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Der Aufbau des Sozialismus

Kaderschulen und Parteibürokratie in Rumänien – die regionale Parteischule in Timișoara 1948 bis 1973
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Veröffentlicht/Copyright: 1. Januar 2021
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Abstract

Die politische Schulung der kommunistischen Parteieliten und der Parteibürokraten durch Kaderschulen ist ein Forschungsthema, das unser Verständnis der Funktionsweise des Ostblockkommunismus und der dortigen dynamischen Beziehung zwischen Staat und Gesellschaft vertiefen kann. Ein derartiger Zugang erlaubt es Forscherinnen und Forschern, das Universum des Parteiapparats zu verstehen, ein komplexeres Profil dieser Welt zu zeichnen und die internen Mechanismen der Einparteienherrschaft zu verstehen. Aus diesen Gründen ist die Erforschung der politischen und ideologischen Ausbildung ein notwendiger Schritt hin zu einer detaillierten Geschichte des osteuropäischen Kommunismus. Die vorliegende Studie konzentriert sich auf eine Untersuchung der regionalen Parteischule von Timișoara in den Jahren von 1948 bis 1973, die Parteiaktivisten „aus der zweiten Reihe“ der Partei- und Verwaltungsbürokratie politisch und ideologisch schulte.

Abstract

The political training of the elites of communist parties, of the party bureaucrats, through schools of cadres is a topic which may enhance our knowledge of the way in which communism worked in the Eastern Block and of the dynamic relationship between state and society. Such an approach allows the researcher to understand the universe of the party apparatus and affords the possibility to generate a more complex profile of this world and, last but not least, to comprehend the internal mechanisms of the ruling party. This is why researching the political and ideological education represents a necessary step for a detailed history of the East-European communism. The article focuses on a partial investigation of the regional Party school of Timișoara in the years 1948–1973, which trained the Party activists and administrative officers – “second-class elites” – politically and ideologically.

Vorspann

Sorin Radu zeichnet am Beispiel der Parteischule in Timișoara die Rekrutierung von kommunistischen Funktionseliten in Rumänien auf der unteren und mittleren Ebene nach. Ende der 1940er und Anfang der 1950er Jahre verfügte kaum ein Schüler über höhere Schulbildung; sie waren in der Regel junge Erwachsene und von Beruf Arbeiter oder arme Bauern. Der Besuch der Schule war mit der Aussicht auf sozialen Aufstieg verbunden. Die meisten Absolventen avancierten zu Kadern in den Partei- und Massenorganisationen oder waren in der lokalen und regionalen Verwaltung tätig. In den 1960er Jahren erfolgte ein Professionalisierungsschub, der sich auch in den Lehrinhalten niederschlug. Sorin Radu begreift die Parteischulen als totale Institutionen, die die Schüler durch Indoktrination und Disziplinierung zu strammen Parteisoldaten erzogen, ihnen aber auch zahlreiche Privilegien verschafften.

I. Themenstellung, Untersuchungsgegenstand, Forschungsüberblick

Der vorliegende Aufsatz versteht sich als Beitrag zur politischen Sozialgeschichte kommunistischer Diktaturen.[1] Das diesem Ansatz entsprechende methodische Instrumentarium eignet sich besonders zur Analyse der politischen Bildung in kommunistischen Kaderschmieden, aus denen die Nomenklatur und die Parteiaktivisten hervorgingen. Zu erwarten sind detailliertere Erkenntnisse sowohl über die Funktionsweise des rumänischen Kommunismus als auch über das enge Wechselverhältnis zwischen Staat und Gesellschaft. Darüber hinaus eröffnen sich Einblicke in Parteiapparat und Parteiverwaltung; zugleich bietet sich die Möglichkeit, die internen Mechanismen der Einheitspartei besser zu verstehen. Eine detaillierte Geschichte des rumänischen Kommunismus setzt die Untersuchung der politisch-ideologischen Erziehung im Rahmen des Parteischulungssystems in Rumänien voraus – eine Untersuchung, die hier als Bottom-Up-Analyse am Beispiel der regionalen Parteischule der im Westen Rumäniens gelegenen Stadt Timișoara zwischen 1948 und 1973 durchgeführt wird.

Die Forschung in Rumänien, in anderen osteuropäischen Staaten, aber auch im westlichen Ausland richtete bislang ihren Fokus vor allem auf die zentralen Machteliten in den kommunistischen Parteien. Sie blendete hingegen die Funktionäre in der zweiten Reihe aus und fragte auch nicht, in welchen Anstalten sie erzogen wurden. Zwar ist über die zentrale Nomenklatur der Rumänischen Kommunistischen Partei (RKP)[2] sowie über die Biografien der kommunistischen Parteiführer und intellektuellen Stichwortgeber bereits viel bekannt, Parteiapparat und Verwaltungsbürokratie[3] auf der lokalen und regionalen Ebene der Partei gerieten jedoch nur zufällig in den Blick der Forschung; an systematischen Studien zum Thema Elitenbildung im Parteiapparat mangelt es also. Das liegt nicht nur daran, dass der Zugang zu den Archiven der Parteischulen lange Zeit kaum möglich war, sondern ist auch dem Umstand geschuldet, dass die ideologische Erziehung nicht als relevanter Faktor galt, um die Anatomie der kommunistischen Partei und die Aktivitäten ihrer Nomenklaturkader besser zu verstehen. Der vorliegende Aufsatz ist einem Ansatz verpflichtet, der quantitative und qualitative Methoden verbindet, und soll dazu beitragen, diese Lücke durch die exemplarische Untersuchung eines ausgewählten „Laboratoriums“ der Parteibürokratie zu schließen.

Die Kaderschulung und die ideologische Erziehung des Parteinachwuchses spielten für den Aufbau- und Legitimationsprozess der kommunistischen Regime in Osteuropa nach dem Zweiten Weltkrieg eine zentrale Rolle. Der in den USA lebende rumänische Politologe Vladimir Tismăneanu bezeichnete sie als „Bollwerk des stalinistischen Denkens“ und als „bevorzugtes Instrument zur ideologischen Reproduktion des kommunistischen Systems“.[4] Da die Mitgliederzahlen in der kommunistischen Partei und in den von ihr kontrollierten Organisationen nach dem Staatsstreich von 1944 sprunghaft stiegen, war es notwendig, in Rumänien ein Netzwerk von Ausbildungsstätten für Parteiaktivisten zu schaffen. Exakte Zahlen liegen nicht vor, aber allein 1947 wurden 700.000 Anträge auf Mitgliedschaft in der kommunistischen Partei gestellt, denen ohne genaue Prüfung stattgegeben wurde.

Angesichts der Tatsache, dass die Partei nach der Machtübernahme 1948 imstande sein musste, Rumänien nach dem sowjetischen Modell umzuformen, galt es, die neue, aus unterschiedlichsten sozialen Schichten zusammengesetzte, mit dem Kommunismus weder in Theorie noch Praxis vertraute Masse der Mitglieder zu organisieren und zu disziplinieren. Nach sowjetischem Vorbild wurden Parteischulen gegründet, in denen der Nachwuchs für Führungspositionen in der Partei, in den Massenorganisationen oder in der Verwaltung ausgebildet wurde. Zugleich dienten diese Schulen als Stätten ideologischer Indoktrination, „um das ideologische Niveau der Parteimitglieder anzuheben“, und so eine Art sozialistischen „Staatsadel“ heranzuziehen.[5] Diese Parteischulen waren besondere Bildungseinrichtungen, die gleichermaßen als (partei)politische Ausbildungsstätten, als allgemeinbildende Volksschulen und als Eliteschulen fungierten.[6]

Angesichts ihrer Bedeutung ist es überraschend, dass bis heute keine monografischen Studien zu den Parteischulen vorliegen, denen das sowjetische Modell mehr oder weniger oktroyiert wurde. Das verwundert umso mehr, als die Rekonstruktion ihrer Geschichte ein wichtiger Schritt zum Verständnis der Mechanismen politischer Sozialisation ist, mit denen sich gleich mehrere Generationen von Funktionseliten in den kommunistischen Staaten konfrontiert sahen.[7] Die Parteischulen waren totale Institutionen,[8] die der ideologischen Kontrolle verschiedener Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft dienten. Sie ermöglichten zugleich Teilen der Bevölkerung, insbesondere der unteren Mittelschicht, einen sozialen Aufstieg, der ihnen vor der kommunistischen Machtübernahme versperrt war. Als Bildungsinstitutionen stellten sie die Reproduktion der marxistisch-leninistischen Ideologie sicher. Sie unterbanden oder begrenzten den Zugang zu kritischen Texten, deren Studium einer eingeschränkten Zahl eigener Experten und Zensoren vorbehalten blieb.

Obwohl die historischen Wurzeln der Parteischulen bis auf Karl Marx zurückgeführt werden können, sind die „Lenin-Schulen“ originäre Institutionen, in deren Geschichte sich drei lange Entwicklungsphasen deutlich unterscheiden lassen: Die erste Phase, die mit der Oktoberrevolution von 1917 begann, die zweite, die mit der Gründung der Sowjetunion und der Kommunistischen Internationale einsetzte, und schließlich die dritte, in der diese Schulen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs auch außerhalb der Sowjetunion Verbreitung fanden.[9] Die leninistischen Parteischulen leisteten einen Beitrag zur Ausbildung der kommunistischen Parteielite in der Sowjetunion und der führenden Kader der sogenannten Bruderparteien. Sie wurden in den Ländern, die das sowjetische Modell übernommen hatten, zum Vorbild für den Aufbau analoger Strukturen.

Eine historische Längsschnittuntersuchung von Strukturen, Personen und Erfahrungen ist eine Herausforderung: erstens, angesichts des breiten Spektrums der Schulungsinhalte; zweitens, wegen des ausgedehnten Netzwerks von Parteischulen, das von der Hauptstadt bis tief in die Provinz reichte; und drittens mit Blick auf die Fülle von Archiv- und Oral-History-Quellen verschiedenster Provenienz, die zur Verfügung stehen. Es scheint daher sinnvoll, den Fokus zunächst auf die regionalen Parteischulen zu richten, denen wichtige Funktionen zukamen: Sie sollten Nachwuchsaktivisten politisch-ideologisch unterweisen, qualifizierte Fachkräfte für Parteiapparat und staatliche Verwaltung heranziehen sowie eine Auslese für weiterführende Parteischulen treffen.

Die regionale Parteischule in Timișoara steht im Mittelpunkt dieses Aufsatzes, der sich des Instrumentariums der Microhistory bedient,[10] um an einem ausgewählten Beispiel das Kaderschulungssystem der kommunistischen Partei in seinen wichtigsten Dimensionen zu beschreiben und so Innenansichten der „Laboratorien“ eines totalitären Systems zu gewinnen. Die regionale Parteischule in Timișoara war für die Ausbildung von Aktivisten aus den Kreisen Alba, Arad, Caraş-Severin, Gorj, Hunedoara, Mehedinţi, Olt und Timiș zuständig, wobei sich sowohl im Lehrkörper als auch in der Schülerschaft die ethnische Vielfalt der Region widerspiegelt. Der Untersuchungszeitraum reicht von der Gründung 1948 bis zum April 1973, als die bis dahin dem Zentralkomitee der Partei unterstellte regionale Parteischule in den Verantwortungsbereich der Akademie Ștefan Gheorghiu – einer 1947 in Bukarest gegründeten Akademie für politische Bildung – überging. Dieser Übergang markiert mit Blick auf Akteure und Lehrinhalte eine deutliche Zäsur.

Der vorliegende Aufsatz fußt auf bislang unbekanntem Quellenmaterial aus der Zweigstelle des Rumänischen Nationalarchivs im Kreis Timiș; die Akten der regionalen Parteischule Timișoara enthalten unter anderem: Namensverzeichnisse der Schülerschaft, Personalakten, Lebensläufe von Schülerinnen und Schülern, Beurteilungen der Schulabgängerinnen und Schulabgänger, politisch-administrative Korrespondenzen mit verschiedenen zentralstaatlichen, regionalen und lokalen Stellen, Schriftgut der kommunistischen Partei sowie schulinterne Dokumente über Verwaltung, Organisation, Finanzen, Lehrveranstaltungen und Prüfungen.

Timișoara, oder auf Deutsch: Temeswar, war einst Mittelpunkt des Temescher Banats und bis zum Ende des Ersten Weltkriegs Teil der Habsburgermonarchie. Die Stadt liegt nahe der Grenze zu Serbien und Ungarn an den Ufern der Bega. Die heutige Hauptstadt des Kreises Timiș ist mit einer Bevölkerung von 300.000 noch immer die drittgrößte Stadt Rumäniens und ein wichtiges Industrie-, Handels-, Dienstleistungs- und Finanzzentrum mit einer bedeutenden Universität. Das multikulturelle Timișoara war über Jahrhunderte von der friedlichen Koexistenz verschiedener Bevölkerungsgruppen geprägt, deren Zusammensetzung sich durch politische Umwälzungen freilich immer wieder änderte. Am Ende des Ersten Weltkriegs stellten die Deutschen den größten Teil der Bevölkerung, gefolgt von Ungarn, Rumänen, Juden und Serben. Nach und nach änderten sich die Mehrheitsverhältnisse zugunsten der Rumänen. Bei der Volkszählung 1941 waren von den 125.052 Einwohnern 46.466 Rumänen, 37.611 Deutsche (sogenannte Banater Schwaben), 24.891 Ungarn, und 16.084 (vor allem Serben und Juden) gehörten anderen ethnischen Gruppen an.[11]

Das änderte sich ab 1944 mit der Flucht eines Teils der deutschen Bevölkerung und der Verschleppung von Rumäniendeutschen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion im folgenden Jahr grundlegend. Die Volkszählung von 1956 ergab eine Gesamtbevölkerung von 142.257 Einwohnern, davon 75.855 Rumänen, 24.326 Deutsche, 29.968 Ungarn, 3.065 Serben, 6.700 Juden, 122 Roma, 280 Bulgaren, 56 Ukrainer und 1.885 Angehörige anderer Volksgruppen. Die deutsche Bevölkerung sollte in der Folgezeit aufgrund einer Jahrzehnte dauernden Kettenmigration in die Bundesrepublik kontinuierlich zurückgehen.

Dass der rumänische Bevölkerungsanteil wuchs, lässt sich nicht nur mit steigenden Geburtenraten erklären. Dazu trugen auch die Umsiedlungen bei, welche die kommunistische Führung veranlasst hatte. Die Jahre zwischen 1944 und 1958 waren zudem von einer massiven Präsenz sowjetischer Truppen in der Stadt geprägt, die tiefgreifende ökonomische, soziale und psychologische Auswirkungen hatte.[12] Doch es gelang nie ganz, Timișoara und das Banat mit seinem bunten Gemisch aus Volks- und Religionszugehörigkeiten unter rumänischen Vorzeichen zu homogenisieren. Bis heute ist der Stadt die deutsche Prägung aus der Habsburgerzeit anzusehen, auch wenn die deutsche Minderheit mittlerweile zu einer kleinen Gruppe geschrumpft ist. Nach 1945 unternahm die kommunistische Partei besondere Anstrengungen, die verschiedenen Bevölkerungsgruppen unter ihrem Dach zu integrieren und vor allem den Zuzug von Rumänen, insbesondere aus der Moldau, aus Oltenien und Muntenien, zu fördern. Die Gründung der regionalen Kaderschulen der Partei in Timișoara, Oradea, Cluj-Napoca und Brașov ist nicht zuletzt auf das Bestreben der kommunistischen Partei zurückzuführen, die Bevölkerungsstruktur in der jeweiligen Region zu verändern. Im Vordergrund stand allerdings das Interesse am Aufbau einer Parteibürokratie und an der ideologiekonformen Ausbildung von Parteifunktionären.

Die ideologische Schulung der kommunistischen Führungselite rückte bereits im ersten Jahrzehnt des Kalten Kriegs in den Blick der westlichen Forschung. Auch wenn die Ergebnisse schon aufgrund des fehlenden Quellenzugangs überschaubar blieben, so lassen sich doch einige der Befunde zur Nomenklatur und zur Elitenbildung in kommunistischen Parteien mit gewissen Einschränkungen auch auf Rumänien übertragen.[13] Einige Studien bieten zudem Analysemodelle, die sich auch für den vorliegenden Beitrag fruchtbar machen lassen.[14] Rumänien wird jedoch zumeist nur am Rande behandelt. Monografische Studien fehlen. Erst in jüngster Zeit sind einige Aufsätze erschienen, darunter Untersuchungen zur Geschichte verschiedener Parteischulen wie der 1948 in Bukarest gegründeten Hochschule für Sozialwissenschaften A. A. Jdanov oder der Parteihochschule und späteren Akademie Ştefan Gheorghiu.[15]

Einen Überblick über die wichtigsten Bildungseinrichtungen der Partei bietet die „Enzyklopädie des kommunistischen Regimes“.[16] Vor allem in Arbeiten über die Nomenklaturkader finden sich auch Ausführungen über die ideologische Schulung. Zu einem besseren Verständnis der kommunistischen Nomenklatur und der Funktion der Kaderabteilungen der kommunistischen Partei haben zudem Nicoleta Ionescu-Gură,[17] Raluca Grosescu[18] und Adrian Muraru[19] beigetragen. Bogdan Ivaşcu[20] behandelte die Rolle der Parteischulen für die Elitenbildung auf regionaler Ebene immerhin kurz. Einem vergleichenden Ansatz ist die soziologische Studie von Mihai Dinu Gheorghiu[21] verpflichtet. Auf breiter theoretischer Grundlage untersuchte er vergleichend im Kontext der Volksdemokratien des Ostblocks die Rolle der Intellektuellen in der DDR und im kommunistischen Rumänien.

II. Die Organisation der Parteischulung in Rumänien und die regionale Parteischule in Timisșoara

Die KPR errichtete das System der Parteischulung seit 1945 nach sowjetischem Vorbild, unterstützt von sowjetischen Beratern und mit rumänischen Kadern, die Parteischulen in der UdSSR besucht hatten. Nach und nach entstand so ein Netz von Parteischulen zur Kaderausbildung für Regierungsbehörden und regionalen Parteiorganisationen. In der Folgezeit baute die KPR die Parteischulen und -lehrgänge – diese konnten drei, sechs oder 12 Monate dauern – weiter aus. Es entstand ein Netz von Parteischulen, das die Höhere Parteischule, die zentrale staatliche Kaderschule, die zentrale Journalistenschule, die zentrale Schule mit ungarischer Unterrichtssprache, die zentrale Schule für Aktivistinnen, die zentrale Schule für junge Aktivisten sowie 21 regionale Kaderschulen umfasste.[22] Der gegenwärtige Forschungsstand erlaubt es noch nicht, ein Organigramm dieses Geflechts von Parteischulen zu erstellen.

Seit 1949 wurde das Parteischulungssystem landesweit einheitlich strukturiert; der Unterricht begann an allen Schulen am 15. September und endete am 15. Juli des folgenden Jahrs.[23] Das System sah drei Stufen mit unterschiedlichen Anforderungen vor, wobei die beiden unteren Stufen in den Verantwortungsbereich der regionalen Parteikomitees fielen. Auf der untersten Stufe – oft in Abendklassen zur Fortbildung für Parteimitglieder aus dem ländlichen Raum – standen Veranstaltungen zur aktuellen Politik oder zur Geschichte der kommunistischen Partei in der Sowjetunion auf dem Lehrplan. Auf der mittleren Ebene wurden Kurse mit drei- oder sechsmonatigen Schulungen sowie zweijährige Lehrgänge angeboten. Die höheren Kaderschmieden unterrichteten die Grundlagen des Marxismus-Leninismus. Dafür stand das Angebot der Universitäten in Bukarest, Cluj, Iaşi, Timișoara oder Târgu Mureş (in ungarischer Sprache) zur Verfügung. Hinzu kamen die Abendkurse an den Marxismus-Leninismus-Schulen in Galaţi, Ploieşti, Craiova, Constanţa, Braşov, Arad, Oradea, Baia Mare, Sibiu, Deva, Buzău, Târgovişte und jene der Höheren Parteischule Ştefan Gheorghiu sowie die Höhere Schule für Sozialwissenschaften A. A. Jdanov. Das Studium der Parteikader, die künftig im Staatsapparat und in den Massenorganisationen Verantwortung tragen sollten, dauerte zunächst nur ein Jahr; über 80 Prozent der Studierenden waren Arbeiter. 1951 wurde die Dauer des Studiums auf zwei Jahre, 1953 auf drei Jahre verlängert.[24]

Die regionalen Parteischulen, die im Mittelpunkt des Aufsatzes stehen, entstanden 1948 als Ergebnis der Reorganisation der regionalen und Kreisschulen. Die RKP verband das mit einer von ihr als notwendig erachteten strukturellen Neuausrichtung des Ausbildungsprogramms. Wie einem Bericht aus dem Jahr 1948 zu entnehmen ist, gab es seinerzeit landesweit bereits 34 regionale Parteischulen,[25] die bis 1956 direkt der Organisationsabteilung des Zentralkomitees (ZK) der kommunistischen Partei unterstanden; danach fungierte die Propaganda-Abteilung des ZK als koordinierende Instanz.[26] Die Schule in Timișoara wurde im Februar 1948 unter der Aufsicht des für die Region Timiș zuständigen Komitees der kommunistischen Partei gegründet und firmierte zunächst als „regionale Kaderschule mit einer Ausbildungsdauer von drei Monaten“ beziehungsweise als „Dreimonatige regionale Parteischule“. 1949 wurde sie in eine „Sechsmonatige regionale Parteischule“ und schließlich 1952 in die „Einjährige Parteischule Timișoara“ umgewandelt. Im Februar 1971 kam schließlich der Namenszusatz regional hinzu.

Ursprünglich war die Schule für die Ausbildung von Parteikadern aus den Kreisen Timiș, Caraş und Severin zuständig, aber schon kurz nach der Gründung erweiterte sich ihr Einzugsgebiet auf die Kreise Arad und Hunedoara. Später gehörte auch die weiterführende Schulung von leitenden Funktionären in Massenorganisationen sowie von höheren Angestellten in Wirtschaft und Staat zu ihren Aufgaben.[27] Die Verantwortung für die Rekrutierung der Kader und den späteren Einsatz der Absolventen oblag in der Regel den jeweiligen Regionalkomitees der kommunistischen Partei.[28]

Bis 1952 war die personelle Besetzung ziemlich dünn; es gab einen Schulleiter, seinen Stellvertreter, einige Dozenten und Lehrer sowie externe Mitarbeiter, die als Lehrkräfte vom Parteikomitee in Timiș zur Unterstützung zugewiesen wurden.[29] Mit der Aufwertung zur „Einjährigen Parteischule“ im September 1952 wurde die Organisation auf ein breiteres Fundament gestellt: Nun gab es einen Schulrat oder Pädagogischen Rat, dem neben dem Schulleiter[30] und seinen beiden Stellvertretern die wichtigsten Mitglieder des Lehrkörpers angehörten. Im Schuljahr 1953/54 waren neben den insgesamt 20 Dozenten auch Lehrkräfte für Rumänisch, Russisch und Geografie an der Schule tätig. Im Rahmen der landesweiten Reorganisation der regionalen Parteischulen wurde das Personal 1955 noch einmal aufgestockt: An der Spitze standen ein Schulleiter und seine zwei Stellvertreter, hinzu kamen Abteilungen mit Dozenten und Lehrern für Grundlagen des Marxismus-Leninismus, für den Parteiaufbau, für Geschichte, Geografie und Wirtschaftswissenschaft. Zwei Lehrkräfte für rumänische Sprache und Literatur sowie für Russisch vervollständigten den Lehrkörper.[31]

Der große Bedarf an geschulten Parteikadern veranlasste die zuständigen Stellen, parallel zu den einjährigen Lehrgängen auch Kurse von erheblich kürzerer Dauer anzubieten. Später wurden auf Wunsch der Kaderabteilung der Partei in Timișoara auch Kader aus den Kreisen Oltenien, Crişana und Maramureş geschult; zudem fanden einige landesweite Kurse für Funktionäre der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und der Landwirtschaftlichen Staatsfarmen, Journalisten der lokalen Parteipresse, Gewerkschaftsaktivisten und Leitungskader in Industriebetrieben statt.[32]

Bis heute erinnern sich viele Absolventinnen und Absolventen der regionalen und insbesondere der höheren Parteischulen gerne an ihre dort verbrachte Zeit zurück und berichten von einem sehr guten Unterricht ebenso wie von der angenehmen Unterbringung an diesen Einrichtungen. Das lag nicht zuletzt daran, dass Einrichtungen wie die Hochschule für Sozialwissenschaften, die spätere Akademie Ștefan Gheorghiu, über eine erheblich bessere Infrastruktur und Logistik verfügten als herkömmliche Hochschulen und Universitäten in Rumänien. Ähnliches gilt im regionalen Kontext für die Parteischule in Timișoara, anfänglich am Bulevardul Politehnicii Nr. 2 gelegen. Das Gebäude verfügte über ein Klassenzimmer für etwa 50 Schüler, zwei Seminarräume, drei Büros für Schulleitung und Lehrkräfte sowie Schlafsäle. Zwischen 1949 und 1957 befand sich die Schule dann in der Straße Petru Gheorghe Nr. 1, mit einer kurzen Unterbrechung im Schuljahr 1952/53 wegen notwendiger Renovierungsarbeiten. Bis 1989 war die Schule schließlich sehr komfortabel in der Pestalozzistraße Nr. 14[33] untergebracht; hier gab es Klassen- und Studierzimmer, Büros für Schulleitung, Verwaltung und Lehrkräfte, Schlafräume sowie eine Mensa. Im Sommer 1973 kam noch ein neues Studentenheim mit 100 Zimmern für rund 300 Studierende hinzu.[34] Zum Campus gehörten außerdem ein Park und ein Obstgarten.[35]

Für die freie Zeit nach dem Unterricht, der die Gründungsgeschichte der Partei, jene des Bolschewismus und später die Theorien des Staatsführers Nicolae Ceaușescu (1918–1989) zum Gegenstand hatte, standen den Studierenden in der Schule eigens dafür vorgesehene Räume zur Verfügung, darunter ein Kino, ein Clubraum und eine Kegelbahn. Zur Infrastruktur der Schule gehörten auch eine Dunkelkammer, Labore sowie moderne Lehr- und Lernmittel. Von besonderer Bedeutung war die Bibliothek, die in den 1970er Jahren etwa 90.000 Bücher sowie zahlreiche Zeitschriften und Zeitungen umfasste.[36]

Die Schule bot also eine Rundumversorgung einschließlich Freizeitangeboten aller Art, zwängte die Studierenden aber in ein militärisch anmutendes Korsett aus Unterricht, Selbststudium und kontrollierter Freizeit. Parteiindoktrination und -schulung, Komfort, optimale Lernbedingungen, ein Sozialleben unter Aufsicht, freie Kost und Logis sowie die Möglichkeit, mit Erlaubnis der Schulleitung in die Ferien zu fahren – Privilegien und Zwänge waren untrennbar miteinander verbunden. Damit erfüllte die Kaderschule alle Bedingungen einer totalen Institution. Die Studierenden waren einem Propagandafeuerwerk ausgesetzt und konnten nach ihrem Abschluss auf eine ansprechende Karriere hoffen – eine Karriere unter Aufsicht und Kontrolle durch die kommunistische Partei.

III. Die Schülerschaft

In den ersten Jahren war die Schülerschaft noch relativ heterogen, wenn auch die weit überwiegende Mehrheit aus der Arbeiterschaft oder dem bäuerlichen Milieu stammte und über eine eher spärliche Schulbildung verfügte.[37] Im Laufe der Zeit konnten jedoch immer mehr Schüler einen höheren Abschluss vorweisen, oder sie hatten sogar die Universität besucht: Es handelte sich um Ingenieure und Techniker, Ökonomen oder Lehrkräfte verschiedenster Fachrichtungen, „die in verantwortliche Positionen“ in Partei und Staat sowie in „Leitungsfunktionen der Massenorganisationen befördert wurden“.[38]

Anfänglich kam die überwältigende Mehrheit der rekrutierten Kader aus der lokalen Parteibürokratie, deren Personalbedarf in kurzer Zeit sprunghaft anstieg. Gegen Ende der 1960er Jahre veränderte sich die Zusammensetzung der Schülerschaft, im ZK-Jargon wurden nun in Timișoara vor allem Kader für „Führungspositionen in den Organen und Organisationen der Partei, in Massenorganisationen, Unternehmen, Industrie- und Landwirtschaftsbetrieben“[39] ausgebildet. Bei den Schülern handelte es sich dementsprechend in der Regel um Funktionäre der lokalen Partei- und Staatsorgane sowie der Massenorganisationen, um Parteisekretäre in den sozialistischen Industrie- und Landwirtschaftsbetrieben, Vorsitzende der Ausschüsse der Gewerkschaften in Industrieunternehmen, Redakteure der lokalen Parteipresse, Vorsitzende und Parteisekretäre von Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, Parteisekretäre in staatlichen Agrarbetrieben oder in Stellen für die Mechanisierung der Landwirtschaft, Sekretäre von kommunalen Parteikomitees und Bürgermeister, stellvertretende Sekretäre der kommunalen Parteikomitees, Leiter von Gemeindezentren und Kulturhäusern, Parteikader und um Kader von Massenorganisationen.

Die Sozialwissenschaftlerin Raluca Grosescu stellte fest, dass die Funktionsfähigkeit der Diktatur sowjetischen Typs nicht allein auf blankem Terror beruhte, sondern „auch auf einem komplexen System der Elitenrekrutierung und -förderung, das ausschließlich am Kriterium politischer Konformität ausgerichtet war und insofern die permanente Kontrolle der Einheitspartei über die Gesamtheit der Entscheidungsprozesse in den kommunistischen Gesellschaften sicherstellte“.[40] Die Eliten, die zum Nomenklaturkader zählten, genossen allerlei Vorteile und Privilegien, die eine dauerhafte, enge Parteibindung bedingten. Diese Erklärung mag auch den Wunsch zahlreicher Arbeiter, Angestellter, Bauern und anderer abhängig Beschäftigter erklären, die Parteischulen zu besuchen. Das neue politische System gab den Parteimitgliedern aus ärmlicheren Verhältnissen jedenfalls das verführerische Versprechen, mit der Errichtung des Kommunismus sei auch die Aussicht auf den eigenen sozialen Aufstieg verbunden.[41]

Die Ausbildungskapazitäten wuchsen schrittweise, die Lehrpläne änderten sich mehrfach entsprechend den ideologischen Metamorphosen, die das kommunistische Regime in Rumänien durchlief. Im Jahr 1948 absolvierten insgesamt 93 Schüler aus drei Kreisen (Timiș, Caraş und Severin) drei aufeinanderfolgende dreimonatige Kurse, im Jahr 1973 waren es bereits 418 Kader aus acht Kreisen (Alba, Arad, Caraş-Severin, Gorj, Hunedoara, Mehedinţi, Olt und Timiș), die die Lehrgänge oder Fortbildungskurse an der Schule abschlossen. Zwischen 1948 bis 1973 absolvierten rund 6.950 Kader die verschiedenen Lehrgänge der regionalen Parteischule. 82 Prozent davon waren Rumänen und 18 Prozent gehörten den nationalen Minderheiten an. Das Geschlechterverhältnis war eindeutig: 90 Prozent Männer und nur zehn Prozent Frauen.[42]

Die Schülerschaft verteilte sich auf folgende Lehrgänge: 1.406 Kader besuchten Dreimonatskurse, 1.699 Kader Sechsmonatskurse und 2.305 Kader Einjahreskurse. Die einjährigen Lehrgänge fanden, wenn man von den Jahren 1968 bis 1970 absieht, im gesamten Untersuchungszeitraum statt, und zwar parallel zu den drei- und sechsmonatigen Kursen. Zwischen 1967 und 1973 wurde die Ausbildung der Parteikader durch die Einführung kürzerer Schulungs- und Fortbildungskurse mit einer Dauer von zehn, 14, 20, 30, 45 oder 60 Tagen intensiviert und diversifiziert. Diese Kurse wurden von 1.535 Kadern besucht.[43] Warum die Zahl der Kader aus der Wirtschaft in den Intensivkursen insbesondere in den Jahren 1969/70 so stark wuchs, lässt sich bislang noch nicht aus den Akten erklären. Aber man darf wohl davon ausgehen, dass die Partei auf diesem Wege sicherstellen wollte, dass die Wirtschaftsfachleute in höheren Leitungspositionen durch den Besuch der Parteischule an die Partei gebunden wurden.

Ein Blick auf das Schuljahr 1949/50 liefert genauere Angaben über die Schülerschaft zum Zeitpunkt ihres Eintritts in die regionale Parteischule. In diesem Schuljahr wurden 130 Schüler rekrutiert, die in zwei Gruppen unterrichtet wurden: Gruppe X zwischen dem 20. September 1949 und dem 23. Februar 1950 (64 Schüler) und Gruppe XI vom 3. März bis zum 5. August 1950 (66 Schüler).[44] Die regionale Verteilung der Schülerschaft sah folgendermaßen aus: Arad – 22, Caraș – 26, Hunedoara – 39, Severin – zehn, Timiș – 33. Bezüglich der Sozialstruktur ergeben sich folgende Zahlen: Arbeiter – 68, Halbproletariat – vier, Beschäftigte in der Landwirtschaft – vier, arme Bauern – 45, mittlere Bauern – drei, Kleinbürgertum – sechs. Die Altersschichtung zeigt folgendes Bild: 20 bis 25 Jahre – 30, 26 bis 30 Jahre – 62, 31 bis 35 Jahre – 22, 36 bis 39 Jahre – 16. Was die Nationalität angeht, bekannten sich 97 Schüler zur rumänischen, 19 zur ungarischen, vier zur serbischen, zwei zur russischen, zwei zur polnischen und je einer zur ruthenischen, zur bulgarischen, zur slowakischen und zur deutschen; zwei gaben an, Juden zu sein. Nach dem Familienstand waren 101 Schüler verheiratet und 28 ledig; einer hatte eine Scheidung hinter sich. Von den 130 Mitgliedern der Gruppen X und IX waren 116 Männer und nur 14 Frauen. Ein Schüler gehörte bereits seit 1940 der Partei an, drei waren 1944 beigetreten, 64 1945, 30 1946 und 32 1947.

Die Frage nach Bildungsniveau und Ausbildungsstand der Schülerschaft bei Eintritt in die Parteischule Timișoara ergibt folgendes Bild: 16 Schüler hatten vier Jahre die Volksschule besucht beziehungsweise im Anschluss daran eine zwei- bis dreijährige Ausbildung absolviert; 26 waren fünf bis sechs Jahre in die Volksschule gegangen beziehungsweise hatten anschließend eine zwei- bis dreijährige Ausbildung abgeschlossen; 62 hatten immerhin sieben Jahre die Volkschule besucht beziehungsweise nach der Volksschule eine zwei- bis dreijährige Ausbildung absolviert; sechs Schüler hatten neben ihrer Lehre auch eine Berufsschule besucht. 15 konnten neben sieben Jahren Volksschule auch zwei bis vier Schuljahre auf einer anderen Schule vorweisen und darüber hinaus zuweilen sogar noch eine zwei- bis dreijährige Ausbildung; zwei hatten eine weiterführende Schule besucht, einer der Schüler ein Wirtschaftsgymnasium. Zu Abitur und zwei Jahren Studium hatte es nur ein Schüler gebracht, aber auch nur einer gab an, erst nach dem Staatsstreich am 23. August 1944, der die schrittweise Machtübernahme durch die Kommunisten einleitete, Lesen und Schreiben gelernt zu haben.

Was Parteischulungen oder Lehrgänge angeht, so hatten 43 Mitglieder der Gruppen X und XI bei Eintritt in die Parteischule Timișoara keine Kurse absolviert, 31 dagegen hatten schon drei Monate eine Parteischule besucht, zwei acht Wochen, sechs sechs Wochen und sechs vier Wochen. 14 hatten Abendklassen für Leitungskader hinter sich, elf drei Wochen an einer Bauern-Parteischule; je ein Schüler konnte auf eine Parteischulung für Bereichssekretäre, auf den Besuch einer besonderen Parteischule beziehungsweise auf sechs Wochen an der Parteihochschule Ștefan Gheorghiu verweisen. 14 hatten wenigstens zwei Wochen Parteischule für Agitatoren hinter sich oder machten keine näheren Angaben.

Das Zwischenfazit, das sich aus diesen Daten ziehen lässt, liegt auf der Hand: Alle 130 Schüler konnten ihren sozialen Status verbessern. Mit dem Eintritt in die kommunistische Partei eröffnete sich ihnen die realistische Aussicht auf einen Aufstieg in Positionen, die ihnen ohne die kommunistische Machtübernahme verschlossen geblieben wären, da ihnen die Ausbildung dafür fehlte. Soweit bekannt, hatten die Schüler ursprünglich folgende Berufe ausgeübt:[45] Mechaniker (sechs), Dreher (elf), Schlosser (28), Drechsler (einer), Zimmermann (vier), Buchbinder (einer), Maler (einer), Kesselflicker (vier), Ofenmacher (einer), Drucker (zwei), Angestellte im öffentlichen Dienst (sechs), Bäcker (einer), Textilarbeiter (zwei), Schweißer (vier), Elektriker (drei), Holzfacharbeiter (einer), Friseur (einer), Metzger (zwei), Pflüger/Landarbeiter/Bauer (neun), Nieter (einer), Bergmann (13), Monteur bei der staatlichen Eisenbahngesellschaft (sechs), Metallarbeiter/Schmelzer (sechs), Schneider (zwei), Schreiner (einer), „Arbeiter“ (einer), Maurer (einer), ungelernter Arbeiter (neun).

Zum Zeitpunkt des Eintritts in die Parteischule waren die Schüler in folgenden Berufen tätig: Ausbilder auf Kreisebene (21), Ausbilder auf Bezirksebene (vier), Leiter der Bezirksorganisations-Propaganda (einer), Mitglied der Basisorganisation (einer), Kaderaktivist für die Bezirksorganisation (drei), Sekretär der Basisorganisation (drei), Sekretär der Bezirksorganisation (sieben), Sekretär für die Kreisorganisation Landarbeiter-Front (zwei), Kaderschulen-Aktivist (zwei), Vorsitzender der Gewerkschaftskommission (einer), Organisationsleiter auf Kreis-, Stadt-, Bezirks-, Gemeinde-, Ortsverbands-Ebene (17), Assistenzlehrer an der dreimonatigen Parteischule (einer), Gewerkschaftssekretär (vier), Ortsverbandssekretär (acht), Kaderoffizier auf der Kreis-, Stadt-, Bezirks-, Gemeinde-, Ortsverbands-Ebene (24), Pressesprecher auf Kreisebene (einer), Organisationsleiter der Landarbeiter-Front (zwei), stellvertretender Sekretär, ohne nähere Angaben, auf Kreis- und Bezirksebene (6), Kulturoffizier auf Kreisebene (zwei), Leiter/Mitglied der Propagandaabteilung auf Kreis-, Stadt-, Stadtteil-, Bezirksebene (17), Instrukteur an der Kaderschule (einer). Ohne Parteiamt war nur einer der Schüler.[46]

Wegen der heterogenen Bevölkerungsstruktur im Banat achtete die Partei bei der Rekrutierung der Schüler und Lehrkräfte darauf, Angehörige der ungarischen, deutschen und serbischen Minderheit zu berücksichtigen. Offenbar bestand ein größerer Bedarf an der politischen Schulung solcher Kader, denn 1956/57 wurde eine größere Gruppe serbischer Schüler (27) und 1957/58 eine weitere rumänisch-serbische Gruppe (104) aufgenommen.[47] Dabei ist die Tatsache bemerkenswert, dass die Schüler der regionalen Parteischule anfangs hauptsächlich aus den siebenbürgischen Landesteilen (Banat, Crișana und Ardeal) kamen, während in den folgenden Jahren der Anteil der Schüler aus der Kleinen Walachei (Oltenien) wuchs, die vor allem aus Olt, Mehedinți und Gorj stammten. Dieser Befund unterstreicht, dass das Parteischulungssystem nicht nur zur sozialen, sondern auch zur interregionalen Mobilität und zum Austausch zwischen Stadt und Land beitrug.

In Hinblick auf die soziale Zugehörigkeit der Schüler ergibt sich dagegen ein einheitliches Bild: Beinahe alle entstammten der Arbeiter- und Bauernschaft. Den Arbeitern werden hier auch Personen aus der Kategorie „Halbproletariat“ zugerechnet, denn es handelte sich vermutlich um ehemalige, in die Stadt abgewanderte Bauern, die nun ohne zusätzliche Berufsqualifikation in Fabriken arbeiteten. Analog wurden die Landarbeiter den Bauern zugeschlagen, wobei es sich um Tagelöhner gehandelt haben dürfte. Als Kleinbürger firmierten vermutlich Besitzer kleiner Handwerksbetriebe und Einzelhandelsgeschäfte, die keine Mitarbeiter beschäftigten, um nicht als „Blutsauger“ zu gelten.

Die Sozialstruktur der Schülerschaft an der regionalen Parteischule spiegelt das ideologische Grundprinzip wider, das den Aufbau der sozialistischen Gesellschaft in Rumänien prägte: der Klassenkampf und die Beseitigung der Ausbeuterklasse durch die Arbeiter- und Bauernschaft unter Führung der kommunistischen Partei. Die bislang vorliegenden Daten zeigen, dass sich die Sozialstruktur der Schüler in der Folgezeit, insbesondere nach der Stärkung der Partei unter Parteichef Gheorghe Gheorghiu-Dej (1901–1965) Ende der 1950er Jahre, veränderte. Nun wurden vor allem Personen mit einem mittleren oder höheren Schulabschluss in die Parteischulen aufgenommen. Diese Tendenz setzte sich 1965 mit der Machtübernahme Nicolae Ceaușescus allgemein durch.

Die Zusammensetzung der Schülerschaft im ersten Jahr der Parteischule 1949/50 zeigt das Bestreben der Partei, junge und bevorzugt verheiratete Parteikader im Alter von 20 bis 39 Jahren zu schulen. In der überwiegenden Mehrheit handelte es sich dabei um Männer – nur selten Frauen – mit einem sehr niedrigen Schulabschluss, die nicht immer über vier bis sieben Jahre Volksschule hinausgekommen waren. Schüler mit höherer Bildung waren die Ausnahme, und einen Universitätsabschluss konnte nur einer vorweisen. Dennoch erhielten die Schüler durch verschiedene Lehrgänge und Parteischulen ein Mindestmaß an Kenntnissen vermittelt. Nur rund ein Drittel der im Schuljahr 1949/50 registrierten Schüler hatte zuvor keine Parteischulung durchlaufen, alle anderen hatten dagegen zumindest bereits einen Parteilehrgang absolviert. Eine weitere wichtige Beobachtung betrifft den Zeitpunkt, zu dem die Schüler in die kommunistische Partei eingetreten sind. Mit einer Ausnahme schlossen sich alle Schüler erst den Kommunisten an, nachdem Rumänien in den sowjetischen Einflussbereich geraten war; dass dies nicht nur aus Überzeugung, sondern auch aus Opportunismus und in der Hoffnung auf sozialen Aufstieg geschah, ist eine naheliegende Vermutung. Dazu passt auch der Befund, dass die Schülerschaft vor allem aus Männern bestand; der Frauenanteil lag 1949/50 lediglich bei knapp elf Prozent. Dieses Missverhältnis verweist zum einen darauf, dass die Partei damals noch keine eigene Politik für Frauen verfolgte und dass diese in Rumänien – unter ihnen war Analphabetismus weitverbreitet – zu einem großen Teil vom öffentlichen Leben ausgeschlossen waren. Das änderte sich in den Folgejahren nach und nach. Mit der Zeit verstärkte die Partei ihre Bemühungen um die Integration von Frauen.

Ein Blick auf die ethnische Zusammensetzung zeigt, dass knapp drei Viertel der 130 Schüler der Jahre 1949 und 1950 rumänischer Herkunft waren; die übrigen verteilten sich auf die verschiedenen ethnischen Minderheiten, wobei die ungarische mit knapp 15 Prozent am stärksten vertreten war. Dass es nur einen einzigen deutschen Schüler gab, ist nicht überraschend. Das lag zum einen daran, dass die Erwachsenen der deutschen Bevölkerung zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert worden waren. Zum anderen und noch wichtiger: Die deutsche Minderheit war unter dem Vorwurf, während des Kriegs Anhänger des Nationalsozialismus gewesen zu sein, weitgehend entrechtet. Erst mit der neuen Verfassung von 1952 wurde die deutsche Bevölkerung rehabilitiert. Die Partei nahm zumindest in Timișoara Rücksicht auf Schüler, die ethnischen Minderheiten entstammten. Das zeigt sich auch daran, dass der Anteil der Lehrkräfte, die zu nationalen Minderheiten zählten, mit mehr als 26 Prozent verhältnismäßig hoch war. Wenn man bedenkt, dass 1948 etwa 15 Prozent der Gesamtbevölkerung in Rumänien ethnischen Minderheiten angehörte, die in den zentralen Leitungsorganen der kommunistischen Partei angemessen repräsentiert sein sollten, wird verständlich, dass die Partei auf Rekrutierung und Kaderschulung unter den Minderheiten besonderen Wert legte. Dieses Thema ist aber noch weitgehend unerforscht, so dass auch über die Beziehungen zwischen den verschiedenen Volksgruppen an den Parteischulen keine Erkenntnisse vorliegen. Angesichts der unsicheren Datenlage lassen sich gegenwärtig auch keine gesicherten Aussagen darüber treffen, ob und inwieweit die Parteischulen ein politisches Instrument der kommunistischen Partei zur Assimilation nationaler Minderheiten waren, auch wenn die Vermutung naheliegt.

In den Augen der Partei hatte der ideale Schüler eine Reihe von Eigenschaften und Fähigkeiten mitzubringen: Er sollte aufgeweckt und beweglich sein, seine Kameraden begeistern und anspornen, gute Noten erzielen oder zumindest sein Bestes geben, den Vorgaben der Partei folgen und seinen unbedingten Glauben an sie unter Beweis stellen. Außerhalb des Unterrichts sollte er sich engagieren, an Sport- und Kulturveranstaltungen teilnehmen, den Anordnungen der Schulleitung nachkommen sowie Begeisterung und Leidenschaft zeigen, wann immer die Partei seine Dienste in Anspruch nahm. In den 1940er und 1950er Jahren waren die wichtigsten Kriterien für eine Rekrutierung die Herkunft aus der Arbeiter- oder Bauernschaft – wer aus der Familie eines Großbauern oder Besitzbürgers stammte, hatte in der Regel einen schweren Stand – und eine politische Biografie ohne belastende Episoden wie die Mitgliedschaft bei den Faschisten von der „Eisernen Garde“ oder bei anderen alten Parteien. Auch ehemalige Anhänger von Carol II., von 1930 bis 1940 König Rumäniens, und des rumänischen Staatsführers von 1940 bis 1944, Ion Antonescu, waren nicht gerne gesehen.

In den 1960er Jahren bemühte sich die Partei um Kader mit höherem Bildungsgrad; dies zeigt sich etwa daran, dass nun viele von ihnen mit Hochschulabschluss an die Parteischulen entsandt wurden. Auch die Zulassungsvoraussetzungen wurden anspruchsvoller, so mussten die Kandidaten etwa zwischen 1958 und 1966 für den einjährigen Lehrgang Aufnahmeprüfungen in Rumänisch sowie Innen- und Außenpolitik ablegen.[48] Bei den kürzeren Lehrgängen gab es während des gesamten Untersuchungszeitraums keine entsprechenden Zulassungsbarrieren.

In diesem Zusammenhang ist auch ein Blick auf die Werbematerialien von Interesse, mit denen die Partei den Besuch einer Kaderschule attraktiv zu machen versuchte. Der folgende Auszug ist einer Kurzgeschichte aus der offiziellen Propagandazeitung der kommunistischen Partei Scânteia (Der Funke) vom Juli 1948 entnommen, die den sinnträchtigen Titel trug: „Andrei Buda geht an die Kaderschule“, womit die Kaderschule in Timișoara gemeint war. Der Beitrag gibt Aufschluss über die Strategie der Kaderrekrutierung sowie über die Gefühle der Menschen, die sich mit großen Herausforderungen konfrontiert sahen, aber damit zugleich die Chance erhielten, vom einfachen Arbeiter zum Parteifunktionär aufzusteigen:

„Andrei gähnte. Dabei sperrte er seinen Mund so weit auf, dass seine Augen sich zu kleinen Schlitzen verengten. Dann zog er den Ärmel seines Mantels über die Stirn. Er war schläfrig. Das sanfte Surren der Maschinen brachte ihn noch mehr zum Gähnen. Plötzlich ging die Hintertür auf und ein gedrungener Mann mit schmalen dunklen Augen und dicken Augenbrauen berat die Halle. Es war Oancea, der Kaderoffizier. ‚Ich grüße Dich, Genosse Buda! Wie geht’s?‘ ‚Ich grüße Dich‘, sagte Andrei. ‚Was führt Dich zu uns?‘ Andrei war weder besonders groß noch breitschultrig gewachsen. Er war 25 Jahre alt, sah aber jünger aus. Oancea betrachtete den jungen Dreher mit seinen immer freundlichen Augen. ‚Nun, ich bin gekommen, um Dir etwas mitzuteilen. Das Sektionsbüro hat Deine Parteiarbeit diskutiert und schätzt sie. Nun wurden wir aufgefordert, Empfehlungen auszusprechen für die mittlere Kaderschule in Timișoara. Wir meinen, dass Du geeignet bist, die Schule zu besuchen. Möchtest Du das?‘

Andrei wurde angst und bange. Er konnte nicht antworten. Er ließ seinen Kopf noch tiefer sinken. Er in die Kaderschule? ‚Andrei, so eine Schule ist eine große Sache‘, fügte Oancea hinzu. ‚Hab keine Angst davor, Andrei! Du bist ein guter Arbeiter und die Partei liegt Dir am Herzen. Aber Du brauchst Schulung, um noch besser zu werden. Auch ich habe diese Schule besucht. Es ist, als werde man eingeseift und kräftig gebürstet. Das stärkt Dein Rückgrat und bringt Klarheit in Deinen Kopf. Das wirst Du schon selbst sehen, wenn Du in zwei Monaten zurück bist. Du wirst uns nicht enttäuschen, Buda!‘ Andrei hob die Stirn und blickte zu Oanca auf. Ihre Blicke trafen sich, und Andrei begann zu lächeln. Er starrte den gedrungenen und breiten Körper Oanceas an. Viele Gedanken gingen ihm dabei durch den Kopf. Soll er die Schule besuchen? Aber Schule ist hart, und er kennt sich nur mit der Drehbank aus. Zwei Monate? Wer erledigt die täglichen Aufgaben zuhause? Die Arbeit in der Werkstatt? Victoria, das Kind? Die Mühsal?

Andrei entscheidet sich, zu gehen. Er fühlte sein Herz pochen. Er stieg langsam, Stufe für Stufe die Treppe hinauf, klopfte an die Tür und trat ein. Es waren viele Menschen im Raum, so dass er warten musste. Ein großer junger Mann stellte ihm einige Fragen über seine Arbeit, sein Zuhause und seine Familie, dann führte er ihn in den Schlafraum. Andrei setzte sich aufs Bett und stützte den Kopf in die Hände. Er saß dort eine Zeit lang, dann ging er zum Fenster. In der Ferne konnte man eine fremde Stadt sehen, mit geraden breiten Straßenzügen, Straßenbahnen und vielen verschiedenen Menschen.“[49]

Mit der Zulassung zur Kaderschule waren ein Parteistipendium und das Recht verbunden, den Arbeitsplatz am Fließband zu verlassen. Die Schüler des Jahreslehrgangs 1953 etwa erhielten ein Stipendium in Höhe des Lohns, den sie in der Produktion verdient hätten (berechnet auf Grundlage des Durchschnittseinkommens der letzten drei Monate, jedoch mindestens 650 Lei). Darüber hinaus erhielten die Schüler 200 Lei monatlich für durch den Schulbesuch entstehende Extrakosten. Schüler aus kollektivierten Bauernhaushalten erhielten ein Stipendium in Höhe von 300 Lei monatlich sowie freie Kost und Logis in der Schule.[50] Diese Bestimmungen galten auch in den Folgejahren: 1957 betrug das niedrigste Stipendium für die einmonatigen Lehrgänge 828,33 Lei, eine Summe, die nicht unterschritten werden durfte. Für kürzere Lehrgänge von weniger als 30 Tagen wurde das Stipendium proportional reduziert.[51] Schülern eines sechsmonatigen Lehrgangs stand ein monatliches Stipendium in Höhe von 600 Lei zu, und Schülern des Jahreslehrgangs 1.200 Lei (davon 247 Lei für die Unterbringung in der Schule).[52] Die Schüler hatten zusätzlich dazu das Recht auf kostenlose Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel sowie auf ein zusätzliches Tagegeld, wenn sie zu Diensten außerhalb der Schule herangezogen wurden. Im Vergleich zum Mindestlohn in Rumänien, der 1953 166 Lei, bis zum 1. Mai 1957 220 Lei und danach 350 Lei betrug, war das eine durchaus beachtliche Summe. In den Jahren darauf wurde das Stipendium erhöht und lag weiterhin beträchtlich über dem Mindestlohn.[53]

Das Bestreben, einen „starken Gemeinschaftssinn unter der Schülerschaft auszubilden und zu entwickeln“, war stets präsent. Es galt, „Kameradschaftsbeziehungen“ herzustellen, „um einander bei den Studien zu helfen und insbesondere diejenigen zu unterstützen und zu ermutigen, die Schwierigkeiten beim Lernen hatten“. Es ist offensichtlich, dass all dies auf „die Stärkung der Parteidisziplin“ und „die Schaffung eines gesunden Arbeitsumfelds in den Kollektiven sowie die Entwicklung des Verantwortungsbewusstseins eines jeden Studenten“ ausgerichtet war.[54] Schüler, die sich nicht an die Verhaltensregeln hielten, sich desinteressiert am Unterricht zeigten, faul waren oder in einer anderen Weise negativ auffielen, wurden nicht nur von der Schulleitung bestraft, sondern auch durch einen Aushang am Schwarzen Brett oder eine Veröffentlichung in den von der Partei genehmigten satirischen Schülerzeitungen wie Ghimpele (Der Dorn) oder Urzica (Die Brennnessel) bloßgestellt und öffentlich angeprangert.[55] Auch Lehrkräfte waren nicht davor gefeit, in diesen Satiremagazinen der Lächerlichkeit preisgegeben zu werden.[56]

Am Ende eines Lehrgangs beziehungsweise der gesamten Ausbildung erhielt jeder Schüler eine schriftliche Beurteilung durch den Schulleiter, den Klassenlehrer und den Sekretär der Parteiorganisation der Schule. Das Dokument wurde in die persönliche Parteiakte aufgenommen und entschied über die weitere Karriere des Absolventen, da es mit der Empfehlung verbunden war, eine konkrete Funktion in der Partei zu übernehmen. Diese Beurteilungen waren sprachlich standardisiert und enthielten Angaben über die Lehrinhalte, Hinweise auf das Verhalten des Schülers sowie seine Einstellung zur Partei.[57] Gelegentlich finden sich auch Informationen zum Privatleben, wenn sie für die Partei von Interesse waren. Als Beispiel sei hier das Zeugnis für den „Genossen Blaj Ioan“ vom 12. Juli 1959 herausgegriffen, ein armer Bauer aus Lugoj im Kreis Timiș, der den Jahreslehrgang an der regionalen Parteischule in Timișoara absolviert hatte:

„Er war ein ausdauernd hart arbeitender Schüler, er hatte gute Noten. Er ist klug und begabt. Er beteiligte sich aktiv an den Seminaren und war sehr bemüht, den Lernstoff zu beherrschen. Er brachte ein angemessenes Verhalten und die richtige Haltung gegenüber dem Kollektiv zum Ausdruck. Während des Lehrgangs belastete ihn ein persönliches Problem bezüglich seiner Hochzeit. Die Kameradin, mit der er verlobt ist, ist eine Parteikandidatin. Dennoch legten ihm einige Vertreter der UTM [Uniunea Tineretului Muncitoresc – Union der Arbeiterjugend] und Aktivisten der Partei nahe, sie nicht zu heiraten, weil ihr Vater ein Angehöriger der Legionärsbewegung war, weswegen man sie nach der Parteiüberprüfung, die nach einer Inspektion 1949 erfolgte, nicht in die Partei aufgenommen hat. Genosse Blaj ist mit diesem Ratschlag nicht einverstanden, er hat sich noch nicht endgültig entschieden und denkt viel darüber nach, wie er das Problem lösen soll. Er nahm aktiv an den Parteiversammlungen und an den Hauptversammlungen teil und sprach Mängel in der Versorgung an. Er war demütig und begrüßte Kritik, die ihm gegenüber geäußert wurde. Er wurde von seinen arbeitenden Kameraden geachtet. Er ist ruhig und hält sich etwas vom Kollektiv fern. Er ist ernsthaft und kompetent, wir schlagen deshalb vor, dass er als UTM-Kreissekretär arbeiten sollte.“[58]

IV. Der Lehrkörper

Zwischen 1948 und 1953 verfügten unter den Lehrern der regionalen Parteischule in Timișoara nur die Vertreter der Fächer Rumänisch, Russisch und Geografie über einen Universitätsabschluss oder eine höhere Schulbildung. Ende der 1960er Jahre begann die Partei, verstärkt auf die Professionalisierung der politischen Eliten Wert zu legen. Mit Blick auf die soziale und berufliche Zusammensetzung der Parteikader in den Kaderschulen und Parteibüros ging das Exekutivkomitee der kommunistischen Partei 1964 von einem Arbeiter- und Bauernanteil von 70,25 Prozent aus; demnach verfügten lediglich 29,75 Prozent über einen höheren Schul- oder Universitätsabschluss. Ein Jahr später betrug das Verhältnis 58,19 zu 41,81 Prozent.[59] 1965 hatten ganze 90,78 Prozent der Kader im Apparat des Zentralkomitees, der Regional-, Kreiskomitees und der Parteischulen eine der Ausbildungsformen an einer Höheren Parteischule durchlaufen.[60]

Diese Tendenz zur höheren Bildung ist auch an der Parteischule Timișoara deutlich zu erkennen, wo Lehrkräfte beschäftigt wurden, die entweder an einem Fernstudiengang teilgenommen oder eine Parteihochschule besucht hatten. 1973 hatten bereits alle Mitglieder des Lehrkörpers ein Hochschulstudium absolviert – entweder an einer staatlichen Fakultät mit Fernstudium oder an der Akademie Ștefan Gheorghiu. Sie hatten folgende Fächer studiert: Wirtschaftswissenschaften (zehn), Ingenieurwissenschaften und Geschichte (je vier) sowie Philosophie, Naturwissenschaften, Mathematik, Pädagogik und Psychologie; zwei Lehrer hatten einen Abschluss in zwei Fächern. Von den 24 Lehrern – 13 waren fest angestellt, elf freie Mitarbeiter – erlangten 13 ihre Abschlüsse an einer Universität mit Fernstudiengängen erst nachdem sie ihre Lehrtätigkeit an der Schule aufgenommen hatten.[61] Zwischen 1948 und 1973 wurden an der regionalen Parteischule Timișoara insgesamt 102 Lehrer und 23 Lehrerinnen angestellt; davon waren 92 Rumäninnen und Rumänen, 33 Angehörige der „mitwohnenden Nationalitäten“.[62] Obwohl Arbeiter und Bauern weiterhin die Rekrutierungsbasis für Parteischulen waren und eine langjährige Parteizugehörigkeit wichtig blieb, ist nicht zu übersehen, dass man an den Schulen zunehmend dazu überging, Kader aus den Parteimitgliedern mit mittlerer und höherer Schul- oder Universitätsbildung heranzuziehen und zu fördern.

Die Lehrkräfte mussten die Filter des Parteiapparats durchlaufen haben, um an der Parteischule lehren zu können. Ihr Bildungsweg war dem der Schüler nicht ganz unähnlich, das heißt auch sie wurden regelmäßig an den höheren Parteischulen fortgebildet. Sie unterstanden ständiger Beobachtung – sowohl vonseiten der schulinternen Parteiorganisation als auch durch den Geheimdienst Securitate –, und hatten fortwährend ihre Loyalität unter Beweis zu stellen. Die Propagandadokumente der regionalen Kaderschule Timișoara lobten die „allgemeine Lernatmosphäre“ im Sinne einer kontinuierlichen „Selbstschulung“ und hoben hervor, dass „das Interesse am Studium der Parteiverlautbarungen, insbesondere der Dokumente des 9. und 10. Parteikongresses“ der kommunistischen Partei, „der nationalen Parteikonferenzen und der Reden des Genossen Nicolae Ceauşescu eine zentrale Bedeutung einnahm“.[63] Selbstredend handelt es sich hier um Propaganda. Die Realität dürfte anders ausgesehen haben, denn es ist nur schwer vorstellbar, dass es Genossen gab, die neben den Unterrichtsverpflichtungen und den zahlreichen Parteiaktivitäten auch noch Zeit hatten und Lust verspürten, sich eingehend mit den abgegriffenen Floskeln des offiziellen politischen Diskurses zu befassen, der ohnehin über alle Kommunikationskanäle verbreitet wurde. Auch bei den regelmäßigen Diskussionsveranstaltungen über alle Arten von „theoretischen und praktischen Problemen des Aufbaus des Sozialismus in unserem Land sowie über Themen der Innen- und Außenpolitik der Partei und des Staats“ dürfte es sich um Pflichttermine gehandelt haben, bei denen sich jeder an die vorgegebenen Propagandaformeln hielt.[64]

Die wachsenden Schülerzahlen, die Diversifizierung der Schulungsprogramme sowie die immer komplexeren Unterrichtsmaterialien und Lehrinhalte hatten einen erhöhten Bedarf an Lehrkräften zur Folge. Dieser veranlasste die Leitung der regionalen Parteischule, auch auf externe Mitarbeiter zurückzugreifen, weil das Personal der Schule nicht ausreichte, um alle Anforderungen zu erfüllen. Für den Einsatz externer Mitarbeiter sprach überdies der Propagandaslogan von der Verbindung der theoretischen Schulung mit der Praxis, also den realen Problemen in den Parteiorganisationen. Wie viele externe Lehrkräfte zwischen 1948 und 1973 eingesetzt wurden, lässt sich auf der Basis der vorliegenden Quellen nicht genau ermitteln.[65] Viele dieser Mitarbeiter kamen von Parteiorganisationen, die auch Schüler nach Timișoara entsandten. Dabei handelte sich aber nicht nur um Parteiaktivisten, sondern auch um Universitätsprofessoren, Gymnasiallehrer, Betriebsleiter und Institutsdirektoren, Physiker, Ingenieure, Forscher oder Staatsanwälte.[66]

Die Gehälter der Lehrkräfte an der regionalen Parteischule waren ebenso großzügig bemessen wie die Stipendien der Schüler. Im Oktober 1956 legte der Sekretär des Zentralkomitees der kommunistischen Partei folgende Gehälter fest: Lehrgänge von sechs Monaten: Leiter 1.550–1.650 Lei, Abteilungsleiter 1.200–1.300 Lei, Lehrkräfte 1.050–1.200 Lei; Jahreslehrgänge: Leiter 1.619–1.738 Lei, stellvertretender Leiter 1.470–1.619 Lei, Abteilungsleiter 1.291–1.470 Lei, Dozent 1.172–1.291 Lei, Lehrkräfte und Lehrer für rumänische Sprache 1.113–1.172 Lei.[67] Dagegen betrug der Mindestlohn in Rumänien 1956 ganze 220 Lei.[68] Zu dem guten Einkommen kamen noch andere Privilegien wie der bevorzugte Zugang zu Heilbädern. Die Attraktivität des zugewiesenen Erholungsorts entsprach dem Status der Kader und ihrer Position in der Parteiorganisation.[69]

V. Lehrplan und schulische Aktivitäten

Die Analyse der Curricula ist aus zwei Gründen eine besondere Herausforderung: Zum einen war das Kursprogramm der regionalen Parteischulen ausgesprochen heterogen, zum anderen änderten sich aber auch die politischen Rahmenbedingungen und ideologischen Vorgaben zwischen 1948 und 1973 wiederholt. Es muss nicht eigens betont werden, dass sich die ideologischen Raster Stalinisierung, Entstalinisierung, Entsowjetisierung und nationaler Kommunismus auf die Bildungspläne und -programme auswirkten. Das ging selbstverständlich auch am Lehrpersonal nicht spurlos vorüber, dem es nicht leichtfiel, die schnellen Politikwechsel mitzumachen, die Partei und die Gesellschaft vollziehen mussten.

Ende der 1940er und Anfang der 1950er Jahre waren die Ziele der Parteischulen klar definiert: Es ging um „die solide Ausbildung von Kadern“, denen die Aufgabe zukam, die praktischen Probleme zu lösen, die vom „Aufbau des Sozialismus in unserem Land“ verursacht wurden.[70] Die Unterrichtsthemen lauteten entsprechend: Probleme beim Aufbau des Sozialismus in Rumänien, Marxismus-Leninismus, Geschichte der kommunistischen Partei, Politische Ökonomie, Weltpolitik.[71]

Der Unterricht unterlag strenger Kontrolle. Die Inhalte waren im Vorhinein einem Studienkreis oder dem Schulleiter zur Prüfung vorzulegen. Ergänzend zu den Unterrichtsstunden trat das Selbststudium, wobei die Schüler eine ausgesuchte Lektüreliste abzuarbeiten hatten. Von besonderer Bedeutung im Lehrplan waren die Seminare, die zu gewährleisten hatten, dass der Erziehungsprozess auch im vorgesehenen Rahmen verlief und kein Spielraum für individuelle Interpretationen blieb. In diesen Seminaren wurde das in Unterricht und Selbststudium Erlernte überprüft. Zudem ging es darum einzuüben, wie man den Parteistandpunkt öffentlich vertrat und das neue Wissen in Diskussionen einsetzte. Die Lehrgänge und Kurse endeten mit zwei Sitzungen, in denen die Defizite und Lernfortschritte jedes Einzelnen besprochen und analysiert wurden. Zur Ausbildung der Schüler gehörte auch das in Arbeitsgruppen organisierte Studium der Presse in einer eigens dafür anberaumten „Lesestunde“. Sie galt als „wertvolle Unterstützung für die Studenten bei der Aneignung von Wissen über die aktuelle Politik“. Die Zeitungslektüre fand entweder morgens noch vor Beginn des Unterrichts oder nachmittags nach Schulschluss statt, je nachdem wann die lokalen Blätter eintrafen. Die wichtigsten „gelesenen und verarbeiteten Zeitungen“ waren Scânteia (Der Funke), Lupta de clasă (Der Klassenkampf) und Pentru Pace Trainică Pentru Democraţie Populară (Für dauerhaften Frieden für Volksdemokratie), das offizielle Organ des internationalen Kommunistischen Informationsbüros.[72]

Die Inhalte änderten sich Ende der 1960er Jahre, als sich die Erkenntnis durchsetzte, dass Unterrichtsmethoden und Lehrpläne der staatlichen allgemeinbildenden Schulen für Kinder und Jugendliche nicht unbedingt geeignet waren für die Ausbildung von Erwachsenen an Parteischulen. Die vom Zentralkomitee der kommunistischen Partei verbindlich festgelegten pädagogischen Methoden und Bildungsinhalte an den Parteischulen unterlagen nun dem Hauptziel der

„gründlichen und vielseitigen Aneignung der Innen- und Außenpolitik der Partei, der Probleme des sozialistischen Aufbaus in unserem Land und der Prozesse in der heutigen Welt; Ausbildung von Partei- und Staatskadern, die in der Lage sind, die Parteipolitik entschieden und kreativ in die Praxis umzusetzen, sowie der Herausbildung und Fortentwicklung von für einen Aktivisten unverzichtbaren Einstellungen und Fertigkeiten“.[73]

Das Lehrangebot der Kaderschulen war vielfältig und umfasste Themen oder Fächer wie Politische Ökonomie und Wirtschaftspolitik, Probleme des dialektischen und historischen Materialismus, Geschichte Rumäniens und der kommunistischen Partei, Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung, grundlegende Probleme der Innen- und Außenpolitik, Rumänisch, Russisch, Grundlagen der Geografie, Landwirtschaft und Tierzucht, Technik und Industrie sowie Theorie und Praxis des Pressewesens.

In den Jahren des „Tauwetters“ zwischen 1964 und 1971 unternahm die Partei Anstrengungen zu einer gemäßigten Modernisierung des Lehrplans und berücksichtigte nun auch Fächer wie Soziologie oder Philosophie im Unterricht, die zuvor als „reaktionär“, „westlich“ oder „bürgerlich“ verunglimpft worden waren.[74] In das Unterrichtsfach Politische Ökonomie und Wirtschaftspolitik der kommunistischen Partei fanden nun Themen Eingang wie „Arbeit und Ergonomie“, „Informationssysteme“ und „Entscheidungstheorie“. Auch der Parteijargon schien sich der modernen Wissenschaftssprache zu öffnen. Begriffe wie „Horizonterweiterung“ oder „Wissenschaftlichkeit in Form und Inhalt“ wurden nun häufig verwendet.[75]

Ende der 1960er Jahre war die Tendenz zur Professionalisierung der politischen Schulung nicht mehr zu übersehen. Das lag nicht zuletzt daran, dass die Partei den Standpunkt vertrat, an den regionalen Parteischulen werde Bildung „universitären Charakters“ vermittelt.[76] Das spiegelt sich in den Unterrichtsmethoden wider: Vorlesungen, Debatten, Einsatz audiovisuellen Lehrmaterials, Vorträge und ihre Präsentation. Hervorzuheben ist auch, dass immer mehr Wert auf Qualitätssicherung gelegt wurde. Nach Abschluss jedes Moduls erhielten die Studierenden ein Formular, in dem sie unter anderem zur Qualität des Lehrstoffs, zu den Lehrmethoden und den Lernmitteln befragt wurden; zudem sollten sie angeben, für wie wichtig sie das vermittelte Wissen hielten.[77]

Damit verbunden war das geradezu obsessive Bestreben, Theorie und Praxis zu verbinden. Während zunächst als Praxis noch gelegentliche Besuche bei verschiedenen Parteiorganisationen zum Zweck des Erfahrungsaustauschs durchgingen, wurden die Elemente mit Praxisbezug später zusehends erweitert und systematisiert. Um ein Beispiel zu nennen: Von 1953 bis 1965 waren zwei aufeinanderfolgende Wochen des einjährigen Lehrgangs der praktischen Ausbildung vorbehalten. „Während dieser Zeit wurden die Schüler gruppenweise Landkreisen und landwirtschaftlichen Betrieben zugewiesen, um die Parteiorganisationen dort bei der Erledigung der jeweils anliegenden Aufgaben zu unterstützen. Jede Gruppe wurde dabei von einem Lehrer betreut.“[78] Ab dem Schuljahr 1965/66 bestand der Praxisteil des Lehrgangs aus der Entsendung der Schüler in Betriebe in Timișoara, wo sie in die Aktivitäten der Partei, der Gewerkschaften und des kommunistischen Jugendverbands eingebunden wurden. Die Schüler der regionalen Kaderschule „hatten immer in Beziehung zum Leben und zu den Aktivitäten der Parteiorganisationen zu sein und in Debatten auf ihre während der Praktika in den Betrieben gesammelten Kenntnisse und Vorbilder zu verweisen“. Besuche in Industrie-, Agrarbetrieben sowie in Kultureinrichtungen „spielten eine wichtige Rolle bei der Verbindung von Theorie und Praxis und erweiterten den Erfahrungsschatz der Studenten“.[79]

Die Praktika beziehungsweise Werkstudentenprogramme der Kaderschule in Timișoara, bei denen die Schüler in andere Kreise und Regionen delegiert wurden, dienten auch Propagandazwecken und fanden in der Lokalpresse Beachtung. Ein Beispiel ist der längere Besuch einer Schülergruppe aus Timișoara im April 1972 im Kreis Gorj. Die Gazeta Gorjului, das Organ des Parteikomitees in diesem Kreis, veröffentlichte anlässlich des Besuchs einen ausführlichen Artikel unter der Überschrift „Besucher in Gorj. Die Schüler der Parteischule Timișoara“. Die erste Begegnung mit den Schülern habe in der Ortschaft Motru „mit dem Genossen Constantin Drăgoescu“ stattgefunden. Als Mitglied des ZK der kommunistischen Partei und Sekretär des Parteikomitees vor Ort habe dieser einen Vortrag „über die Gegenwart und Zukunft des Kreises Gorj“ gehalten.

„Bei dieser Gelegenheit präsentierte der Genosse Tănase Lolescu, Sekretär des Stadtparteikomitees von Motru, ausschnittsweise die Geschichte der Bergbaustadt, danach besuchte man gemeinsam das Bergwerk von Lupoaia. Des Weiteren besuchte eine Gruppe der Schüler [...] die Werkstätten der Handwerkskooperative ‚Arta Casnică‘ [Die häusliche Kunst] in Tismana [....]. In Arcani trafen die Besucher mit lokalen Vertretern der Partei- und Staatsorgane zu einem Meinungsaustausch über Methoden und Formen der Kultur- und Bildungsarbeit auf Gemeindeebene zusammen, der jüngst auch auf der Ebene der Kommune stattfand. Nach dem Besuch des Brâncuși-Denkmals in T[âr]g[u] Jiu und der Baustelle des Kraftwerks von Rovinari trafen sich die Gäste mit einem Teil der Mitglieder des Büros des Parteikomitees des Kreises. Zum Schluss des Erfahrungsaustauschs nahmen die Gäste an einigen vom städtischen Gemeindezentrum von T[âr]g[u] Jiu veranstalteten kulturellen Aktivitäten teil“.[80]

Der Beitrag endete mit Interviews, in denen die Schüler „Eindrücke ihres Besuchs“ schilderten.

Die Praktika konnten sehr verschiedene Formen annehmen, da die Schüler in die lokalen oder regionalen Organisationen entsandt wurden, um diese bei laufenden Arbeiten zu unterstützen. Wahlkampagnen gehörten ebenso dazu wie Propagandaaktionen zur Kollektivierung der Landwirtschaft oder Initiativen zur Mobilisierung und politischen Organisation der Jugend. Wie sich die Schüler dabei schlugen, lässt sich den Beurteilungen entnehmen, die die Leiter der lokalen Organisationen nach Beendigung des Praktikums an die Schulleitung schickten. So hieß es beispielsweise über die Schülerin Alexandra Rezeanu, die vom 27. Januar bis zum 4. März 1958 in der Gemeinde Traian im Kreis Caracal „zur praktischen Arbeit“ eingesetzt war:

„Genossin Rezeanu Alexandra [...] versuchte, das in der Schule erworbene Wissen [...] zu teilen. In Hinblick auf die Arbeit für die Wahlkampagne der FDP [Frontul Democrației Populare – Die Front der Volksdemokratie] nutzte die Genossin die Partei- und Massenorganisationen für alle organisatorischen und politischen Maßnahmen und half so tatsächlich dem Exekutivkomitee des lokalen Volksrats; dadurch war die FDP-Wahlkampagne bezogen auf die Verbreitung der Parteipropaganda bei den Arbeitern erfolgreich, [sodass] die Wahl der Abgeordneten in die Volksräte unter den besten Umständen und entsprechend den erhaltenen Anweisungen erfolgt. Genossin Rezeanu Alexandra unterstützte den Lehrkörper der Gemeinde, indem sie eine Gruppe von Kunstlehrern bildete [...], und sie versuchte, die Arbeit mit den Pionieren in der Gemeinde Traian effektiv zu unterstützen, indem sie dem Pionierlehrer beibrachte, wie er in Zukunft zu arbeiten hatte. Während der gesamten Zeit begegnete Genossin Rezeanu Alexandra allen, mit denen sie zusammenarbeitete, mit Respekt und erwies sich als ein gutes, aufrichtiges und fleißiges Element.“[81]

Doch das Leben in der regionalen Parteischule in Timișoara hatte auch weniger nüchterne Seiten, denn die Schüler sollten nicht nur einen umfassenden Überblick über die institutionellen Strukturen des totalitären Staats erhalten, sondern auch die Gelegenheit, zahlreiche soziale Kontakte zu knüpfen. Der Schulalltag wurde also ergänzt um Besuche in den Büros der Pionierorganisationen und des kommunistischen Jungendverbands, an deren Aktivitäten die Schülerschaft teilnahm; auch Übungen von Polizei und Grenztruppen wohnte sie bei. Abends am Lagerfeuer konnten sich die Schüler bei Gedichtrezitationen, gemeinsamem Singen, Rätseln und anderen Spielen erholen. In Zusammenarbeit mit den Frauenorganisationen der Stadt und einem Modehaus wurden auch „Symposien über die Kleiderordnung zu verschiedenen Anlässen“ organisiert.[82]

Weil es der Partei darauf ankam, die Schüler vielseitig zu bilden, rundeten sportliche und kulturelle Aktivitäten die Lehrinhalte ab, zu denen regelmäßige Opern- und Theaterbesuche oder Kinoabende gehörten.[83] Zugleich brachten die von der Schulleitung organisierten Kunstbrigaden, Chöre und Tanzgruppen aber auch ihre eigenen Programme regelmäßig in der Schule zur Aufführung. Man zog dafür Dirigenten und Tanzlehrer von außen heran und veranstaltete sogar Wettbewerbe, bei denen die Kunstbrigaden gegeneinander antraten. Die Schüler sollten auf keinen Fall unbeschäftigt bleiben und Zeit zur eigenen Verfügung haben. Diesem Zweck dienten auch Sportwettkämpfe, zu denen „erholsame Gymnastik“ ebenso gehörte wie Schach-, Volleyball-, Handball-, Kegel- und Tischtennisturniere. 1958 erhielt die Schule eine eigene Sporthalle.[84]

Viele Freizeitaktivitäten in der Schule hatten propagandistischen Charakter. 1958 wurden thematische Wettbewerbe eingeführt, bei denen es um „die Errungenschaften des Regimes“, die „Helden der Arbeiterklasse“ oder die „Reichtümer und Schönheiten“ Rumäniens“ ging. Anlässlich der ausgeschriebenen Wettbewerbe zur Landes- und Parteigeschichte zum 40., 45. und 50. Gründungsjubiläums der kommunistischen Partei erhielten die Sieger Auszeichnungen in Form von Preisen und Urkunden. Solche Wettbewerbe gab es auch zum 20. und 25. Geburtstag der rumänischen Republik. Die Schüler erhielten Gelegenheit, ehemaligen kommunistischen Widerstandskämpfern zu begegnen und so gleichsam mit der „lebendigen Geschichte“ der Partei in Kontakt zu treten.[85] Das Jahr 1958 markierte außerdem den Beginn von Kampagnen für die „patriotische Arbeit“, in denen die Kaderschüler aufgerufen wurden, sich an Aktionen zur Verschönerung des Schulhofs sowie am Bau von Sportplätzen und Erweiterungsgebäuden oder anderen Projekten zu beteiligen.[86]

VI. Zur Biografie der Schulabgänger

Der bisherige Forschungsstand erlaubt es nicht, verlässliche Aussagen über den weiteren Werdegang der Absolventen zu machen. Es ist aber davon auszugehen, dass sie zumeist zu den Parteiorganisationen zurückkehrten, die sie entsandt hatten, und dort in höhere Positionen einrückten. Diese Hypothese stützt sich auf Dokumente, in denen die Schulleitung nach Abschluss eines Lehrgangs oder Kurses Empfehlungen für die weitere Verwendung der Schüler gab. Eine vorläufige Auswertung dieser Unterlagen legt nahe, dass die Schule den sozialen Aufstieg förderte, indem sie manche Absolventen zum Studium an der Akademie Ștefan Gheorghiu oder anderen Parteihochschulen vorschlug und sie dabei unterstützte, in höhere politische Ämter oder Verwaltungsstellen zu gelangen.

Immerhin lässt sich am Beispiel der 130 Schüler, die 1949/50 die regionale Parteischule in Timișoara besucht hatten, ein Schlaglicht auf den späteren beruflichen Werdegang der Absolventen werfen. Die Schulleitung empfahl sie am Ende der Schulzeit unter anderem für folgende Positionen: Parteiinstrukteur, Funktionär oder Aktivist in der Propagandaabteilung, Kreis- oder Bezirkssekretär, Organisationsleiter im Kreis- oder Bezirksbüro. Von den 130 Schülern bekam nur einer keine Empfehlung – wegen schlechter Noten. Mit einigen wenigen Ausnahmen erhielten alle Schüler nach Abschluss der Ausbildung an der Parteischule in Timișoara die Empfehlung für eine höhere Position, als sie sie bei Eintritt in die Schule innehatten. Dieser Befund stützt die Hypothese, dass die Schule das berufliche Fortkommen in Staat und Verwaltung ermöglichte.[87]

Aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang Notizen eines Lehrers aus Timișoara für ein Buch über die Parteischule, denen einige interessante Informationen zum Thema zu entnehmen sind. Demnach hatte um 1973 eine signifikante Anzahl von Absolventen der regionalen Parteischule „verantwortliche Positionen in den zentralen und lokalen Organen von Partei und Staat, in den Massenorganisationen und Gemeindeeinrichtungen, im Apparat und in anderen Bereichen des ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Lebens des Landes inne“. Dazu gehörten etwa Ilie Verdeţ (1925–2001), Mitglied des ständigen Präsidiums des ZK der kommunistischen Partei und erster Vizepräsident des Ministerrats der Sozialistischen Republik Rumänien, Teodor Haş, Botschafter in der Tschechoslowakei, oder Trifon Darie, Sekretär des Kreiskomitees Timiș der kommunistischen Partei, sowie Viorel Popescu, Dozent an der Akademie Ștefan Gheorghiu.[88] Allerdings räumte sogar die Schulleitung ein, dass nicht alle Absolventen zur Zufriedenheit der Partei geschult werden konnten. Zahlreiche Schüler waren den Aufgaben kaum gewachsen und scheiterten an den Prüfungen.[89]

VII. Schlussfolgerungen

Am Beispiel der regionalen Parteischule von Timișoara lässt sich zeigen, welche Möglichkeiten und Anknüpfungspunkte für weitere Studien die Erforschung des von der kommunistischen Partei geschaffenen Apparats basisnaher Bildungseinrichtungen zur Rekrutierung- und Schulung des Parteinachwuchses bietet. Man hält gleichsam eine Sonde in der Hand, um in das Universum des Parteiapparats und der Parteibürokratie einzudringen und die internen Mechanismen des Einparteienstaats besser zu verstehen. Die Parteischule wird dabei als totale Institution verstanden, die den Schülern mit umfassenden politischen, sozialen und kulturellen Angeboten eine neue Welt erschloss. Sie erzeugte soziale Netzwerke, ohne die sich die funktionalen Beziehungen auf der lokalen und regionalen Ebene kaum verstehen lassen. Schulen wie die Parteischule in Timișoara spielten eine bedeutende Rolle für den Aufbau einer Kaderreserve, aus der zunächst die Lehrer für die Parteihochschulen und später die Mitglieder der zentralen Nomenklatur rekrutiert werden konnten.

Die vorliegende Fallstudie legt auch die internen Mechanismen des Schulungsapparats und die Funktionsweise der Kaderausbildung offen. Als einzige regionale Schule im Banat war sie verantwortlich für die Schulung einer großen Zahl von Kadern auf der Ebene der lokalen und regionalen Organisationen der kommunistischen Partei. Die Schüler kamen zunächst überwiegend aus niedrigen sozialen Schichten und brachten kaum Bildung mit; für sie war der Besuch der Parteischule ein erfolgversprechender Weg, um in der Gesellschaft aufzusteigen. Nach der Konsolidierung des Regimes stellte die Partei höhere Ansprüche an ihre Nachwuchskräfte; auch ethnische Minderheiten wurden nun stärker berücksichtigt. Zudem nahm der Anteil der Frauen an der Schülerschaft kontinuierlich zu. Was Infrastruktur und Logistik betrifft, war die Parteischule von Timișoara im Vergleich zum öffentlichen Schulwesen weit überdurchschnittlich ausgestattet; auch das Veranstaltungsangebot machte die Schule attraktiv, zumal es mit bestimmten Privilegien verbunden war, hier aufgenommen zu werden. In den ersten Jahren war es nicht leicht, geeignetes Lehrpersonal zu finden; insbesondere nach 1960 achtete man aber zunehmend auf Professionalität und stellte auch viele Lehrer ein, die keine Parteischule durchlaufen hatten. Die Schule war zugleich ein Instrument ideologischer Ausrichtung und Homogenisierung als auch ein Vehikel gesellschaftlichen Aufstiegs, der wiederum zur Umgestaltung der Sozialstruktur im kommunistischen Regime beitrug. Die Fallstudie bietet keine endgültigen Ergebnisse, vermag aber, bestimmte Tendenzen herauszuarbeiten.

Viele Fragen, denen im vorliegenden Beitrag nicht nachgegangen werden konnte, sollten in künftigen Forschungsprojekten vertieft werden. Dazu gehört etwa der Einfluss der ideologischen Umwälzungen in Rumänien Ende der 1940er beziehungsweise Ende der 1950er Jahre auf die Parteischulung im Allgemeinen und die regionale Parteischule in Timișoara im Besonderen. Auch die Säuberungen von 1948, durch die die Anzahl der Parteimitglieder halbiert wurde, die Stalinisierung Rumäniens sowie die Entstalinisierung und Entsowjetisierung des Lands nach 1958 werfen komplexe Fragen auf, die der Untersuchung harren. Nicht weniger bedeutsam ist auch die Frage, wie sich die von Nicolae Ceaușescu propagierten Thesen zum nationalen Kommunismus auf die Ausbildung an den Parteischulen ausgewirkt haben. Einen gewinnbringenden Zugang für das Verständnis dieser Ausbildungsstätten im kommunistischen Regime bieten ferner Selbstzeugnisse der Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer an der Parteischule in Timișoara, die auch Aufschluss darüber geben können, mit welchen Praktiken und Techniken es der kommunistischen Partei gelang, die Kader zu gehorsamen und unterwürfigen Befehlsempfängern zu erziehen. Schließlich bedarf es vergleichender Untersuchungen der regionalen Parteischulen, um Gemeinsamkeiten und Spezifika dieser als totale Institutionen zu charakterisierenden Schulen herauszuarbeiten.

Übersetzungen von Radu Buiucă und Anne Vonderstein.

Published Online: 2021-01-01
Published in Print: 2020-12-25

© 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Heruntergeladen am 17.11.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/vfzg-2021-0003/html?lang=de
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