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Post-NPM-Governance und Grenzobjekte. Zur organisationalen Funktion des Digitalisierungsdiskurses an Universitäten

  • Luca Tratschin

    Luca Tratschin (Dr. phil.) ist wissenschaftlicher Projektleiter am Kompetenzzentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung der Universität Zürich und Lehrbeauftragter am Soziologischen Seminar der Universität Luzern. Er wurde an der Universität Luzern mit einer Arbeit zur Selbstbeschreibung von Protestbewegungen promoviert. Seine Forschungsinteressen liegen in der politischen Soziologie, der Wissen(schaft)ssoziologie sowie der Organisationssoziologie. Wichtige Publikationen: Katastrophenkommunikation, holistische Perspektiven und die Expansion von Expertise. Leviathan Sonderband 38 (2021); Streit vor Publikum: Öffentliche Darstellung von Publikumsgunst als gemeinsames Bezugsproblem sozialer Bewegungen und der Adressaten ihrer Proteste. Zeitschrift für Theoretische Soziologie 8 (2019) (2); Protest und Selbstbeschreibung: Selbstbezüglichkeit und Umweltverhältnisse sozialer Bewegungen. Bielefeld, 2016.

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Veröffentlicht/Copyright: 9. Dezember 2022
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Zusammenfassung

Der Artikel zeigt anhand der Analyse von Strategien und Maßnahmen dreier Schweizer Universitäten, wie Digitalisierung als organisationales Grenzobjekt angeeignet wird. Während das Aufgreifen der Digitalisierungsthematik vordergründig dazu dient, gesellschaftliche Responsivitätserwartungen zu bedienen, kommt ihr die latente Funktion zu, die heterogenen professionellen Interessen innerhalb der Universitäten auf ein gemeinsames Projekt hin zu orientieren. Digitalisierung macht Koordination möglich, ohne einen Konsens über ihre konkrete Bedeutung und Umsetzung in unterschiedlichen Arbeitskontexten vorauszusetzen. Sie kompensiert so die Limitationen hierarchischer Steuerung, die in Governancemodellen der Post-NPM-Ära anerkannt wird, um dennoch eine gesamtorganisationale Handlungsfähigkeit der Universitäten dar- und herstellen zu können. Am Beispiel der Digitalisierung argumentiert der Artikel weiterführend, dass Grenzobjekte nicht ohne weiteres auf Dauer bestehen. Wenn Grenzobjekte die Zusammenarbeit innerhalb von Organisationen wie z. B. Universitäten längerfristig stabilisieren sollen, stellt sich die Frage, wie mit ihrem ephemeren Charakter umgegangen wird. Abschließend kommt der Artikel zu der Einschätzung, dass Grenzobjekte angesichts jüngerer Entwicklungen auch in anderen Organisationstypen, wie z. B. Unternehmen, eine zunehmende Rolle spielen könnten.

Abstract

By analyzing the strategies and measures of three Swiss universities, this article shows how digitalization is appropriated as an organizational boundary object. While the topic of digitalization serves to meet expectations of the social usefulness of universities, it has the latent function of orienting the heterogeneous professional interests within the universities toward a common project. Digitalization makes coordination possible without presupposing a consensus on its concrete meaning and implementation in different work contexts. In this way, it compensates for the limitations of hierarchical control, which are being recognized in post-NPM governance models, in order to represent and establish an organizational capacity for actorhood. Using the example of digitalization, the article further argues that boundary objects are not necessarily stable over time. If they are to stabilize cooperation within organizations such as universities in the long term, the question arises of how to deal with their ephemeral character. Finally, the article suggests that boundary objects may also play an increasing role in other types of organizations, such as business firms.

1 Einleitung

Digitalisierung ist in aller Munde. Gesellschaftsdiagnosen verweisen auf den revolutionären Charakter der Digitalisierung (Schwab 2016), betonen ihre Gefahren (Zuboff 2019) wie auch deren Chancen (Rebhorn 2019). Geradezu typisch für gesellschaftliche Debatten über medientechnischen Wandel lässt sich eine Tendenz beobachten, Digitalisierung entweder mit utopischen oder dystopischen Zukunftsszenarien zu verbinden (Schrape 2021, 83). Unterhalb der Flughöhe solcher Gesellschaftsdiagnosen gibt es eine Vielzahl von Deutungsangeboten, wie die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung zum Beispiel ökonomisch oder politisch adressiert werden können (z. B. Erner 2019; Keuper/Hamidian et al. 2013; Hill/Kugelmann/Martini 2018; Klenk/Nullmeier/Wewer 2020).

Auch Universitäten greifen die Digitalisierung auf und setzen sich aktiv mit der Thematik und ihren Implikationen für Forschung und Lehre, aber auch Administration auseinander. Das Aufgreifen der Digitalisierungsthematik ist vor dem Hintergrund eines gesteigerten Legitimationsbedarfs von Wissenschaft und Hochschulen zu verstehen, der schon seit längerem beobachtet wird: Universitäten sind stärker mit der Erwartung konfrontiert, einen konkreten und identifizierbaren Nutzen für Akteure außerhalb des Wissenschaftssystems zu erbringen (Benninghof/Leresche 2003, 55 ff.; Gibbons/Limoges et al. 1994; Weingart 2001, 240 ff.) und eine aktive Rolle in der Bewältigung gesellschaftlicher Problemlagen, insbesondere der Grand Challenges, wahrzunehmen (vgl. Omenn 2006). Bezüglich der Digitalisierung rief zum Beispiel das Massachusetts Institute of Technology (MIT) die „MIT Initiative on the Digital Economy“ ins Leben (MIT Initiative on the Digital Economy 2020), während die Brown University das „Brown University Digital Transformation Project“ lancierte (Brown University 2021). Auch das King’s College London gründete ein Centre for Digital Culture (King’s College London 2021). Im Fall der Schweiz zeigt sich, dass die Jahresberichte aller zwölf Schweizer Universitäten die Thematik der Digitalisierung etwa ab dem Jahr 2014 aufgreifen – mit steigender Prominenz. Darüber hinaus lassen sich bei vielen Schweizer Universitäten Initiativen zur digitalen Transformation beobachten. So definierte der ETH-Rat bereits im Jahr 2014 in der Strategischen Planung für die Jahre 2017–2020 „Big Data und Digitale Wissenschaften“ (ETH Rat 2014, 7) zu einem von vier Fokusbereichen des ETH Bereichs, der die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich) sowie Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) umfasst. Etwas später lancierte die Universität Zürich die „Digital Society Initiative“ (2017–2021), die Universität Basel publizierte eine Strategie „Digitalisierung in der Lehre“ (2018) und die Universitäten Bern (2018), Genf (2019) und Lausanne (2019) entwickelten spezifische Digitalisierungsstrategien. Die letztgenannten Fälle, die sich ostentativ mit Digitalisierung befassen, stehen im Zentrum dieses Beitrags.

Ich untersuche im Folgenden, wie die Universitäten Bern, Genf und Lausanne den Gegenstand der Digitalisierung auf ihre Tätigkeiten beziehen und in ihre Strukturen übersetzen und welche Funktion der organisationalen Aneignung von Digitalisierung zuzuschreiben ist. Während eine offenkundige Funktion darin besteht, die oben erwähnten Nützlichkeitserwartungen aus der gesellschaftlichen Umwelt zu bedienen, so erfüllt Digitalisierung – wie ich zeige – auch die latente Funktion, kollektive Handlungsfähigkeit der Universität dar- und herzustellen. Ich argumentiere, dass der in den Reformen des New Public Management (NPM) betonte hierarchische Koordinationsmechanismus nicht ausreicht, um die Erwartung universitärer Handlungsfähigkeit und Responsivität auf plausible Weise einzulösen. Aufgrund starker professioneller und disziplinärer Handlungsspielräume der Hochschulmitglieder erscheint es für Universitäten angebracht, an der nicht-hierarchischen Koordinationsform des Grenzobjekts anzusetzen, um ihre Mitglieder kollektiv für die Organisation zu mobilisieren. Digitalisierung kommt die latente Funktion zu, die heterogenen Interessen und Perspektiven der Universitätsmitglieder – zumindest für eine gewisse Zeit – auf ein gemeinsames Ziel hin zu orientieren. Mit diesem Beitrag versuche ich, Debatten aus der Wissenschafts- und der Hochschulforschung mit Bezug auf organisationssoziologische Argumente wechselseitig füreinander fruchtbar zu machen und damit einen Beitrag an die in jüngerer Zeit mit Nachdruck geforderte stärkere Integration dieser beiden Forschungsfelder zu leisten (vgl. Hamann/Kaldewey et al. 2018).

Der Artikel ist wie folgt aufgebaut: Im nächsten Abschnitt diskutiere ich den Organisationstypus Universität vor dem Hintergrund zweier Kernthemen politischer wie auch wissenschaftlicher Debatten, nämlich der gesellschaftlichen Responsivität und der organisationalen Handlungsfähigkeit von Universitäten (Abschnitt 2). Diese Themen sind von Relevanz, da universitäre Digitalisierungsstrategien eine gesellschaftliche Responsivitätserwartung bedienen, deren Einlösung organisationale Handlungsfähigkeit voraussetzt. Anschließend präsentiere ich die Fälle der Universitäten Bern, Genf und Lausanne, die im Weiteren genauer untersucht werden, sowie das methodische Vorgehen (Abschnitt 3). Sodann zeige ich anhand des empirischen Materials, wie sich die ausgewählten Organisationen in ihren Strategiedokumenten darstellen und untersuche, wie die Thematik der Digitalisierung in die Strukturen und Praktiken der Universitäten übersetzt wird. Ich argumentiere insbesondere, dass der Digitalisierung die Funktion zukommt, Beschränkungen der hierarchischen Steuerungsfähigkeit von Universitäten zu kompensieren: Mit ihr sollen die heterogenen Aktivitäten der Universitätsmitglieder stärker auf die Organisation bezogen werden. Im Anschluss an diese Deutung argumentiere ich, dass das in den Strategiepapieren entwickelte Grenzobjekt der Digitalisierung nicht nur als reine Schauseitenphänomen einzuschätzen ist, sondern auch organisationsinterne Folgen zeitigt (Abschnitt 4). Ich schließe den Artikel mit Überlegungen zu den Bedingungen der Reproduktion von Grenzobjekten sowie der möglichen Übertragbarkeit der präsentierten Argumente für andere Organisationstypen ab (Abschnitt 5).

2 Universität als Organisation

Universitäten zeichnen sich dadurch aus, dass sie wissenschaftliche und erzieherische Aktivitäten innerhalb eines organisationalen Rahmens bündeln und miteinander in ein Verhältnis setzen. Sie sind multireferenzielle Organisationen, die sich an der Reproduktion verschiedener gesellschaftlicher Funktionsbereiche beteiligen (vgl. Luhmann 2005a, 217; Kleimann 2019; Kette/Tacke 2015, 229) und insbesondere eine strukturelle Kopplung des Wissenschafts- und Erziehungssystems leisten (Luhmann 1997, 784 f.; Lieckweg 2001; Tratschin 2007, 156). Neben den klassischen Aufgaben des humboldtschen Modells ist im Zuge erhöhter gesellschaftlicher Responsivitätserwartungen ein Bündel an Leistungen dazugekommen, das oft als Third Mission bezeichnet wird: Universitäten sollen demnach nicht bloß (Grundlagen-)Forschung betreiben und Studierende ausbilden, sondern auch andere Gelegenheiten wahrnehmen, um einen gesellschaftlichen Mehrwert zu erzeugen, zum Beispiel im Sinne von Technologietransfer und Innovation, wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten oder auch sozialen Engagements (vgl. Roessler 2015, 46).

2.1 New Public Management Reformen: Grenzen hierarchischer Steuerung

In der organisationssoziologischen Literatur wurden Universitäten traditionellerweise als untypische, oft auch als defizitäre Organisationen verstanden (vgl. Kehm 2012; Musselin 2007). Diese Eigenschaften wurden in der Regel aus den Kernaktivitäten von Universitäten in Forschung und Lehre abgeleitet. So haben Cohen, March und Olsen (1972, 1) Universitäten als einen Fall organisierter Anarchien analysiert und dies unter anderem auf ein Technologiedefizit in Lehre und Forschung zurückgeführt (siehe auch: Luhmann 2005b, 226). Mit dem Konzept der losen Kopplung hat später Karl Weick (1976) eine einflussreiche Beschreibung des anarchischen Charakters von Bildungsinstitutionen wie Universitäten vorgelegt (vgl. auch Stichweh 2005, 125). Universitäten erscheinen so aufgrund von Eigenschaften ihrer Kernaktivitäten als defizitäre Organisationen: Strukturelle Merkmale von Forschung und Lehre begünstigen eine lose integrierte Organisationsform, von der nur eine geringe Entscheidungsfähigkeit und Rationalität zu erwarten ist (vgl. Brunsson/Andersson 2000; Luhmann 2005a, 226).

Ab den 1990er Jahren lassen sich in Kontinentaleuropa Bemühungen beobachten, Universitäten zu „kompletteren“ Organisationen umzubauen – um eine Formulierung von Brunsson und Sahlin-Andersson (2000) aufzugreifen – und damit dem anglo-amerikanischen Universitätsmodell mindestens näher zu kommen, idealerweise sogar näher dem Vorbild des wirtschaftlichen Unternehmens, wie sich in Beschreibungen der entrepreneurial university (Clark 1998) oder der enterprise university (Marginson/Considine 2000) zeigt. Universitäten sollten zu Organisationen werden, deren Aktivitäten hierarchisch stärker gekoppelt sind, so dass sie als organisationale Akteure agieren können, die gegenüber ihrer Umwelt autonom auftreten können, über ein gestärktes Management verfügen sowie gesamtorganisationale Ziele verfolgen (vgl. Kleimann 2015; Whitley 2012; Krücken/Meier 2006). Diese Umstrukturierung wurde insbesondere auch mit dem Ziel verfolgt, Hochschulen gesellschaftlich responsiver zu machen. Die Kernüberlegung bestand hierbei darin, dass universitäre Autonomie zu einer aktiveren Positionierung gegenüber Ansprüchen und Entwicklungen aus ihrer Umwelt führen würde (Stichweh 2014; Heintz 2008, 111).

Es ist wenig erstaunlich, dass diese Reformbemühungen zu gemischten Resultaten geführt haben. Jüngere Forschungsbefunde zeigen insbesondere, dass Versuche, Universitäten zu autonomeren, stärker vertikal integrierten Organisationen umzustrukturieren, zum einen verschiedene Formen angenommen haben – je gebrochen durch lokale Gegebenheiten und historische Trajektorien der Universitäten (vgl. Huber 2012, 249 ff.). Zum anderen haben sie sich auch nicht so schnell und umfassend ausgewirkt, wie sich Reformer (und teilweise wissenschaftliche Beobachter) das oftmals vorgestellt haben (vgl. Musselin 2021, 313 ff.). Angesichts der Unzulänglichkeiten des NPM-Modells von stark hierarchisch integrierten Universitäten habe sich gemäß Beobachtern wie Tom Christensen (2011) an vielen Orten mittlerweile ein Universitätsmodell durchgesetzt, das wieder stärker das Moment der horizontalen, im Gegensatz zur hierarchischen Integration betone: „The post-NPM recipe for treating the ailments of NPM and other challenges has been to increase central control and capacity, partly through vertical integration, as well as to intensify cross-sectoral collaboration and coordination, or a combination of the two“ (Christensen 2011, 504). Es gehe hierbei nicht um eine Ablehnung von New-Public-Management-Ideen, sondern vielmehr darum, hierarchische Integration durch Momente der horizontalen Kollaboration und Koordination wieder zu stärken – dies insbesondere angesichts der starken Inklusion ihrer Mitglieder in professionelle und wissenschaftliche Netzwerke, die Organisationsgrenzen penetrieren (vgl. Bleiklie/Enders/Lepori 2015). Es wird so der notorischen Doppelidentität von Hochschulangehörigen, zugleich Organisationsmitglieder zu sein und Angehörige einer „akademischen Profession“ (Schimank 2005, 143), die sich selbst in verschiedene wissenschaftliche Disziplinen (z. B. Physik, Politikwissenschaft, Germanistik) und Professionen (Recht, Theologie, Medizin) untergliedert (siehe Clark 1983, 28 ff.), wieder stärker Rechnung getragen. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die starke Verpflichtung auf Organisationsmitgliedschaft – und Schwächung der akademischen Profession (Schimank 2005) – oftmals nicht eine solche Durchschlagskraft hatte, wie dies die NPM-Reformen prinzipiell anstrebten. Das Ziel der kollektiven Handlungsfähigkeit von Universitäten und das damit verbundene Erfordernis der engeren Kopplung interner Aktivitäten wird in der von Christensen beobachteten post-NPM-Phase durch eine stärkere Berücksichtigung der professionellen Perspektiven verfolgt – und dazu gehören wohl auch die im Zuge der NPM-Reformen sich entwickelten neuen „Hochschulprofessionellen“ im Hochschulmanagement (vgl. Whitchurch 2008; Kehm/Merkator/Schneijderberg 2010).

2.2 Grenzobjekte als Form der Kooperation

Man kann an dieser Stelle festhalten, dass sich die NPM-Reformen zum einen oftmals nicht so stark durchsetzen konnten, wie das von ihren Vertreterinnen und Vertretern angedacht war, und sich zum anderen Konturen eines Post-NPM-Modells abzeichnen. Für beide Fälle ist ein kennzeichnendes Merkmal, dass der „horizontalen“ Logik von Universitäten, die stark durch die akademische Profession geprägt ist, nach wie vor bzw. wieder eine erhebliche Bedeutung zukommt. Gleichwohl kann man sicherlich nicht davon sprechen, dass die Erwartung an Handlungsfähigkeit und gesellschaftlicher Responsivität von Universitäten seitens ihrer Umwelt, z. B. Politik und Wirtschaft, abgenommen hätte.

So stellt sich die Frage, wie konkret die gegenüber Organisationsgrenzen relativ indifferenten professionellen Orientierungen innerhalb von Universitätsorganisationen aufgegriffen werden und für die stärkere Koordination und Kooperation fruchtbar gemacht werden können. Es ist zu vermuten, dass hier nun Kooperationsformen (wieder) an Relevanz gewinnen, die in der organisationssoziologisch orientierten Hochschulforschung nur wenig prominent, dafür aber in der Wissenschaftsforschung und der Professionssoziologie gut dokumentiert sind. Beide Literaturen haben – stark konvergierend – aufgezeigt, dass Kooperation in Wissenschaftsorganisationen bzw. zwischen Professionen Kooperationsobjekte – dinglicher oder abstrakter Natur – voraussetzen, die für verschiedene Akteure je etwas Anderes bedeutet und aus unterschiedlichen Gründen attraktiv sind (vgl. Meilvang 2019). So haben Susan L. Star und James R. Griesemer (1989) anhand einer Studie des Museums für Wirbeltierzoologie der Universität Berkeley aufgezeigt, dass Grenzobjekte in Universitäten und anderen Wissenschaftsorganisationen Kooperation zwischen verschiedenen Akteuren ermöglichen, ohne dass sie einen Konsens über diese Objekte teilen müssen: „Boundary objects are a sort of arrangement that allow different groups to work together without consensus” (Star 2010, 602). Im Anschluss an Griesemer und Star wurde das Konzept des Grenzobjekts verwendet, um Spezifika von Kooperationsformen in Universitäten (vgl. Considine 2006; Taufen 2019) sowie zwischen Universitäten und ihrer sozialen Umwelt zu untersuchen (vgl. Fisher/Atkinson-Grosjean 2002; Halpern 2011). Im Kontext der Professionsforschung stellte Andrew Abbott (2005) auf ähnliche Weise die Bedeutung von Objekten fest, die eine Scharnierfunktion erfüllen und Akteuren aus verschiedenen professionellen Ökologien erlauben, miteinander in Kooperation zu treten (siehe bereits Freidson 1960). Diese Scharniere (Hinges) versprechen in den verschiedenen sozialen Welten nicht nur je andere Handlungserfolge, sondern bedeuten in den involvierten sozialen Ökologien wie zum Beispiel Politik, Professionen oder Universitäten auch gänzlich Unterschiedliches (vgl. Abbott 2005).

Während beide Konzepte auf das Moment des Verbindenden von Boundary Objects bzw. Hinges fokussieren, so implizieren sie gleichzeitig auch Grenzerhaltung. Denn die Kooperation beruht gerade darauf, dass Akteure aus verschiedenen Handlungskontexten (z. B. Politik und Medizin) demselben sozialen Objekt (z. B. einem Gesetz) unterschiedliches abgewinnen können (z. B. politische Positionierung vs. medizinische Zertifizierung; siehe Abbott 2005). Auch in der Literatur zu Boundary Objects wird – weniger explizit – darauf hingewiesen, dass sich die konkrete Verwendungsweise von Grenzobjekten in den daran beteiligten „communities of practice“ (Bowker/Star 2000, 297) unterscheidet und damit neben der Verbindung auch Differenz reproduziert wird. Solche Grenzobjekte oder Scharniere stehen deshalb nicht unbedingt im Widerspruch mit dem in wissenschaftlichen Organisationen dauerhaft stattfindenden „boundary work“ (vgl. Gieryn 1983).

Da Universitäten im Zusammenhang der Digitalisierung mit der Erwartung konfrontiert sind, zur Bewältigung dieser Herausforderung einen Beitrag zu leisten, stellt sie einen interessanten Fall dar, um zu untersuchen, wie Universitäten sich als Akteure darstellen. In der untenstehenden Analyse diskutiere ich, wie ausgewählte Schweizer Universitäten sich selbst im Zusammenhang mit der Digitalisierung konzeptualisieren. Ich zeige dabei auf, dass die Universitäten zugleich auf hierarchische wie auch horizontale Koordinationsformen zurückgreifen, um diese Herausforderung zu bewältigen und sich als handlungsfähige und responsive Akteure darzustellen. Sie wählen dabei eine Strategie, die sowohl an Mitgliedschaftsrollen (Bindung an organisationale Entscheidungen) sowie an Professionsrollen ansetzt (Motivation durch disziplinäres und professionelles Interesse). Diese Koordination setzt dabei stark auf die als Grenzobjekt für die gesamte Organisation zugerichtete Digitalisierung.[1]

3 Untersuchungsgegenstand und methodisches Vorgehen

Im Folgenden beschäftige ich mich mit drei Schweizer Universitäten, die ihre strategischen Bemühungen in einschlägigen Strategiepapieren ausweisen. Mit den Universitäten Bern, Genf und Lausanne werden drei Fälle untersucht, in denen sich die Übersetzung des Digitalisierungsdiskurses in organisationale Strukturen sowie deren Implikationen besonders gut beobachten lässt. In deren Strategiepapieren wird diese Übersetzungsarbeit vorgenommen.

3.1 Die drei Fälle: Die Universitäten Bern, Genf und Lausanne

Bei den ausgewählten Fällen handelt es sich um drei der insgesamt zehn kantonalen Universitäten, die im Schweizer Kontext besonders im Kontrast mit den beiden vom Bund getragenen Eidgenössischen Technischen Hochschulen Zürich (ETH) und Lausanne (EPFL) zu verstehen sind. Die Universitäten Bern, Genf und Lausanne sind für Schweizer Verhältnisse mit zwischen 16000 und 18000 Studierenden als mittelgroße Volluniversitäten einzuordnen (siehe Tabelle 1 zu den folgenden Ausführungen). Zum Vergleich: die kleinste Universität (Luzern) zählte im Jahr 2021 rund 3000 Studierende, während im selben Jahr an der größten Universität (Zürich) rund 28000 Studierende immatrikuliert waren. Als Gründungen des 19. Jahrhunderts stellen sie gut etablierte Universitäten dar – im Unterschied zu den jüngeren Gründungen der Università della Svizzera Italiana (Gründung 1995) und der Universität Luzern (Gründung 2000). Im internationalen Hochschulsystem können die drei Universitäten als wettbewerbsfähig betrachtet werden: In Hochschulrankings – wie dem „Shanghai Ranking“ und dem „Times Higher Education Ranking“ – findet man die drei Universitäten unter den Top 200. Sie lassen sich so zum Feld global sichtbarer Universitäten zählen, wenn sie auch – im Unterschied zur ETH Zürich und zur EPFL – nicht zu ihren Spitzenorganisationen gehören.

Universität Bern

Universität Genf

Universität Lausanne

Gründungsjahr

1834

1873

1890

Träger

Kanton Bern

Kanton Genf

Kanton Lausanne

Anzahl Studierende 2020/21 (BfS)

18‘216

18‘722

16‘908

Volluniversität

Ja

Ja

Ja

Ranking 2021: ARWU/THE

101–150/109

60/149

101–150/191

Realisierung NPM im Verhältnis von Universität und politischer Autorität

Gering

Mittel

Hoch

Realisierung NPM innerhalb der Universität

Gering

Mittel

Mittel

Tabelle 1: Kurzportraits der ausgewählten Universitäten[2]

Im Zusammenhang mit der oben diskutierten Bedeutung von NPM-Reformen und von Post-NPM-Modellen lohnt sich eine kurze Einordnung der ausgewählten Universitäten. Stützt man sich auf eine Einschätzung von Ramuz, Gorga und Benninhof (2011), zeigt sich, dass die Universitäten Bern, Genf und Lausanne heterogene Ausprägungen bezüglich NPM umfassen (vgl. Tabelle 1). Im Verhältnis der Universitäten zu ihrer politischen Umwelt findet man dabei geringe (Bern), mittlere (Genf) sowie einen hohen (Lausanne) Realisierungsgrad von NPM-Prinzipien. Bezüglich der inneren Realisierung (besonders: Stärkung der Hierarchie) findet sich ein geringer (Bern) sowie ein mittlerer Grad (Genf und Lausanne) der Umsetzung von New Public Management. Die ausgewählten Fälle fügen sich insofern in die obige Diskussion ein, als sie keine vollständigen Implementationen der NPM-Agenda darstellen.

3.2 Methodisches Vorgehen: Analyse digitalisierungsbezogener Dokumente und Maßnahmen

Um ein Verständnis der Digitalisierungsbemühungen und ihres Kontextes zu gewinnen, wurden für jede Universität unterschiedliche Dokumententypen erhoben und ein Datenkorpus erstellt (vgl. Keller 2004, 84 ff.). Einerseits wurden Dokumente erhoben, die relevant für ein Verständnis der Universitäten sind. Hierbei handelt es sich um Leitbilder, allgemeine Strategiepapiere, Jahresberichte (im Zeitraum 2010–20) sowie Leistungsvereinbarungen mit den Kantonen (den Trägern der kantonalen Universitäten). Andererseits wurden Dokumente gesammelt, die explizit die Digitalisierung adressieren. Darunter fallen konkret: Digitalisierungsstrategien, Aktionspläne zur Digitalisierung sowie Webcontent zur Thematik von Digitalisierung auf den Webpages der Universitäten. Es handelt sich hierbei um empirisches Material, das den universitären Umgang mit Digitalisierung mit Bedeutung versieht und von relevanten Akteuren in den Universitäten (z. B. Universitätsleitung, Kommunikationsabteilungen und partizipativ inkludierten Universitätsangehörigen) getragen wird. Angesichts ihrer Urheber sind sie somit als Dokumente mit einer organisationalen Selbstbindung zu betrachten, zumal solche Selbstverpflichtungen insbesondere bei organisationsinternen, aber auch externen Publika Erwartungen generieren, gegen die kaum dauerhaft verstoßen werden kann (vgl. allgemein zu diesem Punkt: Stichweh 2013, 231). Auch wenn das erhobene Material keinen unmittelbaren Zugriff auf den Handlungsvollzug in den ausgewählten Universitäten gewährt, so werden in ihnen Modelle angemessenen Handelns entwickelt, die von externen Akteuren und insbesondere auch Universitätsmitgliedern eingefordert werden können. Sie sind somit als generativ für kognitive Sinngebungen sowie normative Erwartungshaltungen gegenüber Handlungsvollzügen zu betrachten.[3]

Ergänzend zu den ausgewählten Dokumenten wurden die Universitäten auch daraufhin untersucht, welche Maßnahmen sich in Bezug zur Digitalisierung beobachten und belegen lassen. Die erhobenen Informationen wurden noch mit weiteren Datenquellen abgeglichen (z. B. Organigrammen, Webseiten, Befragungsergebnissen bei Studiengängen, Publikations- und Projektdatenbanken bei Forschungsschwerpunkten), um den Grad der Umsetzung abschätzen zu können.

In der Untersuchung stand besonders die Frage im Vordergrund, wie Digitalisierung interpretiert wird und welche Konsequenzen die Universitäten aus dieser Interpretation ableiten. Um diese Frage zu beantworten, bot sich die wissenssoziologische Diskursanalyse nach Reiner Keller und aus diesem Ansatz insbesondere das Konzept der Phänomenstruktur an. Dieses bezieht sich darauf, dass „Diskurse in der Konstitution ihres referentiellen Bezuges (also ihres ‚Themas‘) unterschiedliche Elemente oder Dimensionen ihres Gegenstandes benennen und so zu einer spezifischen Gestalt, einer Phänomenkonstellation verbinden“ (Keller 2011, 248). Die Digitalisierungsstrategien stellen dabei nicht nur diskursives Material her, indem Digitalisierung als erlebtes Phänomen konstituiert wird, vielmehr findet darin auch eine Elaborierung diskursgenerierter Modellpraktiken statt (2011, 228), die sinnhafte Handlungsvollzüge für die Teilnehmenden konstituieren. Um die Phänomenstruktur und die darin mitkonstituierten sinnhaften Handlungsmuster in einer diskursanalytischen Feinanalyse zu rekonstruieren (vgl. Keller 2004, 87 ff.), wurden relevante Schlüsseldokumente identifiziert, in denen Digitalisierung thematisiert wird. Diese wurden dann in Orientierung an das Kodierungsverfahren der qualitativen Sozialforschung induktiv kodiert (Strauss 1994), wie dies in der Literatur zur wissenssoziologischen Diskursanalyse empfohlen wird (Keller 2008, 94). Ergänzend wurde betrachtet, inwiefern die Digitalisierungsstrategien strukturelle Effekte zeitigen, um auch Aussagen über die organisationalen Implikationen der Thematisierung von Digitalisierung treffen zu können. In der folgenden Darstellung fokussiere ich die Befunde dieser Analyse auf die beiden Fragen hin, wie die Universitäten in den Digitalisierungsstrategien dargestellt werden und welche Funktion Digitalisierung dabei zuzuschreiben ist.

4 Interpretation und Funktion der Digitalisierung

In den Strategien der drei Universitäten wird die Digitalisierung, in Übereinstimmung mit Diskursen aus Politik, Wirtschaft und Massenmedien, als eine umfassende gesellschaftliche Transformation anerkannt. Sie wird dabei besonders mit kurzen Beschreibungsformeln charakterisiert, wie zum Beispiel „Digitalisierung ändert die Welt“ (Universität Bern 2019, 3) oder „Digital technology is transforming our society profoundly“ (Universität Genf o. J., 7). Besonders betont wird, dass dieser Wandel sich durch Chancen wie auch Herausforderungen auszeichne (Universität Genf o. J., 11; Université de Lausanne 2019, 4). Allerdings werden diese Chancen und Herausforderungen kaum weiter erläutert – es wird der Imagination der Leserin bzw. des Lesers überlassen, worin sie bestehen könnten. So formuliert die Digitalisierungsstrategie der Universität Bern: „Die Universität Bern stellt sich den Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung“ (Universität Bern 2019, 3). Dabei wird nicht weiter ausgeführt, worin diese konkret bestehen. Digitalisierung wird aber nicht nur mit Semantiken des umfassenden Wandels, der Chancen und Herausforderungen bzw. Risiken charakterisiert, sondern auch anhand von Technologien exemplifiziert, die die digitale Transformation kennzeichnen, so z. B. Augmented Reality, Artificial Intelligence oder Big Data (Universität Genf o. J., 2). Ähnlich wie in staatlichen Digitalisierungsstrategien (Saner 2022, 149; Haase/Buus 2020, 253) wird Digitalisierung als Phänomen nicht ausführlich behandelt. Bestimmt wird sie eher abstrakt, mit Verweis auf einen gesellschaftsweiten Wandel, der Chancen und Risiken mit sich bringe. Veranschaulicht wird sie dagegen mit Beispielen, die auch eine hohe Sichtbarkeit im öffentlichen Diskurs haben (Big Data, Artificial Intelligence etc.) und die dem Prozess des Wandels Evidenz verleihen sollen.

4.1 Organisationale Bewältigung der Digitalisierung durch hierarchische Steuerung und partizipative Verfahren

Die Digitalisierung wird, so wurde eben gezeigt, sehr offen thematisiert. Dies erlaubt es, eine Zuständigkeit der Gesamtorganisation herauszustellen. Digitalisierung wird als etwas betrachtet, das auf der Ebene der gesamten Organisation gestaltet werden soll und kann. Sie ist dabei nicht bloß ein Thema, an der sich die Legitimität und gesellschaftliche Nützlichkeit der Universität demonstrieren lässt. Vielmehr erscheint Digitalisierung auch als Gelegenheit, das organisationale Profil der Universitäten zu schärfen. So wollen sich die untersuchten Universitäten als „wissenschaftliche Plattform mit Nutzen für die Gesellschaft und die Wirtschaft“ (Universität Bern 2019, 4) oder als „major player in the digital revolution“ (Universität Genf o. J., 2) hervortun. In der Erreichung dieser Ziele orientieren sie sich an eigenen Stärken und wollen entsprechende Schwerpunkte setzen. Zudem wollen sie auch ihre lokalen Kontexte als Gelegenheit für eine je eigenständige Positionierung nutzen. Die Universität Genf will insbesondere das internationale Genf – mit seinen Regierungs- und Nichtregierungsorganisation – als Positionierungsgelegenheit nutzen, während sich die Universität Lausanne stärker als Leistungserbringerin für ihren Trägerkanton darstellt.

Die untersuchten Universitäten thematisieren sich dabei zugleich als Institution (im Sinne einer allgemeinen Erwartung an alle Universitäten) und als spezifische Organisationen (die sich je von anderen Universitäten unterscheiden). So streben sie mit ihren Digitalisierungsstrategien allgemeine Werte wie gesellschaftliche Relevanz und wissenschaftliche Exzellenz an. Diese Wertbezüge mögen nicht weiter erstaunen, handelt es sich doch um Werte, die Universitäten generell einlösen sollen (wenn sie auch nicht ganz widerspruchsfrei sind; vgl. Pasternack/Maue 2016). Zusätzlich zu diesen allgemeinen Erwartungen an Universitäten streichen sie zudem ihren organisationalen Akteurscharakter heraus, indem sie sich selbst als einmalige, unverwechselbare Organisationen präsentieren. Dabei wird die Universität als autonome Entität konzeptualisiert, die in der Lage ist, eigenständig und selbstbestimmt gegenüber ihrer sozialen Umwelt zu agieren, in der sich verschiedene Stakeholder wie politische, wirtschaftliche oder zivilgesellschaftliche Organisationen befinden. Weiterhin wird auch die Spezifität der jeweiligen Universitätsorganisation reflektiert: Es wird in dem Sinne nicht allein die Universität als Institution reflektiert,[4] sondern die jeweilige Einzelorganisation und ihre Positionierungsgelegenheiten, die sich aus je spezifischen Umweltbedingungen ergeben. „Sameness“ und „difference“ (vgl. Kosmützky/Krücken 2015) wird von Universitäten somit gleichzeitig diskursiv hergestellt, was die im NPM-Narrativ oft diskutierten Übergang der Universität von gleichförmigen Institutionen zu sich unterschiedlich positionierenden Organisationen als etwas überzeichnet erscheinen lässt.[5]

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Universität als handelnde Entität betrachtet wird, die Digitalisierung in ihrer Ganzheit adressiert. Interessant zu betrachten ist nun insbesondere, wie diese Handlungsfähigkeit auf der Ebene der Strategiedokumente hergestellt werden soll. Auf den ersten Blick fällt auf, dass die Organisationsspitze, das heißt die Universitätsleitung, als relevante Entscheidungsinstanz und handlungsfähige Einheit innerhalb der Universität thematisiert wird. Sie ist es, die Entscheidungen für die gesamte Universität trifft und die Gestaltung der Digitalisierung in der Organisation maßgeblich beeinflusst. Hierarchische Steuerung wird so als wichtiges Moment in der Handlungsfähigkeit der Organisation betrachtet. Zugleich werden aber auch Besonderheiten des Organisationstypus Universität mitreflektiert, die ein autokratisches Durchentscheiden von der Organisationsspitze nicht nur schwierig, sondern auch unangemessen erscheinen lassen. Es wird so den unterschiedlichen lokalen Perspektiven und Expertisen der Hochschulangehörigen Rechnung getragen. In den Digitalisierungsstrategien wird so auch die Bedeutung der Partizipation in der Entwicklung einer sinnvollen und tragfähigen Strategie betont. Sie werden als Resultate umfassender interner Konsultationsprozesse dargestellt, in denen alle relevanten Perspektiven eingebunden wurden. So hält zum Beispiel die Universität Bern fest: „Die vorliegende Digitalisierungsstrategie wurde 2018 im Auftrag der Universitätsleitung in einem partizipativen Verfahren mit Angehörigen der Universität Bern in verschiedenen Workshops erarbeitet“ (Universität Bern 2019, 3). Dieses partizipative Vorgehen soll dabei auch für die Umsetzung der Digitalisierungsstrategien beibehalten werden: Digitalisierung wird als eine dynamische Entwicklung verstanden, die kontinuierlich beobachtet, holistisch auf die Organisation bezogen und partizipativ gestaltet werden soll. Die Digitalisierung eröffnet so eine sachlich, sozial und zeitlich expansive Perspektive auf die Universitäten.

In der Thematisierung der Digitalisierung präsentieren sich die untersuchten Universitäten als handlungsstarke Organisationen, die responsiv für gesellschaftliche Entwicklungen sind und die mit ihnen verbundenen Chancen und Herausforderungen auf eine flexible und partizipative Weise adressieren. Diese Handlungskompetenz schöpfen sie dabei, wie eben gezeigt, nicht aus einer hierarchischen und starren Struktur, sondern aus partizipativen und iterativen Verfahren. In diesem Zusammenhang spricht die Universität Genf auch von einer „agile and participative governance“ (Universität Genf 2020, 9). In der Außendarstellung kann dies als Aspiration auf Modernität entnommen werden in dem Sinne, dass mit Stichworten wie „agil“, „flexibel“, „partizipativ“ aktuelle Erwartungen an „gute Organisation“ berücksichtigt werden. In der Innendarstellung werden dagegen die unterschiedlichen professionellen Expertisen und Relevanzen valorisiert. Dies impliziert auch eine Anerkennung der Autonomie von professionellen Experten. Dies zum einen in kognitiver Hinsicht, da diese allein bestimmen können, was Digitalisierung in ihrem Tätigkeitsbereich bedeuten kann. Zum anderen aber auch in motivationaler Hinsicht, als diese Definitionsleistungen auch eine Voraussetzung dafür sind, dass die Thematik auf hinreichendes Interesse stößt.

In den untersuchten Dokumenten präsentieren sich die Universitäten also als Organisationen, die ihre Handlungsfähigkeit durch eine Kombination von hierarchischer Steuerung und partizipativen Verfahren herstellen. Man findet hier Momente einer Verfahrenslogik, die es den Beteiligten durch ihre Partizipation erschwert, sich im Nachhinein von der getroffenen Entscheidung zu distanzieren (vgl. Luhmann 1983).

Während man vielleicht sagen kann, dass in traditionellen Universitätsmodellen vor der NPM-Phase mit der organisationalen Differenz von Akademie (Forschung und Lehre) und Verwaltung eine sachliche Differenzierung von horizontalen und hierarchischen Koordinationsformen vorausgesetzt wurde, werden nun beide Formen auf die ganze Organisation angewendet, aber in zeitlich differenzierter Form: Zuerst das partizipative Verfahren, dann die hierarchische Entscheidung. Hierbei ist auffällig, dass diese Herstellung organisationaler Festlegung als iterativ geplant ist. Die gesamtorganisationale, hierarchische Festlegung durch die Hochschulleitung erscheint als regelmäßige Interpunktion interner Mobilisierungsprozesse, die an die Herstellung kollektiver Handlungsfähigkeit politischer oder wissenschaftlicher Bewegungen erinnern (vgl. Frickel/Gross 2005).

4.2 Organisationsweite Kooperation vermittelt durch das Grenzobjekt der Digitalisierung

Das Konzept der Digitalisierung zirkuliert zwischen verschiedenen Arbeitskontexten innerhalb der untersuchten Universitäten und nimmt dann innerhalb der einzelnen Kontexte klarer definierte Bedeutungen an, die in anderen Kontexten nicht mehr direkt anschlussfähig sind. Diese Skalierbarkeit des Digitalisierungskonzepts erlaubt es, Digitalisierung zum Thema gesamtuniversitärer Kooperation zu machen. Auch wenn Digitalisierung in Bezug auf Forschungsmethoden, Publikationspraktiken, Lehrinhalte, didaktische Methoden, die Abrechnung von Studienleistungen oder die Positionierung einer Hochschule je Unterschiedliches bedeutet und sehr verschiedene Aktivitäten nahelegt, so wird sie doch als ein Thema verstanden, das laufend partizipativ beobachtet und umgesetzt werden soll und eine Vielzahl universitärer Aktivitäten miteinander koordiniert. Dabei erlaubt Digitalisierung Verbindungen zwischen verschiedenen Bereichen herzustellen und deren Differenz gleichzeitig dadurch zu reproduzieren, dass lokale Spezifizierungen vorgenommen werden. Digitalisierung erfüllt so die allgemeine Funktion von Grenzobjekten, Kohärenz zwischen verschiedenen sozialen (Sub)Welten herzustellen und aufrechtzuerhalten (vgl. dazu Lamont/Molnár 2002, 180). Im Folgenden soll nun nochmals genauer untersucht werden, wie das Grenzobjekt der Digitalisierung organisational spezifisch zugerichtet wird.

In den Strategiepapieren wird immer wieder herausgestellt, dass die Digitalisierung Implikationen für alle Tätigkeiten der Universität aufweise und somit ein Querschnittsthema für die ganze Organisation darstelle. So hält die Universität Genf fest: „The University of Geneva (…) has recognised this digital transformation as a cross-cutting theme that affects all of its activities” (Universität Genf o. J., 2). Digitalisierung wird so auf die universitäre Lehre, die wissenschaftliche Forschung, auf die Verwaltung, aber auch die Organisationsstruktur der Universität bezogen. In der Lehre wird Handlungsbedarf zur Digitalisierung in mehreren Ausprägungen diskutiert. Bei Lehrinhalten werden insbesondere Digital Skills bzw. Digital Literacy diskutiert, die alle Studierenden – unabhängig vom gewählten Studienprogramm – erlangen sollen sowie Lehrveranstaltungen, die digitale Transformation reflexiv zum Thema machen sollen (Université de Lausanne 2019, 7; Universität Bern 2019, 10; Universität Genf 2020, 3). Bei Lehrtechnologien werden zum Beispiel ein Ausbau von E-Learning Angeboten sowie die Verwendung von E-Assessment thematisiert. Schließlich wird auch diskutiert, dass Digitalisierung eine Anpassung von Studiengängen und Didaktiken bedeute. Studiengänge sollen flexibler aufgebaut werden und in der Didaktik soll auf neue Konzepte wie den Inverted Classroom gesetzt werden (Universität Bern 2019, 7).

In der Forschung impliziert Digitalisierung neue Forschungsthemen in etablierten Disziplinen und die Etablierung neuer Forschungsrichtungen wie zum Beispiel die Digital Humanities (Universität Genf 2020, 1; Université de Lausanne 2019, 10). Zugleich wird aber auch thematisiert, dass die Datenerhebung und -verarbeitung sich im Zuge von Big Data und Machine Learning verändere: Digitalisierung bezeichnet auch methodische Innovationen, die den Bedarf an digitalen Infrastrukturen wie zum Beispiel im Bereich der Rechenkapazitäten steigere (vgl. Universität Genf 2020, 8; Université de Lausanne 2019, 19; Universität Bern 2019, 8). Weiterhin wird unter Stichworten wie Open Data, Open Science erläutert, dass sich die Dissemination und die Evaluation von Forschungsresultaten durch die Digitalisierung verändere (Universität Genf 2020, 8; Université de Lausanne 2019, 11; Universität Bern 2019, 11).

Auch in weiteren Bereichen der Universitätsorganisation werden tiefgreifende Implikationen durch die Digitalisierung identifiziert. Insbesondere werden Gelegenheiten zur Optimierung administrativer Prozesse gesehen. So hält die Universität Bern fest: „Die Universität Bern optimiert ihre Geschäftsprozesse inhaltlich und technologisch, in dem [sic!] zunächst die Abläufe vereinfacht und danach digitalisiert werden“ (Universität Bern 2019, 9). Dieses Zitat veranschaulicht auch die Annahme, dass die Organisation Anpassungen in ihren Strukturen und Prozessen vornehmen muss, um die Digitalisierung umsetzen zu können. Demnach müssen Abläufe der Universität zuerst restrukturiert werden, um anschließend die Potenziale der Digitalisierung nutzen zu können. Zudem sollen auch speziell auf Digitalisierung bezogene Forschungszentren und Teaching Labs aufgebaut werden, um die Digitalisierung beiden Kernfunktionen, der Forschung und der Lehre, zu stärken. Überdies sollen auch neue organisationale Stellen und Abteilungen wie Digital Officers bzw. Digital Offices geschaffen werden, die die universitätsweite Gestaltung der Digitalisierung begleiten (Universität Genf 2020, 7; Université de Lausanne 2019, 17; Universität Bern 2019, 9). Auch in materiell-infrastruktureller Hinsicht soll die Universität hinsichtlich der Digitalisierung umgestaltet werden. Dies bedeutet zum Beispiel, dass Rechenleistung und Softwarelösungen ausgebaut werden; etwas weniger naheliegend wird auch überlegt, wie viele Steckdosen in Hörsälen benötigt werden, um die Digitalisierung der Universität zu ermöglichen (vgl. Universität Bern 2019, 8).

Die Universitäten identifizieren, das sollten die Illustrationen zeigen, einen umfassenden Handlungsbedarf bezüglich der Digitalisierung. Nahezu alle Bereiche der Universität sind in wenigstens einer Form von ihr betroffen. Dabei zeigt sich auch, dass die Digitalisierung in den verschiedenen Kontexten und Handlungssituationen je etwas anderes bedeutet und mit anderen Aktivitäten einhergeht: Der Einsatz von maschinellem Lernen in der wissenschaftlichen Datenanalyse, die Thematisierung ethischer Implikationen der Digitalisierung in einer Philosophievorlesung, das Betreiben einer Campus-App oder die Vereinfachung von Verwaltungsabläufen sind Tätigkeiten, die bei aller Unterschiedlichkeit unter die Gestaltungsambitionen von universitären Digitalisierungsstrategien fallen.

4.3 Organisationale Effekte des Grenzobjektes der Digitalisierung

Die Herstellung der Digitalisierung als Boundary Object erweist sich als folgenreich für die Universitäten. Zwar könnte man kritisch einwenden, dass viele Tätigkeiten in Forschung, Lehre oder Verwaltung, die nun unter der Digitalisierungssemantik versammelt werden, letztlich alten Wein in neuen Schläuchen darstellen: Lehrveranstaltungen zu sozialen Medien, die es schon früher gab, mögen nun ohne große Rekonzeptualisierung als Lehrveranstaltung zu digitalen Medien ausgeschrieben werden. Ebenso mag Forschung, die bereits seit Jahrzehnten mit großen Datensätzen arbeitet, nun Bezüge zu Big Data herstellen, und der bereits lange etablierte Gebrauch von Software zur Abwicklung von Geschäftsprozessen wie z. B. SAP mag nun als Ausdruck einer digitalen Universität ausgewiesen werden. Gerade dies scheint aber eine Leistung der Digitalisierungssemantik zu sein: Mit ihr werden auch etablierte Aktivitäten rekonzeptualisiert und können dann in einen neuen Entscheidungszusammenhang gestellt werden. Aktivitätsbereiche, die Bezüge zur Digitalisierung herstellen können, dürfen in so zentralen Hinsichten wie der Professurenplanung oder der Einrichtung von Forschungsinstituten mit zusätzlichen Ressourcen und Unterstützung rechnen. Weiterhin fällt auf, dass im Zusammenhang mit der Digitalisierung in Forschung, Lehre, Verwaltung, aber auch Wissenstransfer, über den Aufbau einer Vielzahl neuer Organisationsstellen entschieden wird: Um die Forschung und Lehre zu stärken werden nicht nur Professuren mit digitalisierungseinschlägigen Denominationen eingerichtet, sondern auch entsprechende Strukturen aufgebaut, zum Beispiel ein Zentrum für Digital History (Universität Lausanne) oder ein Digital Law Center (Genf) geschaffen. Im Bereich der Verwaltung werden Stabsstellen und -einheiten für digitale Transformation geschaffen und – im Fall der Universität Genf – Vizerektoren für Digitalisierung ernannt. Es werden weiterhin Ressourcen investiert, um die Rechenkapazitäten der Universitäten zu erhöhen, um Campus-Apps zu entwickeln und um neue Studiengänge zu entwickeln, die die Digitalisierungsthematik aufgreifen – so zum Beispiel zu Digital Systems and Services (Genf), zu Science Forensique, Orientation Investigation et Identification Numérique (Lausanne) oder Digital Humanities (Bern). Es wird auch investiert, um Universitätsmitglieder aus verschiedenen Fächern und Bereichen miteinander zu vernetzen und Kooperation zu fördern, so zum Beispiel ein Kompetenznetzwerk Digitalisierung an der philosophisch-naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bern, das „Personen, Forschungsgruppen und Institute (…) [zusammenschließt], die sich mit der Digitalisierung in der Forschung, in der Lehre, in der Weiterbildung und bei Dienstleistungen beschäftigen“ (Universität Bern 2021, o.S.; Hervorh. LT). Im Zusammenhang mit den Digitalisierungsstrategien wird also entschieden, erhebliche organisationale Ressourcen zu investieren und Eingriffe in die Organisationsstruktur vorzunehmen.

Natürlich könnte man den Verdacht äußern, dass es sich bei diesen Entscheidungen um reinen Organizational Talk handelt, der von tatsächlichen Aktivitäten, der eigentlichen Action, entkoppelt ist. Insbesondere die neo-institutionalistische Organisationsforschung weist auf solche Phänomene immer wieder hin (Meyer/Rowan 1977; Meyer/Jepperson 2000; Jamali 2010). Doch abgesehen davon, dass eine strikte Dichotomie von Talk und Action kaum durchzuhalten ist – schließlich kann man auch mit Worten Dinge tun (vgl. Christensen/Morsing/Thyssen 2013, 375 ff.) – ist es unwahrscheinlich, dass das Verhältnis von Formalstruktur und Aktivitätsstruktur völlig dissoziiert ist. So argumentiert zum Beispiel Rudolf Stichweh im Anschluss an Niklas Luhmann (1999): „Eine solche Unterstellung würde u. a. auch verkennen, dass die Formalstruktur der Universität nicht nur nach außen, sondern auch nach innen gerichtet ist“ (Stichweh 2013, 231). Eine völlige Dissoziation würde allenfalls unter der Voraussetzung greifen, dass Organisationsmitglieder eine rein zynische, distanzierte Haltung zu einer als extern begriffenen Erwartungshaltung einnehmen. Organisationsmitglieder identifizieren sich jedoch regelmäßig mit Zielen aus der Umwelt und setzen sich für deren Umsetzung ein, z. B. wenn sie selbst daraus instrumentelle Gewinne oder identitätsstiftende Momente ziehen (vgl. Holzer 2010, 108), was Entkopplung oft zu einer fragilen Lösung macht (vgl. Hasse/Krücken 2015, 201). Im Fall der Digitalisierung an Universitäten ist also kaum mit einer durchgehenden Entkopplung zu rechnen. Diejenigen, die sich in Forschung, Lehre oder Verwaltung durch die Digitalisierungsinitiativen Ressourcen- und Positionierungsgewinne versprechen, werden sich für Digitalisierung in dem auf ihren lokalen Kontext übertragenen Sinn einsetzen: Digital Officers werden sich für „ihre“ Digitalisierung engagieren, ebenso wie VertreterInnen der Digital Humanities oder Organisationsmitglieder, die mit Digital Skills oder dem Ausbau von Rechenkapazitäten beauftragt sind.

5 Schluss: Stabilität von Grenzobjekten und Implikationen für andere Organisationen

In den untersuchten Digitalisierungsstrategien zeigte sich, dass die ausgewählten Universitäten hierarchische wie horizontale Koordinationsmechanismen miteinander kombinieren, um organisationale Handlungsfähigkeit dar- und herzustellen. Dieser Befund fügt sich gut in jüngere Beiträge ein, die darauf hingewiesen haben, dass das Organisationsmodell des New Public Managements mit seinem starken Fokus auf die Stärkung organisationaler Hierarchie mittlerweile nicht mehr die gleiche Bedeutung hat. Vielmehr wird wieder stärker eine horizontale Logik, die stark in der akademischen Profession verankert ist, explizit gewürdigt. Während man hier einerseits vielleicht einen Schritt zurück in Richtung älterer Universitätsmodelle identifizieren kann, fällt andererseits auf, dass die Vorstellung der organisationalen Handlungsfähigkeit von Universitäten nach wie vor stark ausgeprägt ist. Diese Handlungsfähigkeit soll, das zeigten die untersuchten Fälle, durch eine Kombination von horizontalen Mobilisierungsprozessen und hierarchischen Entscheidungen hergestellt werden. Diese werden durch das Grenzobjekt der Digitalisierung miteinander in Beziehung gesetzt. Diese beiden Koordinationsformen stehen nicht sachlich differenziert nebeneinander, sondern werden als zeitlich differenziert und die gesamte Organisation umfassend dargestellt.

Grenzobjekte sind zwar schon seit längerem bekannte Formen der Kooperation in Wissenschaft und Professionen, gleichwohl wurden dabei in einschlägigen empirischen Beiträgen lokalere Formen der Kooperation, in die nur wenige Disziplinen, Professionen und andere Gruppierungen involviert sind, in den Blick genommen (vgl. Star/Griesemer 1989; in der Professionssoziologie: Abbott 2005). Unter der Bedingung, dass an die Handlungsfähigkeit von Universitäten weiterhin hohe Erwartungen bestehen, und gleichzeitig die Limitationen hierarchischer Koordinationsformen deutlich geworden sind, mag sich die Schaffung eines Grenzobjekts mit der Systemreferenz der Gesamtorganisation als attraktive Option darstellen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Beteiligten von dem Grenzobjekt profitieren können und zum Beispiel Kämpfe um knappe organisationale Ressourcen verhindert werden können. Unter den Bedingungen der relativ gut finanzierten Schweizer Universitäten, scheint diesbezüglich eine gewisse Erwartungssicherheit gegeben zu sein, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass nicht nur die Universitäten einige Mittel in die Hand genommen haben, um sich im Feld der Digitalisierung zu positionieren, sondern ihnen auch erhebliche zusätzliche Mittel über die Politik zugeflossen sind. Es wäre in diesem Zusammenhang interessant zu betrachten, ob die Konstruktion universitärer Grenzobjekte in Hochschulsystemen, in denen – wie in Deutschland –regelmäßig auf die Unterfinanzierung der Universitäten hingewiesen wird, sich in gleichem Maße anbietet (stellvertretend für viele: Hüther 2010, 178). Über die Finanzierungsfragen hinaus muss man genereller davon ausgehen, dass Grenzobjekte nur dann funktionieren können, wenn die Entstehung von Knappheit unterdrückt werden kann. Knappheit kann sich dabei selbstverständlich nicht nur in finanzieller Form manifestieren, sondern auch in zeitlicher Hinsicht. Letzteres ist zum Beispiel der Fall, wenn Zugangszeiten zu einem Grenzobjekt begehrt und damit knapp sind (z. B. zu Rechenkapazitäten oder Nutzung anderer Infrastrukturen).[6]

Selbst wo ein Grenzobjekt erfolgreich geschaffen wurde, ist dessen Bestehen keineswegs gesichert. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass sich das Problem der Knappheit im Laufe der Zeit einstellen kann. So wird die Thematik der Digitalisierung in den untersuchten Fällen mit der Zeit von anderen, neuen Themen verdrängt, so dass Ressourcenflüsse zur Digitalisierung aus der organisationalen Umwelt – zum Beispiel von Förderinstitutionen wie dem Schweizer Nationalfonds SNF oder die projektgebundenen Beiträge, die vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation vergeben werden – abnehmen werden und die Mittel so verknappen: Die externen Anreize, Digitalisierung als zentrales Organisationsthema zu setzen, werden nicht dauerhaft stabil bleiben. Aber auch ein zu großer Erfolg eines Grenzobjektes innerhalb der Organisation kann zu einem Problem knapper Ressourcen führen, wenn sich immer mehr Interessenten um die Nutzung des Objektes bemühen – und zum Beispiel jedes Institut die Schaffung einer Digitalisierungsprofessur vorschlägt oder einen neuen Studiengang mit Digitalisierungsbezug schaffen will. Im Rahmen von Strategiepapieren kann das Problem der Knappheit vermutlich gegenwärtig entschärft werden, weil die endlichen Mittel erst in der Zukunft eingesetzt werden müssen (vgl. für einen ähnlichen Fall: Tratschin 2021).

Auch unabhängig von Ressourcenfragen ist ungewiss, ob das Grenzobjekt der Digitalisierung auf Dauer stabil sein kann.[7] Die vorgesehenen iterativen Verfahren, in denen Digitalisierung laufend neu bestimmt und entschieden wird, stellt zeitliche Dynamiken zwar in Rechnung, dennoch ist zu erwarten, dass die Thematik der Digitalisierung in verschiedenen Teilbereichen nach einer Anfangsphase an Spezifität gewinnt, so dass die zentrifugalen Dynamiken professioneller Perspektiven an Bedeutung gewinnen. Grenzobjekte können zwar auf Konsens zwischen den Beteiligten verzichten, sie setzen aber die transtemporale Identifizierbarkeit dieses Objektes voraus. Bei der Digitalisierung ist zu vermuten, dass in verschiedenen professionellen Zusammenhängen bald andere, präziser zugeschnittene Interpretationen – die zum Beispiel auch bereits in den Digitalisierungsstrategien elaboriert wurden – in den Vordergrund treten und damit die Einheit des Digitalisierungsobjektes zu erodieren beginnt. Die gesamtorganisationale Fokussierungsleistung der Digitalisierung wäre demzufolge also als befristet einzuschätzen. Dies würde bedeuten, dass Grenzobjekte für die Gesamtorganisation eher labiler Natur sind und nach einiger Zeit durch neue ersetzt werden müssten. Die Versorgung von Universitäten mit neuen Thematiken, die sich der Aneignung und Zurichtung als Grenzobjekte anbieten, ist nicht unwahrscheinlich, wenn man die starke gesellschaftliche Responsivitätserwartung – und damit die erwartete Offenheit für neue Themen – in Rechnung stellt. Allerdings ist vermutlich nicht jedes Thema so plastisch wie das der Digitalisierung und bietet sich gleichermaßen zur Konstruktion eines organisationsweiten Grenzobjekts an.[8] Vor dem Hintergrund der obigen Überlegungen wäre es interessant, die Unwahrscheinlichkeit der Schaffung sowie der Reproduktion von Grenzobjekten stärker zu fokussieren. Für ersteres scheint besonders die (initiale und dann dauerhafte) Neutralisierung des Knappheitsproblems von Bedeutung zu sein, während für zweites – zusätzlich – die Aufrechterhaltung der Identität des Grenzobjektes eine besondere Herausforderung darstellt.

Neben weiterführenden Fragen zu den Bedingungen der Schaffung und Reproduktion von Grenzobjekten ergibt sich aus der obigen Untersuchung auch die Frage, inwiefern die Herstellung von Grenzobjekten spezifisch für Universitäten (und andere Wissenschaftsorganisationen wie außeruniversitäre Forschungseinrichtungen) ist. Da das Konzept des Grenzobjektes im Kontext der Wissenschaftsforschung entwickelt wurde, spricht einiges dafür, dass diese Koordinationsform im universitären Kontext besonders bedeutsam ist. Universitäten sind besonders günstige bzw. anfällige Kontexte für die Schaffung von Grenzobjekten, da, erstens, ihre Mitglieder eine konstitutive Doppelsolidarität zur Organisation und ihrer jeweiligen Disziplin bzw. Profession aufweisen,[9] sich, zweitens, eine Vielzahl unterschiedlicher Professionsangehörige unter einem organisationalen Dach versammeln und, drittens, nur die Professionellen selbst in der Lage sind, ihre Aufgaben und ihre konkrete Umsetzung zu definieren. Um Mitglieder dazu zu bewegen, die Spielräume ihrer Professionsrolle stärker auf die Gesamtorganisation auszurichten, bedarf es offenbar gesamtuniversitärer Projekte, die in unterschiedlichen professionellen Kontexten einen Mehrwert zu schaffen erlauben. Die Motivstrukturierung muss dabei von den Beteiligten selbst in horizontalen bzw. partizipativen Prozessen hergestellt werden und kann – angesichts der Wissensasymmetrie zwischen Hochschulmanagement und den vielen beteiligten Professionsgruppen – nicht hierarchisch geleistet werden. Es ist zu vermuten, dass Grenzobjekte für andere Organisationsformen, die ähnliche Merkmale wie Universitäten aufweisen (konstitutive Doppelloyalität, Heterogenität, professionell-disziplinäre Definitionsmacht), ebenfalls attraktive Optionen sind, um organisationale Handlungsfähigkeit zu produzieren. Universitäten sind sicherlich ein Organisationstypus, in dem diese drei Merkmale äußerst stark ausgeprägt sind, da sie – im Unterschied zum Beispiel zu Anwaltskanzleien oder Krankenhäusern – eine Vielzahl von Professionen und Disziplinen dem Anspruch nach gleichrangig unter einem organisationalen Dach versammeln. Zugleich lässt sich aber vor dem Hintergrund der Diagnose der Wissensgesellschaft beobachten, dass auch andere Organisationen zunehmend wissensintensiver werden – und Universitäten ihr gesellschaftliches Wissensmonopol bereits verloren haben (Stichweh 2006, 41). Dies bedeutet letztlich, dass auch Mitgliedern solcher Organisationen eine größere Autonomie in der Definition ihrer eigenen Tätigkeit zugestanden werden muss. Viele Tätigkeiten in Organisationen werden zusätzlich stärker durch organisationsexterne Kommunikationszusammenhänge mitbestimmt, in die ihre Mitglieder qua organisationaler Tätigkeit involviert sind – man denke nur an Professionalisierungstendenzen in vielen Berufsgruppen, die unter anderem durch akademische Weiterbildungen vorangetrieben werden. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen wäre zu erwarten, dass andere Organisationstypen sich der Universität annähern und Grenzobjekte als Kooperationsform zunehmend attraktiv werden. Übereinstimmend mit dieser Einschätzung beobachtete auch Christine Musselin jüngst, dass sich Universitäten zwar stärker dem Vorbild des Wirtschaftsunternehmens annäherten, letztere sich aber zugleich stärker Universitäten angleichen und pluralistischere Organisationen würden: „The same movement making firms more like universities seems to be occuring as the former turn into pluralistic organizations (…), that is, organizations characterized by diffuse power and divergent objectives – two hallmarks of universities (…) that are apparently becoming common in firms“ (Musselin 2021, 314). Dies legt die Vermutung nahe, dass Grenzobjekte wie die Digitalisierung und die damit verbundenen Mobilisierungsprozesse auch jenseits von Universitäten und anderen Wissenschaftsorganisationen attraktive Optionen für die Darstellung und Herstellung organisationaler Handlungsfähigkeit sind. Im Falle der Digitalisierung ist davon auszugehen, dass diese je auf organisationsspezifische Problemlagen hin entwickelt wird und damit auf unterschiedliche Weise realisiert wird (vgl. Büchner 2018, 342).


Anmerkung

Die diesem Beitrag zugrunde liegende Forschung wurde durch den Schweizer Nationalfonds SNF im Rahmen des Forschungsprojekts »Digitale Strategien – Hochschulen und Disziplinen als Agenten des Wandels?« ermöglicht (Projektnummer 197506). Dank für Rückmeldungen zu diesem Manuskript in unterschiedlichen Reifegraden gebührt Leopold Ringel, Philippe Saner, Kathia Serrano Velarde, anonymen Gutachter/innen sowie den Teilnehmer/innen eines Workshops der DGS-Sektion Organisationssoziologie (2021) und des Panels »Digital Transformation of/in Research and Higher Education« der STS-CH Konferenz »Multiple Matters«.


About the author

Dr. Luca Tratschin

Luca Tratschin (Dr. phil.) ist wissenschaftlicher Projektleiter am Kompetenzzentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung der Universität Zürich und Lehrbeauftragter am Soziologischen Seminar der Universität Luzern. Er wurde an der Universität Luzern mit einer Arbeit zur Selbstbeschreibung von Protestbewegungen promoviert. Seine Forschungsinteressen liegen in der politischen Soziologie, der Wissen(schaft)ssoziologie sowie der Organisationssoziologie. Wichtige Publikationen: Katastrophenkommunikation, holistische Perspektiven und die Expansion von Expertise. Leviathan Sonderband 38 (2021); Streit vor Publikum: Öffentliche Darstellung von Publikumsgunst als gemeinsames Bezugsproblem sozialer Bewegungen und der Adressaten ihrer Proteste. Zeitschrift für Theoretische Soziologie 8 (2019) (2); Protest und Selbstbeschreibung: Selbstbezüglichkeit und Umweltverhältnisse sozialer Bewegungen. Bielefeld, 2016.

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Published Online: 2022-12-09
Published in Print: 2022-12-07

© 2022 bei den Autoren, publiziert von De Gruyter.

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Artikel in diesem Heft

  1. Titelseiten
  2. Editorial: Die Organisation im Zoo der Digitalisierungsforschung
  3. Digitalisierte Organisation zwischen Systembildung und Hybridisierung
  4. Soziale Systeme? Systemtheorie digitaler Organisation
  5. Digitale Plattformen als soziale Systeme? Vorarbeiten zu einer allgemeinen Theorie
  6. Mensch-Algorithmus-Hybride als (Quasi-)Organisationen? Zu Verantwortung und Verantwortlichkeit von digitalen Kollektivakteuren
  7. Organisation – Entscheidung – Algorithmisierung
  8. Verantwortungsvolle Maschinen ohne Verantwortlichkeit? Datenintensive Algorithmen in Organisationen
  9. „Computer says no“? Konsequenzen der Algorithmisierung von Entscheidungsprozessen
  10. Vorhersagen und Entscheiden: Predictive Policing in Polizeiorganisationen
  11. Organisation und digitale Technologien. Predictive Policing im organisationalen Kontext
  12. Programmiertes Entscheiden: Begriffsgeschichtliche Anmerkungen
  13. Digitalisierung in Hochschule, Krankenhaus, Hedge-Fonds und Gericht
  14. Datafizierung und Technologiedefizit. Zum Einsatz von Daten und algorithmisch generierten Informationen in der Entscheidungsfindung an Hochschulen
  15. Post-NPM-Governance und Grenzobjekte. Zur organisationalen Funktion des Digitalisierungsdiskurses an Universitäten
  16. Misslingensbedingungen einer Plattformintegration. Rekonstruktion eines Software-Entwicklungsprozesses für das Universitätskrankenhaus
  17. Algorithmisches Investment. Zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Big Data in Finanzorganisationen
  18. Algorithms, Efficiency and the Two Faces of Courts – A Case Study of the Brazilian Superior Court of Justice (STJ)
  19. Digitale Interaktion – Informalität – Automation
  20. Anwesenheit, Adressierbarkeit und Anschlussfähigkeit. Organisationsberatung unter der Bedingung mediatisierter Interaktion in Videokonferenzen
  21. Neue Grenzziehungen zwischen Formalität und Informalität? Die Auswirkungen der digitalen Transformation auf die Arbeit im Büro
  22. Nach 55 Jahren …: Recht und Automation in der öffentlichen Verwaltung
Heruntergeladen am 8.12.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/sosys-2021-0011/html
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