Vorwort der Herausgebenden
Mit ihrem 68. Jahrgang vollzieht die Zeitschrift für Pädagogik und Theologie einen bedeutsamen Wechsel – vom Diesterweg-Verlag zum Verlag Walter de Gruyter. Der Wechsel zu einem wissenschaftsorientierten Verlag mit internationalem Profil entspricht der Entwicklung, die die Zeitschrift für Pädagogik und Theologie schon seit Jahren konsequent verfolgt. Aus einer allgemeinen religionspädagogischen Zeitschrift, die zugleich sehr unterschiedlichen Interessen in Praxis und Theorie, Schule und Kirche, Ausbildung und Unterricht, Wissenschaft und Hochschule entsprechen wollte, hat sich je länger je mehr ein wissenschaftliches Organ entwickelt, das gerade dadurch der Praxis dienen möchte, dass es die genannten Perspektiven sachgemäß unterscheidet und aufeinander bezieht.
Die nun zum Ausdruck kommende Neuorientierung entspricht vor allem auch der Entwicklung der Disziplin der Religionspädagogik selbst. Diese hat nicht nur an der für unsere Gegenwart bezeichnenden wissenschaftlichen Profilierung der Fachdidaktiken Anteil, sondern bezieht das eigene Forschungsinteresse bewusst auch auf Arbeitsfelder und Lernorte jenseits von Unterricht und Schule. Die Religionspädagogik ist aus einer „bloßen“ Anwendungsdisziplin, wie sie früher aus der Perspektive anderer theologischer Disziplinen wahrgenommen und bezeichnet wurde, längst zu einer eigenen Forschungsdisziplin geworden. Insofern ist es konsequent, wenn sich die Zeitschrift für Pädagogik und Theologie die Formen zu eigen gemacht hat, die für eine wissenschaftliche Zeitschrift national wie international als Standard gelten: ein kollegiales Review-Verfahren sowie ein international zusammengesetztes Board of Editors. Auch die Abstracts in englischer Sprache sind in diesem Zusammenhang zu nennen.
Sodann gehört zu einer wissenschaftlichen Zeitschrift heute auch ihre digitale Präsenz. Schon lange wird von Seiten Interessierter der Wunsch geäußert, dass die Hefte und Einzelbeiträge auch in digitaler Form zugänglich sein sollen. Mit dem Übergang zum Verlag Walter de Gruyter, einem Vorreiter auf diesem Gebiet, bewegt sich die Zeitschrift für Pädagogik und Theologie auch in dieser Hinsicht auf die Höhe der Zeit.
Freilich ist uns bewusst, dass dieser Verlagswechsel eine bemerkenswerte Zäsur in der Geschichte der Zeitschrift für Pädagogik und Theologie darstellt. Denn seit 1952 war die Zeitschrift Der Evangelische Erzieher, die ab ihrem 50. Jahrgang im Jahre 1998 den heutigen Namen erhielt, beim Diesterweg-Verlag erschienen. Zudem waren Vorgängerorgane, vor allem die Zeitschrift für den evangelischen Religionsunterricht, schon seit 1926 beim Diesterweg-Verlag angesiedelt. Insofern ist nun eine lange und für die Religionspädagogik in Deutschland gewichtige Verlagsbeziehung an ihr Ende gelangt. Dem Diesterweg-Verlag und nicht zuletzt auch den jeweils für die Zeitschrift zuständigen Redakteuren – zuletzt Herrn Dr. Holger Höcke – möchte das Herausgebergremium seinen Dank für die zuverlässige Betreuung der ZPT und das mannigfaltige Engagement aussprechen.
Das Herausgebergremium hat darüber hinaus beschlossen, dass mit dem Wechsel des Verlags auch die endgültige Entscheidung für den Titel Zeitschrift für Pädagogik und Theologie verbunden sein soll. Damit entfällt der bisherige Untertitel Der Evangelische Erzieher, der bis 1997 als Haupttitel fungiert hatte. Dabei ist anzumerken, dass die 1949 vollzogene Setzung dieses Titels durchaus im Widerspruch zu der auch in der damaligen Zeit gesuchten Kontinuität zu früheren Zeitschriften, vor allem zu den ab 1908 erscheinenden Monatsblättern für den evangelischen Religionsunterricht stand. Wie die religionspädagogisch-historische Forschung inzwischen herausgearbeitet hat, handelte es sich bei dieser Selbstbezeichnung der Zeitschrift keineswegs um eine allgemein geteilte Auffassung oder um ein von der (Religions-)Lehrerschaft breit unterstütztes Selbstverständnis. Vielmehr brachte der Titel ein Programm zum Ausdruck, das nicht zuletzt mithilfe einer Zeitschrift dieses Namens durchgesetzt werden sollte. Heute werden freilich auch Zweifel daran formuliert, ob eine solche Durchsetzung namentlich in der religionspädagogischen Praxis jemals erreicht wurde. So erweist sich der Titel Der Evangelische Erzieher mehr und mehr als eine geschichtliche Bezeichnung, die zu einer bestimmten Periode gehörte und ein bestimmtes Programm auf den Begriff zu bringen suchte. Hingewiesen sei schließlich auch auf die heutigen Standards einer geschlechtergerechten Sprache, die die „Namensväter“ der Zeitschrift noch nicht im Blick haben konnten.
Der Titel Zeitschrift für Pädagogik und Theologie trifft jedenfalls das heutige Selbstverständnis weit besser als die Vorgängerformulierungen. Die Zeitschrift soll ein Forum für die wissenschaftliche Religionspädagogik sein, aber eben nicht auf den Religionsunterricht oder auf die Schule beschränkt. Konsequent im Blick sind vielmehr alle Fragen der religiösen Erziehung, Sozialisation, Entwicklung und Bildung in Schule, Gemeinde und Gesellschaft insgesamt, wie es beispielsweise in der im letzten Heft des vorangehenden Jahrganges behandelten Frage nach einer „öffentlichen Religionspädagogik“ markant zum Ausdruck kommt. Darüber hinaus sieht sich die Zeitschrift insbesondere dem interdisziplinären Dialog und entsprechenden wissenschaftlichen, auch internationalen Kooperationen verbunden. Dass dabei an erster Stelle die Pädagogik oder, wie heute auch gesagt werden könnte: die Erziehungswissenschaft, steht, bedeutet keine Abgrenzung gegenüber anderen Wissenschaften wie der Religionspsychologie und der Religionssoziologie, die den religionspädagogischen Zeitschriftendiskurs schon seit mehr als 100 Jahren befruchten.
Zumindest im Titel der Zeitschrift wird mit der Veränderung der evangelische Bezug nicht mehr zum Ausdruck gebracht. Das entspricht durchaus dem Selbstverständnis der Zeitschrift, die schon jetzt programmatisch offen ist für Beiträge von Autorinnen und Autoren aus dem Bereich der katholischen Religionspädagogik oder auch der jüdischen und der islamischen Religionspädagogik. Im Umkreis der Debatten um LER in Brandenburg beispielsweise hat die Zeitschrift sich auch immer wieder für Perspektiven offen gezeigt, die einen konfessionell- oder religiös-neutralen und insofern konfessionslosen Ansatz vertreten. Gleichwohl soll die Zeitschrift für Pädagogik und Theologie auch in Zukunft ihr evangelisches Profil nicht einfach verlieren. Gerade im Verhältnis zu den Fachorganen der katholischen und der islamischen Religionspädagogik – ein entsprechendes Organ gibt es auf jüdischer Seite zumindest in Deutschland derzeit leider nicht – wird erkennbar, dass eine konfessionelle Ausrichtung sinnvoll bleibt. Deshalb wird die Zeitschrift auch in Zukunft evangelischen Perspektiven besonderen Raum geben. Dafür steht das evangelisch zusammengesetzte Herausgebergremium, das die eigene konfessionelle Identität freilich gerade als Voraussetzung für ökumenische, interreligiöse und weltanschauliche Offenheit im Sinne der Pluralitätsfähigkeit versteht.
© 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Artikel in diesem Heft
- Titelseiten
- Titelseiten
- Artikel
- Vorwort der Herausgebenden
- Editorial
- Unterscheiden, was zusammengehört
- Die Rede von der Wahrheit im christlichen Leben. Neutestamentlich-hermeneutische Anmerkungen
- Gott sei Dank, die Wahrheit
- Pädagogische Wahrheit(en). Über Erziehung
- Kann Kindertheologie auch unwahr sein?
- Elementare Wahrheiten – Versuch einer Präzisierung
- Die Wahrheitsfrage als Herausforderung Interreligiösen Lernens
- „Wahrheitsfähigkeit“ als professionelles Können – Implikationen für die Religionslehrer/innenbildung
- Ahmad Mansour, Generation Allah: Warum wir im Kampf gegen religiösen Extremismus umdenken müssen. Frankfurt am Main: S. Fischer. 2015, 270 S., € 19,99. Kurt Edler, Islamismus als pädagogische Herausforderung. Stuttgart: Kohlhammer. 2015, 116 S., € 22,99.
- Zimmermann, Mirjam: Interreligiöses Lernen narrativ. Feste in den Weltreligionen, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2015, 142 S., € 18,00 Zimmermann, Mirjam: Feste in den Weltreligionen. Narratives Unterrichtsmaterial für die Sekundarstufe I, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2015, 95 S., € 23,00
- Rudolf Englert, Helga Kohler-Spiegel, Elisabeth Naurath, Bernd Schröder, Friedrich Schweitzer (Hg.): Religionspädagogik in der Transformationskrise: Ausblicke auf die Zukunft religiöser Bildung (JRP 30), Neukirchen-Vluyn, Neukirchner 2014, 222 S., € 32,00.
- Warnke, Silvia: Religiöse Bildung mit Elementen aus der Popularkultur. Praktische Unterrichtskonzeptionen für den Religionsunterricht an Realschulen in Bayern (Studien zur Kirchengeschichte und Theologie, Bd. 10), Gabriele Schäfer Verlag, Herne 2015. 428 S., kartoniert, mit fünf farbigen Tabellen und einem Farbfoto, 27,90 €.
Artikel in diesem Heft
- Titelseiten
- Titelseiten
- Artikel
- Vorwort der Herausgebenden
- Editorial
- Unterscheiden, was zusammengehört
- Die Rede von der Wahrheit im christlichen Leben. Neutestamentlich-hermeneutische Anmerkungen
- Gott sei Dank, die Wahrheit
- Pädagogische Wahrheit(en). Über Erziehung
- Kann Kindertheologie auch unwahr sein?
- Elementare Wahrheiten – Versuch einer Präzisierung
- Die Wahrheitsfrage als Herausforderung Interreligiösen Lernens
- „Wahrheitsfähigkeit“ als professionelles Können – Implikationen für die Religionslehrer/innenbildung
- Ahmad Mansour, Generation Allah: Warum wir im Kampf gegen religiösen Extremismus umdenken müssen. Frankfurt am Main: S. Fischer. 2015, 270 S., € 19,99. Kurt Edler, Islamismus als pädagogische Herausforderung. Stuttgart: Kohlhammer. 2015, 116 S., € 22,99.
- Zimmermann, Mirjam: Interreligiöses Lernen narrativ. Feste in den Weltreligionen, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2015, 142 S., € 18,00 Zimmermann, Mirjam: Feste in den Weltreligionen. Narratives Unterrichtsmaterial für die Sekundarstufe I, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2015, 95 S., € 23,00
- Rudolf Englert, Helga Kohler-Spiegel, Elisabeth Naurath, Bernd Schröder, Friedrich Schweitzer (Hg.): Religionspädagogik in der Transformationskrise: Ausblicke auf die Zukunft religiöser Bildung (JRP 30), Neukirchen-Vluyn, Neukirchner 2014, 222 S., € 32,00.
- Warnke, Silvia: Religiöse Bildung mit Elementen aus der Popularkultur. Praktische Unterrichtskonzeptionen für den Religionsunterricht an Realschulen in Bayern (Studien zur Kirchengeschichte und Theologie, Bd. 10), Gabriele Schäfer Verlag, Herne 2015. 428 S., kartoniert, mit fünf farbigen Tabellen und einem Farbfoto, 27,90 €.