Home Editorial
Article Publicly Available

Editorial

  • Henrik Simojoki EMAIL logo , Friedrich Schweitzer EMAIL logo , Stephen Parker EMAIL logo and Rob Freathy EMAIL logo
Published/Copyright: June 1, 2016
Become an author with De Gruyter Brill

Es lässt sich ohne Übertreibung behaupten, dass das vorliegende Heft ein historisches Ereignis darstellt. Zum ersten Mal gibt es eine gemeinsame Ausgabe der Zeitschrift für Pädagogik und Theologie (ZPT) und des British Journal of Religious Education (BJRE). Genauer gesagt handelt es sich um eine deutsche Version der Beiträge in der ZPT, während sich dieselben Beiträge im BJRE auf Englisch finden. Diese Form der Kooperation ist in unserer Sicht von hoher Bedeutung, vor allem im Blick auf weitere internationale Zusammenarbeit und vergleichende Forschung.

Die in diesem Heft enthaltenen Beiträge gehen auf eine Auswahl aus den Vorträgen bei einem internationalen Symposion „Teacher Professionalisation and the Professional Quality of Religious Education“ zurück, das im März 2015 an der Universität Exeter stattfand und vom Westhill Endowment Trust finanziell unterstützt wurde. Im Anschluss an das Symposion wurden die Beiträge, auch unter Aufnahme der Rückmeldungen bei der Diskussion, weiter ausgearbeitet.

In Anschluss an politische Anforderungen der Gegenwart sowie an Forschungsbefunde zum professionellen Status von Religionslehrkräften bezog sich das Symposion und beziehen sich in der Folge auch die Beiträge im vorliegenden Heft auf

  1. die Beziehung zwischen der professionellen Qualität von Religionsunterricht und der Professionalisierung von Religionslehrkräften,

  2. die Frage, inwieweit international-vergleichende Forschung Einsichten erreichen kann, die ein besseres Verständnis der Traditionen, Entwicklungspfade und Irritationen in der Theorie, Praxis und Politik religiöser Bildung in Europa erlauben,

  3. das Problem, dass der Religionsunterricht fast ausschließlich zu einem Forschungsthema von religionspädagogischen Spezialisten geworden ist bzw., positiv ausgedrückt, die Chancen, die sich aus einem interdisziplinären Austausch mit der erziehungswissenschaftlichen Lehrerprofessionsforschung ergeben können.

Vor diesem weiten Hintergrund befassen sich die Beiträge in diesem Heft mit Fragen der Professionalisierung und der Professionalität von Lehrkräften, insbesondere von Religionslehrkräften. In ihrem Eröffnungsbeitrag unterbreiten Henrik Simojoki, Friedrich Schweitzer, Stephen Parker und Rob Freathy einen Vorschlag, wie das sozial-, geschichts- und erziehungswissenschaftliche Konzept der Professionalisierung auf den Religionslehrerberuf hin spezifiziert und für international-vergleichende religionspädagogische Forschung operationalisiert werden kann. Der referenztheoretische Rahmen dazu wird anschließend von Klaus Peter Horn aus der Perspektive historischer Bildungsforschung begrifflich geklärt und am Beispiel der deutschen Lehrerausbildung systematisch entfaltet.

Die grundlegende Unterscheidung zwischen der individuellen Professionalisierung von (angehenden) Religionslehrkräften und der (kollektiven) Professionalisierung des Religionslehrerberufs als einem historischen Prozess spiegelt sich in den weiteren Beiträgen des Heftes in vielfältigen Facetten wider. Anhand aktueller Projekte im Vereinigten Königreich führt Vivienne Baumfield vor Augen, wie die Etablierung von Forschungsgemeinschaften („communities of inquiry“) in der Lehrerbildung der professionellen Entwicklung von Religionslehrkräften zugutekommt. Dass auch solche Prozesse eine normative Dimension haben, zeigt wiederum Hans-Ulrich Grunder in seinem Beitrag, der sich tradierten und gegenwärtigen „Bildern der Lehrkraft“ widmet. Interessanterweise misst er der Auseinandersetzung mit Negativ- und Zerrbildern besonderes Potenzial für die Professionalisierung von Lehrkräften zu. Ein besonders kritisches Bild über gegenwärtige Hemmnisse solcher Professionalisierung im britischen Kontext bietet der Beitrag von James Conroy. Seine Hinweise auf strukturell verankerte und bildungspolitisch verschärfte Rollenkonfusionen sowie ausbildungsbedingte fachliche Wissensdefizite bei Religionslehrkräften in Großbritannien sind auch im Blick auf den deutschsprachigen Raum instruktiv, zumal er seine Diagnose mit den Befunden eines breit angelegten Forschungsprojekts auch empirisch unterfüttert.

Judith Everington und Martin Ubani setzen sich in ihren Beiträgen mit der Frage auseinander, wie der komplexe Prozess der Formierung einer professionellen Identität in der universitären Religionslehrerbildung unterstützt werden kann. An den Studien, die sie in ihrem jeweiligen Wirkungskontext (Großbritannien und Finnland) durchgeführt haben, wird zweierlei deutlich: einerseits, dass angehende Religionslehrkräfte mit fachspezifischen Identitätskonflikten und Professionalisierungsbedarfen konfrontiert sind, und andererseits, dass sie auf Veranstaltungsformate angewiesen sind, in denen sie identitäts- und handlungsrelevante Herausforderungen ihres Fachs gemeinschaftlich und angeleitet reflektieren können.

Gerade in der Zusammenschau verweisen die Beiträge auf die Notwendigkeit einer international-vergleichend und transnational ausgerichteten religionspädagogischen Professionsforschung. Dafür bietet der abschließende Beitrag von Bernd Schröder einen hilfreichen Orientierungsrahmen, von dem wir hoffen, dass er, wie dieses Heft insgesamt, aktivierend in das religionspädagogische Feld hineinwirkt.

Bedingt durch die Kooperation mit dem British Journal of Religious Education haben wir uns für dieses Heft ausnahmsweise für die international geläufigere angelsächsische Zitierweise entschieden.

Als besonderes Buch bespricht Friedrich Schweitzer das vom Europarat 2014 herausgegebene Orientierungsdokument „Signposts – Policy and practice for teaching about religions and non-religious world views in intercultural education“.

Henrik Simojoki, Friedrich Schweitzer, Stephen Parker und Rob Freathy

Online erschienen: 2016-6-1
Erschienen im Druck: 2016-6-1

© 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Articles in the same Issue

  1. Titelseiten
  2. Titelseiten
  3. Artikel
  4. Editorial
  5. Die Professionalisierung des Religionslehrerberufs als Aufgabe und Gegenstand religionspädagogischer Forschung. Historische und systematische Perspektiven
  6. Profession, Professionalisierung, Professionalität, Professionalismus – Historische und systematische Anmerkungen am Beispiel der deutschen Lehrerausbildung
  7. Etwas im Religionsunterricht bewegen: Zur Integration von Theorie und Praxis beim professionellen Lernen von Lehrkräften
  8. Das Bild der Lehrkraft und dessen Impulse für die Professionalisierung von Lehrerinnen und Lehrern
  9. Religiöse Bildung und religiöse Literacy – eine professionelle Aspiration?
  10. „Professionell sein“ – Professionalität im Verständnis von Religionslehrerinnen und -lehrern (1997–2014)
  11. Die professionelle Entwicklung von Lehramtsstudierenden mit Unterrichtsfach Religion: Befunde, Interpretationen und Implikationen
  12. Vergleichende historische Religionspädagogik – methodologische Überlegungen
  13. Signposts – Policy and practice for teaching about religions and non-religious world views in intercultural education, 2014
  14. Charles Clarke, Linda Woodhead: A New Settlement: Religion and Belief in Schools. 2015. Adam Dinham, Martha Shaw: RE for REal. The Future of Teaching and Learning about Religion and Belief. 2015.
  15. Thomas Klie, Martina Kumlehn, Ralph Kunz, Thomas Schlag (Hg.): Lebenswissenschaft Praktische Theologie?! 2011.
  16. Bert Roebben, Katharina Kammeyer (Eds.): Inclusive Religious Education. International Perspectives. 2014.
  17. David Käbisch, Johannes Träger, Ulrike Witten, Jens Palkowitsch-Kühl (Hg.): Luthers Meisterwerk – Eine Bibelübersetzung macht Karriere. Bausteine für den Religionsunterricht in der Sekundarstufe I. 2015.
Downloaded on 15.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zpt-2016-0015/html
Scroll to top button