Wege in die Denkmalpflege
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Stefan Dähne
, Josephine Dreßler
, Alf Furkert , Dorit Gühne , Nora Kindermann , Thomas Noack , Torsten Sander , Franz Schikowski , Symon Schirmer , Sabine Webersinke , Tobias Michael Wolf and Carola Zeh
Begeisterung für Denkmalschutz und Denkmalpflege als verbindendes Element beruflicher Lebenswege in den Mittelpunkt der diesjährigen Jahrestagung der Vereinigung der Denkmalfachämter in den Ländern (VDL) zu stellen, scheint auf den ersten Blick gewagt (Abb. 1) Aber angesichts von Fachkräftemangel sowie mitunter fehlender gesellschaftlicher Akzeptanz steht die Denkmalpflege gegenwärtig vor großen Herausforderungen, die neue Zugänge erfordern. Zwar ist ein Studium der Architektur oder Kunstgeschichte mit sich anschließendem Aufbaustudium und Volontariat in einer der Fachbehörden sicher immer noch der Königsweg zur Arbeit als Denkmalpfleger*in. Die Belange von Denkmalschutz und Denkmalpflege brauchen jedoch eine breitere gesellschaftliche Basis, die sowohl bei den Eigentümer*innen von Denkmalen als auch in den Hochschulen, Universitäten und insbesondere im Handwerk zu suchen ist.

In München allseits präsent: das Tagungsthema »Wege in die Denkmalpflege«
Wie fruchtbar ein solches Aufeinander Zugehen sein kann, machte das vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege als Tagungsort gewählte Werksviertel hinter dem Ostbahnhof auf eindrückliche Weise deutlich: Dieses Areal städtebaulicher Transformation ging aus dem ehemaligen Stammwerk der Firma Pfanni, Hersteller von Kartoffelprodukten, hervor (Abb. 2). Es erhielt 2023 den Deutschen Städtebaupreis der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL).

Ort der Tagung: das Werksviertel in München, ein ab 2016 neuentwickeltes, etwa 39 Hektar großes Stadtquartier
Eröffnungsplenum
Für den Vormittag des 19. Mai waren die Tagungsteilnehmer*innen eingeladen, in einem von sieben angebotenen Stadtrundgängen Arbeitsorte ihrer Münchner Kolleg*innen kennenzulernen. Am Nachmittag wurden sie in der TonHalle, einer heute vor allem für Konzerte genutzten ehemaligen Lagerhalle für Kartoffeln, vom Bayerischen Generalkonservator Mathias Pfeil gemeinsam mit Staatsminister Markus Blume und Markus Harzenetter, Vorsitzender der VDL, willkommen geheißen (Abb. 3–5). In ihren Grußworten verwiesen die Genannten jeweils übereinstimmend auf die grundsätzliche Attraktivität der Denkmalpflege, was jedoch keine Selbstverständlichkeit sei und deshalb seinerseits der Pflege bedürfe. Hierzu, so Staatsminister Blume, sei einerseits Offenheit gegenüber Neuem, andererseits auch eine auskömmliche finanzielle Ausstattung erforderlich – auch ein wieder stärkeres Engagement des Bundes sei in dieser Hinsicht wünschenswert.

Ort der Plenumgssitzungen: die Tonhalle, eine ehemalige Lagerhalle der Pfanni-Werke
Die Einführung in das für Denkmalpfleger*innen untypische, da nicht am Objekt ausgerichtete Tagungsthema übernahmen Impulsvorträge, die schlaglichtartig unterschiedliche Arbeitsbereiche der Denkmalpflege beleuchteten. Den Anfang machte Ulrich Walwei vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit. Er zeigte auf, dass der sich zuspitzende Fachkräftemangel durch die gewandelte Demografie in Deutschland auch durch Zuwanderung geeigneter Personen aus dem Ausland nicht kompensiert werden könne. Es drohe ein Kreislauf, der mittelfristig zum Wegfall von Unternehmen führen werde. Im Wettbewerb um Fachkräfte komme es daher zunehmend auf die Rahmenbedingungen der Arbeit an, etwa die Attraktivität von Tätigkeit und Arbeitgeber sowie die Identifikation der Mitarbeiter*innen damit.

Begrüßungsplenum mit dem Bayerischen Generalkonservator Mathias Pfeil und Staatsminister Markus Blume

Besuchermagnet: der Büchertisch des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege
Als zweiter Redner thematisierte Andreas Hild, Professor für Entwerfen, Umbau und Denkmalpflege an der TU München, den Weg zur Umbaukultur und zu einem veränderten Selbstverständnis der Architekten im Umgang mit dem Bestand. Die Methoden der Denkmalpflege wie etwa die historische Bauforschung und die Bestandsorientierung seien hier wichtige Grundlagen. In einer neuen gesellschaftlichen Debatte zum Umgang mit dem baukulturellen Erbe sei die Frage, welches Objekt Schutz brauche und welches einen kreativen Umgang vertrage, von entscheidender Bedeutung. Denkmalpflege sei dabei als Vermittlerin von Werten ein Kompass von herausragender Bedeutung.
Daran anknüpfend lenkte Georg Haber vom Zentralverband des Deutschen Handwerks den Blick auf die Denkmalpflege als einen vor allem im ländlichen Raum durch das Handwerk gewährleisteten Stabilitätsanker. Denkmalpflege, so Haber, bedeute Verbindung von immateriellem Erbe des Handwerks mit dem materiellen Erbe des Denkmals. Allerdings sei interessierter Nachwuchs nur durch eine Schärfung des Profils zu gewinnen, etwa durch den Einsatz neuer Technologien und Qualifizierungsangebote. Auch auf die Gefahren bei zunehmend fehlenden öffentlichen Mitteln für Denkmalprojekte, überbordenden Vorschriften zur Dokumentation wie auch steigenden Lohnnebenkosten wies er hin. Lösungsansätze sieht das Handwerk in der Förderung der baufachlichen Bildung an Schulen inklusive Denkmalpädagogik und verpflichtenden Handwerkspraktika während der Schulzeit.
Der »Zukunft der Arbeit der Denkmalpflege« widmeten sich die beiden letzten Vorträge des Tages. Andreas Boes vom Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung München ordnete die aktuelle Entwicklung im Bereich Künstlicher Intelligenz historisch ein. Dieser Schritt der Digitalisierung sei ähnlich durchgreifend wie die Erfindung des Buchdrucks oder die Industrielle Revolution, und wie damals würden sich auch heute Zukunftsversprechen und Zukunftsängste gegenüberstehen. Für die erfolgreiche Umsetzung der Veränderungen sei daher eine Definition von Rahmenbedingungen unerlässlich, die nur im gemeinsamen Dialog realisiert werden könne.
Mit Ann Cathrin Riedel, Geschäftsführerin des vom Bund geförderten Vereins Next e. V., schloss eine Digitalisierungsexpertin das Plenum mit einem Vortrag zur digitalen Transformation der öffentlichen Verwaltung ab. Letztere weise entsprechend dem Bürokratie-Modell von Max Weber viele Vorteile auf, da sie in der Regel Schutz vor Willkür biete sowie Nachvollziehbarkeit und Einheitlichkeit des bürokratischen Handelns garantiere. Dem allgemeinen Ruf nach Bürokratieabbau begegnete die Expertin mit dem Hinweis auf sogenannte Future Skills: Durch die Anwendung branchenübergreifender Kompetenzen mitsamt einer umfänglichen Digitalisierung ließen sich Vorgänge in der Verwaltung als Grundlage rechtstaatlichen Handelns effizienter gestalten. Dies umfasse alle Arbeitsbereiche wie Kommunikation, Führung, Zusammenarbeit und Organisation.
Sektionen
Für den 20. Mai hatten die Kolleg*innen aus Bayern zehn von ihnen moderierte Sektionen vorbereitet, die jeweils aus Impulsvorträgen und anschließenden Workshops in Kleingruppen bestanden. Die Perspektiven waren dabei breit gewählt, da die Denkmalpflege in ihrer Vielschichtigkeit für viele Bürger*innen und besonders für Kinder und Jugendliche oft abstrakt bleibt.
Wie kann man diese komplexe Vielfalt der Denkmalpflege kindgerecht verständlich machen und spannend vermitteln? Diese Frage stand im Mittelpunkt der von Simone Hartmann, Anica Mayer und Elisabeth Heider geleiteten Sektion »Die Sendung mit der Denkmalpflege – Geschichte(n) für Kinder erzählen«, die vom Regisseur Jan Marschner als Experte unterstützt wurde (Abb. 6). Marschner, der seit mehr als 30 Jahren Sachgeschichten für die Sendung mit der Maus produziert, betonte, dass für die Wissensvermittlung grundsätzlich einfache, in anschaulichen Bildern erzählte und mit kleinen Schritten vom Bekannten zum Unbekannten geführte Geschichten entscheidend seien. Auch ein guter Einstieg, überraschende Wendungen und Anknüpfungspunkte im Alltag seien wichtig. Deshalb beinhalte jede gut erzählte Geschichte einen Konflikt, der Spannung erzeuge und schließlich aufgelöst werde. Sie folge damit dem sogenannten Ritter-Drache-Prinzessinnen-Prinzip. Allerdings gehe es dabei nicht vordergründig um Didaktik, sondern in erster Linie um Unterhaltung. Man solle Zuhörer*innen wie Zuschauer*innen zutrauen, dass sie vieles verstehen, sie ernst nehmen und den Mut haben, Geschichten unwissenschaftlich zu erzählen. Vor diesem Hintergrund wies Marschner darauf hin, dass die meisten Zuschauer*innen der Sendung mit der Maus Erwachsene seien. Anhand von vier Praxisbeispielen erarbeiteten die Teilnehmer*innen mit viel Spaß eigene Erzählgeschichten. Dabei wurde deutlich, dass denkmalpflegerische Themen reichlich schöne, spannende Geschichten von allgemeinem Interesse bereithalten und deshalb fester Bestandteil der Bildungsarbeit (nicht nur) für Kinder im Grundschulalter sein sollten.

Impulsvortrag in der Sektion 1 »Die Sendung mit der Denkmalpflege – Geschichte(n) für Kinder erzählen«
Ein weiteres Level digitaler Vermittlung eröffnete die unter anderem von Michael Hebel und Guido Kühn moderierte Sektion »Mission: Denkmal – Gaming & Denkmalpflege«. Nach einer umfassenden Einführung zum alle Altersgruppen ansprechenden »Serious Gaming« durch Felix Zimmermann stellte Alexander Preisinger Beispiele für bereits zahlreich vorhandene Computerspiele vor, die unter einem pädagogischen Aspekt Geschichte vermitteln. Er resümierte, dass Denkmale nicht nur ideale Lernorte für den Geschichtsunterricht, sondern auch hervorragend geeignete Komponenten für entsprechende digitale Lernspiele seien. In zwei parallel stattfindenden Workshops wurde den Teilnehmer*innen einerseits deutlich gemacht, dass Spiele sich nur auf spielerische Art und durch Probieren entwickeln lassen, andererseits wurde die Motivation zum Spielen psychologisch eingeordnet. Um diese innovative Form der Bildungsarbeit über die Tagung hinaus fortzuführen zu können, verstand sich diese Sektion als Auftaktveranstaltung einer bereits im Vorfeld gegründeten AG Gaming, welche unter der Schirmherrschaft der AG Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der VDL Verstetigung finden soll.
»Weichenstellungen – Vom Hörsaal ins Denkmal« war das Thema der von Detlef Knipping, Anke Borgmeyer, Miriam Guth und Atreju Allahverdy geleiteten Sektion, für die Stephanie Herold vom Institut für Stadt- und Regionalplanung der TU Berlin und Sophia Herbst, Studentin an der OTH Regensburg, Impulse für sich anschließende Gruppenarbeiten gaben. Dabei wurde deutlich, dass Denkmalpflege als Orchideenfach einem starken Wettbewerb innerhalb der Hochschullandschaft unterliegt, durch die Ansiedlung innerhalb verschiedener Studiengänge aber auch ein breites Spektrum unterschiedlicher Kontexte aufweist. Schwerpunkt ist hier immer noch Denkmalpflege als – allerdings nicht verpflichtender – Bestandteil des Architekturstudiums. Hier könnten Kooperationen der Fachbehörden mit den Hochschulen und Universitäten wie beispielsweise in Berlin-Brandenburg oder Sachsen Begeisterung wecken, aber auch Verständnis für Methoden und Themen aus der Praxis entstehen lassen. Gerade die gegenseitige Wahrnehmung unterschiedlicher Expertisen und ein stärkerer Austausch unterschiedlicher Sichtweisen wirke für alle Beteiligten bereichernd. Allerdings existierten bislang zu wenig solcher Angebote, die für Studierende, so der Hinweis aus dem Plenum, zudem nur dann reizvoll seien, wenn sie als Studienleistung anerkannt würden. Als ebenso problematisch erweise sich der Umstand, dass Mitarbeiter*innen der Landesdenkmalämter Lehraufträge oftmals als Nebentätigkeit während der Arbeitszeit erbringen müssten, was dienstrechtliche Fragen mit sich bringe. Dennoch waren sich alle Anwesenden einig, dass gerade solche Formate für die Nachwuchsgewinnung unerlässlich seien, gerade weil die Denkmalbehörden seitens der Studierenden bislang nicht in der erforderlichen Breite als attraktiver Arbeitgeber empfunden würden, wie Sophia Herbst ergänzte. Sie regte diesbezüglich an, Denkmalschutz und Denkmalpflege zukünftig verstärkt in Studieninhalte zu integrieren, etwa im Rahmen studienbegleitender Praktika oder einer Kooperation bei Qualifikationsarbeiten. Da unter den Sektionsteilnehmer*innen kaum Vertreter*innen aus den Hochschulen anwesend waren, konnten deren Perspektive und damit das Thema der Sektion in den sich anschließenden Gruppendiskussionen nicht weiter vertieft werden. Vielmehr wurden die von beiden Referentinnen geschilderten Wahrnehmungen im kleineren Kreis geschärft.
Die Sektion »Gut gefunden werden – Employer Branding, Recruiting & Co.« wurde neben Jörg Schindler-Friedrich wesentlich von Stefan Döring und Lisa Zech als externen Partner*innen mit Verwaltungserfahrung getragen. Anhand von Stellenanzeigen des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege wurde über eine zielgruppenorientierte Ansprache von Bewerber*innen diskutiert. Dabei zeigte sich, dass sowohl die Internetauftritte der Ämter als auch gegebenenfalls vorhandene Social-Media-Kanäle entsprechend verständlich zu gestalten seien, wobei vor allem eine Optimierung für die mobile Ansicht entscheidend sei. Zudem sollten neben den behördlichen Aufgaben auch die relevanten Ansprechpartner*innen genannt werden. Eine Stellenausschreibung, die eine Visitenkarte der Behörde gegenüber potenziellen Nachwuchskräften darstelle, sei auf wesentliche Inhalte zu konzentrieren und müsse schnell auffindbar sein. Nach Aussage der beiden Expert*innen sei auch im Recruiting-Pro-zess eine kontinuierliche Kommunikation erforderlich, Bewerber*innen sollten bereits mit der Ausschreibung über Vorstellungstermine bzw. nach Eingang der Unterlagen über den Fortschritt des laufenden Verfahrens informiert werden. Auch Absagen sollten persönlich erfolgen. Das Ankommen im Amt könne neuen Kolleg*innen durch die frühzeitige Bereitstellung von Informationen und Visitenkarten erleichtert werden. Einladungen zu Veranstaltungen bereits vor Dienstantritt seien sinnvoll. Abgerundet wurde die Thematik dieser Sektion durch eine grundsätzliche Betrachtung zur Außendarstellung des Amtes unter einem Slogan, welcher die Kernbotschaft der Marke »Denkmalpflege« und deren Selbstverständnis transportiert. Dafür gab es aus dem Kreis der Teilnehmer*innen verschiedene, teils sehr originelle Ideen: »Wir kümmern uns ums Original«, »Reparieren statt wegwerfen« oder »Unsere Lieblingsfarbe: Patina«.
Mit Blick auf die spürbaren Nachwuchssorgen in der praktischen Denkmalpflege widmeten sich Susanne Fischer und Thomas Wenderoth in ihrer Sektion Aspekten für eine »Handwerkstradition mit Zukunft«. Als Vertreter*innen von Handwerksfirmen, Denkmalfachämtern und Hochschulen erörterten Sebastian Schmäh, Anneke Pfefferle, Ulrich Klein und Markus Schlempp, wie Spezialhandwerk zukünftig flächendeckend für die Denkmalpflege bewahrt beziehungsweise gefördert werden könne. Vier Arbeitsgruppen diskutierten verschiedene Maßnahmen zur Unterstützung von Handwerksbetrieben bei der Nachwuchsgewinnung sowie der Aus- und Weiterbildung. Beispielhaft hierfür ist das duale Studium an der Hochschule Coburg, bei dem zukünftig mit dem Bachelor auch ein Gesellenbrief im Handwerk erlangt werden kann. Auch Abschlüsse wie der Restaurator im Handwerk bieten hier interessante Perspektiven der Fachkräfteausbildung.
Die von Katharina von Miller und Dörthe Jakobs moderierte Sektion »Wo gehtʼs zum Höhenweg – Gute Aussichten für die Restaurierung?« fragte nach den Gründen, die junge Menschen vom Restaurierungsstudium abhalten (Abb. 7). Angesichts seit Jahren rückläufiger Studierendenzahlen sind damit auch Probleme der Hochschulen wie etwa das Schließen von Studiengängen verbunden. Zunächst berichtete Sven Taubert, Präsident des Verbandes der Restauratoren, vom Wandel des Berufsbilds wie auch des Selbstverständnisses des Fachs. Das Arbeitsfeld von Restaurator*innen habe sich seit geraumer Zeit enorm erweitert und zu den klassischen Tätigkeitsfeldern seien Aufgaben wie Sachverständigentätigkeit und Kulturgutrettung hinzugekommen. Eigentlich eine attraktive Entwicklung, sollte man meinen. Demgegenüber zeigte Maria Grishina als Vertreterin der VDR-Interessengruppe »Restaurator*innen in Ausbildung« praktische Probleme auf, etwa die Vereinbarkeit von Studium und Nebenjob in teuren Großstädten. In der regen Diskussion wiederholt angesprochene Schwierigkeiten sind die oft langwierige Suche nach Praktikumsplätzen, die als unverhältnismäßig lang empfundene Dauer der Vorpraktika sowie deren geringe Vergütung. Als Ergebnis der Sektion wurde deshalb der Auftrag an verschiedene Akteure formuliert, die Anforderungen der Hochschulen an die Studienbewerber*innen besser abzustimmen und die Rahmenbedingungen vergleichbar zu machen.

Abschlusspräsentation der Sektion 6 »Wo geht’s zum Höhenweg – Gute Aussichten für die Restaurierung?«
»Abzweigung Denkmalpflege – Denkmalkompetenzen in Architektur- und Ingenieurwesen« war das Thema der von Tobias Bösl und Nina Schwaiger moderierten Sektion. Beispielhaft für den erforderlichen sensiblen Umgang mit denkmalgeschützter Substanz als Teil des Bauens im Bestand gaben Vortragende aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern Einblick in ihre persönlichen Erfahrungen mit der Denkmalpflege: Klaus-Jürgen Edelhäuser von der Ingenieurekammer Bayern referierte aus der fachlichen Perspektive von Tragwerksplanung und Bauphysik zu Ausbildung und Praxis der Denkmalpflege. Der Architekt Michael Feil stellte seinen Weg in die Denkmalpflege exemplarisch anhand von Werkberichten zu realisierten Bauten vor, bevor Friedemann Zeitler von der Hochschule Coburg mit Blick auf geltende Förderrichtlinien das »Baudenkmal als neues Geschäftsfeld« thematisierte. Mark Böttges erklärte die technisch hochkomplexe Instandsetzung der 1968 von Nandor Glid (1924–1997) geschaffenen Bronzeskulptur des Internationalen Mahnmals an der KZ-Gedenkstätte Dachau. Den Abschluss dieser Runde bildeten die beiden Architektinnen Anne Kristin Geller und Kristina Bornschlögl mit ihrer gemeinsam bearbeiteten Sanierung der Filialkirche Hain bei Nordhausen in Thüringen. Nach diesen anregenden Vorträgen wurde unter anderem über die weiterhin verstärkt erforderliche Sensibilisierung angehender Architekt*innen für das Bauen im Bestand sowie die stärkere Fokussierung auf denkmalpflegerische Themen auch im Ingenieurwesen diskutiert.
Die von Stefanie Beis, Marc Jumpers und Annette Kreuzer moderierte Sektion »Wege zum Miteinander – Hand in Hand zum Denkmalerhalt« hatte sich zum Ziel gesetzt, »neue Ansätze zu entwickeln, die den Dialog zwischen Denkmalpflege und Eigentümer*innen stärken – für eine Zukunft, in der mehr historische Bausubstanz erhalten bleiben soll.« Impulsgeber waren der Planer Werner Haase, der Denkmaleigentümer und Schreinermeister Peter Amann sowie Lydia Stemmer, die mit ihrer Familie 2024 den Bayerischen Denkmalschutzpreis für die Sanierung eines Gebäudes im ländlichen Raum gewonnen hat. Alle drei betonten, wie wichtig eine achtsame Kommunikation aller an einem Instandsetzungsprozess Beteiligten sei, um eine Begegnung auf Augenhöhe zu erreichen. Während Werner Haase hier vor allem die Architekt*innen in der Pflicht sah, wies Peter Amann auf die Angst vieler Denkmaleigentümer*innen vor Bevormundung seitens der Denkmalbehörden hin. Sein Vorschlag zum Abbau diesbezüglicher Barrieren sah unter anderem vor, Fachwissen zu teilen sowie insbesondere die Bedürfnisse der Denkmaleigentümer*innen zu erfragen, um gemeinsame Lösungen zu entwickeln. Dies konnte Lydia Stemmer jeweils aus eigener Erfahrung bestätigen, hatte sie doch schon vor Kauf des zu sanierenden Objektes einen Architekten gefunden, der ihr die Wertigkeit und Bedeutung des Denkmals erläuterte. Dadurch wurde nicht nur ihre Begeisterung geweckt, sondern auch der erforderliche Zeit- und Kostenaufwand verständlich. Ihr Wunsch an die Denkmalbehörden, mit denen sie vertrauensvoll zusammengearbeitet habe, sei jedoch, Fördermöglichkeiten transparenter zu kommunizieren. Fazit der Sektion war unter anderem, dass die Denkmalpflege besser sei als ihr Ruf. Trotzdem müsse die Außenwirkung weiterhin verbessert werden, was gleichermaßen wertschätzende Kommunikationsstrategien seitens der Behörden wie auch Offenheit der Bauherr*innen für fachliche Belange erfordere.
Neue Ansätze moderner Denkmalvermittlung wurden in der von Daniel Beck, Martina Kigle und Thomas Hermann moderierten Sektion »#DenkmalpflegeGoes-Viral – Mit TikTok, Instagram & Co. ans Ziel« vorgestellt. Zu Beginn plädierte Politikberater Martin Fuchs eindrücklich für den Einsatz innovativer Konzepte – vom lustigen Meme bis zum anregenden Podcast – auch und gerade in Behörden. In einer sich rasch wandelnden Gesellschaft sei auf Dauer nur erfolgreich präsent, wer sich der neuen Medien bediene. Daran knüpfte der Museumsexperte Martin Spantig mit praktischen Beispielen an: So sei etwa das Würzburger Museum für Franken oder die Altstadt Regensburgs bereits erfolgreich von Influencer*innen beworben worden. Mit dem »audiovisuellen Content« habe man ein wesentlich größeres und auch jüngeres Publikum ansprechen können, als es über analoge Kanäle möglich gewesen wäre. Um solche Effekte für die Denkmalpflege zu erreichen, so die Medienberaterin Simone Jocham in ihrem abschließenden Vortrag, würde man bei TikTok, Instagram & Co. am besten auf bereits bestehende denkmalaffine Communities zugehen. Aus dem Kreis der Teilnehmer*innen gab es hierzu etliche Ideen.
Internationale Einblicke in die Organisation ehrenamtlicher Denkmalpflege wie den English Heritage (Charles O’Brien) oder den Schweizer Heimatschutz (David Vuillaume) vermittelte die Sektion »Engage! – Impulse für die ehrenamtliche Denkmalpflege«. Moderiert von Judith Sandmeier und Florian Appel, fand sie in einer ehemaligen Gepäckhalle des Stadtteilzentrums Giesinger Bahnhof statt. Als besonders beindruckend erwies sich dabei das von Jan Hülsemann vorgestellte Projekt »Ambulanta pentru Monumente« aus Rumänien. In verschiedenen Provinzen betreibt es nicht nur mit Ehrenamtlichen aus ganz Europa, Dorfgemeinschaften und ortsansässigen Handwerker*innen praktische Denkmalpflege par excellence, sondern nimmt eine Schlüsselrolle in diesem Bereich ein.
Abschlussplenum
Das Abschlussplenum widmete sich der Vorstellung der Sektionsergebnisse und bot mit einer von Marion Kohnke engagiert vorgetragenen Analyse zur aktuellen Arbeitssituation der Volontär*innen in der Denkmalpflege auch diesen ein größeres Forum.[1] Ein während der Tagung entstandener Videoclip, in dem Tagungsteilnehmer*innen Antworten auf die Frage nach ihrem Weg in die Denkmalpflege gaben, veranschaulichte noch einmal auf originelle Weise die schon während der Tagung deutlich gewordene Vielfalt beruflicher Zugänge. Zudem zeigte er beispiel- und vorbildhaft, wie ein leichter Zugang zum Thema Denkmalpflege über kurze Videosequenzen als geläufiges Medium der Gegenwart gelingen kann. Im Rahmen der Staffelstabübergabe präsentierte Landeskonservator Alf Furkert das Thema der im Anschluss an den 90. Tag der Denkmalpflege für den 8. bis 10. Juni in Leipzig geplanten Jahrestagung der VDL 2026: Unter dem Titel »Umbrüche. Transformationen in Stadt und Land – Herausforderungen für die Denkmalpflege« wird sich ein breit gefasstes Programm nah am Kern der täglichen Herausforderungen der Denkmalpflege bewegen. Im Anschluss an die Mitgliederversammlung der VDL klang der Tag nach Grußworten von Stadtbaurätin Elisabeth Merk und Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer bei einem Münchner Abend in der NachtKantine aus.
Exkursionen
Zum Abschluss der Tagung fanden am 21. Mai acht Exkursionen statt, die einen inhaltlichen Bezug zum Tagungsthema und zu aktuellen Fragen der Denkmalpflege besaßen. So wurde mit dem Besuch der Alten Schmiede in Augsburg ganz im Sinne der VDL -Tagung gezeigt, wie Studierende über die Hochschule Augsburg und durch das Engagement eines Denkmaleigentümers an die Denkmalpflege herangeführt wurden. Seit 2015 organisieren sie weitgehend in Eigenregie die Erhaltung eines Kulturdenkmals durch einen Verein.
Die Exkursion in die Welterbe-Stadt Regensburg umfasste naturgemäß eine Fülle an Baudenkmalen zwischen Castra Regina und Dom St. Peter (Abb. 8). Schwerpunkte waren hier eine ausführliche Besichtigung des Domes mit Turmbesteigung, der Besuch der Dombauhütte sowie als krönender Abschluss die Präsentation der Ergebnisse der Bauforschung an der Porta Praetoria.

Über den Dächern von Regensburg während der Exkursion 2 »Zwischen Castra Regina und Dom St. Peter«
Bei der Exkursion rund um das Olympia-Areal auf dem ehemaligen Flugplatz Oberwiesenfeld drehte sich alles um die Farbe Orange und das Jahr 1972. So brachte die orangefarbene Olympia-Linie U 3, von der fünf Stationen denkmalgeschützt sind, die Teilnehmer*innen zum Olympiapark. Besonders beeindruckte der Detailreichtum des Interieurs des Gourmetrestaurants Tantris, das mit seinen Gestaltungsideen einer expressiven Dekade wie »teppichbedeckten« Decken und Wänden, kugeligen Lampenschirmen oder orangenen Kleiderbügeln Begeisterung hervorrief. Darüber hinaus kommt die Stadtentwicklung Münchens in den 1970er Jahren im und um den Olympiapark nach wie vor anschaulich zum Ausdruck.
Eine Fahrradexkursion führte zunächst in das sogenannte PaketPost-Areal, ein städtebauliches Projekt, das mit seinen geplanten Zwillingstürmen seit Jahren für viel Diskussion in München sorgt. Danach ging es nach Nymphenburg, wo die Wirkung dieser geplanten 155 Meter hohen Hochhäuser von einem anderen, denkmalpflegerisch sensiblen Standort aus ausführlich diskutiert wurde – auch im Vergleich mit raumwirksamen Neubauvorhaben in anderen Bundesländern.
Gleichermaßen inhaltlich interessant wie landschaftlich beeindruckend war die Exkursion auf die Fraueninsel im Chiemsee. Über Kloster, Klosterkirche und Torhalle führte sie zu den jüngst durch geophysikalische Untersuchungen aufgefundenen Fundamenten eines oktogonalen Zentralbaus in der Inselmitte, der derzeit um die Wende zum zweiten Jahrtausend n. Chr. datiert wird. Noch älter ist auf der Fraueninsel nur die erhaltene Torhalle, deren baugeschichtliche Zusammenhänge umstritten sind. Bereichert wurde der Rundgang durch das von Äbtissin M. Johanna Mayer OSB mit viel bayerischem Humor vorgetragene Detailwissen.
Die Exkursion zum Thema »Handwerk und Passion im Landkreis Garmisch-Partenkirchen« führte zunächst nach Garmisch in die Schulen für Holz und Gestaltung des Bezirks Oberbayern. In dem mehrteiligen, seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert entstandenen und durch eine regionaltypisch gestaltete Bauphase Anfang der 1960er Jahre geprägten Gebäudekomplex werden diverse Fachschulangebote gepflegt. Neben der Ausbildung im Holzbildhauer- oder Schreinerhandwerk ist die Vollzeit-Weiterbildung zum Schreinermeister bzw. zur Schreinermeisterin oder auch die Weiterqualifizierung an der Fachakademie für Raum- und Objektdesign möglich. Darüber hinaus existiert eine Krippenbauschule, die lokale Schnitztraditionen pflegt. Eine weitere Station der Exkursion war dann das beeindruckende, 1899/1900 von Max Schmucker errichtete Passionsspielhaus in Oberammergau.
Die Exkursion nach Nürnberg führte zunächst in die Innenstadt zum stadtbildprägenden Pilatushaus, welches aktuell mit großem Engagement der Altstadtfreunde Nürnberg e. V. instandgesetzt wird. In das statisch schwer geschädigte Fachwerkgebäude sollen zukünftig Gastronomie, Büros und Wohnungen einziehen. Auf dem Johannesfriedhof mit seinen liegenden Grabsteinen, unter anderem von Albrecht Dürer, und den Bronzeepitaphien wurden die Holzschuherkapelle von 1515, die laufende Sanierung historischer Gruftanlagen sowie die denkmalgerechte Wiederherstellung der neugotischen Arkaden besichtigt.
Die Exkursion in das seit 1991 bestehende Bauarchiv im ehemaligen Kloster Thierhaupten machte auf anschauliche Weise deutlich, wie wichtig Fortbildung und Baudokumentation in der Denkmalpflege sind. Neben einer Besichtigung der Klosteranlage und der beiden Werkstätten, welche unter anderem Musterrestaurierungen durchführen, wurde den Teilnehmer*innen im Rahmen eines laufenden Seminars das trockene Ablöschen von Kalk demonstriert. Im Mittelpunkt stand die Besichtigung der derzeit an die 6.000 Objekte umfassenden Schau- und Lehrsammlung ehemals baugebundener Bauteile, welche einen einmaligen Fundus für die denkmalpflegerische Praxis darstellt.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die diesjährige vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege so großartig wie gastfreundlich organisierte VDL-Jahrestagung einmal mehr die Notwendigkeit deutlich gemacht hat, für einen Weg in die Denkmalpflege verstärkt auch auf Nebengleisen wie den Hochschulen und Universitäten sowie insbesondere im Handwerk zu werben. Nun liegt es an den Tagungsteilnehmer*innen, die Inspirationen aus München aufzunehmen, um vor allem junge Menschen für die Belange von Denkmalschutz und Denkmalpflege zu begeistern oder zumindest zu sensibilisieren, vielleicht bei einer Portion Kartoffelknödel.
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Abbildungsnachweis:
1–2: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (BLfD), Elisabeth Frick. — 3: BLfD, Annette Kreuzer. — 4, 5, 7: BLfD, David Laudien. — 6: BLfD, Simone Hartmann. — 8: BLfD, Atreju Allahverdy.
© 2025 Stefan Dähne/Josephine Dreßler/Alf Furkert/Dorit Gühne/Nora Kindermann/Thomas Noack/Torsten Sander/Franz Schikowski/Symon Schirmer/Sabine Webersinke/Tobias Michael Wolf/Carola Zeh, published by De Gruyter
This work is licensed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 International License.
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