Reviewed Publication:
Allen Gregory C. Understanding China’s AI Strategy: Clues to Chinese Strategic Thinking on Artificial Intelligence and National Security Washington, D.C. Center for a New American Security February 2019
Gregory Allen analysiert in der vorliegenden Studie die Ansichten, Strategien und Erwartungen von Chinas Führungselite zu künstlicher Intelligenz sowohl mit Blick auf Chinas Wirtschaft als auch auf seine nationale Sicherheit. Ziel ist es, die Eindrücke, die der Autor bei seinen Treffen mit hochrangigen chinesischen Offiziellen gesammelt hat, wiederzugeben und vorherrschende Wahrnehmungen, die in amerikanischen Kommentaren in Bezug auf Chinas Bemühungen im Bereich der künstlichen Intelligenz zum Ausdruck gebracht werden, kritisch zu hinterfragen. Der Autor gruppiert seine Eindrücke in 16 Schlüsselkategorien, deren Kernaussagen im Folgenden kurz wiedergegeben werden sollen.
Die Chinesische Führungselite sei der Auffassung, dass eine Vorreiterrolle im Bereich der künstlichen Intelligenz essenziell für den künftigen globalen militärischen und ökonomischen Machtwettbewerb ist. Auf nationaler und lokaler Regierungsebene werde daher ein zweistelliger Milliardenbetrag in Projekte mit Bezug zur künstlichen Intelligenz investiert. Zudem analysieren chinesische Regierungsorganisationen häufig Berichte der amerikanischen Regierung oder von Think Tanks mit Bezug zur künstlichen Intelligenz und zwar in einem wesentlich größeren Ausmaß, als die Gegenseite entsprechende Anstrengungen unternimmt. Übergeordnetes Ziel der Anstrengungen im Bereich der künstlichen Intelligenz sei es, dass China eine Führungsrolle einnehme und bestehende Abhängigkeiten infolge von Technologieimporten verringert werden. Dennoch sei China derzeit noch vom Zugang zu ausländischen Technologien abhängig. Eine erste Tendenz hin zu geringerer Abhängigkeit von ausländischer Technologie zeige sich aber bereits in einem zunehmenden Anteil der chinesischen Wertschöpfung im Bereich der Smartphone Produktion.
Einige Mitglieder der chinesischen Führungselite sehen künstliche Intelligenz als potenzielle Gefahr für die Menschheit an. Diese einzudämmen erfordere internationale Kooperation und die Festlegung von Normen und möglicherweise Rüstungskontrollen. Unabhängig davon werde die zunehmende militärische Nutzung künstlicher Intelligenz innerhalb der chinesischen Führung aber als unausweichlich angesehen und intensiv verfolgt. Dies zeige sich in zunehmenden Exportzahlen bewaffneter autonomer Plattformen und von Überwachungstechnik, die auf künstliche Intelligenz setzt. Weiterhin verfolge China über zwei dem chinesischen Verteidigungsministerium angegliederte Forschungsorganisationen das Ziel, künstliche Intelligenz für militärische Anwendungen nutzbar zu machen. Insgesamt sehe China in künstlicher Intelligenz das Potenzial, derzeitige militärische Technologien teilweise obsolet zu machen. Somit könne China eine teure Aufholjagd in Bezug auf aktuelle Militärtechnologie vermeiden und durch die Förderung einer disruptiven Zukunftstechnologie einen Vorteil gegenüber den USA erlangen. Alle großen Technologiefirmen in China kooperieren zudem mit der Regierung und sind hierzu nach Artikel 7 des „National Intelligence Law“ sogar verpflichtet. Dies alles konterkariere Chinas Zielsetzung, ein Wettrüsten im Bereich der künstlichen Intelligenz verhindern zu wollen.
China sieht sich derzeit auf Augenhöhe mit den USA in Bezug auf Forschung und Entwicklung im Bereich der künstlichen Intelligenz und in Bezug auf kommerzielle Produkte, die auf künstliche Intelligenz setzen. Dieser Erfolg sei auf den Zugang zu internationalen Märkten, Technologien sowie Forschungskollaborationen zurückzuführen. Dennoch gäbe es einige Schwächen innerhalb von Chinas AI-Ökosystem. Die USA sind nach wie vor führend in Bezug auf die Akquise von Top-Talenten, der Setzung technischer Standards und Entwicklung von Softwareplattformen sowie im Bereich der Halbleitertechnologie. Im Vergleich zur Stärke in der Anwendungsentwicklung sei China vergleichsweise schwach in diesen Bereichen. Neben der Entwicklung von militärischen Anwendungen künstlicher Intelligenz werde sich ein zukünftiger strategischer Fokus Chinas daher wahrscheinlich auf die Halbleiterindustrie beziehen. Dies sei zur Entwicklung dedizierter AI Chips erforderlich. Aktuelle Trends deuten bereits an, dass sich der Rückstand Chinas zu den USA in Bezug auf Halbleitertechnologie langsam verringert.
Insgesamt kommt der Autor zu dem Ergebnis, dass sich die chinesische Führung der Bedeutung künstlicher Intelligenz und ihrem Bezug zur internationalen Sicherheit bewusst ist. Ihr werde eine hohe strategische Priorität eingeräumt und es werden die notwendigen Ressourcen investiert, um Expertise im Bereich der künstlichen Intelligenz aufzubauen. Dem Autor nach können die USA eine Führungsposition im Bereich der künstlichen Intelligenz nur einnehmen, wenn ausreichende Mittel bereitgestellt werden und Entscheidungsträger sich der notwendigen tiefgreifenden Veränderungen bewusst sind, die erforderlich sind, um die technologische und ökonomische Wettbewerbsfähigkeit der USA im Bereich der künstlichen Intelligenz positiv zu beeinflussen.
https://www.cnas.org/publications/reports/understanding-chinas-ai-strategy
© 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
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