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Sebastian Bruns: US Naval Strategy and National Security. The Evolution of American Maritime Power. Abingdon: Routledge 2018, 270 Seiten

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Published/Copyright: September 7, 2019

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Vor allem in den USA mehren sich seit Monaten die Stimmen aus dem politischen wie wissenschaftlichen Bereich, die die Notwendigkeit einer neuen „Grand Strategy“ und daraus abgeleitet einer neuen „Maritime Strategy“ betonen. Da in Deutschland kaum eine Diskussion über Strategien, geschweige denn maritime Strategien stattfindet, kommt das Buch von Sebastian Bruns vom ISPK zur rechten Zeit. Der Routledge Verlag legt die aktualisierte und inhaltlich erweiterte Version der Doktorarbeit von Sebastian Bruns zum Jahresbeginn 2018 vor. Diese befasst sich schwerpunktmäßig mit der Entwicklung und Fortentwicklung maritimer Strategien der U.S. Navy im Kontext der nationalen Sicherheit der USA.

Bruns beginnt nach willkommener Klärung einschlägiger Begriffe wie Seapower und Strategy sowie den Besonderheiten eines maritimen operativen Umfelds mit einer Darstellung der Entwicklung der maritimen Strategie der USA. Er beginnt mit der weitgehend strategielosen Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und den negativen Erfahrungen aus dem Vietnam Krieg. Erst der Aufwuchs der sowjetischen Marine unter Admiral Sergej Gorškov und die dadurch möglich werdende Bedrohung des amerikanischen Festlandes führten zu einer Wiedergeburt strategischen Denkens in der U.S. Navy. Der Einfluss Admiral Gorškov lässt sich auch sehr gut in dem Anfang 2019 beim U.S. Naval Institute erschienenen Buch „Admiral Gorshkov. The Man who challenged the U.S. Navy“ nachlesen.

Aus diesen Überlegungen entstand in der Folge die erstmals öffentlich zugängliche Naval Strategy von 1986, die nach dem Ende des Kalten Krieges erweitert und angepasst worden ist und durch weitere Konzepte ergänzt wurde. Bruns kommen bei seiner detaillierten Analyse dieser amerikanischen Entwicklungen seine Studienaufenthalte in den USA und seine engen Kontakte mit Marineexperten von Think Tanks und dem Naval War College besonders zu Gute. Vor allem Peter Swartz, ein pensionierter Kapitän der U.S. Navy, der persönlich an der Entwicklung der 1986er Strategie mitgearbeitet hat, war eine spezielle Quelle auch für die grundsätzlichen Fragen der Herangehensweise an maritime strategische Überlegungen und die Formulierung einer maritimen Strategie. Bruns wissenschaftliche Analyse wurde zwischenzeitlich ergänzt durch ein Buch, dass schwerpunktmäßig die operativen Konzepte und durchgeführten U.S. und NATO Übungen der 1980er Jahre behandelt, die dann Eingang in die Naval Strategy von 1986 fanden. Autor von „Oceans Ventured. Winning the Cold War at Sea“ (New York 2018) ist kein geringerer als John Lehmann, zur damaligen Zeit Marineminister in der Regierung von Präsident Reagan und Hauptarchitekt der Naval Strategy.

Bruns endet mit dem Begründungsversuch für die Ausübung von Seemacht mittels Marineeinheiten im 21. Jahrhundert unter der Hervorhebung von politisch gewollter Machtprojektion durch Flugzeugträger und ihre weitreichenden Kampfflugzeuge. In seinem Schlusskapitel, das den Zeitraum von 2009–2016 abdeckt, macht er erneut deutlich, wie wichtig in einer immer chaotischer erscheinenden Welt global einsetzbare Seekriegsmittel zur Ausübung von Seemacht bleiben. Gerade für Leser, die diese Zeiten selber miterlebt haben, kann dieses Buch die roten Linien von Gedanken und deren Entwicklungen hin zu Strategien aufzeigen und verständlich machen. Dass er dieses Buch in Englisch verfasst hat, ist auch dem Umstand geschuldet, in einer internationalen Gemeinschaft als Wissenschaftler vernünftig Gehör zu finden.

In der bekannt strategielosen Bundesrepublik Deutschland stellen die Gedanken von Bruns eine wertvolle geistige Unterstützung für eine weitere Beschäftigung dar. Dabei sollte dann auch Fragen der operativen Umsetzung einer Strategie nachgegangen werden. In heutiger Zeit bedeutet dies unter anderem eine Beschäftigung auch mit der russischen und chinesischen Marine und deren strategischen maritimen Denkens. Hier haben Teile der U.S. Navy ein größeres Defizit festgestellt, da sie nicht mehr den im Kalten Krieg gewohnten Ansatz einer Überprüfung von operativen Konzepten mittels Übungen mit einem Red und Blue Team nachgegangen sind.

Operative Umsetzung erfordert ein Eingehen auf veränderte geopolitische und geostrategische Rahmenbedingungen, die Einbeziehung des Weltraums und des Cyberraums, einen gemeinsamen Kräfteansatz der Teilstreitkräfte und alliierter Partner (Joint and Combined), die Vernetzung der Waffensysteme (bemannt und autonom) sowie deren beschleunigte Weiterentwicklung, Nutzung neuer Technologien und – last but not least – die Herstellung der notwendigen logistischen Unterstützung, um hier nur die wichtigsten Felder anzusprechen.

Published Online: 2019-09-07
Published in Print: 2019-09-01

© 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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  25. Douglas Barrie/Ben Barry/Lucie Béraud-Sudreau/Henry Boyd/Nick Childs/Bastian Giegerich: Defending Europe: scenario-based capability requirements for NATO’s European members. London: International Institute for Strategic Studies, 2019.
  26. Wayne A. Schroeder: NATO at Seventy: Filling NATO’s Critical Defense-Capability Gaps. Washington, D.C.: Atlantic Council, April 2019
  27. Robert G. Angevine/John K. Warden/Russell Keller/Clark Frye: Learning Lessons from the Ukraine Conflict. Arlington, Va.: Institute for Defense Analyses, Mai 2019
  28. China als strategische Herausforderung
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  30. Kristine Lee/Alexander Sullivan: People’s Republic of the United Nations. China’s Emerging Revisionism in International Organizations. Washington, D.C.: Center for a New American Security, Mai 2019.
  31. Gregory C. Allen: Understanding China’s AI Strategy: Clues to Chinese Strategic Thinking on Artificial Intelligence and National Security. Washington, D.C.: Center for a New American Security February 2019
  32. Alex Joske: Picking flowers, making honey. The Chinese military’s collaboration with foreign universities. Canberra: Australian Strategic Policy Institute (ASPI), Oktober 2018
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  34. David G. Victor/Bruce D. Jones: Undiplomatic Action. A practical guide to the new politics and geopolitics of climate change. Washington: Brookings, Februar 2018.
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  40. Cornelius Friesendorf: How Western Soldiers Fight: Organizational Routines in Multinational Missions. Cambridge: Cambridge University Press, 2018, 320 Seiten
  41. Annette Idler: Borderland Battles. Violence, Crime, and Governance at the Edges of Colombia’s War. Oxford: Oxford University Press 2019, 466 Seiten.
  42. Sebastian Bruns: US Naval Strategy and National Security. The Evolution of American Maritime Power. Abingdon: Routledge 2018, 270 Seiten
  43. Linda Åhäll/Thomas Gregory (Hrsg): Emotions, Politics and War. Abingdon and New York: Routledge 2015 (2017 Paperback), 262 Seiten
  44. Bildnachweise
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