Thomas Carothers/Benjamin Feldman: Examining U.S. Relations With Authoritarian Countries. Washington, D.C.: The Carnegie Endowment, Dezember 2023
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Thomas Carothers / Benjamin Feldman: Examining U.S. Relations With Authoritarian Countries. Washington, D.C.: The Carnegie Endowment Dezember 2023
Obwohl US-Präsident Joe Biden und seine Berater ihre Außenpolitik als globalen Kampf zwischen Demokratien und Autokratien verstehen, pflegen sie enge Beziehungen zu verschiedenen autoritären Regimen in verschiedenen Teilen der Welt, wie etwa die jüngsten Bemühungen, die Beziehungen zu Saudi-Arabien und Vietnam zu verbessern. Viele Beobachter fragen sich, wie das zusammenpasst. Die vorliegende Analyse bemüht sich um ein differenziertes Bild und strebt ein breiteres Verständnis der Gesamtlandschaft der Beziehungen der USA zu autoritären Regimen an.
Die Studie beginnt mit einem Überblick über die Beziehungen der USA zu autoritären Ländern von der Präsidentschaft Jimmy Carters bis zu der von Donald Trump. Die Autoren zeigen auf, dass die Politik aller Administrationen scharf zwischen antagonistischen Beziehungen zu einigen autokratischen Regimen einerseits und konstruktiven Beziehungen zu anderen autoritären Regimen andererseits unterschieden hat. Sie stützen sich auf Fallstudien der Beziehungen der USA zu fast sechzig undemokratischen Ländern, wobei die bilateralen Sicherheitsbeziehungen, die Wirtschaftsbeziehungen und diplomatischen Kontakte behandelt werden. Die Beziehungen werden dann in vier Kategorien unterschieden: (1) enge Partnerschaften, (2) feindliche Beziehungen, (3) kooperative Beziehungen und (4) kalte, wenn auch nicht aktiv feindliche Beziehungen. Die Autoren versuchen in einem nächsten Schritt, die Faktoren herauszuarbeiten, die in jedem Einzelfall zu der besonderen Qualität beigetragen hätten.
Die Studie kommt zu drei allgemeinen Schlussfolgerungen. Erstens stelle Bidens Politik gegenüber autoritären Ländern insgesamt mehr Kontinuität als Veränderung gegenüber den meisten früheren US-Präsidenten dar und spiegele die jeweiligen Interessen wider, die die US-Administrationen im Verhältnis zu diesen Ländern verfolge. Während die Zahl der kooperativen Beziehungen, die die Vereinigten Staaten mit undemokratischen Ländern unterhielten, in den letzten Jahren relativ konstant geblieben sei, nehme die Zahl und Intensität der feindlichen und kalten Beziehungen zu. Dies sei vor allem die Folge des verschärften geostrategischen Wettbewerbs zwischen den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten auf der einen Seite und China und Russland und ihren Verbündeten auf der anderen Seite.
Zweitens seien Sicherheitsinteressen die dominierende Triebfeder in den Beziehungen der USA zu autoritären Ländern. Dabei sei ein breites Spektrum von Sicherheitsbedenken zu registrieren. Dazu zählten der Wettbewerb mit China und Russland, Terrorismus und der Versuch, regionale Instabilität zu managen. Wirtschaftliche Interessen – wie Energieinvestitionen, kritische Mineralien, Waffenverkäufe oder die Sicherung des Marktzugangs der USA – spielten zwar eine Rolle bei der Förderung positiver Beziehungen der USA zu einigen autoritären Staaten, seien aber insgesamt weit weniger wichtig als Sicherheitsanliegen. Demokratie und Menschenrechte, oder genauer gesagt, Probleme mit Demokratie und Menschenrechten, würden auch die Beziehungen der USA zu autoritären Ländern prägen, aber dies geschehe zumeist auf komplexe und sehr unterschiedliche Weise. Sie spielen in einigen Fällen keine Rolle, in anderen jedoch schon.
Drittens dürften die Spannungen zwischen den USA und China sowie zwischen den USA und Russland weiter eskalieren, so dass die Vereinigten Staaten ihre Bedenken hinsichtlich Demokratie und Menschenrechte in einigen autoritären Ländern vermutlich beiseite legen werden müssen. Zudem werden wirtschaftliche Notwendigkeiten, wie z. B. der Versuch, Risiken globaler Lieferketten zu verringern und Zugang zu kritischen Mineralien zu gewährleisten, auch neue Anreize für freundlichere Beziehungen zu einigen autoritären Ländern bewirken.
Insgesamt eine nüchterne und ernüchternde Analyse über den Zusammenhang zwischen interessengeleiteter und wertegeleiteter amerikanischer Außenpolitik.
https://carnegieendowment.org/research/2023/12/examining-us-relations-with-authoritarian-countries
© 2024 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von De Gruyter.
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