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Kultur, Tradition und gesellschaftlicher Wandel – Potentiale des UNESCO-Übereinkommens zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes

Ein Erfahrungsbericht aus Österreich
  • Gabriele Detschmann

    Gabriele Detschmann ist promovierte Anglistin, Kulturvermittlerin und war von 2015 bis 2021 als Referentin für immaterielles Kulturerbe in der Österreichischen UNESCO-Kommission tätig. Seit 2019 ist sie Mitglied des internationalen Facilitator-Netzwerks für das globale Capacity Building-Programm der UNESCO-Konvention von 2003. Seit 2022 entwickelt und koordiniert sie Projekte im Österreichischen Roten Kreuz im Bereich Gesundheit und Soziale Dienste.

    , Gabriele Eschig

    Mag. Gabriele Eschig ist Expertin in den Bereichen internationale Organisationen und Kulturverwaltung. Nach Studien im Bereich Kunst und Literatur, 10jähriger Lehrtätigkeit an österreichischen Schulen sowie 7 Jahren in der Bundesverwaltung war sie von 2000 bis 2019 als Generalsekretärin der Österreichischen UNESCO-Kommission für die Umsetzung von UNESCO-Programmen in Österreich verantwortlich. Ihr besonderes Interesse gilt interdisziplinären Zugängen im Kulturbereich und der Vernetzung von unterschiedlichsten Akteur:innen.

    and Maria Walcher

    Mag. Maria Walcher ist Expertin für Immaterielles Kulturerbe. Sie war in der Österreichischen UNESCO-Kommission viele Jahre mit diesem Thema betraut und wirkte wesentlich an der öffentlichen Bewusstseinsbildung sowie der Umsetzung des UNESCO-Übereinkommens zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes mit. Von 1989 bis 2003 leitete sie das Generalsekretariat des Österreichischen Volks-Lied Werkes. In dieser Funktion konnte sie durch zahlreiche Projekte zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit und zur Hebung des Stellenwerts von Volkskultur beitragen.

Published/Copyright: December 23, 2024
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Abstract

Der folgende Beitrag reflektiert die Erfahrungen der Österreichischen UNESCO-Kommission bei der Umsetzung des Übereinkommens in Österreich von der Ratifizierung 2009 bis 2019. Die anfängliche Zurückhaltung der zuständigen staatlichen Stellen und die wissenschaftliche Einschätzung, das Übereinkommen basiere auf einem überholten, konservativen Kulturverständnis wandelten sich schnell durch das große zivilgesellschaftliche Interesse, das durch eine direkte Einbindung in die Erstellung des Nationalen Verzeichnisses ausgelöst wurde. Das wachsende Bewusstsein für den Rückgang von Erfahrungswissen in der Gesellschaft lenkte den Fokus auf neue Themenfelder wie Handwerk, traditionelle Medizin, den Umgang mit Naturgefahren, regionalen Ressourcen wie Wasser, Holz, Pflanzen und Saatgut sowie mit Tieren. Kontroversielle Auffassungen von Traditionen im gesellschaftlichen Wandel erforderten eine transparente Entscheidungspraxis bei der Erstellung des Verzeichnisses und fortlaufende öffentliche Diskussionen. Die transdisziplinäre Herangehensweise eröffnete neue Perspektiven für das Verständnis von Kultur und verdeutlichte das Potenzial des immateriellen Kulturerbes für die aktive Beteiligung aller am gesellschaftlichen Leben. Die Integration des immateriellen Kulturerbes in eine umfassende, strategische Planung der österreichischen Kulturverwaltung steht jedoch weiterhin aus.


Die Autorinnen haben als Vertreterinnen der Österreichischen UNESCO-Kommission von Beginn an die Implementierung des IKE-Übereinkommens maßgeblich gestaltet. 2021 gründeten sie den Verein I N D I G O elementar, um sich weiterhin mit der Förderung und Vermittlung von kulturellem Können, Wissen und Wirken zu befassen und Lobbying-Arbeit in diesem Bereich zu betreiben.


About the authors

Gabriele Detschmann

Gabriele Detschmann ist promovierte Anglistin, Kulturvermittlerin und war von 2015 bis 2021 als Referentin für immaterielles Kulturerbe in der Österreichischen UNESCO-Kommission tätig. Seit 2019 ist sie Mitglied des internationalen Facilitator-Netzwerks für das globale Capacity Building-Programm der UNESCO-Konvention von 2003. Seit 2022 entwickelt und koordiniert sie Projekte im Österreichischen Roten Kreuz im Bereich Gesundheit und Soziale Dienste.

Gabriele Eschig

Mag. Gabriele Eschig ist Expertin in den Bereichen internationale Organisationen und Kulturverwaltung. Nach Studien im Bereich Kunst und Literatur, 10jähriger Lehrtätigkeit an österreichischen Schulen sowie 7 Jahren in der Bundesverwaltung war sie von 2000 bis 2019 als Generalsekretärin der Österreichischen UNESCO-Kommission für die Umsetzung von UNESCO-Programmen in Österreich verantwortlich. Ihr besonderes Interesse gilt interdisziplinären Zugängen im Kulturbereich und der Vernetzung von unterschiedlichsten Akteur:innen.

Maria Walcher

Mag. Maria Walcher ist Expertin für Immaterielles Kulturerbe. Sie war in der Österreichischen UNESCO-Kommission viele Jahre mit diesem Thema betraut und wirkte wesentlich an der öffentlichen Bewusstseinsbildung sowie der Umsetzung des UNESCO-Übereinkommens zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes mit. Von 1989 bis 2003 leitete sie das Generalsekretariat des Österreichischen Volks-Lied Werkes. In dieser Funktion konnte sie durch zahlreiche Projekte zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit und zur Hebung des Stellenwerts von Volkskultur beitragen.

  1. Website der Österreichischen UNESCO-Kommission.

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Published Online: 2024-12-23
Published in Print: 2025-01-29

© 2024 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston, Germany

Downloaded on 16.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/para-2024-0027/html
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