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Die Seemacht NATO und die USA

  • Sebastian Bruns EMAIL logo and Christian Jentzsch
Published/Copyright: November 21, 2025

Zusammenfassung

Gegenwärtig ist kein Militärbündnis so stark maritim geprägt wie die NATO. Die USA, führende Macht des Bündnisses und (noch) größte Seemacht der Welt, befinden sich in einem Prozess der strategischen Neuorientierung, der unweigerlich Konsequenzen für deren Alliierte hat. Dieser Essay untersucht die Rolle der Seemacht USA im Bündnis. Anhand der historischen Entwicklung der kollektiven Seemacht NATO wird nachvollzogen, wie sich die maritime Dimension der Allianz auf strategischer Ebene veränderte und welche Rolle die USA dabei spielten. Die zeithistorische Perspektive hilft nachzuvollziehen, wie anpassungsfähig die NATO während historischer Zäsuren war. Eine Antwort auf die Zukunft des Bündnisses ohne die USA kann jedoch auch sie nicht liefern.

Abstract

At present, no military alliance is as strongly maritime-oriented as NATO. The United States, the alliance’s leading power and (still) the world’s largest sea power, is undergoing a process of strategic reorientation, which inevitably has consequences for its allies. This essay examines the role of U.S. maritime power within the alliance. Based on the historical development of NATO as a collective maritime power, it traces how the maritime dimension of the alliance has changed at the strategic level and what role or function the U.S. has played in this process. The perspective of contemporary history helps to understand how adaptable NATO has been during historical turning points. However, even this cannot provide an answer to the future of the alliance without the U.S.

Schlüsselwörter: NATO; USA; Seemacht; Marinestrategie

1 Einleitung

September 2025, westliche und mittlere Ostsee: 40 Schiffe aus 14 Nationen nehmen am Manöver Northern Coasts 2025 teil. Es ist eine der größten Marineübungen Nordeuropas. Neben zahlreichen Einheiten des neuen NATO-Mitglieds Schweden sind auch die Deutsche Marine und andere Ostseeanrainer mit Mensch und Material vertreten. Beinahe übersehen kann man da den US-Lenkwaffenzerstörer USS Bulkeley, ein Schiff der Arleigh-Burke-Klasse – und deutliches Symbol für die amerikanische maritime Präsenz im Mare Balticum. September 2025, südliche Karibik: Gleichzeitig operiert ein national geführter US-Verband mit Zerstörern, einem Kreuzer und einem Landungsschiff samt Marineinfanteristen vor der Küste Venezuelas. Dass die kampfkräftige Flottille nur Drogenschmugglern das Handwerk legen soll, darf bezweifelt werden. Im Pazifik wiederum wird die US-Seemacht nicht nur in diesem Monat durch neue Kampfschiffe und Personalrochaden gestärkt, während das operative Tempo dort ebenfalls hoch bleibt. Die Weltseemacht USA bleibt also augenscheinlich global engagiert. Zugleich zeigt sich jedoch ein Wandel ihrer Marinepräsenz; teils im Windschatten nationalistisch-populistischer Tendenzen der Trump-Administration, teils bedingt durch die schrumpfende und ausgehöhlte US-Flotte, die gezwungen ist, Schwerpunkte zu setzen. Dieser Essay geht der Frage nach: Welche Rolle spielte die Seemacht USA im maritimen Bündnis NATO und was bedeutet das für die Gegenwart?

Kaum ein Militärbündnis der Gegenwart existiert länger als die NATO.[1] Eine ausgeprägte Asymmetrie ist eines ihrer kennzeichnenden Merkmale: Es existiert die Bündnisführungsmacht USA und ihr zur Seite stehen – trotz gewaltiger militärischer Disparität durch das Prinzip der politischen Einstimmigkeit in wesentlichen Entscheidungen verbunden – viele mittelgroße und kleine Staaten. Das macht sie dem Attischen Seebund als führender Seemacht der Antike sehr ähnlich.[2] Zwar war während des Kalten Krieges auch der Warschauer Pakt durch die Führungsmacht Sowjetunion geprägt, doch dessen Mitglieder waren nicht wirklich freiwillig Teil des Bündnisses, das den Hegemonialanspruch der Sowjetunion in Ostmitteleuropa sicherte. Deutlich drückte sich dies im rapiden Zerfall 1990/1991 aus. Nachdem Moskaus Führungsmacht infrage gestellt war und das Regime keinen Zwang mehr ausüben konnte oder wollte, implodierte das Bündnis förmlich. Anders verhält es sich mit der NATO, diese stellte ebenfalls nach 1990 mehrfach die Sinnfrage, doch solange die USA hinter ihr stehen, scheint sie stabil zu sein. 75 Jahre gemeinsame Abschreckung und Krisenreaktion sind in großen Teilen eine Erfolgsgeschichte für die Allianz, wenn auch nicht alle Krisen und Konflikte nachhaltig bewältigt wurden.

Das stellt die Frage danach, was denn eigentlich das Interesse der USA an diesem gemeinsamen Bündnis darstellt und welche Rolle diese darin einnahmen? Geopolitisch kann festgehalten werden, dass die NATO primär dazu geschaffen wurde, dem Kommunismus sowjetischer Prägung in Europa Einhalt zu gebieten. Ein Ausgreifen Moskaus nach Mittel- und Westeuropa hätte im Sinne des amerikanischen Geostrategen Nicholas J. Spykman (1893–1943) der Sowjetunion die Kontrolle über das Rimland Europas verschafft und damit die Dominanz über den eurasischen Kontinent im Westen. Zusammen mit China wäre ganz Eurasien damit an den kommunistischen Machtbereich gefallen. Dies lag nicht im Interesse der westeuropäischen Demokratien und den USA, was deren gemeinsames Bestreben erklärt, die Allianz des Zweiten Weltkriegs auch nach der Niederringung ihrer Gegner fortzusetzen. Ein Zweckbündnis löste das andere ab und gleichzeitig sicherten sich die USA ihren Einfluss auf eine geopolitische Schlüsselregion. Das hilft zu erklären, warum Washington auch nach dem Kollaps des Kommunismus an der NATO festhielt. Schließlich lautete die historische Erfahrung ja, dass sich hier mit dem Deutschen Reich und der Sowjetunion zwar die Akteure verändern konnten, sich die strategische Geografie aber nicht wandelte. Mittel- und Westeuropa sind aus US-Perspektive mit ihren hervorragenden logistischen Zentren auch der Schlüssel zur Kontrolle des Mittleren Ostens und Afrikas. Für die europäischen Nationen stellte die gewaltige Militärmacht der USA eine günstige Alternative zur eigenen Aufrüstung dar. Die Anerkennung des US-Hegemonialanspruchs war sozusagen die Gegenleistung für die Unterstützung des europäischen Schutzbedürfnisses.

2 Der Kalte Krieg, zur See

Die NATO ist wie der Attische Seebund ein zutiefst maritimes Militärbündnis. Im Gegensatz zum kontinental geprägten Warschauer Pakt waren unter ihren Gründungsmitgliedern 1949 die Seemächte USA und Großbritannien. Aus den Erfahrungen nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, als sich die aufsteigende Weltmacht isolationistisch auf ihren eigenen Kontinent zurückzog, verblieben die USA nun militärisch und politisch in Europa. Nach 1918 hatte der zum Scheitern verurteilte Völkerbund – ohne die USA – gezeigt, dass der Gedanke einer europäischen Allianz ohne eine Ordnungsmacht und angesichts der auseinanderdriftenden nationalistischen und ideologischen Bestrebungen von Anti-Demokratien kaum lebensfähig war. Mit der NATO war nach Ende des Zweiten Weltkrieges nun das Gegenteil der Fall. Die neue Allianz überspannte den Nordatlantik, aus dem heraus sie ihre Stärke bezieht, der aber auch eine kritische Seeverbindungslinie für eigene Streitkräfte bildet – und damit auch für eine potenzielle gegnerische Seemacht ein lohnendes Ziel im Kriegsfall darstellt. Schiffe transportierten im Spannungs- und Kriegsfall überlebenswichtige Truppen, Material, Reserven und Rohstoffe aus Nordamerika nach Europa. Daher wird auch von den zwei Pfeilern der NATO gesprochen, dem europäischen und dem amerikanischen. Während ersterer aus immer zahlreicher werdenden europäischen Nationen besteht, war letzterer primär die USA allein, an die sich Kanada anlehnte. Die wirtschaftliche und militärische Macht der Vereinigten Staaten übertraf sogar die Summe ihrer europäischen Alliierten, die deshalb auch von der Bündnisführungsmacht sprachen. Diese Asymmetrie kann auch als Grund für die lange und erfolgreiche Existenz der Allianz angesehen werden, weil keine Rivalitäten zwischen Führungsmächten existierten und ihre Mitglieder aus freiem Willen dem Bündnis beitraten. Die Vorrangstellung wurde auch nie offen infrage gestellt. Von Anfang an kam den Vereinigten Staaten von Amerika aufgrund dieser Asymmetrie eine besondere Bedeutung zu. Der US-Präsident war und ist ein primus inter pares unter den Staatschefs der Allianz, was strukturell durch einen europäischen Generalsekretär der NATO ausgeglichen wird.[3]

Der Nachschub der gewaltigen nordamerikanischen Ressourcen nach Europa ist also Chance und Achillesferse zugleich, wie die entsprechenden Seekriegsoperationen schon in den Weltkriegen, aber auch im Kalten Krieg zeigten. Die Seeverbindungslinien (Sea Lines of Communication – SLOCs) selbst wurden Ziel gegnerischer Seekriegführung. Am Endpunkt dieser Seewege in West- und Mitteleuropa lag der „Eiserne Vorhang“, der den kommunistischen Machtbereich von den westlichen Demokratien trennte. Bis auf die europäischen Randmeere fiel der Nordatlantik in den Verantwortungsbereich des 1952 geschaffenen Supreme Allied Commander Atlantic (SACLANT) in Norfolk, Virginia, während der europäische Kontinent dem Supreme Allied Commander Europe (SACEUR) unterstand. Beide Posten waren immer mit US-Amerikanern besetzt.[4] Daneben existierte noch das Supreme Allied Command Channel (SACCHAN), um den strategisch existenziellen Endpunkt der Transatlantikroute zu sichern. An der europäischen Nordflanke trafen alle drei Kommandobereiche aufeinander – und verfolgten dort jeweils unterschiedliche Interessen. Diese Problematik ist auch gegenwärtigen Strategen nicht unbekannt, ist doch ein Teil Europas unter dem kontinentalen Joint Forces Command (JFC) Brunssum organisiert, während der maritime Raum dem als JFC Norfolk auferstandenen SACLANT „gehört“ – mit Schnittstellenproblematik und Überschneidungen.

Zurück zum Kalten Krieg: SACLANT und SACEUR besaßen unterschiedliche Perspektiven auf den nordeuropäischen Raum. Während die Hauptverteidigung des SACEUR an der innerdeutschen Grenze im Bereich der Allied Forces Central Europe (AFCENT) erfolgen sollte, grenzte das 1952 geschaffene Kommando Allied Forces Northern Europe (AFNORTH) mit der südwestlichen Ostsee, der jütländischen Halbinsel und Norwegen als dessen nördlicher Flanke daran. Aus dieser kontinentalen Perspektive erklärt sich auch die Bezeichnung Nordflanke.[5] Von Virginia aus gesehen lag der genannte geografische Raum im äußersten Nordosten am Ende seines Verantwortungsbereiches. Die NATO-Nordflanke kann geografisch als das Dreieck zwischen Grönland, dem Nordkap und der Südgrenze Schleswig-Holsteins beschrieben werden. Die maritime Verkürzung auf die GIUK-Gap (Grönland, Island, Vereinigtes Königreich) als zentralen Fokusraum ist daher mindestens umstritten.

Auf dem Meer existieren keine Flanken, weshalb der Begriff im maritimen Bereich nur begrenzt anzuwenden ist. Aber vom Meer aus betrachtet, bot Nordeuropa auch die Option, die Sowjetunion an ihrer nördlichen Flanke anzugreifen. Und genau das war es, was die Nordsee und die Norwegensee in den 1950er Jahren für die NATO und vor allem die USA interessant machte. Resultierend aus der quantitativen und qualitativen Überlegenheit bei strategischen Bombern und Nuklearwaffen verfolgte insbesondere die U.S. Air Force dort das Ziel, sowjetisches Territorium von Norden her aus der Luft anzugreifen. Der kürzeste Weg der Bomber aus den USA führte über die Polkappen und traf im Bereich der Barentssee und des Weißen Meeres auf die ersten sowjetischen Stützpunkte und Streitkräfte. Um diese Verteidigungsstellungen auszuschalten, planten die beiden Seemächte USA und Großbritannien den Einsatz ihrer Flugzeugträgerverbände. Deren Kampfbomber sollten von See aus die Flugabwehrstellungen und Stützpunkte ausschalten und den strategischen Bombern damit den Weg bereiten für Angriffe tief in das sowjetische Hinterland. Weil die maritimen Fähigkeiten der Sowjetunion damals noch sehr begrenzt waren, ging man von einer geringen Gegenwehr durch die Rote Flotte aus. Dieses operative Konzept stand nicht im Einklang mit dem Kampfgeschehen an der europäischen Zentralfront, denn die trägergestützten Angriffe unterstützten und ermöglichten zwar den strategischen Bombenkrieg, aber nicht direkt die Verteidigungsoperationen in Mitteleuropa. Damit war bis in die frühen 1960er Jahre die Nordflanke der Sowjetunion das Ziel der NATO im Sinne einer unabhängigen Front des U.S. Strategic Air Command der U.S. Air Force.[6] Diese Bedrohung hätte die NATO aber nicht ohne die militärischen Fähigkeiten ihrer Führungsmacht aufstellen können.

In den 1950er Jahren war die Verteidigung Skandinaviens mehr als fragil. Die dänischen und norwegischen Streitkräfte waren sehr schwach und die 1955 aufgestellte Bundeswehr noch im Aufbau begriffen. Norwegen und Dänemark schlossen eine permanente Stationierung von NATO-Truppen auf ihrem Staatsgebiet aus.[7] Auch aus diesem Grund spielten die dem SACLANT unterstellten Kräfte der NATO Striking Fleet Atlantic eine wichtige Rolle für die Heranführung von Kräften der Allianz und Gegenangriffe auf Truppen des 1955 gegründeten Warschauer Pakts (WP). Während der 1960er Jahre verengte sich der strategische Fokus der NATO immer stärker auf die kontinentale Kriegführung. Dreh- und Angelpunkt war dabei AFCENT mit dem Schwerpunkt der innerdeutschen Front. Deshalb wurde der Begriff Nordflanke dort eher taktisch-operativ genutzt: als linke Flanke der Gesamtverteidigung. Dies umfasste den nördlich anschließenden Bereich AFNORTH.[8] Dabei trat aber das operative Problem auf, dass die Nahtstelle zwischen den beiden Kommandobereichen sowohl durch die Küstenfront des WP als auch durch amphibische Kräfte der Vereinten Ostseeflotte bedroht war. Noch war die sowjetische Baltische Flotte der größte und kampfkräftigste Teil der sowjetischen Seestreitkräfte. Unterstützt wurde sie von hunderten mit Seezielflugkörpern bewaffneten Bombern, über welche die NATO damals noch nicht verfügte.[9]

Ein Angriff des Warschauer Pakts auf die NATO in Norwegen oder die jütländische Halbinsel wäre ein amphibisches Szenario gewesen, dem die Seestreitkräfte der Allianz in der Ostsee kaum etwas hätten entgegensetzen können. Dieses Dilemma hätte nur die Striking Fleet durch den Atomwaffeneinsatz aus der Nordsee oder der Norwegensee heraus lösen können. Atomschläge gegen amphibische Landungsverbände des WP in der westlichen Ostsee wären die Folge gewesen. Für den Ostblock lag das Kalkül eines solchen Angriffs darin, die Kohärenz der Gesamtverteidigung des SACEUR zu durchbrechen, indem an der Grenze von AFCENT und AFNORTH ein Angriffskeil die Front durchtrennt hätte. In der Folge wären aus Jütland heraus Luftangriffe auf Norwegen oder die Ausschiffungshäfen der SLOC in Großbritannien und den Beneluxstaaten möglich gewesen. Weit gefährlicher für die territoriale Souveränität der Bundesrepublik war aber die Flankenbedrohung durch Angriffe der Landstreitkräfte des WP aus der jütländischen Halbinsel heraus.[10] Aber diese Situation entspannte sich etwas zugunsten des Westens durch eine neue maritime Prioritätensetzung der Sowjetunion unter Admiral Sergej Gorschkow.

Unter Gorschkows Ägide begann der Aufbau einer eigenständigen sowjetischen Seemacht. Die NATO und vor allem die USA wurden in Zukunft nun in ihrer stärksten Domäne herausgefordert. Während die Allianz in den 1960/1970er Jahren immer kontinentaler wurde, wuchsen die maritimen Ambitionen aber auch Fähigkeiten der Sowjetunion stetig an.[11] Bis dahin waren U-Boote und Jagdbomber das Rückgrat der maritimen Verteidigung, um der NATO den Zugang zu den Küsten zu verwehren. In den 1960er Jahren baute die Sowjetunion jedoch immer mehr Atom-U-Boote und vergrößerte die Zahl und Qualität ihrer Überwasserstreitkräfte signifikant. Diese Kräfte sollten die Dominanz der NATO in der Nordsee, der Norwegensee und der Barentssee brechen und deren Seestreitkräfte dort verdrängen. Mit dem Bau von strategischen U-Booten, ausgestattet mit Atomwaffen (SSBN), änderte sich der Charakter der Nordflanke erneut. Das geschah in einer Phase, während der die US-Streitkräfte stark im Vietnamkrieg eingebunden waren. Global betrachtet wurden die USA im Kampf gegen den Kommunismus immer stärker in eine kontinentale Ausprägung hineingezogen. Die amerikanische Flotte wurde in Südostasien eingesetzt, notwendige Modernisierungen unterblieben meist und viele Ressourcen flossen in die Abnutzung von Flusskriegführung und Counter-Insurgency-Operationen.

Die sowjetische Nordflotte mit ihren Stützpunkten auf der Kola-Halbinsel erhielt indessen fortan die Priorität und die kampfkräftigen Schiffe wurden aus der Ostsee abgezogen und in den Norden verlegt. Die Baltische Rotbannerflotte geriet immer mehr zu einer amphibischen Flotte, während sich die Nordflotte zu einer ernstzunehmenden Hochseemarine entwickelte. Der Schutz der strategischen Raketen-U-Boote (Submersibles, Ballistic Missile, Nuclear, oder SSBN) spielte eine überragende Rolle, denn nur so war die Zweitschlagfähigkeit der Sowjetunion gesichert. Diese Boote operierten in der Barentssee und wurden in einem vielschichtigen Verteidigungskonzept auf See und von Land aus in sogenannten „Bastionen“ gesichert. Eine immer stärker werdende Marineinfanterie und die Stationierung massierter Kräfte an der norwegischen Grenze ließen die Gefahr einer Aggression auf Nordnorwegen als immer wahrscheinlicher erscheinen. Schlüssel zur Kontrolle über den nördlichen Raum der Nordflanke waren die norwegischen Flugplätze. Der Übermacht der Sowjetunion konnten die norwegischen Streitkräfte kaum etwas entgegensetzen.[12] Der Verlust Norwegens hätte wie schon im Zweiten Weltkrieg Großbritannien erheblich bedroht und ebenfalls Folgeoperationen gegen den Bereich AFCENT aus der Nordflanke heraus ermöglicht.

Aus Perspektive des US-dominierten SACLANT wurden dasselbe Szenario und die große Anzahl von U-Booten und Bombern vor allem als maritime Bedrohung wahrgenommen. In Norfolk deutete man dies als den Versuch eines Angriffs sowohl auf die SLOC der NATO im Nordatlantik mit Seestreitkräften als auch der frühzeitigen Positionierung von strategischen U-Booten zum Angriff auf die USA sowohl für den Erst- als auch den Zweitschlag. Das war zwar ein Spiegeln des eigenen operativ-strategischen Denkens bzw. der deutschen Strategie während beider Weltkriege, trotzdem resultierten daraus handfeste operative Konzepte.[13] Die Seemächte USA und Großbritannien errichteten eine maritime Sperrkette zwischen Grönland, Island und den Britischen Inseln (Greenland-Iceland-UK-Lücke – GIUK-Gap). Das GIUK-Gap markierte nun auch die westliche Grenze der maritimen Nordflanke der Allianz. Die NATO ging davon aus, dass ein Angriff der Nordflotte durch diese Meerengen, dem GIUK-Gap, hindurch in den Nordatlantik erfolgen müsste. In der Folge war die maritime Strategie im SACLANT-Bereich während der 1970er Jahre eine defensive. Das war vor allem auch der maritimen Schwäche der U.S. Navy geschuldet, die von Überalterung und sinkenden Schiffszahlen geprägt war. Auch die Royal Navy verlor aus ökonomischen Gründen immer mehr Kampfkraft. Während die Zahl von Schiffen der Allianz also sank, rüstete Moskau zur See weiter auf.[14] Mit ihren großen und weltweit durchgeführten Okean-Manövern bewies die sowjetische Marine in den 1970ern ihre neu gewonnenen operativen Fähigkeiten. Die NATO fürchtete daher nicht unbegründet eine neue Schlacht im Atlantik. Diese hätte auch direkte Auswirkungen auf den SACEUR gehabt, denn ein Ausbleiben der REFORGER-Konvois hätte die Verteidigung Zentraleuropas erheblich erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht.[15] Die NATO konnte einen Krieg gegen den kontinental ausgerichteten WP zwar nicht an der maritimen Nordflanke gewinnen, aber sehr wohl verlieren. Aus Sicht der USA griff die Sowjetunion im Sinne Spykmans das europäische Rimland von Land und von See an und band gleichzeitig dessen maritime Fähigkeiten, um die Kontrolle über diese geostrategische Region zu erhalten. Doch eine weitere maritime Bedrohung, die Spykman noch nicht kannte und deshalb auch nicht berücksichtigen konnte, bestand in den atomaren Trägersystemen.

Gerade den strategischen U-Booten widmeten die Seemächte große Aufmerksamkeit. Landgestützte U-Jagdflugzeuge, atomgetriebene Jagd-U-Boote, U-Jagd-Flugzeugträgerkampfgruppen, akustische Messbojen und das Sound Surveillance System (SOSUS) waren die Antwort. Tom Clancy beschrieb dieses Szenario trefflich in seinem vom Pentagon mit Insiderwissen unterstützten Buch „Red Storm Rising“.[16] Auch hier wäre die geografische Engstelle das GIUK-Gap gewesen, um die U-Boote aufzuspüren und abzufangen. In der Erinnerung vieler Marineoffiziere und ziviler Seestrategen der NATO spielt das GIUK-Szenario noch immer eine prägende Rolle.

Aber auch der SACEUR versuchte den Fall der Nordflanke zu verhindern. Sein Mittel der Wahl war die Allied Mobile Force (AMF). Die AMF bestand aus hochbeweglichen leichten Kräften, die bereits im Spannungsfall an die Nord- oder Südflanke der Allianz verlegt worden wären.[17] Um die Kohäsion der Verteidigung an der Verbindung zwischen AFCENT und AFNORTH zu stärken, schuf die NATO bereits 1962 den Commander Allied Forces Baltic Approaches (COMBALTAP) mit seinem Hauptquartier in Karup. Alle Dimensionen waren in diesem Kommando zusammengefasst, um die Ostseeausgänge und die Verbindung zwischen den Kommandobereichen Zentrum und Nord zu verteidigen.[18] Dies ist auch ein Ausdruck des amphibischen Charakters des südlichen Operationsgebietes der Nordflanke. Die Bundeswehr brachte sich in das Gebiet nördlich von Hamburg mit ihrer stärksten Heeresdivision (6. Panzergrenadierdivision), starken Luftwaffenkräften und der gesamten Marine ein. Sie stellte sozusagen den Anker der südlichen Nordflanke dar und sicherte damit gleichzeitig die Flanke von AFCENT. Im Kriegsfall würden die Kräfte in Jütland durch eine bei Esbjerg anzulandende UK Mobile Force und eine kanadische Brigade verstärkt werden. Für Norwegen waren ein amphibischer Verband Großbritanniens und der Niederlande sowie eine US Marine Expeditionary Force (MEF) verstärkt vorgesehen. Auch die AMF sollte dort eingesetzt werden. Dazu kämen noch umfangreiche Luftstreitkräfte der USA und Großbritanniens, die auf vorbereitete Flugplätze verlegt worden wären.[19]

Ab den 1960er Jahren wurde auch die Südflanke der NATO maritim immer wichtiger. Bis dahin handelte es sich um ein mare nostrum der Allianz, denn Großbritannien und vor allem die 1946 ins Leben gerufene 6. US-Flotte stellten dort die wichtigsten maritimen Ordnungsmittel dar. Der Aufstieg der Sowjetunion zu einer Seemacht manifestierte sich nun zusehends auch im Mittelmeer. Die 6. US-Flotte wurde mit ihren Fähigkeiten als das Rückgrat zur Verteidigung des Mittelmeers angesehen. Ähnlich wie an der Nordflanke hätten sie für Angriffe auf die Landstreitkräfte des WP gedient. Die NATO sicherte also auch ihre Südflanke durch ihre maritimen Fähigkeiten ab. In der zergliederten Südflanke war die Verteidigung der Allianz von den SLOC abhängig, um die Landstreitkräfte versorgen zu können. Der Aufbau von sowjetischen Seestreitkräften im Mittelmeer zielte also unter anderem auf die Unterbrechung genau dieser SLOC ab. Erfolgreiche Angriffe auf die Flugzeugträger der Allianz hätten dadurch direkte Auswirkungen auf die Verteidigungsfähigkeit der Südflanke besessen. Deshalb war das Kommando Allied Forces Southern Europe (AFSOUTH) ebenso wie AFNORTH deutlich maritimer geprägt als AFCENT. Genau diese Vormacht gedachte Moskau zu brechen, indem es bis Ende der 1960er Jahre schon 40 Kriegsschiffe im Mittelmeer einsetzen konnte.[20]

Dabei kam der Südflanke auch eine besondere politische Funktion zu, denn hier schwelten Konflikte zwischen den NATO-Mitgliedern Griechenland, Türkei und Zypern, die immer wieder aufflammten.[21] Gleichzeitig war sie das Scharnier zum Nahen Osten, dessen Staaten sich immer mehr als eine dritte Macht im bisher bipolaren Ost-West-Konflikt emanzipierten. Und genau das nutzte die Sowjetunion aus, indem sie als Nicht-Anrainer an das Mittelmeer mit Ägypten, Algerien und Syrien Nutzungsrechte für Basen aushandelte und so permanent eine Eskadra im Mittelmeer unterhalten konnte. Insofern ist der seit mehr als einer Dekade wieder verstärkt betriebene Versuch Russlands, seinen Einfluss im Nahen Osten auszubauen, nichts Neues, sondern schon seit Jahrzehnten Teil seiner imperialen Machtprojektion. Russlands Wunsch, gleichsam ans warme (eisfreie) Wasser zu gelangen und seine geografischen Choke-Point-Dilemmata (Bosporus, Ostseezugänge, GIUK-Gap u. a.) mittels vorwärts stationierter oder dislozierter Kräfte zu überwinden, ist aktueller denn je – auch wenn Moskaus Druck nicht mehr so wirkt wie zuletzt. So hat Russland im Zuge des Sturzes des syrischen Diktators Bashar al-Assad im Dezember 2024 seinen wichtigen Hafen Tartus verloren. Bemühungen, im Sudan oder in Libyen mit Seestreitkräften Fuß zu fassen, waren bislang noch nicht von durchschlagendem Erfolg gekrönt.

Im Kalten Krieg war die Infragestellung der Seemacht der NATO also gleichzeitig ein Angriff auf die Gesamtverteidigung der Südflanke und die gesamtstrategisch wichtige SLOC zum Öl aus dem Persischen Golf. Während des Jom-Kippur-Krieges 1973 trat die sowjetische Eskadra in größerer Stärke als die 6. US-Flotte und durchaus aggressiv auf. Sie kommunizierte strategisch die Intention Moskaus, das östliche Mittelmeer zu behaupten – und erinnerte europäische Entscheider daran, dass die Kontrolle der See kein westlich-atlantisches Naturgesetz war. Die politischen Einflussmöglichkeiten der USA und der NATO auf den Kriegsverlauf waren nämlich erstmals erheblich eingeschränkt.[22]

Die dramatischen Entwicklungen im Nahen Osten seit 1973 und die Niederlage der USA in Vietnam 1975 blieben nicht ohne Folgen. Die strategische Kommunikation der NATO und ihrer von innenpolitischen Turbulenzen gebeutelten Führungsmacht USA gegenüber dem WP war katastrophal, denn es war ein Signal der Schwäche. In der Folge entwickelte der Westen neue operative Konzepte, um im konventionellen Bereich wieder mehr Abschreckung zu generieren. Diese gingen einher mit der technologischen Revolution in der Computertechnik, die dem Westen einen Vorsprung in der Kommunikation und bei elektronischen Rechen- und Steuerungselementen verschaffte. Mit modernen Technologien und Waffensystemen wie der Tomahawk Cruise Missile, dem Tornado Allwetterkampfflugzeug, dem Aegis-Kampfsystem und gelenkter Munition konnten Konzepte wie die Air-Land-Battle, die Follow-on-Forces-Attacks (FOFA)[23] und das NATO Concept of Maritime Operations (CONMAROPS) erfolgversprechend umgesetzt werden. Mit dem CONMAROPS verfügte die Allianz nun erstmals über ein einheitliches Operationskonzept, das von der Küste Virginias bis zum Nordkap und dem Bosporus anwendbar war.[24] Ihr US-Ausdruck war die in den 1980er Jahren entwickelte und erprobte, 1986 erstmals publizierte, global angelegte, offensive und vorwärtige „The Maritime Strategy“.[25] Im Gegensatz zur NATO zielte die Marinestrategie der USA dabei nicht nur auf den nordatlantischen Raum, sondern auf alle Weltmeere. Ihr Ziel war es, die Flanken der Sowjetunion zu bedrohen und ihrerseits die russische Seemacht an der Entfaltung zu hindern. Anders noch als zu Zeiten von US-Präsident Jimmy Carter, in denen eine Schaukelstrategie zwischen pazifischen und atlantischen Schauplätzen propagiert wurde, um Ressourcen zu sparen, war das neue Papier eng an operative Erfahrungen mit neuer Technologie, den hinterlegten politischen Willen und an ein Schiffbauprogramm von 600 Kampfschiffen gebunden.

Mit den neuen Fähigkeiten in der Hinterhand wurde der europäische Kriegsschauplatz neu gedacht. Diese Revolution im operativen Denken ging mit einer Renaissance offensiver maritimer Operationen einher. Europäischen Seestreitkräften kam hier ein erheblicher Modernisierungsschub zugute, der u. a. die Einführung der Fregatten der Bremen-Klasse bei der Bundesmarine, das Einsteuern der ähnlichen Kortenaer-Fregatten bei der Königlich Niederländischen Marine (Koninklijke Marine) und die Lektionen der britischen Royal Navy aus dem Falklandkrieg (1982) beinhaltete. Die kontinentale Fixierung der NATO begann sich wieder zu lösen, was vor allem für die Nordflanke von Relevanz war. Im aggressiven Geist der Reagan-Ära wurde versucht, die Überlegenheit der WP-Landstreitkräfte durch einen operativen Ansatz von See her zu lösen. Wie zu Beginn des Kalten Krieges sollte nun der Kampf über die Flugzeugträgerkampfgruppen der Allianz an die Flanke der Sowjetunion getragen werden. Durch die maritime Bedrohung an der sowjetischen Peripherie sollte der WP dazu gezwungen werden, Kräfte vom Bereich AFCENT abzuziehen, was dessen Offensivfähigkeiten dort schwächen würde. Die Allianz handelte wieder wie eine Seemacht, indem sie durch überlegene operative Fähigkeiten die Geografie des Schlachtfeldes an Land von See aus veränderte und dadurch die Gesamtstrategie positiv in ihrem Sinne beeinflusste. Dies demonstrierte die NATO auch eindrucksvoll, indem sie ihre Flugzeugträgerkampfgruppen in den 1980er Jahren wieder in die Fjorde Norwegens entsandte und dort Gefechtsszenarien übte. In den Fjorden waren sie gegen Luftangriffe sehr gut geschützt.[26] Zur Abwehr sowjetischer U-Boote brachten sich auch die kleineren europäischen Marinen mit in diese Manöver ein.[27] Aber das Gros der Operationen war ohne US-Flugzeugträgerkampfgruppen nicht denkbar, dafür reichten die europäischen Fähigkeiten bei weitem nicht aus.

 Der Flugzeugträger USS America in norwegischen Gewässern während der Übung Ocean Safari ’85, 1. Oktober 1985

Der Flugzeugträger USS America in norwegischen Gewässern während der Übung Ocean Safari ’85, 1. Oktober 1985

Damit bewies die NATO auch ihren Willen, in die Bastionen der Sowjetflotte einzudringen, dort die Seeherrschaft zu erkämpfen und wie in den 1950er Jahren den Norden und das Herz der Sowjetunion mit seegestützten Marschflugkörpern und taktischen Atomwaffen zu bedrohen.[28] Die Manöver der sowjetischen Nordflotte in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre zeigten, dass dieses Kalkül aufging, denn sie übte die Bekämpfung von Flugzeugträgerkampfgruppen vor Norwegen. Mit diesem offensiven Ansatz wurde der Kampf nicht mehr als Folge einer Initiative der Nordflotte als Abwehrkampf am GIUK-Gap geführt, sondern an die Küsten und Stützpunkte Nordrusslands getragen. Das sicherte gleichzeitig auch die SLOC im Atlantik, Norwegen und die Verteidigung Gesamteuropas. Erneut zeigte sich die strategische Bedeutung der Nordflanke der NATO, aber diesmal im positiven Sinne für die Allianz. Während auf der taktisch-operativen Ebene infolge des NATO-Doppelbeschlusses bewusst ein atomares Bedrohungspotenzial aufgebaut wurde, fanden zeitgleich für die strategischen Atomwaffen Abrüstungs- und Rüstungskontrollgespräche statt. Mit Michail Gorbatschow begann auch auf politischer Ebene eine Entspannungspolitik, die als Beginn des Endes des Kalten Krieges angesehen werden kann. Zwischen 1989 und 1991 kollabierten die Satellitenstaaten der Sowjetunion, der WP und am Ende die Sowjetunion selbst.

3 Ende der Geschichte – oder Zeitenwende unter anderem Namen?

Es drohte eine Phase, in der die Existenz der NATO zur Disposition stand. Es war vor allem das Tandem Washington-Bonn (ab 1991: Berlin), das sich für den transatlantischen Weg einsetzte und am Ende auch in die Realität umsetzte. Dabei kreisten die Ideen darum, ob Deutschland eine eigenständige neutrale Dritte Macht werden oder aber in der NATO bleiben sollte. Frankreich, Großbritannien und die Sowjetunion favorisierten die erste Option. Ein genauerer Blick offenbart, dass sich damit für die NATO perspektivisch sogar die Sinnfrage gestellt und Moskau zugleich zwei Probleme zu seinen Gunsten gelöst hätte. François Mitterrand, der französische Staatspräsident, sah eine weitere europäische Integration als besseren Weg an und dies wäre zulasten der NATO gegangen. Aus der historischen Erfahrung heraus hatte George H. W. Bush kein Interesse an einem aus US-Perspektive instabilen europäischen Gleichgewicht und zog mit Helmut Kohl an einem Strang. Die immer schwächer werdende Position Gorbatschows infolge der voranschreitenden Implosion der Macht der KPdSU spielte ihnen dabei in die Karten.[29] Auch wenn es dabei vordergründig um die Rolle Deutschlands und die Sicherheit Europas ging, spielten in diesem Prozess US-Interessen eine gewichtige Rolle. Wie gerade der Golfkrieg 1990/1991 zeigen sollte, lag der Schlüssel zur Kontrolle über den Nahen Osten in den US-Basen in Deutschland und Westeuropa. Das in Tampa im US-Bundesstaat Florida liegende Hauptquartier des US-Zentralkommandos (U.S. Central Command – CENTCOM) verfügte schließlich über keine eigenen Truppen.

Schon während des Prozesses der deutschen Wiedervereinigung und der Auflösung des Warschauer Paktes signalisierte die NATO ihre Bereitschaft zum Entgegenkommen gegenüber ihrem ehemaligen Gegner. Das neue Motto lautete „Von der Konfrontation zur Kooperation“[30] und parallel dazu bestimmte der Wille, die Friedensdividende nun abzugreifen in immer stärkerem Umfang die Haushaltsplanungen der Militärs und der Marinen der Allianz. Der Wegfall des alten Feindes führte deshalb in vielen Fällen zu Rechtfertigungsproblemen des materiellen Bedarfes gegenüber den jeweiligen Parlamenten. Der lange Prozess des Schrumpfens der Allianzmarinen bis 2022 hatte begonnen.[31] Ausdruck dessen war der Wandel vieler nationaler strategischer Dokumente weg von Militärstrategien hin zu Rechtfertigungsdokumenten für die politische Ebene. Steven T. Wills beschrieb diesen Prozess des Verkümmerns des militärisch-strategischen Denkens in der U.S. Navy.[32] Auch die deutschen Weißbücher und Konzeptionen der Marine folgten diesem Trend. Gleichzeitig öffnete sich die NATO den Staaten des ehemaligen Ostblocks und schon 1999 traten Polen, Tschechien und Ungarn der Allianz bei. Zwar betrieben einige der Neumitglieder Seestreitkräfte, das seestrategische Denken blieb wegen der geografischen Lage und dem überwältigenden Einfluss der Sowjetunion auf die „Vereinigte Rotbannerflotte“ aber bestenfalls kümmerlich.[33]

Parallel dazu setzte sich die am Ende des Kalten Krieges begonnene Erweiterung des NATO-Missionsprofils in Richtung Out-of-Area fort. Waren es 1987 und 1990/1991 noch Allianzen der Willigen, bei der sich NATO-Nationen freiwillig außerhalb des Bündnisrahmens engagierten[34], übernahm die NATO nun für die UN auch Out-of-Area-Missionen. Aus amerikanischer Sicht war das nur konsequent, denn die jahrzehntelange sicherheitspolitische Problematik für die Europäer war verschwunden und damit auch gewissermaßen das Geschäftsmodell des europäischen Pfeilers der NATO aufgelöst. Die USA, die sich als Seemacht mit globaler Machtprojektion verstanden, limitierten sich ohnehin nicht auf ein bestimmtes Seegebiet. Zwar war dies- wie jenseits des Atlantiks der Wunsch hinterlegt, durch ein Abschmelzen von Militärhaushalten eine Art Friedensdividende zu generieren, aber die politischen Konsequenzen für die 1990er wurden ganz unterschiedlich bewertet. Zwar blieb ein Triumphgeheul aus Washington nach dem Sieg im Kalten Krieg, dem erfolgreichen internationalen Feldzug gegen den Irak 1990/1991 (übrigens unter UN-Mandat) sowie dem Kollaps von Warschauer Pakt und UdSSR im Laufe des Jahres 1991 weitgehend aus, aber Weltordnungsansprüche waren dennoch zu beobachten. Diese reichten vom konservativen Spektrum des Kolumnisten Charles Krauthammer, der Amerikas „Unipolaren Moment“ beschrieb,[35] über moderate Republikaner wie den damaligen US-Präsidenten George H. W. Bush bis ins liberale Lager zu Bushs Nachfolger Bill Clinton.[36] Auf europäischer Seite wurden andere Schlussfolgerungen gezogen, nicht zuletzt, da sich die Bundesrepublik Deutschland zunächst ihrer eigenen Deutschen Einheit widmen musste und gleichzeitig mit Frankreich und anderen europäischen Partnern – auch, um Sorgen vor einem nationalistischen Wiedererstarken zu begegnen – die EU-Integration und -Erweiterung vorantrieben.

Zurück zu den maritimen Aufgaben: Diese Entwicklung begann mit dem Einsatz der ständigen Einsatzverbände der Allianz für die Operation Sharp Guard mit ihren Vorgängermissionen von 1992–1996. Dabei begann sich auch Frankreich militärisch zu beteiligen, wenn auch noch auf europäischer Basis. Dabei spielte Deutschland eine Vermittlerrolle und agierte als Bindeglied zwischen Frankreich und der NATO, indem es sowohl an den NATO-Anteilen als auch an den Anteilen der Westeuropäischen Union (WEU) von Sharp Guard beteiligt war. In vielen Ländern wie Deutschland und Dänemark wurde damals eine lebhafte innenpolitische Debatte über die Rechtmäßigkeit dieser Out-of-Area-Missionen geführt.[37] Höhepunkt dieser Entwicklung in den 1990er Jahren war die Operation Allied Force 1999 im Krieg gegen Serbien. Selbst ohne UN-Mandat kämpfte die Allianz sowohl in einer Koalition der Willigen als auch mit ihren ständigen Einsatzverbänden gegen die serbischen Streitkräfte. Dieser Einsatz war für viele kleine und mittlere Nationen einer der ersten Kampfeinsätze ihrer Marinen.[38]

4 Seemacht und die transatlantischen Sicherheitsbeziehungen in der Ära der Never-Ending Small Wars

Das Jahr 2001 markierte mit dem von den USA geführten sogenannten Global War on Terrorism (GWoT) als Reaktion auf die Terroranschläge des 11. Septembers eine neue Erweiterung der Out-of-Area-Einsätze der Allianz. Seit 2002 war die NATO in Afghanistan engagiert und viele Nationen beteiligten sich außerhalb des Bündnisgebietes mit Schiffen an der Operation Enduring Freedom und im Allianzgebiet an Active Endeavour. Seit den 1990er Jahren waren die bis 1999 auf vier angewachsenen ständigen Einsatzverbände der NATO in immer mehr Einsätzen gebunden. Gleichzeitig erweiterte sich die Allianz im Südosten Europas mit Bulgarien und Rumänien und im Nordosten mit Estland, Lettland und Litauen um weitere Nationen mit eigenen, bescheidenen Marinen. Der Charakter der NATO-Allianz wurde damit weiterhin zur Kontinentalität und zu Lasten des Maritimen verschoben. Obwohl die Zahl der Marinen zunahm, sank die Zahl der Schiffe der Allianz infolge der Friedensdividende weiter und das bei einem Anstieg der Einsätze und einsatzgleichen Verpflichtungen. Mit immer geringeren Kräften mussten immer mehr Aufgaben bewältigt werden, obschon es nicht mehr die hochintensive Seekontrolle-Aufgaben (z. B. U-Jagd, Landzielbeschuss oder Seegefechte) waren, sondern Operationen am unteren Rand des Intensitätsspektrums: Kontrolle der Seewege, Anti-Piraterie- und Anti-Terrorismusoperationen, humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz.[39]

Besonders negativ war für viele Marinen, dass der Fokus der Sicherheitspolitik auf den kontinentalen Einsätzen in Afghanistan und auf dem Balkan lag und dementsprechend auch die Mittel in die Armeen flossen. Viele Streitkräfte wurden für Auslandseinsätze und internationale Kriseneinsätze in einem asymmetrischen Umfeld umstrukturiert. Gleichzeitig sorgte das rotierende Versetzungs- und Beförderungssystem westlicher Streitkräfte dafür, dass zunehmend gefechtserfahrene Land- und Luftstreitkräfteoffiziere in die Verteidigungsministerien zirkulierten und dort ihrerseits zunehmend Einfluss erhielten. Das ungelöste Problem der Aufstands- und Antiterrorismusbekämpfung, für das in vielen Hauptstädten nicht mal politisch ein Blumentopf zu gewinnen war, sorgte für die Notwendigkeit einer dauerhaften Befassung mit operativen und sicherheitspolitischen Aspekten des Hindukusch – statt mit denen der Weltmeere.

Bis 2010 resultierte das in einer immer größeren Seeblindheit der von ihrer DNA her zutiefst maritimen Allianz. In den meisten Nationen der Allianz und auch in der Allianz selbst geriet die maritime Dimension in einen immensen Rechtfertigungs- und Legitimationsdruck. Ausdruck dieser Krise im maritimen Denken der NATO war ihre erste und bis Redaktionsschluss dieses Beitrags (22.10.2025) bisher einzige maritime Strategie. Um sich selbst zu rechtfertigen, wurden immer mehr nicht-militärische Aufgaben auch für Marinen subsumiert, was gleichzeitig in der Politikwissenschaft als „Versicherheitlichung“ beschrieben wird.[40]

Gemessen an ihren Flottengrößen engagierten sich die kleinen und mittleren Marinen überproportional in diesen Missionen, während sie sich bei Kampfmissionen wie Deliberate Force oder Unified Protector enthielten. Damit spielten die kleineren Marinen im Grundbetrieb der NATO eine wichtige Rolle und entlasteten die großen Marinen mit ihren ausgeprägten Sea-Strike-Fähigkeiten für die Gefechtsmissionen, was auch als eine andere Form des Burden-Sharings betrachtet werden kann.[41] Aber auch die Royal Navy und die Marine Nationale waren in der Lage, hochintensive Gefechtsmissionen an der europäischen Peripherie zu übernehmen. Das zeigen deren Beteiligung an Operation Allied Force 1999 und die Kampfhandlungen in Libyen während Operation Unified Protector 2011. Aber seit Gründung der NATO waren die Europäer von militärischen Grundfähigkeiten der USA abhängig. Nicht nur bei der Größe der Streitkräfte herrschte eine Dysbalance im Hinblick auf die Bündnisführungsmacht, sondern auch bei strategischen Fähigkeiten mit hohen Kosten. Trotz zunehmender Einsätze der Allianz dominierte gerade bei den Europäern noch immer die Friedensdividende die Struktur der Streitkräfte. Niemand investierte zum Beispiel in die seit 1991 geforderte strategische Luftverlegefähigkeit. Noch immer verließ man sich in Berlin, Paris und London auf Washington.

Weil viele der Einsätze im Rahmen des GWoT Ad-hoc-Koalitionen waren und gleichzeitig vor allem die osteuropäischen Nationen eine andere Gefährdung in Form von Russland wahrnahmen, wurde eine gemeinsame Bedrohungsperzeption immer diffuser. Zumal sich Länder wie Deutschland und Frankreich in der zweiten Hälfte der 2010er Jahre immer stärker auch aus diesen Missionen zugunsten von EU-Einsätzen zurückzogen oder sich europäischen Problemen wie der Flüchtlingskrise zuwandten. Spätestens seit der Krimbesetzung durch Russland 2014 und dessen hybrider Tätigkeiten im Baltikum verfestigte sich in Osteuropa die russische Bedrohung, die in West- und Mitteleuropa keine Rolle zu spielen schien. Trotz gemeinsamer Zusagen, mehr in die Verteidigung zu investieren, geschah das gerade in letzteren Ländern nicht, worunter mit Deutschland auch die zweitgrößte NATO-Nation war. Dabei setzte sich in dieser Zeit in den USA die Wahrnehmung Chinas als strategischem Herausforderer durch, die von den meisten Europäern so nicht geteilt wurde. Diese Disparität in Sicherheitsvorstellungen manifestierte sich in Macrons vielzitiertem „Gehirntod“-Statement.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass erst der katastrophale Rückzug aus Afghanistan 2021 und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine die Out-of-Area-Verbindlichkeiten der NATO reduzierten. Die Rückkehr zum gemeinsamen Feindbild Russland legte den Grundstock für eine Renaissance der Landes- und Bündnisverteidigung und der Abschreckung – wenigstens bündnisallgemein, wiewohl die Konsequenzen zwischen Partnern hinreichend unterschiedlich bewertet wurden. Staaten, die in ihrer jüngeren Vergangenheit unter sowjetischer bzw. russischer Einflussnahme zu leiden hatten, sahen viel eher die Notwendigkeit, die USA als Sicherheitsgarant in Ost- und Mitteleuropa zu halten. Der zweiten Gruppe gehören all jene Staaten an, die in Zentraleuropa zu verorten sind und entweder engste wirtschaftliche und politische Verbindungen mit Moskau pflegen und pflegten – oder aufgrund ihrer sicherheitspolitischen Unentschlossenheit noch zwischen den verteidigungs- und sicherheitspolitischen Implikationen oszillierten. Die dritte Gruppe der NATO-Verbündeten kann als jenes Konglomerat verstanden werden, in denen die russische Bedrohung nicht als solche wahrgenommen wurde, sei es aus geografischer Distanz (z. B. Portugal, Spanien), eigenen globalen Ambitionen (Vereinigtes Königreich nach dem „Brexit“) oder aufgrund aufkommender neoisolationistischer, nationalistischer und populistischer Ströme wie in den Vereinigten Staaten von Amerika. Gerade der relative Machtverlust der USA, die sich seit dem 11. September 2001 anders als vom bereits erwähnten Charles Krauthammer eben nicht in einer unipolaren Ära sahen, sondern vielmehr eine schnelle Folge von innen- und außenpolitischen Krisen und Demütigungen über sich ergehen lassen mussten (die Stichworte lauten hier Banken- und Finanzkrise 2008/2009, inkonsequenter Pivot to the Pacific 2011/2012, Aufstieg und Wahl von Donald Trump samt Aushöhlung des Zweiparteiensystems, COVID-19-Pandemie und schließlich die an den traumatischen Abzug von US-Truppen aus Saigon 1975 erinnernden Aufnahmen aus Kabul 2021).[42]

Der deutsche Historiker Eckart Conze kommt dabei zu dem Schluss, dass mit der russischen offenen Aggression die Ära der „Zeit zwischen den Zeiten“ beendet sei.[43] Damit kann die Zeit zwischen dem alten Kalten Krieg und dem neuen Kalten Krieg historisiert werden und bildet im Wesentlichen auch die Grundlage für die zeitliche Eingrenzung dieser Analyse.

Diese Entwicklungen reflektieren die strategischen Dokumente der NATO. Von 1968 bis 1991 galt die als Flexible Response bekannte MC 14/3, die von der konventionellen Verteidigung über eine bewusste kontrollierte nukleare Eskalation bis hin zu einem vollen Nuklearkrieg reichte. Aus ihr leiteten sich ausgeprägte konventionelle Fähigkeiten der Allianzstreitkräfte ab. Die maritime Ausprägung dieser Strategie war das Concept of Maritime Operations (CONMAROPS)[44] vom Anfang der 1980er Jahre und in gewisser Weise auch die fast parallel dazu entwickelte Maritime Strategy der U.S. Navy, die durchaus als eine weltweite Anwendung des CONMAROPS angesehen werden kann. Beide Dokumente beeinflussten die maritimen Operationen und das Denken einer ganzen Generation von Marineoffizieren. Sie entstanden in einer Zeit, in der sich der Aufstieg der Sowjetunion zur Seemacht manifestierte und eine ernsthafte Bedrohung der transatlantischen SLOC zur existenziellen Frage in einem Krieg wurde.

Aber dennoch blieb die Allianz dem Warschauer Pakt bis zum Ende des Kalten Krieges numerisch und qualitativ bei den Seestreitkräften überlegen. Am 8. November 1991 verabschiedete die NATO angesichts des Kollapses des Ostblocks eine neue Strategie, die auf Dialog und Kooperation setzte, aber die Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses auch weiterhin betonte. Nach der Auflösung des Warschauer Paktes gab es keine direkte Grenze mehr zu Russland, auch wenn dessen Truppen noch bis 1994 in Ostdeutschland stationiert waren. Anstelle einer Verteidigung an der innerdeutschen Grenze trat das Konzept der mobilen Gegenkonzentration mit ausgeprägter politischer Vorwarnzeit. Als neue Einsatzrealität für viele Streitkräfte schälten sich das Krisenmanagement und die Konfliktvermeidung als Aufgabe heraus, die immer stärker auch die Struktur der Streitkräfte bestimmten. Dem trug die Allianz durch die Schaffung von unterschiedlichen Kräftekategorien für den Kriseneinsatz und die Bündnisverteidigung Rechnung. In diese Phase fällt auch im Frühsommer 1992 die Aufstellung des dritten ständigen Einsatzverbandes neben der Standing Naval Force Atlantic (STANAVFORLANT/SNFL) und Standing Naval Force Channel (STANAVFORCHAN): die Standing Naval Force Mediterranean (STANAVFORMED/SNFM). 1999 folgte noch die Aufstellung eines ständigen Minenabwehrverbandes im Mittelmeer. In den 1990er Jahren wurden die Kooperation mit dem ehemaligen Militär des WP durch das 1994 initiierte Partnership for Peace (PfP) intensiviert und die Osterweiterung vorbereitet.[45] Aus den Erfahrungen der Kriseneinsätze und des Golfkrieges 1991 resultierte das Combined Joint Task Force (CJTF) Konzept.[46] Es ist insofern ein Ausdruck dafür, dass in Ermangelung eines Herausforderers auf See die Seestreitkräfte des Bündnisses als Unterstützung oder Enabler für ein Wirken an Land angesehen wurden. Auch in nationalen Dokumenten spiegelt sich dies wider, so zum Beispiel in den USA mit „From the Sea“ (1992) oder „Forward from the Sea“ (1994).[47] Zuletzt ging es auf strategischer Ebene noch darum, das noch immer zur raumgreifenden nuklearen Kriegführung befähigte Russland fest an die Allianz zu binden, was in der NATO-Russland-Grundakte von 1997 seinen Niederschlag fand. Daraus entwickelte sich schließlich 2002 der NATO-Russland-Rat. Eine weitere wichtige Entwicklung in dieser Dekade war die Idee eines stärkeren Pfeilers der europäischen Staaten, die komplementär zur NATO sicherheitspolitische Verantwortung übernehmen sollten. Doch aus Perspektive der USA blieb es primär bei Willensbekundungen, denen handfeste Fähigkeiten fehlten.

Das im Zuge des 50-jährigen Jubiläums der NATO am 24. April 1999 verabschiedete strategische Konzept The Alliance’s Strategic Concept stellte eine Anpassung des Dokumentes von 1991 dar, die vor allem den Herausforderungen des internationalen Krisenmanagements Rechnung trug. Die Terroranschläge vom 11. September 2001 lösten den GWoT aus und auch im Bündnisgebiet war die SNFM in die Operation Active Endeavour von den Einsätzen betroffen. Eine Lehre, die das Bündnis aus diesem Schock zog, war die in Prag 2002 beschlossene Aufstellung der NATO Response Force (NRF), die ab 2006 einsatzbereit war. Es handelt sich dabei um eine hochpräsente Eingreiftruppe aller Teilstreitkräfte, die für einen weltweiten Einsatz in Krisenszenarien von humanitärer Hilfe bis hin zur Konfliktintervention reichte. Bei letzterem war vor allem der Aspekt der Abschreckung das politische Ziel. Noch immer war die NATO mit der unipolaren Supermacht USA an der Spitze weltweit ohne ernsthaften Rivalen. Insofern verwundert es nicht, dass die damals perzipierte Bedrohung asymmetrisch sein musste. Allerdings kann dieses breite Einsatzspektrum bereits als ein erstes Symptom der Orientierungslosigkeit auf strategischer Ebene angesehen werden. Die Bedrohungslage war Anfang der 2000er Jahre diffus und wurde nicht von allen Verbündeten geteilt.

 Die RFS Kaliningrad und die USS Normandy beim gemeinsamen Anti-Piraterie-Training während der BALTOPS am 13. Juni 2012

Die RFS Kaliningrad und die USS Normandy beim gemeinsamen Anti-Piraterie-Training während der BALTOPS am 13. Juni 2012

Mit der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan war die NATO nun auch als Bündnis außerhalb Europas in einem langen Out-of-Area-Einsatz gebunden, der sowohl starke militärische Kräfte als auch die Aufmerksamkeit der politisch Verantwortlichen band. Doch im Seegebiet der OEF am Horn von Afrika (HoA) entwickelte sich mit der Hochseepiraterie ein Phänomen, das ab 2008 mit den Operationen Ocean Shield und Allied Provider nun auch NATO-Einsatzverbände Out-of-Area führte.[48] Damit setzte sich eine Entwicklung fort, die Ende der 1980er Jahre begann und die NATO immer weiter Out-of-Area und immer tiefer in die Südflanke der Allianz führte.[49]

Gleichzeitig schritt der Osterweiterungsprozess 2004 im Baltikum und Südosteuropa weiter voran und rückte die Grenze der Allianz wieder näher an den alten Gegner Russland heran. Doch die Verschlechterung der Beziehungen zu Russland wurde von der NATO kaum wahrgenommen, auch wenn Putin 2007 in München seine Bedenken klar artikulierte.[50] Vielleicht war der Fokus der Allianz zu stark auf die Südflanke und den radikalen Islam gerichtet und verstellte für die Westeuropäer und Nordamerikaner damit den Blick auf Osteuropa. Die NATO setzte zu diesem Zeitpunkt jedenfalls weiterhin konsequent auf die Kooperation mit Russland. Ein sichtbares Zeichen war die regelmäßige Teilnahme russischer Marineschiffe an der alljährlichen, US-geführten Marineübung Baltic Operations (BALTOPS) bis 2013.

Konzeptioneller Ausdruck der zunehmenden inneren Zerrissenheit der Allianz und einer diffusen Bedrohungswahrnehmung war das 2010 verabschiedete Strategische Konzept. Neben der Bündnisverteidigung und dem Krisenmanagement als Konstante waren die konzeptionelle Kooperation mit Russland sowie der Aufbau einer Cyber- und Raketenabwehr neue Elemente. Allerdings fehlte eine klare Gegnerbenennung.[51] Der Verteidigungscharakter als Grundlage eines Militärbündnisses war infolge einer uneinheitlichen und nur niedrigschwelligen Bedrohungsperzeption nicht mehr gegeben. Wahrscheinlich wurde das Dokument deshalb auch im Wesentlichen von NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen selbst geschrieben und nicht in einem konsultativen Prozess. Es dürfte der kleinste gemeinsame Nenner der Mitgliedstaaten auf strategischer bzw. militärpolitischer Ebene gewesen sein.

5 Maritime Impulse der NATO – aus einer Position der Schwäche oder der Stärke?

Die Alliance Maritime Strategy vom 18. März 2011[52] stellt die maritime Erweiterung der im Vorjahr erlassenen Strategie dar. Erstmals in seiner Geschichte musste sich das maritime Bündnis NATO eine maritime Strategie geben. Es ist symptomatisch, dass diese erlassen wurde, als der Einsatz in Afghanistan seinen Höhepunkt erreicht hatte und die strategische Ausrichtung der Allianz zutiefst kontinental, heeres- und luftwaffenlastig geprägt war. Gleichzeitig waren der Streitkräfteumfang und die Militärausgaben auf einem Tiefpunkt angekommen. Wie gering eine externe Bedrohung perzipiert wurde, manifestierte sich beispielsweise auch darin, dass im selben Jahr Deutschland als letzte große Nation die Wehrpflicht aussetzte.

Das NATO-Dokument sollte vielmehr als eine politische „Überlebensstrategie“ denn als Militärstrategie eingeordnet werden. Es definiert einen Vierklang an Aufgaben: Abschreckung und Bündnisverteidigung, Krisenmanagement, Kooperative Sicherheit und Maritime Sicherheit, ohne dabei einen eindeutigen Schwerpunkt zu setzen. Es atmete dabei durchaus den Geist seiner Zeit. So hatte auch die US-Marine 2007 mit ihrer Cooperative Strategy for 21st Century Seapower (CS-21), das in veränderter Form 2015 neu aufgelegt wurde, ein Papier erarbeitet, aus dem sich viele maritime Aufgaben ableiten ließen, um die Relevanz der Seestreitkräfte zu stärken. Bezeichnend ist auch, dass kein Gegner identifiziert wurde, stattdessen wird das gesamte Spektrum von Bedrohungen im maritimen Bereich von Piraterie bis zu Naturkatastrophen als mögliche Aufgabe angesehen. Worauf, wofür und womit sollten sich die NATO-Marinen auf dieses Potpourri an Aufgaben vorbereiten? Als strategisches Dokument war es für den militärisch Verantwortlichen wenig hilfreich – es war vielmehr ein Hilferuf an die politischen Entscheidungsträger, ihre Flotten nicht noch weiter zu reduzieren. Deshalb verweist es auch auf allgemeine Aspekte maritimer Sicherheit und Abhängigkeiten, die jedem Marineoffizier und Seeexperten geläufig sind. Die Ableitungen von maritimen Aufgaben ähneln daher stark den deutschen Konzeptionen, also denen einer Kontinentalmacht, deren Marine ihre Relevanz und ihren gesamtgesellschaftlichen Nutzen immer wieder neu erklären muss.

Neben dieser vernichtenden Bewertung im engeren militärischen Sinne muss aber konstatiert werden, dass sie ihre Aufgabe im zeithistorischen Kontext als Dokument für die Politik erfüllte. Schließlich hätte diese die möglichen Herausforderer, die Einsatzgebiete und den Level of Ambition definieren müssen, was aber damals nicht geschah. Die vorangegangene Dekade kann möglicherweise als Höhepunkt der westlich-demokratischen Welt angesehen werden, die aber an den Rändern bereits zu bröckeln begann. Sowohl im Fernen Osten als auch im Osten Europas begannen Akteure damit, diesen Zustand auch gewaltsam zu ändern.

Die russische Annexion der Krim mit militärischen Mitteln im Frühjahr 2014 hinterließ ein Bündnis in Schockstarre. Viel zu schnell schuf die hybride Aggression Moskaus Tatsachen, als dass die in sich fragmentierte Allianz hätte schnell und entschlossen reagieren können. Wie schon bei Russlands Invasion des Schwarzmeeranrainers Georgien 2008 vermittelten europäische Verantwortliche dröhnendes Schweigen. Strategen vom Rang eines Senator John McCain, der Russland scharf kritisierte und mehr US-Militärhilfe forderte, suchte man vergebens. Deutlich wurde: Die Mittel der Krisenreaktion hatten sich an der europäischen Peripherie, abgesehen vom fehlenden politischen Willen, ebenfalls als nicht ausreichend erwiesen. Deshalb wurde noch im selben Jahr auf dem Gipfel in Wales eine Aufwertung der NRF um eine Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) beschlossen. Mit dieser wollte Brüssel bereits innerhalb von zwei bis fünf Tagen in einer Krisenregion militärisch präsent sein können. Für die nun tatsächlich gedachte Abschreckung sollten die kleinen Nationen durch eine größere NATO-Nation angeleitet und unterstützt werden, was als Framework Nation Concept (FNC) bezeichnet wurde. Die Ad-hoc-Reaktionen wurden in Warschau 2016 um die Enhanced Forward Presence erweitert, wobei die Truppen nicht permanent, sondern rotierend an die Ostflanke der Allianz verlegt wurden. Gleichzeitig beschlossen die Staaten, 2 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Verteidigung zu investieren. Allerdings fehlte mit der vermeintlichen Beilegung des Konfliktes nach dem Minsker Abkommen der politische Wille vieler Länder, diese Zusagen auch tatsächlich umzusetzen. Erst der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine führte trotz der vorherigen Invektiven durch US-Präsident Donald Trump zu einem Umdenken.[53]

Im Jahr 2025 wurde dies sogar noch auf 5 Prozent erhöht, wovon aber lediglich 3,5 Prozent auf militärische Grundfähigkeiten entfallen. Auch das neue Bekenntnis Donald Trumps zur Allianz lässt diese vorläufig als stabilisiert erscheinen. Allein die öffentlich geführte Diskussion zur zukünftigen Rolle der USA und der NATO nach dem Auftritt des US-Vizepräsidenten J. D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2025 ließ ernsthafte Zweifel an einer gemeinsamen Zukunft aufkommen. Angesichts der Trumpschen Ambiguität ist das Vertrauen in die Bündnisführungsmacht aber nachhaltig beschädigt. Ausdruck dessen sind die gewaltigen Anstrengungen des europäischen Pfeilers der NATO, eine von den USA unabhängige Rüstungsindustrie zu etablieren. Aufgrund der Zeitlinien von Beschaffung und sicherheitspolitischen Notwendigkeiten wird Europa aber nicht umhinkommen, bis auf Weiteres auf US-Fähigkeiten zu setzen, etwa in Bereichen wie dem strategischen Lufttransport, der Luftbetankung sowie der Elektronischen und Raumgestützten Aufklärung. Im maritimen Bereich scheint diese Notwendigkeit nicht ganz so stark ausgeprägt zu sein. Vielfach gelten einige europäische Kapazitäten, wie konventionelle U-Boote oder die Minensuche, als große Fähigkeitslücken bei der US-Marine. Gleichwohl zeigt sich, dass europäische Entscheider sich das zunehmend radikal transaktionelle Denken der US-Administrationen ein Stück weit zu eigen gemacht haben. Mit der Beschaffung von amerikanischem Wehrmaterial – etwa dem P8-A Seefernaufklärer Poseidon durch zahlreiche NATO-Marinen oder der Absicht, die künftigen Fregatten der deutschen Klasse 127 mit dem bewährten US-Aegis-System auszustatten – wird der Versuch unternommen, Systeme zu betreiben, die Amerika gewissermaßen in Europa engagiert halten sollen. Für die Bundesrepublik, die in den 1960er Jahren drei Lenkwaffenzerstörer der Charles-F.-Adams-Klasse in Amerika beschaffte[54], ist dies nicht einmal das erste Mal.

6 Zeitenwende

Der 24. Februar 2022 muss in der europäischen Sicherheitspolitik als sicherlich wichtiger betrachtet werden als die Terroranschläge vom 11. September 2001. In der Konsequenz folgte das NATO 2022 Strategic Concept nämlich auch wieder viel stärker im Aufbau den Bündnisstrategien aus der Ära des Kalten Krieges.[55] Es wird mit Russland ein klarer Gegner benannt und mit China als Out-of-Area- Herausforderer sogar ein weiterer definiert. Die Abschreckung einer eurasischen Nuklearmacht und die Bündnisverteidigung sind wieder die Hauptaufgaben der Allianz, in denen ihre Marinen erneut das Portfolio der 1980er Jahre, erweitert um hybride Szenarien, abdecken müssen. Es geht gegenwärtig nicht mehr darum, die eigene Existenz zu rechtfertigen, sondern so schnell wie möglich das hochintensive Gefecht in mehreren Dimensionen erfolgreich zu bestehen. Glaubhafte Abschreckung basiert dabei auf glaubhafter strategischer Kommunikation. Inwiefern die strategische Ambiguität der Äußerungen des US-Präsidenten diesem Ziel zuträglich ist, wird sich in Zukunft zeigen. Ein zu viel „America First“ auf unterschiedlichen Ebenen kann das neu gewonnene Vertrauen auch schnell wieder infrage stellen. Sicherheitspolitik muss als Entität verstanden werden, die sich unter Bündnispartnern nicht nur auf die Verteidigungspolitik erstreckt.

Während der hier betrachteten vier Dekaden veränderten sich nicht nur die NATO-Strategien, sondern auch die Kommandostruktur. Folgte im Kalten Krieg die Gliederung primär einer geografisch-funktionellen Logik, so veränderte sich dies nach 1991 zusehends zu einer effizienzorientierten Struktur für Kriseneinsätze. Die Kraftquelle der Allianz, die SLOC des Nordatlantiks, wurden durch keinen ernstzunehmenden Gegner mehr bedroht und die unipolare Weltordnung mit den USA an der Spitze wurde als neue Konstante angenommen. Dieser Logik folgend wurde das Kommando SACLANT aufgelöst und durch das Allied Command Transformation (ACT) ersetzt. Das Bündnis begriff seine Existenz als einen stetigen Anpassungsprozess und trug diesem damit strukturiert Rechnung. In Europa wurde der NATO-Kommandobereich vergrößert, dafür zusammengefasst und die Anzahl der Hauptquartiere verkleinert. Alle Operationen unterstehen dem Allied Command Operations (ACO) in Mons, mit den Kommandos für die jeweiligen Dimensionen. Das maritime Hauptquartier (Allied Maritime Command – MARCOM) befindet sich in Northwood (UK). Diese kleine und effiziente Struktur mag den Ansprüchen von mehreren low-intensity Krisenoperationen oder einer intensiveren Krise genügt haben, doch einem hochintensiven Konflikt gegen Russland an der Ostflanke der Allianz wird dies nicht mehr gerecht.

Seit 2014 nimmt daher die Anzahl der regionalen Kommandos wieder zu und es steht zu erwarten, dass sich dieser Trend weiter fortsetzen wird. Das letzte Beispiel dafür war die Aufstellung der Commander Task Force (CTF) Baltic in Rostock, Deutschland.[56] Effektivität steht zukünftig wieder vor der Effizienz von Führungsstrukturen. Das bekräftigte die Allianz auch 2025 mit den neuen Force Goals, was deutlich eine Zunahme der Truppenstärke und militärischer Fähigkeiten in Europa nach sich ziehen wird.

Auch wenn die gegenwärtigen Konflikte für die NATO-Sicherheitspolitiker einen kontinentalen Fokus haben, so generiert die neue sicherheitspolitische Lage dennoch erhebliche maritime relevante Aspekte. Diese reichen von der hybriden Kriegführung auf See mit Schattenflotten und der Bedrohung kritischer Infrastruktur über Seabed-Warfare und Luft- und Seeraumverletzung bis hin zur Unterbrechung der Energieversorgung auf/über/unter See.[57] Die Abwehr einer Bedrohung der marinen Umwelt durch vorsätzliches oder risikohaftes Herbeiführen von Frachtschiffunglücken mag keine genuine Marineaufgabe sein, weist den Weg aber in die Notwendigkeit der Kooperation im internationalen wie nationalen Marine-, Küstenwache- und Polizeibereich.

Angesichts der russischen maritimen Ambitionen im U-Boot-Bereich und der zunehmenden Ausstattung der Flotte mit Flugkörpern vom Typ Kalibr (dem russischen Äquivalent der Tomahawk-Marschflugkörper der USA bzw. den von NATO-Partnern häufig verwendeten Standard Missiles) verschafft dies auch den klassischen Marineaufgaben wieder Auftrieb. Die Abschreckung fremder Kräfte, die Bekämpfung von Luft-, See- und Unterwasserzielen, Marinediplomatie und gemeinsame Übungen gewinnen wieder an Bedeutung. Dass das vor dem Hintergrund der demografischen Herausforderungen, langwieriger Beschaffungsprozesse, politischer Differenzen und der Komplexität von Schiffbau und Instandhaltung geschieht, macht die Sache nicht leichter. Längst Vergangenheit sind auch jene strategischen Planungen, die für die US-Streitkräfte die Fähigkeit vorsehen, bis zu zwei Major Theatre Wars (MTW), also zwei große Kriegsschauplätze gleichzeitig zu „bedienen“. Im Mahlstrom von pazifisch orientierten China-Falken, den Neo-Isolationisten und Europa-Gegnern in der Make America Great Again-Bewegung und der Regierung sowie der zunehmenden diffusen Multipolarität setzt sich der Gedanke durch, dass Amerika für Europa nicht mehr nur kein Partner, sondern womöglich und schlimmstenfalls aktiver Gegner einer konzertierten NATO-Lösung sein könnte. Für manchen wäre schon ein amerikanisches Veto bei der möglicherweise noch binnen dieser Dekade notwendigen Feststellung des Bündnisfalls gemäß Artikel 5 des Nordatlantik-Vertrags der größte anzunehmende Unfall. Szenarien wie ein massiver US-Truppenrückzug aus Europa, der Rückzug der amerikanischen nuklearen Abschreckung oder gar die Wiederaufteilung der Welt in Einflusssphären kursieren nicht nur bei Fatalisten.[58]

Immerhin: Der alte Feind ist der neue Gegner. So viel Bündnisgewissheit darf in (NATO-)Europa herrschen. Welche Spoiler-Rolle aber China spielt, nicht zuletzt auf See weltweit, bleibt ebenso unsicher wie die Verlässlichkeit der amerikanischen benevolent hegemony der vergangenen 75 Jahre. Die maritime Wetterprognose für Europa und die NATO ist daher durchaus durchwachsen. Die Dislozierung von Truppen unter dem Sternenbanner – und wenn ja, in welcher Stärke, in welche Regionen und mit welcher Art von Einheiten – liefert erste Anhaltspunkte für die fortwährende Bedeutung von Seemacht für die USA, sowohl im Kontext der NATO als auch für die weltpolitische Großwetterlage.

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Online erschienen: 2025-11-21
Erschienen im Druck: 2025-11-27

© 2025 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von De Gruyter.

Dieses Werk ist lizenziert unter der Creative Commons Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 28.11.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/sirius-2025-2023/html?lang=en
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