkeit.
6 Literatur
6.1 Quellen
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