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Kunst als Rückzug

Überlegungen zur Reorganisation des Alltäglichen bei Erwin Hapke, Tehching Hsieh und Ragnar Kjartansson
  • Sandra Umathum
Veröffentlicht/Copyright: 24. November 2017
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Paragrana
Aus der Zeitschrift Paragrana Band 26 Heft 2

Abstract

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit verschiedenen Arbeiten, die sich als Rückzug aus einer fremdbestimmten Wiederkehr des Immergleichen in Szene setzen. Rückzug wird mithin zur Bedingung für eine selbst gewählte Reorganisation von Alltag und Alltäglichem und somit wiederum zur Bedingung für ein abseitiges Dasein bzw. eine Lebensweise, deren Abseitigkeit sich gerade dem temporären Ausstieg aus bestimmten Zusammenhängen und Gesetzmäßigkeiten verdankt, die künstlerische Praxis mit der permanenten Verpflichtung auf Kreativität verschalten. Die entsprechenden Arbeiten verfolgen unterschiedliche Interessen und Ziele; ihnen allen ist aber gemein, dass sie den Kreativitätsimperativ durch ihre Rückzüge im selben Maß reflexiv werden lassen wie die Vergeblichkeit, ihm konsequent zu entkommen.

Prolog (Erwin Hapke)

Erwin Hapke gehört zu den Menschen, die erst Bekanntheit erlangen, nachdem sie gestorben sind. Ich selbst erfahre von Hapkes Leben, also von seinem Tod, im September 2016, als mich spätabends eine SMS mit einer Webadresse erreicht und der knappen Aufforderung, mir das ab Minute 15 anzusehen. Der Link führt zu einer Fernsehreportage, die wenige Tage zuvor im Rahmen der WDR-Sendung Westart live ausgestrahlt worden ist (Lüber 2016). In der Anmoderation zum gemeinten Beitrag wird Hapke als ein Mann vorgestellt, der sein Leben vor allem mit sich selbst verbrachte – und mit Papier, das er zu Insekten, Krebsen und anderem Getier verfaltete, zu architektonischen Gebilden, phantastischen Wesen, abstrakten Strukturen oder Konfigurationen aus menschlichen Körpern (ebd.). Papierbilder nannte der promovierte Biologe die aus den immer gleichen Grundformen und oft bloß im Detail alternierenden Faltobjekte. In den 35 Jahren vor seinem Tod sind davon Hunderttausende entstanden. Vom Keller bis unters Dach okkupieren sie sein Elternhaus in der Nähe von Unna, in das Hapke 1981, nachdem er „aus ungeklärten Gründen“ (ebd.) seine Anstellung am Wilhelmshavener Max-Planck-Institut für Zellbiologie verloren hatte, zurückgezogen ist, um sich dort ein abseitiges Leben einzurichten.

Von einem „Faltkosmos“ ist in dem Beitrag die Rede, und tatsächlich registriert schon der oberflächliche Blick, dass hier bestimmte Ordnungsprinzipien herrschen. Mithilfe von Nadeln oder Klebeband befestigte Hapke etliche Papierbilder auf rechteckigen Unterlagen, bunte auf grauem und weiße auf farbigem Grund, und drapierte diese Unterlagen so, dass sie in horizontalen wie vertikalen Reihungen fast die Gesamtheit der Wandflächen verkleiden oder Tisch- und Arbeitsplatten bis an die Ränder bedecken. Manche schließen sich als Gruppierungen auf dem Fußboden zusammen, andere wiederum sind gar keine Papierbilder, sondern sind Tier- oder Fabelfiguren aus gefaltetem Metall und in beachtlicher Größe. Die Kamera durchquert die Räume: das so genannte Insekten-Zimmer, das Nietzsche-Zimmer oder die im Keller beheimatete Werkstatt. Sie gibt Sortierungen und Verteilungen der Papierbilder nach Farben, Formen, Kategorien zu sehen, außerdem die Biologiebücher, die alten Zeitschriften und Kleintierknochen, die Hapke als Vorlagen benutzte, irgendwann dann seinen Neffen. Matthias Burchardt, Philosoph und Akademischer Rat an der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln, ist Hapkes Erbempfänger und kümmert sich um einen Nachlass, der neben der Pflege und Erhaltung der Papierbilder mit einem klaren Auftrag verbunden ist.

Von der Zukunft seiner selbstgebastelten Welt hatte Hapke genaue Vorstellungen. Nach seinem Tod sollte das Elternhaus ein Museum werden – und insofern lässt sich sein Leben rückblickend als ein Projekt beschreiben, das in der Herrichtung eines Ortes bestand, die Hapke trotz oder gerade wegen der ungewissen Chancen auf die Realisation seiner Pläne mit beinah rührender Ernsthaftigkeit betrieb. So zeugt die Bemühung um eine geeignete Anordnung der massenhaft produzierten Papierbilder von einer Orientierung auf BesucherInnen hin, die hier in unbestimmter Zukunft etwas entdecken und erleben können sollen. Die Idee des Museums manifestiert sich aber nicht nur in der Art der Präsentation bzw. dem erkennbaren Nachdenken über eine museumsdidaktische Präsentierbarkeit. Wie Burchardt erläutert, stattete Hapke das Haus außerdem mit sämtlichen museumstypischen Komponenten aus: mit einem Shop, in dem Broschüren mit Faltanleitungen ausliegen,[1] mit Wegweisern, Postkarten oder aufgeschlagenen Büchern, die den Interessierten die Werkkomplexe erklären. Darüber hinaus hinterließ er eine Verfügung, der zufolge Papierbilder aus dem Museum nur entfernt werden dürfen, wenn sie zuvor dupliziert worden sind.

In der Zwischenzeit hat ein von Burchardt einberufenes Team, eine Kunsthistorikerin, eine Künstlerin und der Leiter des Skulpturenparks Waldfrieden in Wuppertal, mit der Aufarbeitung und kunstgeschichtlichen Einordnung von Hapkes Hinterlassenschaft begonnen. In einer Dokumentation, die eine Nominierung für den Grimme Online Award 2017 erhalten wird, heißt es, als Projekt stehe das Haus bei Unna „auf einer Stufe mit dem Merzbau von Kurt Schwitters in Hannover oder dem ‚haus u r‘ von Gregor Schneider in Mönchengladbach-Rheydt“ (Köster 2016). Eigentlich müsse man es, so Burchardt, „abtragen und auf der documenta in Kassel komplett wieder aufstellen“ (ebd.). Das Erbe seines Onkels zu bewahren, bedeutet für ihn nicht zuletzt jedoch, ein Leben zu würdigen, dem er gesellschaftliche Relevanz nicht bloß deshalb attestiert, weil Hapke mit beinah wissenschaftlichem Anspruch versucht habe, das „System aller möglichen Papierfaltfiguren“ zu erweitern und, wie Burchardt in bemerkenswert ironiefreiem Ton sagt, für das Origami eine ähnlich weitreichende Überschreitung bestehender Grenzen vollzog, wie „Kant für die Philosophie“ (Burchardt 2016). Gesellschaftliche Relevanz besitze der Fall seines Onkels vor allem, weil er etwas über den „Umgang mit Zeit“ erzähle, über eine Form der „Kontemplation und Muße, […] die der moderne Mensch, der mit Handy und Internet aufgewachsen ist, kaum noch aufzubringen in der Lage ist“ (ebd.).

Hapke, der sein Elternhaus zwischen 1981 und seinem Erfrierungstod im April 2016 nur ein einziges Mal, anlässlich der Beerdigung seiner Mutter, verließ, der weder ein Einkommen noch Kranken- oder Sozialversicherung besaß und gleich einer Thomas Bernhardschen Romanfigur auf seine Schwester angewiesen war, die ihn finanziell unterstützte, regelmäßig nach ihm sah und für einen Restkontakt zur Außenwelt sorgte, repräsentiert die Antithese zu einer am Gemeinwesen partizipierenden Person. Hapke entschied sich für den gesellschaftlichen Rückzug, für eine Form der Negation und Verweigerung, die ihm gestattete, sich ohne Ablenkung auf seine Leidenschaft zu konzentrieren, und die ihm diese Leidenschaft zugleich abverlangte, damit dieses abseitige Leben auf Dauer zu ertragen war. Burchardts Wunsch, den Nachlass seines Onkels öffentlich zu machen, impliziert somit das Anliegen, den Gegenentwurf zu einem Dasein zu ehren, das sich im permanenten Ausgesetztsein äußerer Einwirkungen erfährt. Dass Burchardt diesen Gegenentwurf ausgerechnet im Kontext der Kunst angemessen aufgehoben sieht, hat vermutlich auch mit einer Abseitigkeit zu tun, in der sich Rückzug und Kreativität oder Produktivität als Zusammengehöriges verkörpert. Hapke war kein Bartleby, der einen Ort im Beharren auf die Nicht-Erfüllung einer anstehenden Arbeit lediglich besetzt hielt. Vielmehr ermöglichte ihm der Rückzug, seine Tage mit der kontinuierlichen Transformation von Materie zu verbringen, sogar mit der unbehelligten Überproduktion einer kaum beherrschbaren Menge an Papierbildern.

Im Folgenden soll es nicht um die Frage gehen, ob Hapkes Faltkosmos Kunst ist bzw. es sinnvoll erscheint oder nicht, sein Lebensprojekt mit Schwitters’ Merzbau oder Schneiders Haus u r in Beziehung zu setzen. Die Brücke, die ich mit und wiederum gegen Burchardt zur Kunst schlagen möchte, zielt auf die Annäherung an verschiedene Formen eines abseitigen Daseins. Im Unterschied zu Burchardt, den das in Abgeschiedenheit verbrachte Leben seines Onkels zu der Überlegung veranlasst, was es eigentlich bedeutet, „sich abzuschotten von der Wirklichkeit“ und nur noch aus „sich selbst zu schöpfen“ (ebd.), werde ich mich mit Beispielen aus der Kunst beschäftigen, die, wie ich behaupte, den Rückzug gerade nicht als Voraussetzung für das Schöpferische perspektivieren. Ermöglicht bei Hapke erst der Ausstieg die Reorganisation eines Alltags, in dem an die Stelle einer fremdbestimmten Wiederkehr des Immergleichen eine selbstbestimmte, den solipsistischen Schaffensprozess befördernde (und eben nicht verhindernde) Alltäglichkeit treten kann, so wird Rückzug auf den nächsten Seiten also als Grundlage für die Reorganisation eines Alltags thematisch, der die Idee des Schöpferischen ebenso diskreditiert wie das ubiquitäre Kreativitätsgebot.

I Rückzug als Nicht-Arbeit (Tehching Hsieh I)

Hapke war ein Anachoret. Jemand, dessen Rückzug nicht auf vollkommener Isolation beruht, sondern, wie Roland Barthes die Anachorese definierte, auf einer freiwilligen „Verknappung der sozialen Kontakte mit der Welt“ (2007, S. 67), die Schutzmaßnahme ist: „Ich flüchte, ich verneine die Macht, die Welt, die Apparate; ich will meinem Leben eine Struktur geben, keinem Apparat unterwerfen. Daher der symbolische Akt des Bruchs: anachorein = die Macht ablehnen, der Macht widerstehen (sei es auch nur der Macht der anderen)“ (S. 68). Mit seinem anachoretischen Rückzug, der Schutz in der Schließung eines Lebensraums, in der Abschottung der Privatsphäre findet, die so zum angeeigneten und verteidigten Revier mit wiederkehrenden Regeln wird (siehe S. 111), das heißt mit individuellen, selbstgewählten Gewohnheiten – mit diesem anachoretischen Rückzug begibt sich Hapke in die Gesellschaft fiktiver und nicht-fiktiver Protagonisten. Barthes nennt u. a. Robinson Crusoe, den der Schiffbruch in eine Welt wirft, in der er in panischer Angst vor der Gefahr ein ganzes System von Befestigungen und Verstecken einrichtet (siehe S. 112); Spinoza, der gegen Ende seines Lebens ein privates Zimmer bei Den Haag anmietet, „um essen zu können, wie es ihm beliebt“ (S. 68); den Säulenheiligen Simeon Stylites, der sich einen Sommer lang bis zum Kopf in einer Grube versenken oder ohne Nahrung für 40 Tage in eine dunkle Höhle einmauern lässt (siehe S. 115). Die Liste ist erweiterbar auf das in Japan verbreitete Phänomen der hikikomori: Menschen, die sich teils über Jahre in ihrem Zimmer ein- und somit in einem überschaubaren Innenraum vor der Außenwelt verschließen. Oder auf die Performance Cage Piece des 1950 in Taiwan geborenen und seit 1974 in New York lebenden Künstlers Tehching Hsieh.

Mit kahl rasiertem Kopf, in weißer Hose und weißem Hemd, auf dessen Vorderseite sein Name sowie die Daten von Beginn und Ende der Performance gedruckt sind, wird Hsieh am 30.09.1978 um 18 Uhr in eine nur wenige Quadratmeter große Zelle gesperrt, um dort die nächsten 365 Tage zu verbringen. Ausgestattet ist dieser in sein Apartment gebaute Raum mit einem Bett, einem Waschbecken, Spiegel, Eimer und einer Lampe. Es gibt keine Bücher, keinen Fernseher, keine Stifte, kein Radio oder Telefon – nichts also zum Lesen, Hören, Schreiben. Ein Freund, der angehalten ist, nicht mit Hsieh zu sprechen, entleert regelmäßig den Eimer, bringt Essen, frische Kleidung und Handtücher. Abgesehen von den BesucherInnen, für die die Performance an 17 auf das Jahr verteilten Tagen zwischen 11 und 17 Uhr zugänglich ist, sind diese stummen Begegnungen der einzige Kontakt zur Außenwelt. An jedem Abend nimmt Hsieh mit dem Selbstauslöser seiner Kamera ein Foto von sich auf und ritzt in der Art, wie Inhaftierte ihre abgesessenen Tage zählen, einen Strich in die Wand: vier parallel verlaufende Senkrechtstriche, quer durchkreuzt von einem fünften Strich, anschließend wieder vier Senkrechtstriche und so fort.

Überdeutlich konnotiert Hsiehs einjähriger Rückzug aus den üblichen lebensweltlichen Zusammenhängen einen Aufenthalt in Haft bzw. in der Isolationshaft, die sich die Strafjustiz im Vertrauen auf die Kausalität von Einsamkeit, Reflexion und Läuterung, mithin in dem Aberglauben ausgedacht hat, eine Besserung des Verhaltens, zuallererst aber der sittlichen Einstellung sei durch die vereinzelte, un-abgelenkte Begegnung mit dem eigenen Gewissen zu erreichen. „Allein in seiner Zelle ist der Gefangene sich selbst ausgeliefert: im Schweigen seiner Leidenschaften und der ihn umgebenden Welt steigt er in sein Gewissen hinunter, befragt es und spürt das moralische Gefühl in ihm erwachen, das im Herzen des Menschen niemals ganz abstirbt“, heißt es an einer Stelle der 1842 erschienenen Ausgabe des Journal des économistes, die Michel Foucault im vierten Kapitel von Überwachen und Strafen zitiert (1994, S. 305f.).

Die Isolierung stellt für Foucault das erste Prinzip der Umerziehung dar; zu seinem Zweck wurde der Disziplinarapparat Gefängnis ein- und gleichsam darauf ausgerichtet, sämtliche Aspekte des Individuums systematisch zu erfassen. Tatsächlich hofft die Isolierung aber auf weit mehr als eine Besserung der auf sich selbst zurückgeworfenen Häftlinge. Indem sie die bereits aus den üblichen lebensweltlichen Zusammenhängen Entfernten zusätzlich ihrer letztverbliebenen Kontaktoptionen beraubt, nimmt sie ihnen nämlich noch die Chance, sich zu versammeln, sich zu solidarisieren und gemeinsam gegen die Maßnahmen der Unterdrückung zu organisieren. In der Isolierung äußert sich eine Macht, deren Totalitätsbestrebungen auf der Hervorbringung einer von allen anderen Einflüssen abgeschirmten Existenz basieren. Isolierung zielt auf die maximale, die möglichst konkurrenzlose Kontrolle und Kontrollierbarkeit. Bereits 1842, im selben Jahr, in dem das Journal des économistes die angeblichen Vorzüge der Vereinzelung und Vereinsamung beschreibt, meldet sich Charles Dickens als einer der ersten prominenten Kritiker dieser Umerziehungsmaßnahme zu Wort und verurteilt die Isolierung als eine Form psychischer Folter: als weiße Folter, so der von ihm eingeführte Terminus für die Gewaltanwendungen, die zerstörerische, gleichwohl nicht unbedingt sichtbare Spuren hinterlassen (siehe Winkelmann/Förster 2007, S. 77).

Tehching Hsieh ist kein Opfer von Zwangsisolierung. Er zieht sich aus freien Stücken für ein Jahr lang in eine Zelle zurück. Dennoch erinnern die Fotografien von seiner Performance an ein Leben in Isolationshaft und rufen damit einen Kontext auf, den Cage Piece zwar als Folie nutzt, dann aber in eine Realität verkehrt, die nach anderen Gesetzen funktioniert als das Gefängnis. Ist etwa im Gefängnisalltag genau festgelegt, wann der Tag beginnt, wann gegessen, gearbeitet, wieder gegessen wird und der Tag schließlich endet, und ist die Länge der jeweiligen Abschnitte mehr oder minder exakt getaktet, so herrscht demgegenüber in Hsiehs Zelle ein Tagesablauf, der keine Gliederung kennt. Die Zeit schreitet voran, folgt dabei allerdings keinem Rhythmus und kaum einer Dramaturgie. Es gibt keine äußerliche Instanz, die die Zeit strukturiert, sortiert, segmentiert. Es existiert nicht einmal eine Uhr.

Abb. 1 Tehching Hsieh: Cage Piece (1978-1979)
Abb. 1

Tehching Hsieh: Cage Piece (1978-1979)

In der Ausstellung Work Ethic, die 2003/04 im Baltimore Museum of Art stattfindet, differenziert die Kuratorin Helen Molesworth vier Rollen, in denen KünstlerInnen seit den 1960er Jahren vornehmlich in Erscheinung treten: 1) in der Rolle von Managern und Arbeitern (wenn sie eine Aufgabe entwerfen, die sie selbst ausführen); 2) als Manager (sofern sie eine Aufgabe entwerfen, deren Ausführung sie an andere Personen delegieren); 3) als Erfahrungsgestalter (indem sie das Publikum zu Aktivitäten einladen, welche mitsamt den Erfahrungen, die von ihnen ausgelöst werden, für die Vervollständigung der jeweiligen Werke sorgen); 4) in der Rolle von Menschen, die versuchen, nicht zu arbeiten (siehe Molesworth 2003, S. 19). In Cage Piece verknüpft Hsieh zwei dieser eigentlich widersprüchlichen Rollen: Er stellt sich eine Aufgabe, die er selbst ausführt, und repräsentiert nach Molesworths Klassifikation folglich den Künstler als Manager und Arbeiter. Allerdings besteht die gewählte Aufgabe darin, gerade kein Arbeitender zu sein bzw. damit klarzukommen, dass es nichts zu arbeiten gibt. Die Leistung (die performance) vollzieht sich anders gesagt im Durchleben einer Zeit, von der es im Verhältnis zu den Tätigkeiten, die hier durchzuführen oder zu erledigen sind, ein deutliches Zuviel gibt.

Allabendlich ein Bild mit dem Selbstauslöser seiner Kamera von sich zu produzieren und einen Strich in die Wand zu ritzen, sind die einzigen beiden Verrichtungen, die Hsieh in regelmäßigen Abständen zu erfüllen hat. Weder diese Striche noch die Bilder geben jedoch Aufschluss darüber, mit welchen Handlungen, Gedanken, Emotionen er seine Tage verbringt. Ihre Existenz erzählt erst einmal nur davon, dass er einen Teil seiner Zeit darauf verwendet, diese Zeichen anzufertigen, die das Vorbei von jeweils 24 Stunden indizieren. Was als Foto oder als Strich von einem Tag übrig bleibt, ist Beleg für eine absolvierte Zeit und Aufgabe zugleich, für das Hinter-sich-gebracht-Haben von beidem. Die steigende Zahl der Fotos und Striche sorgt aber auch für die Sichtbarkeit von Veränderungen. Denn während sich die Strichblöcke zu einem immer größer werdenden Gebilde ausdehnen, zeigt die Abfolge der Fotos, wie Hsiehs Haare in den isoliert verbrachten Tagen, Wochen und Monaten, sozusagen synchron mit der wachsenden Anzahl der Striche, immer länger werden. Mehr verraten diese Zeichen nicht. Sie objektivieren lediglich den Tatbestand der vergehenden und vergangenen Zeit, ohne über das Wie ihres Gelebtseins oder innere Zustände und deren Transformationen Aufschluss zu geben.

Indem Hsieh in der Rolle eines Künstlers auftritt, der nicht arbeitet und nichts zu arbeiten hat, subvertiert er die Logiken des Disziplinarapparats Gefängnis einmal mehr: Er kündigt nicht nur dessen Strukturierung des Alltags auf, sondern außerdem die Arbeit, die in diesem durchstrukturierten Alltag eine zentrale Funktion erfüllt. Für Foucault stellt sie das zweite Prinzip der Umerziehung dar. Er nennt sie ein „Prinzip der Ordnung und Regelmäßigkeit“ (1994, S. 310), das in die menschliche Mechanik dadurch eingreift, dass es einen Zusammenhang geregelter Tätigkeit und Gehorsam organisiert – und dies bemerkenswerterweise nicht zuletzt mit dem Ziel, einen Ausgleich für die Gedankengänge und Stimmungen zu bieten, die die Freiheitsberaubten während der isolierten Zurückgeworfenheit auf sie selbst bedrängen: „Wenn sich der Geist auf einen bestimmten Gegenstand konzentriert, entfernen sich die ungelegenen Gedanken und die Seele wird wieder ruhig“ (Danjou, zit. n. Foucault 1994, S. 311). In diesem Sinn besitzt die Arbeit im Gefängnis auch die Funktion einer Entlastung, ja wird sogar als „Heilmittel gegen die Abweichungen seiner Einbildungskraft“ (Bérenger, zit. n. ebd.) projiziert.

In Cage Piece gibt es keine Arbeit, die als Abwechslung, vielleicht als wohltuende Unterbrechung eine Phase des verordneten Nichtstuns ablöst. Bis auf wenige Ausnahmen hat Hsieh Zugang weder zu Formen der Beschäftigung noch der Produktion, und damit entkräftet Cage Piece gleich beides: die Idee des Häftlings und die des Gefängnisses. Sein künstlerisches Konzept betont die Nicht-Arbeit und entwirrt so den von Foucault wiederholt diskutierten Konnex, den das Gefängnis zwischen Arbeit, Isolierung und Umerziehung etabliert. Diese Entkopplung der für das Gefängnis üblichen Verknüpfungen ist kennzeichnend für Cage Piece, denn tatsächlich stiftet Hsieh eine Reihe von Dissonanzen zwischen den von seiner nachgebauten Zelle aufgerufenen Gesetzmäßigkeiten des Straf- und Umformungsapparats und den Vorgängen, die in dieser Zelle dann (nicht) statthaben. In Cage Piece geht es nicht um Erziehung. Die Performance ist nicht als Besserungsvollzug angelegt, nicht als System von Überwachen und Strafen. Es gibt keine kontrollierenden Instanzen, daher auch kein Personal, das die Taten und das Verhalten des Eingesperrten lückenlos zu dokumentieren angehalten ist. Cage Piece verzichtet auf jegliche Art individualisierender Wissenserhebung, die nach Foucault dem dritten Prinzip der Umformung zuspielt: der flexiblen Strafbemessung, die in Abhängigkeit vom Betragen des Eingesperrten entweder Bestrafungen verteilt oder Belohnungen, zum Beispiel in Form der Haftverkürzung. Hsieh trennt seine Zelle gewissermaßen von den disziplinargesellschaftlichen Strukturen des Gefängnisses und reinszeniert sie als Ort der analytischen Annäherung an das Leben als solches.

II Rückzug als Einrichtung von Freiräumen (Tehching Hsieh II)

„For me“, sagt Hsieh in einem Interview, „life is a life sentence; life is passing time, life is free thinking“ (Whittaker 2015). Vor dem Hintergrund dieses Bekenntnisses wird Cage Piece als die fast plakative Übersetzung einer Anschauung lesbar, die den Kern des Lebens in der Zusammenkunft der drei genannten Aspekte denkt. Jedoch ist Cage Piece nur der erste (und im Blick auf Hsiehs Anschauung sicherlich pointierteste) Teil einer aus fünf einjährigen Performances bestehenden Serie,[2] die allesamt Rückzüge aus einem Alltagsleben sind, in dem es für die eigenverantwortliche Zeiteinteilung nur bedingten Spielraum gibt. In dieser Hinsicht ähnelt Hsiehs Motivation zum Rückzug derjenigen Hapkes. Während sich Hapke einen Alltag einrichtet, der es ihm erlaubt, unbehelligt einer Leidenschaft nachzugehen, lässt Hsiehs Rückzug zuallererst aber die autonome Reorganisation von Zeit selbst thematisch werden. „[T]o me doing life and doing art is all the same – doing time“, sagt Hsieh. „The difference is that in art, you have a form. This approach gives me freedom – nobody tells me what to do or expects what my work should be“ (ebd.).

Freiheit durch die Reorganisation von Zeit zu gewinnen, bedeutet nicht, Zeit jedes Mal so zu machen, dass nichts zu machen ist oder zumindest nichts, was die Ruhe und Konzentration entscheidend zu stören droht. Im Gegenteil stellt Hsieh schon bei der nächsten, seiner zweiten Langzeit-Performance Time Clock Piece (11.04.1980-11.04.1981) die Situation von Cage Piece sozusagen auf den Kopf, indem er die Frequenz der zu erledigenden Aufgaben deutlich erhöht. Gibt es im ersten Fall eher zu viel Zeit für die Tätigkeiten, die Hsieh in seiner karg ausgestatteten Behausung zu verrichten bleibt, so setzt er sich im zweiten Fall zwölf Monate lang der Herausforderung aus, nichts länger als knapp 60 Minuten ohne Unterbrechung tun zu können: Zu jeder vollen Stunde produziert seine mit einem Lautsprecher verbundene Uhr einen Signalton, der zur Anfertigung eines fotografischen Selbstportraits ruft. Gekleidet dieses Mal in der graublauen Uniform eines Fabrikarbeiters begibt sich Hsieh demnach alle 60 Minuten zu einer in seinem Apartment installierten Stechuhr, um dort die dem jeweiligen Tag zugeordnete Lochkarte abzustempeln. Anschließend bzw. nur dann, wenn er dies wirklich erledigt hat, nimmt eine programmierte 16mm-Kamera wenige Sekunden später ein Bild von ihm auf, das ihn mit ausdrucksloser Miene neben der Stechuhr zeigt. Dient bei Cage Piece als Referenz das Dispositiv des Gefängnisses, so ist es bei Time Clock Piece das Dispositiv der Fabrik, das sich durch die Kleidung oder den Einsatz von Signalton, Stechuhr und Lochkarte ins Spiel bringt. Mit diesem zweiten Rückzug begibt sich Hsieh in die fließbandartige Welt der monotonen und einer strengen Kontrolle unterworfenen Produktion von Bildern, die nach dem Ende der Performance zu einem sechsminütigen Film zusammengefügt werden (für eine ausführliche Analyse siehe Umathum 2018).

Adrian Heathfield, der im Rahmen der 57. Biennale von Venedig den Taiwanesischen Pavillon kuratiert, um dort einige von Hsiehs Arbeiten zu präsentieren, bemerkt in einem kurz vor Ausstellungsbeginn geführten Interview, dass der Künstler in seinen einjährigen Performances Zeit in einer Weise nutzt, die ihn aus der Zeit herauskatapultiert („using time which places him out of time“) (2017): aus dem Diesseits einer konkreten historischen Zeit und zugleich alltäglichen Zeitstruktur. Für Heathfield ist es genau diese Abseitigkeit, die Hsiehs Performances eine Art Zeitlosigkeit („a kind of timelessness“, ebd.) verleiht und so die Voraussetzung für eine umso pointiertere Verhandlung des dialektischen Verhältnisses von Beschränkung und Freiheit schafft. „Is he more free when he is in the cage simply thinking and not communicating?“, fragt Heathfield. „Is that a kind of freedom? So what is the relationship between freedom and constraint? This is a question that is asked constantly in all of the different pieces in different ways“ (ebd.). Angesprochen ist hier nicht bloß das Verhältnis von Freiheit und Unfreiheit, sondern ebenfalls die Relation von positiver Freiheit (der Freiheit zu etwas) und negativer Freiheit (der Freiheit von etwas). Werden, so lässt sich Heathfields Frage paraphrasieren, durch den Rückzug von bestimmten Umgebungen, Verbindungen und Kontexten Freiräume erobert oder eher verabschiedet? In der Rezeptionsgeschichte von Hsiehs Werk tauchen diese Fragen mit Regelmäßigkeit auf, allerdings als Fragen, die dazu tendieren, sich auf das Leben an sich zu beziehen – und damit als Fragen, die Hsiehs Performances (inspiriert sicherlich auch von seiner eigenen Anschauung) als Allegorien auf das grundlegend zwischen Freiheit und Einschränkung angesiedelte Dasein perspektivieren.

Demgegenüber möchte ich eine Verengung dieser Perspektive vorschlagen, die dafür einen anderen Fokus schärft. Es sei nicht in Abrede gestellt, dass Hsiehs Performances als Allegorien auf das grundsätzlich zwischen Freiheit und Einschränkung angesiedelte Dasein interpretiert werden können. Eine solch einseitige Interpretation droht jedoch zu übersehen, dass Hsiehs Performances mehr sind als künstlerisch gestaltete Situationen, deren Durchleben eine basale anthropologische Gegebenheit lediglich versinnbildlicht. Und zwar insofern mehr, als sie eine Wirklichkeit hervorbringen, die reale Auswirkungen auf Hsiehs Leben und speziell auf sein Leben als künstlerisches Selbst hat: So ermöglichen ihm seine Performances nicht nur die Freiheit zu bestimmten Erlebnissen und Erfahrungen, die in einem nicht durch künstlerische Maßnahmen in Form gebrachten Alltag kaum zu haben sind. Die Verneinung einer von außen oktroyierten Struktur bietet vor allem eine vorübergehende Unabhängigkeit von einem Alltag, in dem KünstlerInnen dem permanenten Zwang zur Entwicklung neuer Ideen und ihrer Materialisierungen ausgesetzt sind. So gesehen nutzt Hsieh in seinen einjährigen Performances Zeit auch in einer Weise, die ihn aus der ständigen Verpflichtung auf Kreativität herauskatapultiert.

In einem Artikel zur Normalisierung der Kreativität bzw. zur Etablierung eines neuartigen „Kreativitätsdispositivs“ (siehe Reckwitz 2012) rekurriert Andreas Reckwitz auf die „Dekonstruktion der klassischen Formen von Künstler und Kreativität“ (2010, S. 98) seit den 1950er Jahren. Entgegen der Ansicht, Kreativität und künstlerisches Selbst seien mit der Postmoderne in einen Prozess der unaufhaltsamen Auflösung geraten, sieht Reckwitz mit anderen Worten eine „Umdeklinierung von Kreativität“ (S. 110) am Werk, deren Wirkungen weit über das Feld der Kunst hinausreichen. Zur Veranschaulichung nennt er Beispiele und Tendenzen, die durch die Transformation künstlerischer Praktiken den Mythos vom elitären, vom hochspezialisierten und virtuosen Künstler als Schöpfer des Einzigartigen zwar verabschieden, nicht damit aber das Paradigma der Kreativität selbst. Die veränderten künstlerischen Praktiken arbeiteten viel eher einer Reformulierung von Kreativität zu und zugleich der Erfindung von Methoden, die Kreativität und ihre Hervorbringung zu befördern suchen. An die Stelle der solistischen, am Geniekult orientierten Produktion von originalen Artefakten seien daher Techniken getreten, die den Zufall, das Ungeplante und Kontingente favorisieren, außerdem Verfahren der Selektion und Kombinatorik oder Konzeptionen, die auf den Einbezug der RezipientInnen als kreative MitschöpferInnen wesentlich zählen (siehe S. 111ff.). Stattgefunden hat nach Reckwitz keineswegs also eine Abwertung oder Abkehr von kreativer Praxis und kreativem Selbst. Im Gegenteil habe deren Umgestaltung gerade zu ihrer ubiquitären Verbreitung beigetragen: dazu, dass kreative Praxis und kreatives Selbst „im Prinzip nicht nur für jeden zugänglich, sondern am Ende auch von jedem erwartbar“ werden, sodass „nun umgekehrt das Andere, das Nicht-Kreative, als zu vermeiden, defizitär und letztlich anormal erscheint“ (S. 109f.). Was Reckwitz mit der Normalisierung der Kreativität meint, ist ihre Ausweitung der Kunstzone, mithin ihre kulturelle Hegemonialisierung seit dem zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts, die noch von zahlreichen anderen TheoretikerInnen, prominent u. a. von Luc Boltanski und Ève Chiapello (2003), im Kontext postfordistischer Ökonomie analysiert worden ist.

In einem Vortrag aus dem Jahr 2015 adressiert der schwedische Performance-Macher Mårten Spångberg die Schwierigkeit, die sich aus dieser Sachlage für die künstlerische Arbeit ergibt: „What happened with us making art or being in the cultural sector? What are we doing here, if creativity is common sense and creativity is something that we are [sic!] on a daily basis and creativity is something that has been coopted not only by Adobe, but about [sic!] so many opportunities?“ Wie, in der Tat, können sich künstlerische Praktiken gegen die Vereinnahmung etwa durch die Kreativindustrie zur Wehr setzen? Mit welchen Mitteln Widerstand gegen das permanente Kreativitätsgebot leisten? Und wie sich kritisch gegenüber einem Kreativitätsdispositiv positionieren, an dessen Etablierung sie eigene Anteile halten?

Auch Hsieh kann sich diesen Problematiken nicht vollends entziehen. Obgleich ihn seine Performances aus der Verpflichtung auf die Produktion von künstlerischen Konzepten und Werken zumindest temporär herauskatapultieren, werden diese Performances sowie die ihnen zugrundeliegenden Ideen in der symbolischen Ordnung der Kunst nicht zuletzt selbst wiederum am Grad ihrer Kreativität, ihrer Einzigartigkeit und Innovation bemessen. Ein konsequenter Rückzug käme einem Ausstieg, einem Aufhören gleich – und in der letzten seiner fünf Langzeit-Performances No Art Piece (1985-86) thematisiert Hsieh genau diese Option, indem er sich der Aufgabe stellt, ein Jahr lang keine Kunst zu machen, nicht über Kunst nachzudenken, nicht einmal über Kunst zu sprechen oder in Museen und Galerien zu gehen, um Kunst anzuschauen. Hsiehs Performances entkommen dem Kreativitätsdispositiv nicht, und doch lassen sich die Rückzüge, die sie dem Künstler genehmigen, als eine Verknappung der Kontakte mit der Sphäre der Kunst begreifen: Kunstproduktion wird hier zur paradoxen Voraussetzung für die vorübergehende Unabhängigkeit von künstlerischen, durch die Institutionen und den Markt diktierten Anforderungen. Es ist eine Unabhängigkeit, die dadurch entsteht und aufrechterhalten wird, dass an den einmal gesetzten Regeln weder gerührt noch sie geändert oder subvertiert werden. Hsiehs Performances basieren auf dem Prinzip des Weitermachens. Es gibt kein Zurück hinter die einmal erfolgte Festlegung. Die Performances stehen unter dem Diktum der Unumkehrbarkeit, das schon deshalb zu bewahren ist, weil – und hierin zeigt sich Hsiehs Verwandtschaft zur Konzeptkunst – erst die wiederholte Ausführung der einmal gesetzten Regeln diese Regeln zu erkennen gibt.

Hsieh organisiert abseitige Alltage, stellt diese aber unter die für alle Alltage symptomatische Vorherrschaft des Repetitiven (siehe stellvertretend Lefebvre 1972). Im Unterschied zu Hapke strebt die Wieder-Holung der Bedingungen, unter denen bei Hsieh Alltag stattfindet, nicht auf eine Freiheit zur Produktion alterierender Objekte. Im Zentrum steht bei Hsieh hingegen die absolute Verknappung der Entscheidungsoptionen, mithin die Verhinderung von Kreativität und ihren Entfaltungspotenzialen. Eher als mit Hapke trifft sich Hsieh daher mit dem Konzeptkünstler Roman Opalka, der sich 1965 entschied, sein gesamtes künstlerisches Schaffen ausschließlich für die Hervorbringung eines streng formalisierten Zählwerks mit dem Titel 1965 /1 – ∞ zu reservieren. Bis zu seinem Tod im Jahr 2011 schrieb er mit feinstem Pinsel und in winziger Schrift fortan eine Zahl nach der anderen auf Leinwände, beginnend immer oben rechts, Zeile für Zeile, bis die untere linke Ecke erreicht und die Leinwand vollkommen mit Zahlen bedeckt war. Nach sieben Jahren malte Opalka die erste Million, 1977 die zweite. Gegen Ende seines Lebens hatte er 233 Leinwände mit mehr als 5,5 Millionen Zahlen gefüllt – und etliche Fotografien von sich hinterlassen, denn (wie Tehching Hsieh bei Cage Piece) nahm er am Ende eines jeden Arbeitstages in der immer selben Kleidung, einem weißen Hemd, ein fotografisches Selbstporträt von sich vor weißer Leinwand auf.[3]

III Rückzug als Rückbezug (Ragnar Kjartansson)

Auffälligerweise gestalten Hsieh und Opalka Freiräume von der Verpflichtung auf eine Kreativität, aus der Neu- und Einzigartiges hervorgehen soll, indem sie nicht nur konkrete Beschränkungen wählen, sondern diese Beschränkungen mit einer Ästhetik der Wiederholung verknüpfen. Die Festlegung auf eine kontinuierliche Repetition des Immergleichen, aus der sich zugleich die Reproduktion der einmal gesetzten Regeln ergibt, kennzeichnet auch mein letztes Beispiel: die Performance The End – Venezia (2009), die Ragnar Kjartansson während der 53. Biennale von Venedig als bis dahin jüngster Vertreter des isländischen Pavillons durchführte. Anders als Hsieh oder Opalka inszeniert Kjartansson seinen Rückzug jedoch als Rückbezug. Sein Freiraum ist mehr als bloße Abkehr und Verneinung. In der Distanzierung von einer auf die Hervorbringung von Neu- und Einzigartigem gerichteten Kreativität lässt er stattdessen einen Gedenkraum entstehen, in dem er in ironisch-melancholischem Gestus an einen Künstlertypus und ein Künstlerdasein erinnert, die sich mit dem Wechsel vom klassisch-modernen zum postmodernen Kreativitätsregime als Erscheinungen einer unwiederbringlichen Vergangenheit verabschiedet haben.

Abb. 2 Ragnar Kjartansson: The End – Venezia (2009)
Abb. 2

Ragnar Kjartansson: The End – Venezia (2009)

Hinterlassen hat The End – Venezia unter anderem ein Ensemble aus 144 Ölgemälden. Jedes einzelne von ihnen zeigt einen nur mit Badehose bekleideten Mann in je unterschiedlichen Posen, bei unterschiedlichen Tätigkeiten und vor unterschiedlich gestalteten Hintergründen. Außerdem sind immer eine Zigarette, mindestens eine Bierflasche und meist eine Gitarre im Bild. Ohne zusätzliches Wissen ist diesen Gemälden aber kaum zu entnehmen, dass sie im Rahmen einer Performance entstanden sind, ja eine Performance als ihr Making-of angelegt war. Was sie dagegen sofort enthüllen, ist das Moment der Wiederholung, das auf eine konzeptionelle Grundentscheidung der Performance zumindest hindeutet: die selbstgewählte Aufgabe Kjartanssons, an jedem Tag, an dem die Räumlichkeiten im Palazzo Michiel del Brusá zwischen Juni und November 2009 für die BesucherInnen geöffnet sind, ein Porträt seines Freundes Páll Björnsson anzufertigen.

Eigentlich folgen Kjartanssons Performances alle dem Gesetz der Wiederholung [4] Sie fangen irgendwann an, aber ihr Anfang ist nicht Auftakt zu etwas, das der Anfang nicht schon gezeigt hätte. Inspiriert sowohl von der Endurance Art der 1960er und 70er Jahre wie von der Konstruktionspraxis elektronischer Tanzmusik verknüpft der Künstler die Dauer mit der Repetition einer einzelnen Sequenz (siehe Auslander 2015, S. 187ff.). Endlos sich aneinanderreihende Schleifen unterbinden die Erfahrung der fortschreitenden zugunsten einer zyklischen Zeit und folglich zugunsten einer Gegenwart, die im Moment ihrer Verflüchtigung bereits zurückkehrt.[5] Gefangen in einem ewigen Jetzt, ohne Aussicht auf eine Zukunft, die nicht schon Vergangenheit gewesen ist, wird den Performenden bis zum Ende der Öffnungszeiten bzw. bis zum Ende einer Ausstellung nichts anderes übrig geblieben sein, als im Korsett ihrer ständig sich wiederholenden Verrichtungen fortzufahren. Insofern berühren diese Arbeiten auch den im englischen Performance-Begriff impliziten Aspekt der Leistung. Reflexiv wird der Leistungsaspekt nicht allein aber durch die Gebundenheit der Performenden an ein kontinuierliches Fortfahrenmüssen. Reflexiv wird er auch durch die aus dem Prinzip der Wiederholung resultierende Mechanisierung der ausgeführten Tätigkeiten, die der Idee einer schöpferischen Leistung geradezu diametral gegenübersteht. Schöpferischen, sich über ihre Unverträglichkeit mit einem gleichförmigen, routinemäßigen Tun definierende Leistungen ist in diesen repetitiven Performances das Fundament entzogen. Kjartansson muss bei The End – Venezia an jedem Abend mit einem Porträt fertig geworden sein. Für langwierige Experimente und das Warten auf kreative Phasen oder Momente der Eingebung bleibt ihm daher nur begrenzte Zeit. Wie bei Hsieh oder Opalka wird die schöpferische, gar mit dem Geniekult assoziierte Leistung eines Künstlers zugunsten der Leistung in gezielt gesteuerten Abläufen verabschiedet.

Für The End – Venezia werden die Räumlichkeiten im Erdgeschoss des im 14. Jahrhundert erbauten und 1777 nach einem Brand rekonstruierten Palazzo Michiel del Brusá in ein Atelier verwandelt bzw. in einen performance space, der BesucherInnen jederzeit willkommen heißt und somit der tradierten Privatsphäre des Malers im Atelier jede Garantie nimmt. Die Voraussetzungen für die Konzentration, die Zurückgezogenheit und Versunkenheit, die in der Darstellungsgeschichte des Malers im Atelier den Schaffensakt eines künstlerischen Genies konnotieren, sind hier aufgehoben. Kjartansson referenziert einen bestimmten Künstlertypus (und mit dem ausgestellten Akt des Malens einerseits einen künstlerischen Schaffensprozess, andererseits ein prominentes Motiv der Malerei), vergegenwärtigt diesen Künstlertypus (und das prominente Motiv der Malerei) nicht aber, indem er ihn (oder das Motiv) einfach nachspielt. Vergegenwärtigung äußert sich hier eher in der Reflexion auf die (Un-)Möglichkeiten ihrer Wieder-Holung und ihrer Transformation in eine zeitgenössische Version, die Kjartansson in Szene setzt, indem er das Klischee eines Malers in seinem Atelier mit seiner eigenen Identität als Künstler am Beginn des 21. Jahrhunderts überblendet.

Kjartansson, der in einer berühmten isländischen Theaterfamilie aufgewachsen ist und den mit dem Theater eine enge Beziehung verbindet, mimt seine zeitgenössische Version des Malers im Atelier nicht jedoch wie ein Schauspieler bei der Verkörperung einer Rollenfigur. Seine (Selbst-)Inszenierung organisiert sich in einem monatelangen Durchleben verschiedener Zustände, Tätigkeiten, Verhaltensweisen. Die Performance liefert somit den Kontext, in dem das klassische Motiv vom schöpferischen Künstlersubjekt um all das ergänzt wird, was ein Maler im Atelier neben der Arbeit sonst noch macht. Mitnichten reduziert sich die Performance also auf das Making-of der Porträts. Sie fokussiert auch die Phasen der Nicht-Arbeit: die Pausen, den Müßiggang, die Langeweile. Wenn er nicht malt, sitzt Kjartansson draußen am Steg, der zum Canale Grande führt, spielt Gitarre oder unterhält sich mit den BesucherInnen. An einem Brunnen in der Mitte des Ateliers sammeln sich die geleerten Bier-, Wein- und Whiskeyflaschen und an den Wänden oder am Fußboden die vollendeten Gemälde, während aus dem Nebenraum die dauergeloopte Country Musik einer vorab produzierten kinematografischen Installation ertönt, in der Kjartansson und ein anderer Freund irgendwo in den verschneiten Wäldern der Rocky Mountains beim Musizieren zu sehen sind.

Kjartanssons performance space ist ein Atelier, in dem die Diskursgeschichte des Ateliers selbst thematisch wird. Aufgerufen wird es als Ort der Herstellung und erstmaligen Ausstellung von Werken; als Ort der Selbstdarstellung männlicher Künstlersubjekte; als Ort des Ineinanders von Privatheit und Öffentlichkeit, von kreativem Schaffensprozess und ennui, von gesellschaftlicher Entfremdung und sozialen Momenten. Entworfen wird der performance space aber auch als Ort, an dem es um die Frage geht, wie in Zeiten der „Post-Studio-Ära“ (Diers/Wagner 2010, S. VII) bzw. in Zeiten, in denen positive Bezugnahmen auf den Atelierraum längst unter Ideologieverdacht geraten sind,[6] ein produktiver Zugriff auf dieses Dispositiv überhaupt noch aussehen kann.

„His art“, schreiben Markús Thór Andrésson und Dorothée Kirch, „is a perpetual exploration into the role and image of the artist, his relationship to the work that he creates, and the audience who sees it“ (2009, S. 100). Bei The End – Venezia geht diese Erkundung in eine weitere Runde. Gleich einem Künstler aus einer vergangenen Epoche verbringt Kjartansson im in die Jahre gekommenen Prunk des venezianischen Palazzo seine Tage. Er zieht sich zurück aus der Lebensweise eines zeitgenössischen Künstlers, der als Entrepreneur durch die Welt jettet, heute hier, morgen dort sein Netzwerk pflegt, den nächsten Auftrag an Land zieht und seine Kunst bewirbt, verkauft, ausstellt. Kjartansson gibt mit anderen Worten seinen bzw. den postfordistisch geprägten Alltag eines bildenden Künstlers der Gegenwart temporär auf, nicht aber um sich an die Herstellung eines einzigartigen Meisterwerks zu machen. Stattdessen – so lässt es sich mit Hans Belting sagen – richtet er ein „Ritual der Erinnerung“ (1998, S. 468ff.) ein, mit dem er einem unwiederbringlichen Künstlerdasein, Kreativitätsdispositiv und Werkbegriff gedenkt.

Trotz aller Ironie verleiht der Abstand zwischen Kjartansson und den historischen Vorläufern der Performance einen melancholischen Zug. Vielleicht bezieht sich die Ironie sogar auf diesen melancholischen Zug selbst, auf die Trauer über einen Verlust, die das Ritual der Erinnerung unterstreicht. „I don’t have one original thought in me. I am a postmodern bastardo playing with other people’s originality. Does there really exist an unknown, something new? Make it new! I wish I could. I want to be a modernist. Oh dear“, schreibt er vor Beginn von The End – Venezia an einen Freund (Kjartansson/Ejiksson 2009, S. 84) und adressiert bereits hier ein kunst- und kulturhistorisches Vorüber, dessen Wieder-Holung sich in der Performance sodann bloß noch als Differenz zum Wiedergeholten in Erscheinung bringt: In Kjartanssons Atelier gibt es keine unbehelligte Zurückgezogenheit, keine Mystifizierung kreativer Arbeit, keine solipsistischen Schaffensprozesse, keine Geheimhaltung künstlerischer Praktiken. Sein Atelier gewährt BesucherInnen Eintritt und öffnet sich für partizipatorische Situationen, die Zeit und Raum für Gespräche und eine gemeinsam verbrachte Zeit bieten. In Kjartanssons Atelier entstehen auch keine einzigartigen Meisterwerke. Das Prinzip des Loops und die selbstgewählte Aufgabe, jeden Tag ein Porträt anzufertigen, hebeln diesen Anspruch a priori aus. Kjartansson muss im Eilverfahren malen und malt sogar, ohne Experte auf dem Gebiet der Porträtmalerei zu sein. Im Vergleich zu den berühmten Protagonisten in der Geschichte der Malerei bleibt seine Praxis so dilettantisch wie ihre Ergebnisse. Das kunst- und kulturgeschichtliche Vorüber, das schon in dem Titel The End anklingt, artikuliert sich in der selbstreflexiven Wendung der Performance auf sie selbst bzw. auf ihr Bemühen, kunst- und kulturgeschichtliche Anteile der Moderne mit solchen der Postmoderne zu vernähen. Kjartansson inszeniert gewissermaßen einen Rückzug, der Rückbezug in dem Wissen ist, dass der Ausweg aus der Problematik des gültigen Kreativitätsdispositivs nicht mehr durch die Hintertür zu haben ist. Und inszeniert gleichsam einen Rückzug, der – wie bei Tehching Hsieh – nur Unterbrechung der üblichen Alltäglichkeit ist und Unterbrechung der üblichen Alltäglichkeit paradoxerweise bleiben muss, um sinnfällig zu werden als künstlerische Auseinandersetzung mit dem Desiderat eines Auswegs auch nach vorn.

Literatur

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Published Online: 2017-11-24
Published in Print: 2017-11-27

© 2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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