Band 2008, Heft 3

Im Lichte der zunehmenden Verbreitung von Risiko- und Qualitätsmanagement im deutschen Gesundheitswesen erlangt die Fragenach einer zivilrechtlichen Pflicht des Arztes zur Aufklärung seines Patienten über eigene Behandlungsfehler neue Aktualität. Bislang nimmt die Rechtsprechung eine ärztliche Selbstanzeigepflicht nur in seltenen Ausnahmefällen an und beschränkt sie auf eine wertneutrale Information über das Geschehene, ausschließlich eines Fehler- und Schuldeingeständnisses i. S. e. Vergangenheitsbewertung. Dieser Rechtsprechung ist dem Grunde nach zuzustimmen, vornehmlich wegen der verfassungsrechtlich geschützten Gesundheitsinteressen des Patienten. Eine darüber hinaus gehende Anzeigepflicht des Arztes auch zum Schutz von Vermögensinteressen wäre zwar verfassungsrechtlich unbedenklich. Allerdings zeigt die Erfahrung im anglo-amerikanischen Rechtsraum, dass eine freiwillige Selbstverpflichtung der Ärzteschaft zur Selbstanzeige größeren Erfolg verspricht, die kollidierenden Belange von Ärzten, Patienten, Krankenkassen und Krankenhäusern gleichermaßen zu befriedigen.

Das am 1. 7. 2002 in Kraft getretene Zustellungsreformgesetz vom 25. 6. 2001 (ZustRG) hat die Zustellung an Bevollmächtigte in § 171 ZPO wie folgt neu geregelt: »An den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter kann mit gleicher Wirkung wie an den Vertretenen zugestellt werden. Der Vertreter hat eine schriftliche Vollmacht vorzulegen.« § 171 ZPO ersetzte § 173 ZPO a. F., der Zustellungen nur an Prokuristen und Generalbevollmächtigte zuließ. Der kategorische Wortlaut von § 171 S. 2 ZPO löste einen Streit darüber aus, ob eine Zustellung nach § 171 ZPO nur dann wirksam ist, wenn der rechtsgeschäftlich bestellte Vertreter seine schriftliche Vollmacht bei der Zustellung auch tatsächlich vorlegt. Falls ja, könnte eine wirksame Zustellung nach § 171 ZPO durch das bloße Unterlassen der Vollmachtsvorlage vereitelt werden. Praktische Bedeutung hat diese Frage vor allem bei der Bestellung von inländischen Zustellungsbevollmächtigten in Kaufverträgen mit ausländischen Vertragsparteien.

Nicht nur die vor kurzem eingefügte Veränderungsstrafbarkeit (§§ 303 II, 304 II StGB) wirft in der forensischen Praxis neue Probleme der Sachbeschädigung auf. Vielmehr ist auch die Auslegung des klassischen Beschädigungstatbestandes noch nicht zu stets gesicherten Ergebnissen fortgeschritten wie der Fall des OLG München zeigt. Das Gericht erweitert mit ihm den Beschädigungstatbestand zu unrecht um Fälle, in denen eine Sache unbrauchbar »gemacht wird«, indem ihre Funktionsgrenzen gezielt ausgenutzt werden . Bedenkt man, dass dies die Praxis mit vielen vergeblichen (Ermittlungs-)Verfahren belasten könnte, ist der noch vereinzelten Entscheidung entgegenzutreten. Dies gilt schon deshalb, weil die Entscheidung bislang nicht stets in ihrer Kritikwürdigkeit und Brisanz erkannt wurde.

Wann ist eine Parole zum Verwechseln ähnlich im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB und wo verlaufen die verfassungsrechtlichen Grenzlinien, die bei der Suche nach der Antwort auf diese Frage zu beachten sind? Das Bundesverfassungsgericht hätte in einem jetzt entschiedenen Verfassungsbeschwerdeverfahren die Chance auf eine umfassende verfassungsrechtliche Antwort gehabt, beschränkte sich aber im konkreten Fall auf die Wiederholung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Verfassungsrecht Art. 10 Abs. 1, 2, Art. 12 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 VvB; Art. 3 Abs. 1, 3, Art. 6 Abs. 1 GG; §§ 18, 55 Abs. 3 Satz 2 SchulG; § 14 Abs. 1, §§ 15, 19 Abs. 1, § 21 Abs. 1 GAD Art. 20 Abs. 1 VvB gewährt jedem Menschen das Recht auf Zugang zu den bestehenden öffentlichen Bildungseinrichtungen im Land Berlin nach Maßgabe der den Zugang regelnden Gesetze. Die den Zugang regelnden rechtlichen Bestimmungen müssen den Anforderungen des Art. 10 Abs. 1 VvB (= Art. 3 Abs. 1 GG) entsprechen. Für den Gesetzgeber ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (hier: Zugang zu der Nelson-Mandela-Schule/Staatliche Internationale Gesamtschule Berlin).

Brüssel I-VO Artt. 43, 45; AVAG § 12 a) Im Verfahren der Vollstreckbarerklärung nach der Brüssel I-VO haben die Gerichte des Vollstreckungsstaates bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens uneingeschränkt zu prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit die ausländische Entscheidung im Ursprungsstaat bereits aufgehoben worden ist. b) Der Schuldner kann mit einem Rechtsbehelf nach Art. 43 Brüssel I-VO keine sachlichen Einwendungen gegen einen titulierten Unterhaltsanspruch erheben, die im Wege einer Abänderungsklage geltend zu machen wären (Fortführung des Senatsurteils vom 31. 1. 1990 – XII ZR 38/89 – FamRZ 1990, 504 ff.) c) Art. 45 Abs. 1 Brüssel I-VO beschreibt den Prüfungsrahmen, in dem die Rechtsbehelfsgerichte des Vollstreckungsstaates zum einen den materiellen Gehalt der ausländischen Entscheidung und zum anderen ihr Zustandekommen zum Anlass für eine Versagung oder Aufhebung der Vollstreckbarerklärung nehmen dürfen; diese Vorschrift schließt es dagegen nicht aus, die ausländische Entscheidung wegen solcher Umstände nicht zur Zwangsvollstreckung im Inland zuzulassen, die erst nachträglich entstanden sind und daher bei der Entscheidungsfindung im Erststaat nicht berücksichtigt werden konnten. d) Im Verfahren über einen Rechtsbehelf nach Art. 43 Brüssel I-VO kann der Schuldner auf der Grundlage des § 12 AVAG einwenden, dass die im Ursprungsstaat titulierte Forderung nachträglich ganz oder teilweise erfüllt worden sei. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der von dem Schuldner erhobene Erfüllungseinwand unstreitig ist.

ZPO § 526 Die Revision kann grundsätzlich nicht auf eine erfolgte Übertragung auf den Einzelrichter gestützt werden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt bei verfassungskonformer Auslegung von § 526 Abs. 3 ZPO nur unter den engen Voraussetzungen der Willkür in Betracht.

BGB §§ 312 Abs. 2, 355 Abs. 2 Eine Widerrufsbelehrung, die lediglich über die Pflichten des Verbrauchers im Falle des Widerrufs, nicht jedoch über dessen wesentliche Rechte informiert, entspricht nicht den Anforderungen des Gesetzes.

GVG § 176 Zur Berücksichtigung der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG beim Erlass sitzungspolizeilicher Anordnungen über Ton- und Bildaufnahmen unmittelbar vor und nach einer mündlichen Verhandlung sowie in Sitzungspausen.

StPO §§ 251 Abs. 1 Nr. 2, 250 Satz 2, 55 Wird ein Zeuge in der Hauptverhandlung nicht vernommen, weil er sich vorab auf ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO berufen hat, so darf seine Vernehmung nicht durch Verlesung von ihm stammender früherer schriftlicher Erklärungen gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 2 StPO ersetzt werden.

MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Ist der Abschluss eines Strafverfahrens rechtsstaatswidrig derart verzögert worden, dass dies bei der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs unter näherer Bestimmung des Ausmaßes berücksichtigt werden muss, so ist anstelle der bisher gewährten Strafminderung in der Urteilsformel auszusprechen, dass zur Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer ein bezifferter Teil der verhängten Strafe als vollstreckt gilt.

GG Art. 1; Art. 20 Abs. 3; MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1; BerlLBG§ 27 Abs. 3 Zur Abwägung der im Widerstreit stehenden verfassungsrechtlichen Rechtsgüter bei der Beschränkung des Rechts auf umfassende Verteidigung aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften.

StGB § 303 Die Verhinderung brauchbarer Aufnahmen einer Verkehrsüberwachungskamera durch Reflektoren kann Sachbeschädigung gemäß § 303 Abs. 1 StGB sein (LS des Herausgebers).