„…jede Hilfe zu spät…“
-
Gesine Palmer
Zusammenfassung
Der Essay reflektiert aus der Perspektive einer erfahrenen Trauerrednerin über die Grenzen symbolischer, medizinischer und moralischer Begleitung des Sterbens. Er diagnostiziert eine gesellschaftliche Verschiebung in der Auffassung des Todes: einst als unverfügbares Los anerkannt, wird er immer öfter als technisch lösbares Problem missverstanden und einem fehlgeleiteten Konzept von Autonomie unterstellt. Während in religiösen Traditionen wie dem Judentum oder Christentum der Tod als Grenze zugleich die Hoffnung auf Erlösung vom Tod eröffnet, wird im zeitgenössischen Sterbehilfediskurs zunehmend eine Erlösung durch den Tod propagiert. Anhand von Beispielen aus Kultur und Praxis – etwa einer Inszenierung von Händels „Messias“ – kritisiert der Text eine „todestriebgesteuerte“ Idealisierung des assistierten Suizids, die den Begriff der Selbstbestimmung pervertiert. Er stellt diesem ein dialogisches Freiheitsverständnis entgegen, das sich in Verantwortung und Bindung entfaltet. In der Tradition von Hermann Levin Goldschmidt und Hermann Cohen plädiert er für eine Anerkennung der Krankheit als eigenwertigen Teil des Lebens – nicht als dessen Ende. Autonomie zeigt sich nicht in der Verfügung über den Tod, sondern in der Fähigkeit, mit den Grenzen des Lebens wie der Selbstbestimmung verantwortlich und solidarisch umzugehen. Der Text ist ein Plädoyer für moralische Zurückhaltung, menschliche Zuwendung – und mehr Leben in der je verbleibenden Zeit.
Zusammenfassung
Der Essay reflektiert aus der Perspektive einer erfahrenen Trauerrednerin über die Grenzen symbolischer, medizinischer und moralischer Begleitung des Sterbens. Er diagnostiziert eine gesellschaftliche Verschiebung in der Auffassung des Todes: einst als unverfügbares Los anerkannt, wird er immer öfter als technisch lösbares Problem missverstanden und einem fehlgeleiteten Konzept von Autonomie unterstellt. Während in religiösen Traditionen wie dem Judentum oder Christentum der Tod als Grenze zugleich die Hoffnung auf Erlösung vom Tod eröffnet, wird im zeitgenössischen Sterbehilfediskurs zunehmend eine Erlösung durch den Tod propagiert. Anhand von Beispielen aus Kultur und Praxis – etwa einer Inszenierung von Händels „Messias“ – kritisiert der Text eine „todestriebgesteuerte“ Idealisierung des assistierten Suizids, die den Begriff der Selbstbestimmung pervertiert. Er stellt diesem ein dialogisches Freiheitsverständnis entgegen, das sich in Verantwortung und Bindung entfaltet. In der Tradition von Hermann Levin Goldschmidt und Hermann Cohen plädiert er für eine Anerkennung der Krankheit als eigenwertigen Teil des Lebens – nicht als dessen Ende. Autonomie zeigt sich nicht in der Verfügung über den Tod, sondern in der Fähigkeit, mit den Grenzen des Lebens wie der Selbstbestimmung verantwortlich und solidarisch umzugehen. Der Text ist ein Plädoyer für moralische Zurückhaltung, menschliche Zuwendung – und mehr Leben in der je verbleibenden Zeit.
Kapitel in diesem Buch
- Frontmatter I
- Inhalt V
- Einleitung: Gelingende Sterbehilfe? 1
-
Ein resonanzphilosophischer Anfang
- Kann Suizidassistenz ein Sterben in Selbstachtung unterstützen? Plädoyer für eine Resonanzethik des Sterbens in Achtung vor sich selbst und den anderen 15
-
Teil I: Schwerpunkt Anthropologie: Menschliches Sterben als Beziehungsgeschehen
- Altersmedizin und Sterbebegleitung 45
- Begleiten und Loslassen, Sterben und Miteinandersterben – fiktional und autofiktional 67
- Der vergessene Trost. Über die halbierte Anthropologie der Sterbehilfe 87
- Die Zeit des Sterbens 103
-
Teil II: Schwerpunkt Sterbensethik: Was sind Formen einer gelingenden bzw. misslingenden Sterbebegleitung?
- Denkperspektiven über die Begleitung eines alten Sterbenden 129
- Die Verletzlichkeit des Sterbenden und ihre Aufforderung zur Sorge 143
- Sterbebegleitung in der medizinischen Praxis 151
- „…jede Hilfe zu spät…“ 161
-
Teil III: Schwerpunkt Suizidethik: Was sind Formen einer gelingenden bzw. misslingenden Begleitung von Menschen mit Suizidwunsch und ihrer Angehörigen?
- Assistierter Suizid: Die Bedeutung der psychiatrischen Perspektive und von Suizidprävention 181
- Andere im Ich – Psychoanalytische Reflexionen suizidaler Subjektivierungen als möglicher Beitrag der Sorge um einen freien Willen zu sterben 201
- Praxis klinischer Seelsorge bei Todeswünschen – eine besondere Herausforderung im psychiatrischen Kontext 221
- Trauer und psychische Belastungen nach einem assistierten Suizid 233
- Suizid und assistierter Suizid – ein Blick auf die Angehörigen und Zugehörigen 241
-
Teil IV: Schwerpunkt Sozialtheorie: Gesellschaftliche und rechtliche Kontexte der Suizidassistenz
- Unterschiedliche Ansätze für das gleiche Ziel: Analyse der Entwürfe für ein Gesetz über die Sterbehilfe in Deutschland und in Frankreich 263
- Solidarität statt Suizid. Sind wir auf dem Weg in eine Technokratie des Sterbens? 279
-
Teil V: Ein trialogischer Schluss
- Suizidalität, Suizidprävention und Trialog: Impulse verschiedener Traditionsstränge für die multidisziplinäre Praxis 293
- Autorenverzeichnis 305
Kapitel in diesem Buch
- Frontmatter I
- Inhalt V
- Einleitung: Gelingende Sterbehilfe? 1
-
Ein resonanzphilosophischer Anfang
- Kann Suizidassistenz ein Sterben in Selbstachtung unterstützen? Plädoyer für eine Resonanzethik des Sterbens in Achtung vor sich selbst und den anderen 15
-
Teil I: Schwerpunkt Anthropologie: Menschliches Sterben als Beziehungsgeschehen
- Altersmedizin und Sterbebegleitung 45
- Begleiten und Loslassen, Sterben und Miteinandersterben – fiktional und autofiktional 67
- Der vergessene Trost. Über die halbierte Anthropologie der Sterbehilfe 87
- Die Zeit des Sterbens 103
-
Teil II: Schwerpunkt Sterbensethik: Was sind Formen einer gelingenden bzw. misslingenden Sterbebegleitung?
- Denkperspektiven über die Begleitung eines alten Sterbenden 129
- Die Verletzlichkeit des Sterbenden und ihre Aufforderung zur Sorge 143
- Sterbebegleitung in der medizinischen Praxis 151
- „…jede Hilfe zu spät…“ 161
-
Teil III: Schwerpunkt Suizidethik: Was sind Formen einer gelingenden bzw. misslingenden Begleitung von Menschen mit Suizidwunsch und ihrer Angehörigen?
- Assistierter Suizid: Die Bedeutung der psychiatrischen Perspektive und von Suizidprävention 181
- Andere im Ich – Psychoanalytische Reflexionen suizidaler Subjektivierungen als möglicher Beitrag der Sorge um einen freien Willen zu sterben 201
- Praxis klinischer Seelsorge bei Todeswünschen – eine besondere Herausforderung im psychiatrischen Kontext 221
- Trauer und psychische Belastungen nach einem assistierten Suizid 233
- Suizid und assistierter Suizid – ein Blick auf die Angehörigen und Zugehörigen 241
-
Teil IV: Schwerpunkt Sozialtheorie: Gesellschaftliche und rechtliche Kontexte der Suizidassistenz
- Unterschiedliche Ansätze für das gleiche Ziel: Analyse der Entwürfe für ein Gesetz über die Sterbehilfe in Deutschland und in Frankreich 263
- Solidarität statt Suizid. Sind wir auf dem Weg in eine Technokratie des Sterbens? 279
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Teil V: Ein trialogischer Schluss
- Suizidalität, Suizidprävention und Trialog: Impulse verschiedener Traditionsstränge für die multidisziplinäre Praxis 293
- Autorenverzeichnis 305