Startseite Vom Verbrauchsmonitoring zur Verbrauchsprognose
Artikel Open Access

Vom Verbrauchsmonitoring zur Verbrauchsprognose

Untersuchung des Umgangs produzierender Unternehmen mit Energieverbrauchsmonitoring und -vorhersage
  • Robin Ströbel

    Robin Ströbel, M. Sc., promoviert als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am wbk des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) im Bereich Maschinen, Anlagen und Prozessautomatisierung in den Fachgebieten Zeitreihen Vorhersage und Hybrid Machine Learing.

    , Alexander Bott

    Alexander Bott, M. Sc., promoviert als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am wbk des Karlsruher Institut für Technologie im Bereich Maschinen, Anlagen und Prozessautomatisierung in den Fachgebieten Modeltransfer und Prädiktionsunsicherheit bei Datengetriebenen Modellen.

    EMAIL logo
    , Louisa Hutt

    Louisa Hutt studiert Wirtschaftsingenieurwesen am KIT.

    , Sebastian Groß

    Sebastian Gross, B. Sc., studiert Maschinenbau

    und Jürgen Fleischer

    Prof. Dr.-Ing. Jürgen Fleischer studierte Maschinenbau an der Universität Karlsruhe (TH) und promovierte 1989 am Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebstechnik (wbk). Von 1992 an war er in mehreren leitenden Positionen in der Industrie tätig, ehe er im Jahr 2003 zum Professor und Leiter des wbk Institut für Produktionstechnik am heutigen Karlsruher Institut für Technologie (KIT) berufen wurde. Darüber hinaus ist er seit 2012 Gastprofessor an der an der Tongji-Universität in Shanghai. Als anerkanntes Mitglied der wissenschaftlichen Gemeinschaft betätigt sich Prof. Fleischer bei der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften (acatech) und ist Mitglied mehrerer wissenschaftlicher und industrieller Beiräte. Seine aktuellen wissenschaftlichen Forschungsschwerpunkte sind intelligente Komponenten für Werkzeugmaschinen und Handhabungssysteme, die Automatisierung unreifer Prozesse sowie agile Produktionsanlagen.

Veröffentlicht/Copyright: 10. Februar 2024
Veröffentlichen auch Sie bei De Gruyter Brill

Abstract

Anforderungen infolge des Klimawandels sowie steigende Energiekosten zwingen Unternehmen zu einem bewussteren Umgang mit Ressourcen entlang ihrer Wertschöpfungsketten. Hierdurch gewinnen Monitoring sowie Vorhersagen bezüglich des Energieverbrauchs zunehmend an Relevanz. Mithilfe von Monitoring können die Nachvollziehbarkeit erhöht und Unregelmäßigkeiten identifiziert werden, während eine Vorhersage Planungssicherheit und Möglichkeiten zur Optimierung bietet. Die vorliegende Studie analysiert bzw. bewertet den Bedarf und die aktuelle Situation in produzierenden Unternehmen.

Abstract

Consequently, monitoring and predictions regarding energy consumption are increasingly gaining importance. Monitoring enhances traceability and identifies irregularities, while predictions provide planning security and opportunities for optimisation. The present study analyses and evaluates manufacturing companies’ needs and current situation.

Potenziale von Energieeffizienz in der Wertschöpfungskette

Stetig steigende Energiekosten [1], volatile Rohstoffmärkte [2], steigende Anforderungen aufgrund schärferer Regulierung in den Bereichen Klima und Energie sowie der internationale Wettbewerbsdruck bilden für Unternehmen ein herausforderndes Umfeld [3]. Vor diesem Hintergrund wird der Aspekt der Energieeffizienz in der Wertschöpfung zunehmend wichtiger [4]. Verstärkt wird der Handlungsdruck in den Bereichen Energieeffizienz und Emissionsminderung durch politische Regulierungen, insbesondere im Rahmen des EU „Fit for 55“ Pakets. Hieraus resultieren Richtlinien wie COR-SIA im Bereich der Luftfahrt [5].

Die Energiekosten stellen zusätzlich einen zentralen Hebel für die Wettbewerbsfähigkeit dar. Um einen umfassenden Überblick über Energieverbräuche entlang ihrer Wertschöpfungskette zu erhalten, bieten sich für Unternehmen zwei grundsätzliche Vorgehensweisen an: das Energieverbrauchsmonitoring und die Energieverbrauchsvorhersage. Beim Energieverbrauchsmonitoring, im Weiteren Monitoring, wird der Ist- Energieverbrauch parallel zum Prozessablauf mit geeigneter Sensorik gemessen und dokumentiert (vgl. [6]). Der Energieverbrauch umfasst hierbei alle Energieträger wie Strom, Gas oder Brennstoffe, welche entlang der Wertschöpfungskette verbraucht werden. Eine weitreichendere Vorgehensweise stellt die Energieverbrauchsvorhersage, im weiteren Vorhersage, dar. Hierbei wird anhand von Modellen der Energieverbrauch für Schritte der Wertschöpfungskette prognostiziert. Darauf aufbauend kann dieser in einem weiteren Schritt optimiert werden, um zusätzliche bzw. vermeidbare Belastungen des Energieverbrauchs zu verhindern. Vertiefende Einblicke in dieses Verfahren, welches auch als Lastprognose bekannt ist, finden sich in [7].

Vorgehensweise

Bei der Betrachtung der bereits bestehenden Studienlage zeigt sich, dass die aktuelle Verbreitung der Methoden des Monitorings und der Vorhersage in der Industrie und diesbezüglich bestehende Bedarfe noch nicht ausreichend erfasst wurde. Zur Einordnung des Ist-Zustands werden bestehende Bedarfe, Herausforderungen und Hemmnisse für Unternehmen im Bereich der Energieeffizienz analysiert. Hierbei wird eine Einteilung in die Stationen der von einem Produkt durchlaufenen Wertschöpfungskette vorgenommen. Betrachtet werden dabei die Bereiche Logistik, Fabriken (bestehend aus dem Gebäude sowie der darin angesiedelten Produktion) sowie die zur Bearbeitung verwendeten Maschinen. Relevante Faktoren und Ergebnisse aus bestehenden Studien werden hierfür zusammengefasst und vorgestellt. Die sich ergebenden offenen Fragestellungen werden mittels einer Industrieumfrage im Rahmen der vorliegenden Studie untersucht.

Bestehende Studienlage

In Erhebungen zum breiter gefassten Themenkomplex des Energiemanagements wird klar, welche Motivatoren Unternehmen dazu antreiben, sich mit dem Thema Energie zu befassen und welche Störfaktoren und Hindernisse Unternehmen in diesem Bereich verorten. So ergab eine vom Fraunhofer Institut durchgeführte Studie mit 26 Unternehmen [8], dass für 92 Prozent der Befragten die Senkung von Energiekosten das primäre Ziel bei der Implementierung von Energiemanagementsystemen darstellt. Auch nennt die Mehrzahl der Unternehmen die Reduktion von CO2-Emissionen als Ziel. Die Mehrheit der Unternehmen hat darüber hinaus bereits Maßnahmen zum automatisierten Erfassen von Energieverbräuchen und deren Visualisierung zumindest teilweise umgesetzt. Allerdings bringen die Studienteilnehmenden auch zum Ausdruck, was aus ihrer Sicht die Verbesserung ihres Energiemanagements erschwert: „Zu komplexe Fragestellungen“ sowie „Personelle oder zeitliche Engpässe“ führen 69 bzw. 50 Prozent der Unternehmen als Gründe an. Weiterhin wollen rund 26 Prozent der Befragten in Zukunft IT-Lösungen für die Prognose ihres Energiebedarfs einsetzen, 13 Prozent tun dies bereits.

Erhebungen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bestätigen diese Befunde [9, 10, 11]. Als Hauptmotive für die Befassung mit dem Thema Energiemanagement nennen Unternehmen die Senkung von Energiekosten, die Erkennung von Einsparmöglichkeiten sowie Umwelt- und Klimaschutz. Auch die BAFA-Erhebungen liefern Einblicke in die von Unternehmen wahrgenommenen Hemmnisse, wenn es um die Verbesserung der Energieeffizienz im Allgemeinen geht. Die Unternehmen beklagen hierbei hohe Investitionen, fehlendes Personal sowie mangelndes Kapital.

Status quo und Studiendesign

Bisher ist keine Studie in der wenig ausgeprägten Studienlandschaft bekannt, welche den Stand von produzierenden Unternehmen bezüglich des Monitorings sowie der Vorhersage entlang ihrer Wertschöpfungskette erfasst. Während es bereits Untersuchungen im breiteren Kontext des Energiemanagements gibt, erfasst bislang noch keine Studie systematisch die Verbreitung und Anwendung dieser beiden Methoden in der Industrie. Es wurde noch nicht untersucht, welche Relevanz Unternehmen diesen Methoden beimessen, sowohl in der Gegenwart als auch in der Zukunft, und welche Hindernisse und Bedarfe diese sehen.

Um den aktuellen Stand im Bereich des Monitorings und der Vorhersage von produzierenden Unternehmen zu erfassen, wurde im Rahmen der vorliegenden Studie eine Umfrage durchgeführt. Hierzu wurden 21 weltweit agierende Unternehmen verschiedener Branchen und Größen, vom Kleinunternehmen bis zum Großkonzern, per Online-Umfrageformulare befragt. So sind alle großen, in Deutschland tätigen Branchen vertreten. 24 Prozent der befragten Unternehmen sind dabei im Maschinenbau tätig, gefolgt von 19 Prozent, die in der Metallverarbeitung angesiedelt sind. Jeweils 14 Prozent stammen aus der Forschung und der Luft- und Raumfahrt-Branche, ein Zehntel der Befragten ist in der Beratung tätig. Jeweils 5 Prozent kommen aus der Automatisierung und Digitalisierung, der Chemischen Industrie oder der Automobilbranche.

Relevanz von Monitoring und Vorhersage

Der meistgenannte Auslöser für den Kontakt mit den Themen Monitoring und Vorhersage war intrinsisch motiviert, um beispielsweise Kosten einzusparen oder die Umwelt zu schützen, wodurch die bestehenden Einschätzungen bestätigt werden konnten. Andere Faktoren wie Normen, gesetzliche Vorgaben oder der Kundenwunsch spielen in beiden Fällen eine untergeordnete Rolle. Mit 90 Prozent der Befragten hatte die große Mehrheit bereits Kontakt zum Thema Monitoring, während 38 Prozent der Unternehmen Kontakt zum Thema Vorhersage hatten. Infolgedessen wird dem Monitoring aktuell auch eine höhere Relevanz zugeordnet. Beispielsweise wird das Monitoring von allen Befragten als vorteilhaft oder sehr vorteilhaft eingeschätzt, wohingegen die Vorhersage von 14 Prozent als neutral bewertet wird. Wie in Bild 1 zu sehen, wird das Monitoring aktuell als besonders relevant angesehen. In Zukunft wird von den befragten Unternehmen sowohl dem Monitoring als auch der Vorhersage eine sehr hohe Relevanz beigemessen.

Bild 1 Relevanz des Monitorings und der Vorhersage – aktuell und zukünftig (Anmerkung: Rundungsbedingte kann es zu einer Gesamtsumme von 101 % kommen)
Bild 1

Relevanz des Monitorings und der Vorhersage – aktuell und zukünftig (Anmerkung: Rundungsbedingte kann es zu einer Gesamtsumme von 101 % kommen)

Es wird deutlich, dass das Potenzial in beiden Fällen noch nicht vollumfänglich ausgeschöpft wurde. Laut der durchgeführten Studie wird das Potenzial entlang des Wertschöpfungsprozesses für das Monitoring von 71 Prozent der Befragten und für die Vorhersage von 62 Prozent als hoch oder sehr hoch eingeschätzt. Insgesamt wird der Vorhersage ein niedrigeres Potenzial zugeordnet als dem Monitoring. Ein Großteil der Befragten hat bereits Systeme zum Monitoring integriert und infolgedessen ist bekannt, welche Möglichkeiten und Vorteile ein Monitoring mit sich bringen kann. Die Vorhersage ist hingegen bei den befragten Unternehmen aktuell weniger bekannt und wurde im Vergleich zum Monitoring seltener als System integriert. Darum ist abzuleiten, dass noch kein ausgeprägtes Verständnis darüber herrscht, welche Möglichkeiten und Vorteile damit verbunden sind.

Um die Potenziale und Vorteile nutzen zu können, müssen zuvor Aufwände betrieben werden. Dies umfasst neben finanziellen sowie zeitlichen Aufwänden für die Integration teilweise auch die Investition in kompatible Maschinen. Hier ergab die Studie, dass sowohl beim Monitoring als auch bei der Vorhersage ein möglichst hoher systemischer und zeitlicher Detaillierungsgrad bei angemessenem Aufwand bevorzugt wird.

Aktueller Einsatz von Monitoring- und Vorhersagesystemen

Bei 86 Prozent der Befragten kommen bereits jetzt Systeme für das Monitoring zum Einsatz. Systeme zur Vorhersage des Energieverbrauchs sind bei 57 Prozent der Unternehmen vorhanden. Bis auf eine Ausnahme finden diese Systeme in der Produktion oder dem Gebäudemanagement Anwendung. Im Bereich Logistik, sowohl in der Beschaffung als auch im Vertrieb, hat lediglich ein Unternehmen Systeme zum Monitoring oder zur Vorhersage im Einsatz (Bild 2). Dies ist darauf zurückzuführen, dass die oftmals sehr komplexen Logistikprozesse häufig ausgelagert werden. Weiter ist es mit einem hohen Aufwand verbunden, die oft internationale Wertschöpfung eines Produkts über Unternehmensgrenzen hinweg abzubilden oder vorherzusagen.

Bild 2 Einsatz von Systemen zum Energiemonitoring bzw. zur Energievorhersage
Bild 2

Einsatz von Systemen zum Energiemonitoring bzw. zur Energievorhersage

Herausforderungen und Hemmnisse bei der Integration von Systemen

Die Integration eines Systems zum Monitoring oder zur Vorhersage ist häufig mit Aufwand, Hürden und störenden Faktoren verbunden. Die größte Hürde zur Integration eines Systems zum Monitoring ist laut der Studie das Fehlen von Ressourcen beziehungsweise von finanziellen Mitteln. Dies ist auf allen Ebenen der Produktentstehung gleichermaßen der Fall. Als zweitwichtigster Faktor wird fehlendes Know-how angegeben. Die Wahrnehmung als Hürde sinkt von der logistischen Ebene über die Fabrik- hin zur Maschinenebene stetig. Demgegenüber steht die Wahrnehmung des Fachkräftemangels. Diesem wird von der Logistikebene über die Fabrik- bis hin zur Maschinenebene eine zunehmende Wichtigkeit eingeräumt. Die fehlende Akzeptanz wird beim Energiemonitoring auf jeder Ebene gleichermaßen als geringere Hürde gesehen. Dies ist zurückzuführen auf die weite Verbreitung von Systemen zum Monitoring. Demgegenüber zeigt sich bei Betrachtung der Integration eines Energievorhersagesystems, dass die fehlende Akzeptanz auf allen Ebenen eine höhere Hürde darstellt. Dieses Ergebnis lässt sich darauf zurückführen, dass aktuell in nur 57 Prozent der befragten Unternehmen Systeme für die Vorhersage integriert wurden. Das Fehlen von finanziellen Mitteln wird im Vergleich zum Monitoring nicht so hoch eingeschätzt und hat einen ähnlichen Stellenwert wie der Fachkräftemangel, die fehlende Akzeptanz und das fehlende Know-how. Es ist hervorzuheben, dass der Fachkräftemangel als Hürde bei der Vorhersage im Gegensatz zum Monitoring in jeder Ebene gleich hoch eingeschätzt wird. Dies lässt sich ebenfalls mit der fehlenden Erfahrung bezüglich der Vorhersage des Energieverbrauchs begründen. Vereinzelt wurde angegeben, dass keine Hürden vorhanden sind.

Neben den oben genannten Hürden auf den verschiedenen Ebenen spielen auch andere kritische Störgrößen eine Rolle bei der Integration und dem Betrieb. Hierbei halten 71 Prozent der Befragten die Datenerhebung für das Monitoring für die kritischste Störgröße, gefolgt von mangelnder Datendokumentation (57 %) und fehlendem Know-how (38 %). Rechtliche Vorgaben sehen 14 Prozent der Befragten sowohl beim Monitoring als auch bei der Vorhersage als kritische Störgröße. Für die Vorhersage wird das fehlende Know-how von 52 Prozent als kritische Störgröße wahrgenommen. Insgesamt ist zu beobachten, dass die Datenerhebung und die mangelnde Datendokumentation beim Monitoring häufiger als kritische Störgröße eingestuft werden als bei der Vorhersage. Dies lässt sich ebenfalls mit der mangelnden Auseinandersetzung und Erfahrung im Bereich Vorhersage erklären wodurch noch nicht bekannt ist, was eine Vorhersage voraussetzt. Eine weitere Ursache ist, dass das Monitoring als Grundlage für die Vorhersage betrachtet wird und deshalb die kritischen Störgrößen beider Systeme ausschließlich dem Energiemonitoring zugeordnet werden.

Die beschriebenen Hürden und Störgrößen können Unternehmen daran hindern, die Entwicklung und Integration eines solchen Systems eigenständig durchzuführen. Bild 3 zeigt, für wie wahrscheinlich die befragten Unternehmen eine eigenständige Entwicklung dennoch halten. Bei der Frage nach einer eigenständigen Entwicklung und Integration eines Systems zum Monitoring gaben 53 Prozent aller Befragten an, dass sie dies für wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich halten. Bei der Vorhersage ist dies bei 39 Prozent der Fall. Weiter ist zu entnehmen, dass unter den Befragten die Wahrscheinlichkeit für eine selbstständige Entwicklung und Integration eins Systems zum Monitoring höher eingestuft wird als für ein System zur Vorhersage. Auf der Skala von 1 – sehr unwahrscheinlich – bis 5 – sehr wahrscheinlich – zeigt sich für beide Systeme ein ähnlicher qualitativer Verlauf. So steigt die Anzahl der Antworten für eine eigenständige Entwicklung und Integration von 1 bis 3 kontinuierlich an, gefolgt von einem starken Einbruch bei Skalenwert 4. In beiden Fällen wurde Wert 5 sehr häufig angegeben. Es ist anzunehmen, dass die Häufung des Skalenwerts 5 durch Unternehmen bedingt wird, welche bereits Systeme in Gebrauch haben. Dort wo noch keine Systeme zum Energiemonitoring und der Energievorhersage im Einsatz sind ergibt sich eine Verteilung zwischen den Werten 1 bis 4, was die noch offenen Potenziale verdeutlicht.

Bild 3 Wahrscheinlichkeit einer eigenständigen Entwicklung und Integration (Anmerkung: Rundungsbedingte kann es zu einer Gesamtsumme von 101 % kommen)
Bild 3

Wahrscheinlichkeit einer eigenständigen Entwicklung und Integration (Anmerkung: Rundungsbedingte kann es zu einer Gesamtsumme von 101 % kommen)

Fazit und Befähigung

Die Studie konnte insgesamt zeigen, dass das Monitoring bereits in vielen Unternehmen etabliert ist und bereits heute Anwendung findet. 43 Prozent aller Befragten halten es für sehr wahrscheinlich ein solches System eigenständig zu entwickeln und zu integrieren. Die Unternehmen sind sich den Potenzialen und Vorteilen sowie im weiteren Sinn der Notwendigkeit eines solchen Systems bewusst. Diese Potenziale sind noch nicht voll ausgeschöpft. Als wichtigste Hemmnisse sind hier das Fehlen von Ressourcen und finanziellen Mitteln aufzuführen. Aus technischer Perspektive sind die Datenerhebung sowie deren Dokumentation als kritische Störgröße zu sehen. Im Bereich der Vorhersage wird bereits heute der Mehrwehrt wie eine Erhöhung der Planbarkeit sowie eine Verbrauchsoptimierung erkannt. Bei der Umsetzung wird jedoch vermehrt zusätzlich fehlendes Know-how genannt. Folglich werden die eigenständige Entwicklung und Implementierung eines Systems zur Vorhersage im Vergleich zum Monitoring als unwahrscheinlicher eingeschätzt. Sobald die Aufwände für die Entwicklung und Integration in beiden Fällen als angemessen eingeschätzt werden, ist davon auszugehen, dass sich der Fokus in Zukunft auf einen möglichst hohen Detaillierungsgrad richtet. Folglich kann der Bedarf bezüglich eines hohen Detaillierungsgrads bei angemessenem finanziellem und personellem Aufwand präzisiert werden.

Als notwendige Voraussetzung, im Speziellen vor dem Hintergrund neuer Richtlinien wie CORSIA [5], ist ein Framework für die Beschreibung eines Produkts sowie dessen angehafteten Verbräuchen entlang seiner Wertschöpfungskette unabdingbar. Hierfür muss aufgrund der aktuell fehlenden Umsetzung (vgl. Bild 2) in besonderem Maße die Logistik adressiert werden. Aufgrund immer weiter verbreiteter Sensorik in den Maschinen bietet sich hier ein geeigneter Rahmen für die Entwicklung leicht zu verwendender Systeme mit einem hohen Detaillierungsgrad. Ein am wbk entwickeltes Framework soll hierfür eine Basis für die Abbildung von Maschineneigenschaften, im Speziellen des Verbrauchs bei der Bearbeitung, bilden. Erweitert um eine hochfrequente Vorhersage des beim Bearbeitungsprozesses anfallenden Verbrauchs [12] ist es möglich, einem Produkt den benötigten Verbrauch anzuheften. Dies befähigt Unternehmen bereits in der Produktentwicklungsphase Verbräuche zu bestimmen, Optimierungspotenztiale zu identifizieren und damit Kosten und Emissionen zu minimieren.


Hinweis

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen von den Mitgliedern des ZWF-Advisory-Board wissenschaftlich begutachteten Fachaufsatz (Peer Review).



Tel.: +49 (0) 1523 950-2643

Funding statement: Gefördert durch Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages durch die Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik e.V.-GFaI. (IGF-Vorhaben Nr.: 22849 BG/2).

About the authors

Robin Ströbel

Robin Ströbel, M. Sc., promoviert als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am wbk des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) im Bereich Maschinen, Anlagen und Prozessautomatisierung in den Fachgebieten Zeitreihen Vorhersage und Hybrid Machine Learing.

Alexander Bott

Alexander Bott, M. Sc., promoviert als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am wbk des Karlsruher Institut für Technologie im Bereich Maschinen, Anlagen und Prozessautomatisierung in den Fachgebieten Modeltransfer und Prädiktionsunsicherheit bei Datengetriebenen Modellen.

Louisa Hutt

Louisa Hutt studiert Wirtschaftsingenieurwesen am KIT.

Sebastian Groß

Sebastian Gross, B. Sc., studiert Maschinenbau

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Fleischer

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Fleischer studierte Maschinenbau an der Universität Karlsruhe (TH) und promovierte 1989 am Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebstechnik (wbk). Von 1992 an war er in mehreren leitenden Positionen in der Industrie tätig, ehe er im Jahr 2003 zum Professor und Leiter des wbk Institut für Produktionstechnik am heutigen Karlsruher Institut für Technologie (KIT) berufen wurde. Darüber hinaus ist er seit 2012 Gastprofessor an der an der Tongji-Universität in Shanghai. Als anerkanntes Mitglied der wissenschaftlichen Gemeinschaft betätigt sich Prof. Fleischer bei der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften (acatech) und ist Mitglied mehrerer wissenschaftlicher und industrieller Beiräte. Seine aktuellen wissenschaftlichen Forschungsschwerpunkte sind intelligente Komponenten für Werkzeugmaschinen und Handhabungssysteme, die Automatisierung unreifer Prozesse sowie agile Produktionsanlagen.

Literatur

1 Statista: Industriestrompreise (inklusive Stromsteuer) in Deutschland in den Jahren 1998 bis 2023 (Veröffentlicht am 25.10.2023). Online unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/252029/umfrage/industriestrompreise-inkl-stromsteuer-indeutschland [Zugriff am 21.11.2023]Suche in Google Scholar

2 Statista: Durchschnittlicher Preis für Erdgas in Europa von Oktober 2016 bis November 2023 (Veröffentlicht am 04.12.2023. Online unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1265554/umfrage/durchschnittlicher-preis-fuer-erdgas-ineuropa-monatlich [Zugriff am 21.11.2023]Suche in Google Scholar

3 Löschel, A.; Kaltenegger, O.; Baikowski, M.: Die Rolle der indirekten Energiekosten im deutschen Produzierenden Gewerbe. Wirtschaftsdienst 95 (2015) 12, S. 837–844 DOI:10.1007/s10273-015-1911-y10.1007/s10273-015-1911-ySuche in Google Scholar

4 Schlagenhauf, T.; Netzer, M.; Fleischer, J.: OEE+: Ein Vorschlag zur zeitgemäßen Erweiterung der OEE um Nachhaltigkeitsaspekte. wt Werkstattstechnik online112 (2022) 7/8, S. 481–486 DOI:10.37544/1436-4980-2022-07-08-3510.37544/1436-4980-2022-07-08-35Suche in Google Scholar

5 Graichen, V.; Wissner, N.: Luftverkehr im EU-ETS und CORSIA im „Fit for 55“ – Paket. Die EU-Einigung vom Juni 2023. Fact Sheet Umweltbundesamt 2023. Online unter https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/luftverkehr-im-eu-ets-corsiaim-fit-for-55-paket [Zugriff am 24.11.2023]Suche in Google Scholar

6 Helfert, M.; Schraml, P.: Leitfaden: Monitoring von Energieeffizienzmaßnahmen (PTW Darmstadt). Online unter https://www.ptw.tu-darmstadt.de/media/fachgebietptw/dokumente_3/wissenssammlung_ptw/leitfaeden_2/Leitfaden_Energiemonitoring.pdf [Zugriff am 13.10.2023]Suche in Google Scholar

7 Schellong, W.: Analyse und Optimierung von Energieverbundsystemen. Springer-Vieweg-Verlag, Wiesbaden 2016, S. 328 DOI:10.1007/978-3-662-49463-910.1007/978-3-662-49463-9Suche in Google Scholar

8 Auswertung der Umfrage „Zukünfige Trends im Energiemanagement“. SmartEnergyHub Konsortium 2016. Online unter https://blog.iao.fraunhofer.de/images/blog/trendsim-energiemanagement.pdf [Zugriff am 20.11.2023]Suche in Google Scholar

9 Empirische Untersuchung des Marktes für Energiedienstleistungen, Energieaudits und andere Energieeffizienzmaßnahmen im Jahr 2021. Endbericht 2021 – BfEE 20/04. Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle 2022. Online unter https://www.bfeeonline.de/SharedDocs/Downloads/BfEE/DE/Energiedienstleistungen/edl22_endbericht_2021.html [Zugriff am 24.11.2023]Suche in Google Scholar

10 Mai, M.; Gruber, E.; Ashley-Belbin, N.; Schulz, A.; Barckhausen, A.; Will, G.; Thie, J.-E.: Analyse der Entwicklung des Marktes und Zielerreichungskontrolle für gesetzlich verpflichtende Energieaudits. Schlussbericht an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Institut für Ressourceneffizienz und Energiestrategien, adelphi consult GmbH, Berlin, Karlsruhe 2017Suche in Google Scholar

11 Der Markt für Energiemanagement-Systeme in kleinen und mittleren Unternehmen. Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle 2017. Online unter https://www.bfee-online.de/SharedDocs/Downloads/BfEE/DE/Energiedienstleistungen/kurzanalyse_2_energiemanagementsysteme.html [Zugriff am 24.11.2023]Suche in Google Scholar

12 Ströbel, R.; Probst, Y.; Deucker, S.; Fleischer, J.: Time Series Prediction for Energy Consumption of Computer Numerical Control Axes Using Hybrid Machine Learning Models. Machines 11 (2023) 11, Art.-Nr. 1015 DOI:10.3390/machines1111101510.3390/machines11111015Suche in Google Scholar

Published Online: 2024-02-10
Published in Print: 2024-02-29

© 2024 Robin Ströbel, Alexander Bott, Louisa Hutt, Sebastian Groß und Jürgen Fleischer, publiziert von De Gruyter

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Heruntergeladen am 30.9.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zwf-2024-1009/html
Button zum nach oben scrollen