Zusammenfassung
In der KomPaS-Studie sollen Information und Kommunikation im Gesundheitswesen aus der Sicht der Bevölkerung beschrieben und zentrale Einflussfaktoren ermittelt werden. Im Zentrum stehen die Themen Informationsbedarfe, Gesundheitskompetenz, Patientensicherheit, informierte Entscheidung und ärztliche Beratung. Für die vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte Studie ist eine telefonische Befragung von 5.000 Personen ab 18 Jahren geplant.
Abstract
The KomPaS-survey aims to describe information and communication in health services from the patient’s point of view, also exploring core determinants. The survey focuses on the issues information needs, health literacy, patient-safety, informed decision-making, and physician counselling. Funded by the Federal Ministry of Health, the survey aims to interview 5000 persons aged 18 years or over by telephone.
Einleitung
Versicherte besorgen sich zunehmend selbständig Gesundheitsinformationen und nehmen verstärkt die Rolle eines „mündigen“ Patienten ein [1]. Zugleich lassen sich Defizite in der Versorgung und Therapietreue als Folge nicht gelungener Arzt-Patienten-Kommunikation beobachten. Folglich haben die Vermittlung von Informationen und die Kommunikation im Gesundheitswesen wachsende Bedeutung [2]. Auch gesundheitspolitische Akteure erachten eine stärkere Bürger- und Patientenorientierung im Gesundheitswesen als notwendig. Informations-, Entscheidungs- und Kommunikationsverhalten von Patientinnen und Patienten und die Arzt-Patient-Beziehung sind jedoch unzureichend beforscht. Die Studie „Kommunikation und Information im Gesundheitswesen aus Sicht der Bevölkerung – Patientensicherheit und informierte Entscheidung“ (KomPaS) soll einen Beitrag zur Schließung dieser Lücke leisten.
Die KomPaS-Studie
Die Studie erforscht aus der Sicht der Bevölkerung wichtige Bereiche des Informations-, Entscheidungs- und Kommunikationsverhaltens von Patientinnen und Patienten und der Arzt-Patient-Beziehung. Dazu gehören Informationsbedarfe, Gesundheitskompetenz, Patientensicherheit, Möglichkeiten einer informierten Entscheidung und der ärztlichen Beratung. Kommunikation und Information sollen im Hinblick auf Aspekte der Prävention und Versorgung unter Berücksichtigung soziodemografischer und sozioökonomischer Einflussfaktoren untersucht werden.
Die Studie soll Ansatzpunkte zur Verbesserung der Information und Kommunikation im Gesundheitswesen identifizieren und eine gezielte Förderung von Gesundheitskompetenz und Patientensicherheit in Deutschland durch gesundheitspolitische Maßnahmen unterstützen.
Die vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte KomPaS-Studie startete im Oktober 2016 und soll im März 2018 abgeschlossen sein (www.rki.de/kompas). In der ersten Studienphase wurde ein Fragebogen entwickelt, der gegenwärtig mit Hilfe kognitiver Interviews einem Test auf Verständlichkeit und Geeignetheit der Einzelfragen unterzogen wird. In einem folgenden Pretest wird der Gesamtfragebogen auf Verständlichkeit und Filterführung getestet. Mitte 2017 ist eine telefonische Befragung von 5.000 Personen geplant. Den Stichprobenrahmen bildet die volljährige Wohnbevölkerung in Privathaushalten in Deutschland, die über Festnetz- sowie Mobilfunkanschlüsse erreichbar ist. Im Folgenden werden zentrale Themenbereiche und Forschungsfragen der Studie vorgestellt.
Information und Gesundheitskompetenz
In modernen Informationsgesellschaften gibt es aufgrund der Informationsvielfalt einen hohen Bedarf an Orientierungsmaßstäben beim Treffen von Gesundheitsentscheidungen, wie bspw. der Teilnahme an einer Früherkennungsuntersuchung oder der Inanspruchnahme einer spezifischen Therapie [3]. Die für den Umgang mit Gesundheitsinformationen und die Orientierung im Gesundheitswesen benötigten kognitiven und sozialen Fähigkeiten werden international als „health literacy“ und im deutschsprachigen Raum als „Gesundheitskompetenz“ bezeichnet [4], [5]. Studien zeigen, dass eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz mit einem häufigeren Auftreten von Gesundheitsproblemen und Risikofaktoren assoziiert ist [6]. Die KomPas-Studie soll Erkenntnisse liefern, welche Bedeutung die Gesundheitskompetenz auf den Umgang mit Gesundheitsinformationen und auf die Beurteilung eigener erlebter Arzt-Patient-Kommunikationen hat. Außerdem soll der Frage nachgegangen werden, inwiefern Zufriedenheit und Informiertheit im Gesundheitswesen von Gesundheitskompetenz beeinflusst werden.
Kommunikation und Patientensicherheit
Die Kommunikation zwischen den Gesundheitsberufen und Patientinnen und Patienten ist eine zentrale Aufgabe professioneller Gesundheitsversorgung. Nach wie vor sind Gespräche mit Ärztinnen und Ärzten, Therapeutinnen und Therapeuten sowie Pflegekräften wichtige Informationsquellen [3], [7], [8]. Die Arzt-Patient-Kommunikation als Mittelpunkt der Arzt-Patient-Beziehung bestimmt dabei wesentlich die Patientenzufriedenheit [9]. Gelingende Kommunikation ist auch für die Patientensicherheit wichtig, da sich Kommunikationsprozesse im gesamten Versorgungsteam auf Behandlung und Diagnostik auswirken [10]. Kommunikationsprobleme werden als wichtigster menschlicher Faktor für Behandlungsfehler genannt und beeinflussen, ob diese zur Anzeige gebracht werden [9], [10], [11]. Zufriedenheit und Beschwerdeverhalten geben also wichtige Hinweise darauf, ob die Arzt-Patient-Kommunikation gelungen ist und wo es Handlungsbedarf gibt [7], [12]. Hier setzt die KomPas-Studie an und untersucht wie gut sich Frauen und Männer im Gesundheitswesen informiert fühlen und wie zufrieden sie mit der Arzt-Patient-Kommunikation waren. Dabei interessiert auch, ob sie gegebenenfalls sicherheitsrelevante Bedenken oder Befürchtungen gegenüber ärztlichem oder anderem Gesundheitspersonal ansprechen und ob sie sich dabei ernst genommen fühlen.
Rahmenbedingungen
Kommunikationsprozesse und Informationsvermittlung spielen in den verschiedenen Phasen des Gesundheits-Krankheits-Kontinuums eine Rolle: In Primärprävention kommt der ärztlichen Empfehlung eine wichtige Aufgabe zu, da die Hausärztin bzw. der Hausarzt herausgehobene Bedeutung als erste Instanz für die gesundheitliche Beratung hat [3]. Vor dem Hintergrund des Einflusses der ärztlichen Empfehlung auf primärpräventives Verhalten [13] wurde 2015 die ärztliche Empfehlung im Präventionsgesetz gestärkt. Sie ist ein wichtiger Aspekt der Arzt-Patient-Kommunikation. In Sekundärprävention kommt es in Hinblick auf die potenzielle Nutzen-Schaden-Abwägung auf das Fällen informierter Entscheidungen an. Das setzt voraus, dass alle relevanten Informationen in verständlicher Weise zur Verfügung stehen und die Interaktionssituation Gesundheitskompetenz ermöglicht [14]. Zugänge und Rahmenbedingungen des Informationsaustauschs und der Verständigung zwischen Patientinnen bzw. Patienten und Ärztinnen bzw. Ärzten müssen daher im Blick gehalten werden [15] und werden in der KomPaS-Studie ebenfalls untersucht.
Conflicts of interest: Alle Autoren tragen Verantwortung für den gesamten Inhalt dieses Artikels und haben der Einreichung des Manuskripts zugestimmt. Finanzierung: Die KomPaS-Studie wird vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert. Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass kein wirtschaftlicher oder persönlicher Interessenkonflikt vorliegt. Ethisches Statement: Für die Forschungsarbeit wurden weder von Menschen noch von Tieren Primärdaten erhoben.
Conflicts of interest: All authors have accepted responsibility for the entire content of this submitted manuscript and approved submission. Funding: The KomPaS-survey is funded by the Federal Ministry of Health. Conflict of interest: Authors state no conflict of interest. Ethical statement: Primary data for human nor for animals were not collected for this research work.
Literatur
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