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„Professionell sein“ – Professionalität im Verständnis von Religionslehrerinnen und -lehrern (1997–2014)

  • Judith Everington EMAIL logo
Published/Copyright: June 1, 2016
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Abstracts:

The article draws on a series of qualitative studies undertaken between 1997 and 2014 in order to contribute to knowledge of, and debate about, Religious Education and professionalism from the perspective of teachers of Religious Education. The findings of research undertaken with successive cohorts of English trainee and newly-qualified teachers is used to explore their understandings and experiences of, and concerns about ‘being professional'. An international perspective is provided by research on experienced teachers of Religious Education in six European countries, conducted during the REDCo Project of 2006–9. Contextualisation of research findings in relation to education policies and debates provides a picture of the issues that teachers and teacher educators were responding to between 1997 and 2014 and indicates how past and current understandings of Religious Education and professionalism can come together in the practice and views of Religious Education teachers. The article highlights the need for teachers to reflect on the relationship between their personal and professional lives and argues that trainee teachers require the kind of opportunities for reflection and specialist support that are provided in institutions of higher education.

Zusammenfassung:

Der Artikel beruht auf einer Serie qualitativer Studien, die in den Jahren 1997 bis 2014 durchgeführt wurden, um aus der Perspektive von Religionslehrkräften zum Kenntnisstand und zur Diskussion über Religionsunterricht und Professionalität beizutragen. Die Ergebnisse dieser Studien, die mit aufeinanderfolgenden Jahrgängen englischer Lehrerinnen und -lehrern in Ausbildung und in den ersten Berufsjahren durchgeführt wurden, werden dafür genutzt, ihre Auffassungen von,█ Erfahrungen mit und Einstellungen zu Professionalität zu untersuchen. International erweitert wird diese Perspektive durch eine Studie zu erfahrenen Religionslehrkräften in sechs europäischen Ländern, die während des REDCo-Projekts von 2006 bis 2009 durchgeführt wurde. Indem die Forschungsergebnisse im Blick auf die Bildungspolitik und damit einhergehende Debatten kontextualisiert werden, ergibt sich ein Bild über Themen, die Lehrerinnen und Lehrern sowie in der Lehrerbildung tätigen Personen zwischen 1997 und 2014 wichtig waren. Auf dieser Basis kann darauf geschlossen werden, wie vergangene und gegenwärtige Verständnisse von Religionsunterricht und Professionalität in der Berufspraxis sich auf die Überzeugungen von Religionslehrerkräften auswirkten. Der Beitrag hebt das Bedürfnis von Lehrerinnen und Lehrern hervor, die Beziehung zwischen ihrem persönlichen und professionellen Leben zu reflektieren, und argumentiert, dass Referendarinnen und Referendare Möglichkeiten zur Reflexion sowie fachliche Unterstützung benötigen, wie sie an Hochschulen geboten werden.

1. Einleitung

Ziel dieses Artikels ist es, zur Debatte über Religionslehrer/innen und Professionalität beizutragen. Er stützt sich auf Untersuchungen zu Kenntnissen, Erfahrungen und Einstellungen von Lehrkräften, die über eine Zeitspanne von 16 Jahren durchgeführt wurden. Alle der unten aufgeführten Studien adressierten die Beziehung zwischen dem persönlichen und professionellen Leben von Lehrerinnen und Lehrern und haben mit einer Ausnahme im Kontext desselben universitären Lehrerbildungskurses begonnen. In der Zusammenschau bieten sie einen Einblick darein, was aufeinanderfolgende Jahrgänge von Lehrerinnen und Lehrern in den ersten Berufsjahren unter „professionell sein“ verstanden. In jeder Studie wurden die Ansichten und Erfahrungen der Lehrkräfte sowohl mit der vergangenen als auch mit der aktuellen Bildungspolitik und damit einhergehenden Debatten in Beziehung gesetzt. Chronologisch betrachtet, vermitteln sie einen Überblick über einige nationale und internationale Themen, auf die Lehrkräfte und in der Lehrerbildung tätige Personen zwischen 1997 und 2014 reagierten. Ferner erlauben sie Rückschlüsse darauf, wie vergangene und aktuelle Verständnisse von Religionsunterricht und Professionalität sowohl in der Praxis als auch in den Ansichten von Religionslehrerinnen und -lehrern zusammenkommen können. Der Artikel hebt außerdem hervor, wie wichtig es ist, dass Lehrkräfte in Ausbildung die Gelegenheit erhalten, sich ihrer professionalitätsbezogenen Ansichten und Einstellungen bewusst zu werden. Es wird argumentiert, dass Universitäten und Hochschulen dafür den geeigneten Rahmen bieten, weil dort genügend Zeit für die gemeinschaftliche Reflexion mit Gleichaltrigen und Unterstützung durch spezialisierte Experten für Lehrerbildung gewährleistet werden können.

2. Die Studien

2014 stellten Freathy u. a. fest, dass allgemeine Forschung zur Professionalisierung von Lehrerinnen und Lehrern nicht „die spezielle Situation von Religionslehrerkräften abdeckt“ und kamen zu dem Urteil, dies sei „ziemlich unbefriedigend“ (2014, 272). 18 Jahre zuvor war die Vernachlässigung von Religionslehrkräften in der lehrerbezogenen Forschung zu einem Anliegen für mich geworden, als Leiterin eines neu initiierten Ausbildungsprogramms für Religionslehrerkräfte an weiterführenden Schulen, und für eine Kollegin, die zwar keinen Bezug zum Religionsunterricht hatte, dafür aber über eine hohe Expertise in der Life-History-Forschung und in der Erforschung von Lehrerbiografien verfügte. Wir stellten fest, dass die Situation von Religionslehrkräften in vielerlei Hinsicht „speziell“ war. Besonders interessierten uns die spezifischen professionellen Herausforderungen, die sich auftun, wenn junge Menschen mit (oft eindrucksvollen) religiösen Erfahrungen und (häufig entschiedenen) Glaubenseinstellungen und/oder Sichtweisen zu religiösen, spirituellen und ethischen Fragen die Fähigkeit erwerben sollen, Themen empathisch und unvoreingenommen Schülerinnen bzw. Schülern mit wiederum je eigenen Erfahrungen, Glaubenseinstellungen und Ansichten zu präsentieren. Ein zentrales Prinzip der lehrerbezogenen Life-History-Forschung besagt, dass Lehrkräfte, um sich in ihrer professionellen Rolle wohl zu fühlen, sich der Wechselbeziehung zwischen ihrem persönlichen und professionellen Leben bewusst werden und an ihr arbeiten müssen. Für einige von ihnen wird es überdies besonders wichtig sein, einen Weg zu finden, Aspekte ihres persönlichen und professionellen Lebens zu versöhnen oder zu harmonisieren (Goodson und Sikes 2001). Damals waren Methoden der Life-History-Forschung eingesetzt worden, um diese Themen zu erforschen und die Arbeit der Lehrerbildnerinnen und -bildner weiterzuentwickeln. Dies wurde jedoch nicht mit Bezug auf Religionslehrkräfte getan. Wir waren überzeugt, dass es nötig war, diese Lücke zu bearbeiten und Einsichten zu generieren, die die professionelle Entwicklung von Religionslehrkräften verbessern können.

Aus diesen Zielsetzungen heraus entstand 1997 eine erste Life-History-Studie mit einer Gruppe von 14 „teacher trainees“ für Religionsunterricht, die zu Beginn ihres einjährigen Kurses anfing und während ihres ersten Jahres als ausgebildete Lehrerkräfte weiterlief. Die „trainees“ waren zwischen 21 und 45 Jahre alt, kamen aus unterschiedlichen sozialen und ethnischen Hintergründen und hatten Abschlüsse in Fächern, die von Theologie und Religionswissenschaften bis zu Philosophie und Soziologie reichten. In Übereinstimmung mit Prinzipien und Methoden der Life-History-Forschung und mit der Absicht, Einsichten über das Verhältnis zwischen dem persönlichen und professionellen Leben der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu erlangen, wurden Daten aus ihren Autobiografien, reflektierenden Texten und Unterrichtsentwürfen erhoben. Hinzu kamen Unterrichtsbeobachtungen und semi-strukturierte Interviews. Die Daten wurden über einen Zeitraum von vier Jahren in einem fortlaufenden Prozess von interpretierendem Lesen und Kontextualisierung analysiert, um zentrale Themen zu identifizieren. Die Themen, die auch in Veröffentlichungen erörtert wurden, bezogen sich auf das Engagement von Lehrerinnen und Lehrern für interkulturelle Harmonie (Everington 2001), auf Genderfragen und den Umgang mit der religiösen Identität (Sikes und Everington 2004 a) sowie auf die Entwicklung einer professionellen Identität (Sikes und Everington 2004 b).

Die Life-History-Studie legte die Grundlagen für eine Reihe von Untersuchungen zwischen 2004 und 2014 im Kontext desselben universitären Ausbildungskurses und mit mir selbst in der Doppelrolle als Tutorin und Forscherin. In sämtlichen Fällen lag der Forschungsfokus auf Gruppen von 15 bis 20 „teacher trainees“ mit unterschiedlichen sozialen und ethnischen Hintergründen und verschiedenen Studienfächern. Alle Studien beinhalteten ein biografisches Element. Die erhobenen Daten wurden mithilfe ähnlicher Methoden wie in den vorherigen Studien analysiert. In einjährigen Studien wurden die Reaktionen der „teacher trainees“ auf antireligiöse und rassistische Einstellungen bei Schülerinnen und Schülern (Everington 2005) sowie Interpretationen des „Lernens von Religion“ (Everington 2007) erforscht. Eine 2009–2011 durchgeführte Studie untersuchte die Verwendung von „persönlichem Lebenswissen“ bei der Planung und Durchführung von Unterricht (Everington 2012). Eine Erweiterung dieser Studie legte den Schwerpunkt auf Beteiligte aus ethnischen Minderheiten (Everington 2013; 2015).

Dadurch wurden Herausforderungen erkennbar, mit denen Lehrerinnen und Lehrer in einer entscheidenden Phase der Entwicklung ihrer professionellen Identität und ihres Verständnisses von Professionalität konfrontiert werden können. Jedoch soll im Folgenden auch eine Untersuchung zu erfahrenen Lehrerinnen und Lehrern erwähnt werden, die von Mitgliedern eines Teilprojekts des europäischen REDCo-Projekts durchgeführt wurde. Das Teilprojekt konzentrierte sich auf Religionslehrkräfte in sechs europäischen Ländern und nutzte semi-strukturierte biografische Interviews, um das Wechselspiel zwischen den Wahrnehmungen und Strategien der Lehrerinnen und Lehrer im Umgang mit Diversität im Unterricht einerseits und ihren persönlichen Biografien andererseits zu untersuchen (van der Want et al. 2009; Everington et al 2011).

3. „Professionell sein“: Themen in retrospektiver Analyse

In allen oben genannten Studien wurden signifikante Themen im oben vorgezeichneten Sinne durch einen Prozess des Analysierens, Synthetisierens und Interpretierens von Daten, die aus Interviews mit den einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, durch Unterrichtsbeobachtungen und kontextuelles Material gewonnen wurden, identifiziert. Sie deckten eine Reihe unterschiedlicher Fragestellungen ab und waren nicht darauf angelegt, zu einer Längsschnittstudie beizutragen. Da die Studien jedoch in ausreichender Zahl und über einen hinreichenden Zeitraum durchgeführt wurden, erscheint es gerechtfertigt, sie als zusammenhängenden Forschungskorpus zu analysieren. Die Analyse deutete darauf hin, dass „professionell sein“ ein Anliegen in allen Studien zu angehenden Lehrkräften war. Innerhalb dieses übergreifenden Themenfeldes konnten vier zentrale Gesichtspunkte herausgearbeitet werden:

  1. eine professionelle Person sein

  2. innerliche Verpflichtung gegenüber einer Vision und Mission

  3. das Recht und die Freiheit haben, Ziele und Strategien des RU zu interpretieren

  4. im Klassenzimmer offen über sich selbst sein.

Professionell zu sein heißt, als professionelle Person angesehen zu werden

Das Verlangen, als „professionelle Person“ angesehen zu werden, war ein Thema, auf das die Daten der ersten Life-History-Studie stark hindeuteten. Innerhalb dieses Themas wurden zwei miteinander verknüpfte Befürchtungen oder Sorgen identifiziert: die eine betraf die Identität der angehenden Lehrkräfte, die andere ihren Status.

Eine signifikante Anzahl an „teacher trainees“ äußerte während der ersten Monate des Kurses die Befürchtung, dass sie nicht (wie andere Lehrerinnen und Lehrer) als professionelle Personen angesehen würden. Dies begründeten sie mit der Art, wie Religionslehrkräfte im öffentlichen Leben wahrgenommen würden, und damit, wie sie womöglich oder tatsächlich von Schülerinnen und Schülern oder Lehrerinnen und Lehrern anderer Fächer gesehen wurden. Das Bild der Religionslehrkraft, das sich aus den Interviewdaten ergab, war das der altbackenen, untadeligen, moralisierenden Sonntagsschullehrkraft. Dieses Image war mit spezifischen Befürchtungen verbunden:

  1. Die Befürchtung, ähnlich wie ehrenamtliche Sonntagsschullehrkräfte wahrgenommen zu werden, führte zu der Angst, einen niedrigeren Status als andere Lehrkräfte zugeschrieben zu bekommen.

  2. Agnostische und atheistische Lehrerinnen und Lehrer waren besorgt, sie könnten als „religiös“ angesehen werden. Hingegen fürchteten diejenigen mit und ohne religiöser Überzeugung, dass die Schülerinnen und Schüler denken könnten, ihnen gehe es darum, im Religionsunterricht eine religiöse Position durchzusetzen oder gar sie zu bekehren.

  3. Schließlich wurde die Befürchtung artikuliert, das Image von Religionslehrkräften könne dazu führen, als Außenseiter wahrgenommen zu werden, im Gegensatz zur Jugendkultur, der die meisten Interviewten sich zugehörig fühlten. Dadurch könnte sich bei den jungen Menschen der Eindruck verfestigen, sie seien Lehrkräfte, mit denen sie ihre Ansichten und Erfahrungen nicht teilen bzw. von denen sie nicht einmal etwas lernen könnten.

Während des Kurses untersuchten wir die subjektiven Strategien, mithilfe derer die Teilnehmenden versuchten, mit dem Problem umzugehen, wie sie angesichts dieser negativen Stereotypisierungen auf professionelle Art und Weise „sie selbst“ sein konnten. Wir fanden heraus, dass es Strategien gab, die sich als förderlich für das professionelle Image erwiesen, und andere, die eher kontraproduktiv wirkten. Zu ersteren gehörte beispielsweise das Tragen von modischer oder etwas unkonventioneller Kleidung. Letztere werden durch atheistische oder agnostische Lehrkräfte exemplifiziert, die im Klassenraum emphatisch ihren Mangel an Glauben bekundeten, oder durch Lehrerinnen und Lehrer unterschiedlicher Überzeugung, die versuchten, ihre „street credentials“ dadurch unter Beweis zu stellen, dass sie Aspekte ihres Soziallebens (wie Alkoholkonsum und Diskobesuche) mit den Schülerinnen und Schülern teilten (Sikes und Everington 2004 a; 2004 b).

Bei der Kontextualisierung solcher Befürchtungen wurde die Reputation und die Ausstattung des Religionsunterrichts in der jeweiligen Schule mit berücksichtigt. Dabei zeigte sich, dass der Religionsunterricht an vielen weiterführenden Schulen als Fach mit niedrigem Ansehen wahrgenommen wurde, dem es an zeitlichen, sachlichen und personellen Ressourcen fehlte (Ofsted 1999). Der Widerwillen der Lehrerinnen und Lehrer, bestehende Methoden und Unterrichtsinhalte zu verändern, trotz der „Ermutigung“ durch neue Lehrpläne und Schulinspektionen (Ofsted 1997), wurde ebenfalls festgestellt. Dieses Bild wurde durch weitere religionspädagogische Studien verstärkt, wobei Copley besonders auf den demoralisierenden Effekt der „persönlichen Feindseligkeit (gegenüber Religionsunterricht) von Seiten einiger Lehrerkräften“ (1997, 194) abgehoben hatte. Noch grundlegendere Herausforderungen wurden in Copleys Untersuchung zur ambivalenten Stellung von Religion im nationalen Leben (1997) artikuliert, wie auch in Wrights Behauptung, dass „Religion die allgemeine öffentliche Akzeptanz anderer Fächer nicht teilt […] und die Ambiguität der Religion in der Gesellschaft ein Klima des Misstrauens erzeugt, das den Religionsunterricht umgibt“ (1993, 10). Dieses kontextuelle Material gab einen Einblick in die Ängste der „teacher trainees“, misstrauisch beäugt und als Lehrkräfte mit einem niedrigen professionellen Status betrachtet zu werden. Ihre Schwierigkeiten, mit dieser Situation umzugehen, weisen auf die Notwendigkeit hin, spezielle Ausbildungskurse einzurichten, in denen sie Kompetenzen im Umgang mit solchen Befürchtungen und professionellen Zuschreibungen erwerben können. In meinem Fall waren die Forschungsergebnisse und die Möglichkeit, Erkenntnisse über die Gefühle und Erfahrungen von „teacher trainees“ zu erlangen, ein Wendepunkt für mein Verständnis der Entwicklung von Lehrerprofessionalität und für meine Rolle als Lehrerbildnerin. Das Verhältnis von persönlichem und professionellem Leben der Lehrerinnen und Lehrer wurde zu einem Kernanliegen meiner Lehre und der Konzeptionierung meines Kurses. Im Lauf der Zeit wurden Elemente der Forschungsmethodologie und -ergebnisse in den Kurs eingebaut, indem beispielsweise kleine Autobiographien und persönliche/professionelle Zielsetzungen verfasst und fortlaufend aktualisiert werden oder durch den Einsatz von Fallstudien, um persönliche/professionelle Dilemmata zu erforschen.

Professionell zu sein heißt, eine Vision und Mission zu haben

Der Titel einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2001 (Everington und Sikes 2001) beinhaltete die Aussage eines Teilnehmers: „Ich will die Welt verändern!“ Sie schien ein gemeinsames Ziel eines Großteils der Gruppe zusammenzufassen. Wir fanden heraus, dass die meisten „teacher trainees“ glaubten, dass sie als Religionslehrerkräfte eine Vision und eine gewisse Mission haben sollten. Wir konzentrierten uns darauf, inwieweit diese Visionen darauf zugeschnitten waren, den Ansprüchen und Erfahrungen des Unterrichtens während und nach dem Ausbildungsjahr gerecht zu werden.

Alle „teacher trainees“ traten mit einer Vision an, die darauf ausgerichtet war, Vorurteile zu bekämpfen und eine harmonische multikulturelle Gesellschaft zu fördern. Dabei fiel uns auf, dass diese „Vision“ für Jahrzehnte als ein oder sogar als das Schlüsselziel des Religionsunterrichts angesehen wurde. 1997 gab es Hinweise aus der quantitativen Forschung, dass Unterrichtsergebnisse in Bezug auf diese von Lehrkräften verfolgte Zielperspektive bei den Lehrkräften mit die höchste Priorität besaßen (Astley et al 1997). Zum Zeitpunkt des Berufseinstiegs der „teacher trainees“ unterstützte das politische Klima die Ansicht, dass dem Religionsunterricht eine entscheidende Rolle im Kampf gegen Vorurteile und für die Förderung einer harmonischen multikulturellen Gesellschaft zukommt. Anfragen aus dem Feld der antirassistischen Pädagogik oder der von Wright (1993) geäußerte Vorwurf, dass der Berufszweig der Religionslehrkräfte sich selbst an Sozialingenieure „ausverkaufe“, mitsamt der Forderung, den Religionsunterricht stärker am Erwerb religiöser „Literacy“ auszurichten, änderten daran wenig. Daher ist es nicht überraschend, dass die „trainees“ den Wunsch aussprachen, Vorurteile zu bekämpfen und multikulturelle Harmonie zu fördern. Jedoch zeigte die Forschung auch, dass sie unterschiedliche Interpretationen dieser Zielperspektive und ihrer Rolle beim Erreichen derselben hatten, und dass diese Vorstellungen mit persönlichen Glaubensüberzeugungen und Lebenserfahrungen zusammenhingen.

Als wir den Umgang der „trainees“ mit solchen Interpretationen untersuchten, fanden wir heraus, dass einige von ihnen Schwierigkeiten damit hatten, ihre Visionen mit ihren Erfahrungen in der Schule in Einklang zu bringen. In einem Fall hatte ein ehemals katholischer Atheist den Kurs mit dem Wunsch angetreten, Vorurteile durch die Vermittlung einschlägigen Wissens zu bekämpfen. Als er aber über Religionen unterrichtete, fühlte er sich unwohl, weil er das Gefühl hatte, Ansichten zu fördern, die er für „falsch“ hielt. In Interviews reflektierte er über die frühere Entwicklung seines Atheismus und seine kürzlich aufgetretenen Sorgen über persönliche/professionelle Integrität. Er kam zu der Schlussfolgerung, dass er seine professionelle Rolle überdenken müsse. Von nun an wolle er religiöse und nicht-religiöse Überzeugungen unparteiisch vorstellen und den Schülerinnen und Schülern die Mittel zur Verfügung stellen, mit denen sie jene Überzeugungen kritisch hinterfragen können. In einem anderen Fall war ein „trainee“ mit einem konservativen religiösen Standpunkt nicht bereit, über die Unterschiede zwischen seinen persönlichen Glaubensüberzeugungen und den professionellen Zielen und Verantwortlichkeiten, die von ihm verlangt wurden, zu reflektieren. Die Entschlossenheit, sein eigenes Verständnis und seine eigene Vision von Religionsunterricht zu verfolgen, führte zu einer emphatischen Präsentation seiner Ansichten im Unterricht und zu Intoleranz gegenüber den antireligiösen Ansichten vieler seiner Schülerinnen und Schüler. Dadurch kam es zur Konfrontation und zu einem Zusammenbruch des Lehrer-Schüler-Verhältnisses. Die Notwendigkeit, „trainees“ zur Reflexion ihrer persönlichen Visionen und Überzeugungen sowie ihrer professionellen Verantwortlichkeiten anzuleiten, war eine zentrale Schlussfolgerung aus der Studie. Innerhalb meines eigenen Kurses wurden die oben beschriebenen Situationen genutzt, um zur Reflexion und Diskussion dieser Themen anzuregen.

Professionell zu sein heißt, das Recht und die Freiheit zu haben, Ziele und Strategien des Religionsunterrichts zu interpretieren

Wie oben dargelegt, war der Wunsch der „trainees“, die Ziele des Religionsunterrichts im Zusammenhang ihrer persönlichen und professionellen Ziele zu interpretieren, ein zentrales Thema der Studie aus den Jahren 1997 bis 1999. Infolge der Debatten über die Standardisierung des Religionsunterrichts und die „Kontrolle“ von Religionslehrkräften, die wiederum mit der Einführung nicht-verbindlicher nationaler Richtlinien für den Religionsunterricht (QCA 2004) und der Entwicklung europäischer Standards für Religionsunterricht (Keast 2006) zusammenhing, kam es zu einer Wiederkehr der Autonomiethematik. So zielte eine Studie von 2006/2007 darauf, die Autonomie von Religionslehrkräften zu erforschen, indem bei „trainees“ das Verständnis und die Berücksichtigung des „Lernens von Religion“ in den Mittelpunkt gerückt wurde (Everington 2007). Anders als beim Unterricht, der auf „Lernen über Religion“ abzielt (normalerweise durch lokale und Schullehrpläne festgelegt), gaben die Schulen, in denen die „trainees“ lehrten, ihnen die Freiheit, ihre eigene Verbindung zwischen religiösen Inhalten und allgemeinen menschlichen Erfahrungen herzustellen, um den Schülerinnen und Schülern ein solches „Lernen von Religion“ zu ermöglichen.

Es stellte sich heraus, dass die „trainees“ zu Beginn des Kurses Sinn und Ziel des „Lernens von Religion“ auf unterschiedliche Weise interpretierten, obwohl sie dieselbe Anleitung erfahren hatten. Die meisten bezogen sich stark auf ihr eigenes Leben, um Möglichkeiten für das „Lernen von Religion“ zu eröffnen. „Trainees“ mit religiösem Hintergrund griffen auf ihr persönliches Wissen über Glauben und religiöse Praxis sowie ihre eigenen Lernerfahrungen zurück, um die Schülerinnen und Schüler dabei zu unterstützen, Bezüge zwischen religiösen Inhalten und ihren eigenen Lebenswelten herzustellen. In manchen Fällen waren die Verschränkungen sehr effektiv, aber in anderen Fällen wurde übersehen, dass die Vorannahmen über den Glauben der Schülerinnen und Schüler unpassend waren, etwa wenn Schülerinnen und Schüler eingeladen wurden, darüber nachzudenken, was sie Gott in ihren eigenen Gebeten fragen würden.

Im Laufe eines Jahres an der Schule änderte der Großteil der „trainees“ ihre Einstellung zum „Lernen von Religion“. Nun spiegelten die angebahnten Verknüpfungen zwischen Religionen und allgemeinen menschlichen Erfahrungen die Realität und Vielfalt der Lebenswelten und religiösen Überzeugungen der Schülerinnen und Schüler wider. Dies führte bei einigen zu einer ausgewogenen Planung des Unterrichts; bei anderen schwang das Pendel etwas zu stark zurück, so dass der Religionsunterricht durch die Lebenswelten der Schülerinnen und Schüler dominiert wurde und religiöse Inhalte zurücktraten. Von letzteren arbeiteten manche in weitgehend säkularisierten, sozioökonomisch rückständigen Gebieten, hatten starke politische Meinungen und schienen die Lebenswelten der Schülerinnen und Schüler zu priorisieren, weil sie ihnen kein Curriculum aufbürden wollten, das von ihnen als irrelevant für ihr Leben betrachtet werden könnte.

Eine Untersuchung der Ansichten der „trainees“ am Ende ihres Kurses ergab, dass alle glaubten, dass Religionslehrkräfte das Recht und die Freiheit haben sollten, das Ziel des „Lernens von Religion“ subjektiv interpretieren zu dürfen. Sollte ihnen dieses Recht vorenthalten werden, meinten sie, würden sie von Fachkräften zu roboterhaften Vermittlern unpersönlichen Materials degenerieren. In Kongruenz dazu wurde in der Studie gefolgert, dass die „trainees“ zusätzliche Motivation für ihre Arbeit gewinnen würden, wenn ihnen ermöglicht würde, ihre eigenen Interpretationen der Ziele des Religionsunterrichts zu verfolgen und sich dabei auf ihre persönlichen Lebenserfahrungen zu stützen, um effektiv Brücken zwischen den Schülerwelten und religiösen Traditionen zu schlagen. Eine andere Schlussfolgerung lautete, dass Berufsanfängerinnen und -anfänger spezialisierte Anleitung benötigen, um zu erkennen, wie persönliche Glaubensüberzeugungen und individuelle Erfahrungen für die Planung und Durchführung von Religionsunterricht fruchtbar gemacht werden können, und um professionelle Urteile über die Balance zwischen der Relevanz für das Leben der Schülerinnen und Schüler einerseits und der Erweiterung ihres Denkens durch Begegnungen mit unbekannten Weltsichten andererseits fällen zu können.

Professionell zu sein heißt, im Religionsunterricht offen über sich selbst zu sein

Die erste Life-History-Studie hatte zum Ergebnis, dass die Sorgen der „trainees“ um das Image von Religionslehrerinnen und -lehrern in manchen Fällen defensive, unprofessionelle Formen der Selbstoffenbarung nach sich zog. Ein Jahrzehnt später wurde augenscheinlich, dass viele „trainees“ auf selbstbewusste und konstruktive Art und Weise beim Religionsunterricht offen über sich waren. Wie aus einschlägiger Forschung hervorging, hatten viele das Gefühl, dass sie im Klassenzimmer unbedingt offen über sich selbst sein sollten. Die Veröffentlichung von „Verhaltensregeln“ für Religionslehrkräfte (REC 2009), die auf „angemessene Offenheit“ als Professionalitätsmerkmal rekurrierten, und die Befunde des REDCo-Projekts, die unten besprochen werden, wiesen auf weiteren Forschungsbedarf hin.

Studien, die zwischen 2009 und 2014 durchgeführt wurden, zeigten, dass die meisten „trainees“ keine Probleme damit hatten, ihre persönlichen Glaubensüberzeugungen und zu einem gewissen Maße auch ihre persönlichen Sichtweisen zu ethischen/sozialen Fragen mit den Schülerinnen und Schülern zu besprechen, und dass sie alle beim Unterrichten auf persönliche Erfahrungen zurückgriffen. Dabei war für sie auf der Zielebene leitend,

  1. religiöse Gehalte real, relevant und interessant zu machen

  2. falsche Annahmen durch Beispiele aus dem „echten Leben“ anzusprechen

  3. ein „schwieriges“ religiöses/spirituelles Konzept oder einen schwer zugänglichen Glaubensinhalt durch ein illustrierendes, persönliches Beispiel zu veranschaulichen.

Der am häufigsten genannte Grund dafür, persönliche Glaubensüberzeugungen und Erfahrungen mit den Schülerinnen und Schülern zu besprechen, war jedoch, dass sie dadurch ebenfalls ermutigt würden, „sich zu öffnen“. Sie beabsichtigten also, Barrieren zwischen den Schülerinnen und Schülern und im Lehrer-Schüler-Verhältnis abzubauen, so dass persönliche Ansichten sowie religiöse Überzeugungen und Gefühle frei ausgedrückt werden konnten. Hier wurde die Lehrer-Schüler-Beziehung betont, wie ein Referendar erklärte: „Es geht nicht um mich oder sie. Wir sitzen alle in einem Boot, die Kids und ich“ (Everington 2012).

In einer Gruppendiskussion zur „Offenheit von Lehrkräften“ vertrat eine Mehrheit die Ansicht, dass die Zunahme von Reality-TV-Formaten und der Gebrauch von Sozialen Medien zu einem Klima geführt hätten, das Offenheit in Bezug auf persönliche/soziale Fragen fördere. Nichtsdestotrotz gab es ein Bewusstsein für die Gefahren, die entstehen, wenn Lehrkräfte persönliche Angelegenheiten mit Schülerinnen und Schülern besprechen, und eine Sensibilität dafür, dass diese dadurch gekränkt oder unangemessen in ihrem Denken beeinflusst werden könnten. Um dies zu vermeiden, wurde vorgeschlagen, persönliche Inhalte nur mit Gruppen, deren Mitglieder sich gut kennen, und nicht mit den Jüngsten anzusprechen, sich in manchen Fällen eher auf Freunde oder Familienmitglieder als auf sich selbst zu beziehen und auf den Tonfall zu achten, der nicht zu schrill oder schneidend sein sollte (Everington 2012).

Bei der Kontextualisierung dieser Ansichten und Praktiken wurden Bedenken von Aldenmyer (2010) aufgenommen, die argumentiert hatte, dass Lehrkräfte, die sich für das persönliche Leben von Schülerinnen und Schülern interessieren und sich selbst als Beispiele nehmen, den Schülerinnen und Schülern die Privatsphäre und das Gefühl von Sicherheit vorenthalten könnten, das durch eine „distanzierte“ und „objektive“ Professionalität gewährleistet werden sollte. Außerdem bezogen wir uns auf Furedi (2010). Dieser steht dem Konzept der „Lernpartnerschaft“ sehr kritisch gegenüber, weil es seiner Meinung nach den Lehrkräften die Möglichkeit nimmt, als zuverlässige Anbieter von Wissen aufzutreten. Zum anderen krtisiert er die „ständige Beschäftigung“ mit dem persönlichen Leben der Schülerinnen und Schüler, die er als manipulativ betrachtet. Daher wurde festgehalten, dass Möglichkeiten, über die Gefahren von „Lehreroffenheit“ nachzudenken, in die Lehrerausbildung integriert werden sollten. Nichtsdestotrotz haben die Studien nachgewiesen, dass die „trainees“ der „Offenheit“ eine hohe Bedeutung für die Aktivierung von Schülerinnen und Schülern und für effektives Unterrichten zumaßen. Sie überzeugten mich sowohl von der Validität dieses Glaubens als auch von der Notwendigkeit, mehr Zeit innerhalb des Kurses dafür bereitzustellen. Nach der ersten Forschungsphase wurden Beispiele aus den Daten benutzt, um die potenziellen Vorteile von „Lehreroffenheit“ zu stützen und darzustellen. Aber die „trainees“ wurden ebenso mit den oben beschriebenen Einwänden vertraut gemacht und arbeiteten gemeinschaftlich daran, ihre eigenen Richtlinien und Vorsichtsmaßnahmen zu identifizieren.

Während die Forschung zur Praxis englischer „trainees“ ergeben hat, dass „offen sein“ und „professionell sein“ in der Akteursperspektive eng verknüpft waren, zeichnete eine internationale Studie mit erfahrenen Religionskräften, die zwischen 2007 und 2009 durchgeführt wurde, ein komplexeres Bild.

Internationale Perspektiven: Das REDCo Teilprojekt

Dieses Forschungsvorhaben bezog sich auf je sechs Religionslehrkräfte im Alter von 25 bis 55 Jahren an weiterführenden Schulen in sechs europäischen Ländern und untersuchte die Beziehung zwischen ihren Wahrnehmungen und Strategien im Umgang mit Diversität und ihren persönlichen Biografien (van der Want et al. 2009; Everington et al. 2011).

Alle Lehrkräfte betonten, wie wichtig es sei, Schülerinnen und Schülern Möglichkeiten zu bieten, ihre eigenen religiösen Überzeugungen und Erfahrungen im Klassenraum zu äußern. Die meisten von ihnen sprachen sich dafür aus, eine verbindende Atmosphäre im Klassenraum und vertrauensvolle Beziehungen mit und zwischen den Schülerinnen und Schülern zu schaffen, so dass allen ermöglicht werde, sich hinreichend „sicher“ zu fühlen, um persönliche Themen mitzuteilen und zu diskutieren. Ferner herrschte Einigkeit darüber, dass die Einstellungen und religiösen Überzeugungen der Schülerinnen und Schüler nicht daran hindern dürften, persönliche Themen mitzuteilen oder selbstständig zu denken. Innerhalb aller Länder gab es jedoch unterschiedliche Ansichten darüber, wie Lehrkräfte im Klassenraum mit ihren eigenen Meinungen und religiösen Überzeugungen umgehen sollten. Manche waren der festen Ansicht, dass professionelle Lehrkräfte ihre Schülerinnen und Schüler nicht wissen lassen sollten, woran sie glauben, weil sie damit wahrscheinlich ihr Denken beeinflussen oder einen offenen Umgang mit den eigenen religiösen Überzeugungen blockieren könnten. Andere wiederum betonten, dass Religionslehrkräfte ihre eigenen religiösen Überzeugungen mit Schülerinnen und Schülern besprechen sollten, weil dies essenziell dafür sei, eine aufgeschlossene und zum Gespräch anregende Atmosphäre im Klassenzimmer herzustellen. Bei den englischen Lehrerinnen und Lehrern gab es eine klare Trennung zwischen den Älteren, die als streng „neutral“ angesehen werden wollten, und den Jüngeren, die bewusst offen mit ihren religiösen Überzeugungen umgingen. In anderen Ländern schienen die Unterschiede mit den Erfahrungen der Lehrerinnen und Lehrer als Lernende und ihrer Persönlichkeit zusammenzuhängen, obwohl diejenigen mit religiösem Bekenntnis offener als die atheistischen oder agnostischen Lehrerinnen und Lehrer erschienen.

Als Konsequenz dieser Befunde wurde empfohlen, Religionslehrkräfte künftig stärker dazu anzuleiten, über den Einfluss nationaler Verständnisse von Religion und Bildung sowie die Bedeutung ihrer persönlichen und professionellen Biografien für ihre pädagogischen Strategien und Unterrichtsreaktionen nachzudenken. Ferner wurde die Vorstellung einer strikten Neutralität von Lehrkräften hinterfragt. Im Rückgriff auf Forschungsbefunde, die auf die Gefahren der Trennung des persönlichen vom professionellen Selbst hinweisen, wurde schließlich betont, dass anhaltende Reflexionen, die ein stetes Wechseln zwischen persönlichem und professionellem Leben bedeuten, entscheidend dafür sind, dass Lehrkräfte professionell darüber urteilen können, wann und wie sie ihre eigenen religiösen Überzeugungen, Ansichten und Erfahrungen in den Unterricht einbringen.

4. Fazit

Die oben dargestellten Befunde markieren vier Punkte, die aus der Perspektive früherer Forschung und professioneller Erfahrung in die Zukunft weisen. Erstens werden mehr kleinformatige Studien über Religionslehrkräfte am Berufsanfang benötigt, um gehaltvolle Daten bereitzustellen, die in der Lehrerbildung von Ausbildenden und insbesondere von „trainees“ selbst genutzt werden können, wenn professionalitätsbezogene Fragen und die Beziehung zwischen persönlichem und professionellem Leben aufkommen. Idealerweise sollte eine Mehrhzahl solcher Studien über nationale Forschungsverbünde zusammengeführt werden, um vergleichbare Daten zu gewinnen und damit wiederum zu Ergebnissen zu kommen, die mehr „Gewicht“ als Einzelstudien haben.

Zweitens bietet das REDCo Teilprojekt ein Modell für eine internationale Erweiterung solcher Studien. Die Möglichkeit mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Lehrkräften aus sechs Ländern zu arbeiten, eröffnete den Beteiligten neuartige Perspektiven auf ihre eigenen nationalen Situationen und Herausforderungen, deckte auf Lehrkraftebene Unterschiede zwischen den Konzeptualisierungen von Religionsunterricht auf, zeigte, wie der jeweils eigene Religionsunterricht in politisch gestützten Publikationen international repräsentiert worden war und legte Grundlagen für die Entwicklung eines internationalen Horizonts, in dem die Bedürfnisse von Religionslehrerinnen und -lehrern verstanden und adressiert werden können.

Drittens wurde ein Großteil der oben beschriebenen Forschung durch eine Studie inspiriert, die eine Spezialistin für Religionsunterricht und eine Soziologin, die auf die Erforschung von Lehrerbiografien spezialisiert ist, zusammengebracht hatte. Die britische Religionspädagogik hat lange gebraucht, um interdisziplinäre Forschungsgemeinschaften zu entwickeln, und es besteht Handlungsbedarf, weitere Wege zu finden, um dies zu ermöglichen.

Schließlich verweisen alle genannten Studien auf die Notwendigkeit, dass Religionslehrkräfte sich mit Fragen der Professionalität und der Beziehung zwischen ihrem persönlichen und professionellen Leben auseinandersetzen und dass sie dafür ausreichend Zeit und Hilfestellung erhalten. Sie zeigen außerdem, dass die Möglichkeit, Forschung über und mit „trainees“ zu betreiben, Lehrerbildnerinnen und -bildnern Zugang zu subjektiven Erwartungen, Dilemmata und Befürchtungen gibt, die wichtige Einsichten in den Prozess individueller Professionalisierung gewähren. Darüber hinaus ermöglicht die Forschung über und mit den „trainees“, Zugänge zu entwickeln, die der gewandelten gesellschaftlichen Einbettung solcher Prozesse Rechnung tragen. Die englische/walisische Regierung hat jedoch eine Politik der schulbasierten Ausbildung verfolgt, die zur ernsthaften Sorge über das Überleben von universitätsbasierten Ausbildungsprogrammen für Religionslehrkräfte Anlass gibt (APPG 2013). Um die Ansicht anzufechten, dass die Professionalisierung von Lehrkräften auf dem Arbeitsplatz stattfinden kann und soll, sind Forschungsbeiträge nötig, die den Bedarf einer ersten Lehrerbildungsphase, die von Spezialist/innen verantwortet wird und an Hochschulen stattfindet, plausibilisieren.

Anmerkung: Die englische Fassung des Artikels wurde publiziert in: Judith Everington (2016), “Being professional”: RE teachers' understandings of professionalism 19972014, British Journal of Religious Education, 38:2, 177–188, DOI:10.1080/01416200.2016.1139892, © Christian Education, reprinted by permission of Taylor & Francis Ltd, www.tandfonline.com on behalf of Christian Education.


Anmerkung:

Übersetzt von Benjamin Ahme


Literaturverzeichnis

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Online erschienen: 2016-6-1
Erschienen im Druck: 2016-6-1

© 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Articles in the same Issue

  1. Titelseiten
  2. Titelseiten
  3. Artikel
  4. Editorial
  5. Die Professionalisierung des Religionslehrerberufs als Aufgabe und Gegenstand religionspädagogischer Forschung. Historische und systematische Perspektiven
  6. Profession, Professionalisierung, Professionalität, Professionalismus – Historische und systematische Anmerkungen am Beispiel der deutschen Lehrerausbildung
  7. Etwas im Religionsunterricht bewegen: Zur Integration von Theorie und Praxis beim professionellen Lernen von Lehrkräften
  8. Das Bild der Lehrkraft und dessen Impulse für die Professionalisierung von Lehrerinnen und Lehrern
  9. Religiöse Bildung und religiöse Literacy – eine professionelle Aspiration?
  10. „Professionell sein“ – Professionalität im Verständnis von Religionslehrerinnen und -lehrern (1997–2014)
  11. Die professionelle Entwicklung von Lehramtsstudierenden mit Unterrichtsfach Religion: Befunde, Interpretationen und Implikationen
  12. Vergleichende historische Religionspädagogik – methodologische Überlegungen
  13. Signposts – Policy and practice for teaching about religions and non-religious world views in intercultural education, 2014
  14. Charles Clarke, Linda Woodhead: A New Settlement: Religion and Belief in Schools. 2015. Adam Dinham, Martha Shaw: RE for REal. The Future of Teaching and Learning about Religion and Belief. 2015.
  15. Thomas Klie, Martina Kumlehn, Ralph Kunz, Thomas Schlag (Hg.): Lebenswissenschaft Praktische Theologie?! 2011.
  16. Bert Roebben, Katharina Kammeyer (Eds.): Inclusive Religious Education. International Perspectives. 2014.
  17. David Käbisch, Johannes Träger, Ulrike Witten, Jens Palkowitsch-Kühl (Hg.): Luthers Meisterwerk – Eine Bibelübersetzung macht Karriere. Bausteine für den Religionsunterricht in der Sekundarstufe I. 2015.
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