Die Studie beschreibt Anti-Access / Area Denial (A2/AD) als taktische und strategische Herausforderung, die technologische, militärische, strategische und politische Aspekte mit einbezieht. Eine derartige Strategie könne im Konfliktfall von Russland eingesetzt werden um etwa die baltischen Staaten vom restlichen NATO-Gebiet abzuschneiden.
Zunächst beleuchten die Autoren die historische Entwicklung von A2/AD. Zwar bestünde keine einheitliche Definition, grundsätzlich ziele „Anti-Access“ aber darauf ab, feindlichen Kräften den Zugang zu einer Region zu verwehren, während „Area Denial“ darauf fokussiert sei, die Bewegungsfreiheit des Gegners im Konfliktgebiet einzuschränken. Erstere Komponente bezieht dabei insbesondere den Einsatz von Luft- und Seestreitkräften und Operationen über große Entfernungen mit ein. Letztere Komponente bezieht sich auf taktische und operative Maßnahmen in der unmittelbaren Umgebung.
Russlands A2/AD Fähigkeiten werden von den Autoren als durchwachsen beschrieben. Zwar ermögliche Russlands geografische Lage maritime Operationen in verschiedenen Weltregionen, allerdings verfüge das Land nur über eine kurze Küstenlinie zur wirtschaftlich besonders wichtigen Ostsee. Ebenfalls erfordere A2/AD hohe Investitionen, die in Anbetracht des bereits hohen Militärbudgets und sinkender Ölpreise nur schwer tragbar sind. Nichtsdestoweniger verfüge Russland aber über viele, über das Land verteilte Bastionen (z. B. auf der Kola Halbinsel, Südrussland, Kaliningrad), in denen A2/AD Fähigkeiten konzentriert sind. Auch demonstriere Russlands Engagement in Syrien die Fähigkeit des Landes, Militärexpeditionen in größerer Entfernung durchzuführen und Lufträume abzusichern.
Die Autoren argumentieren, dass Russlands derzeitige A2/AD Fähigkeiten die Fähigkeit der NATO zur militärischen Kräfteprojektion einschränken. Im Konfliktfall stelle dies eine Divergenz zu vergangenen NATO-Missionen dar (Afghanistan, Kosovo, Libyen), in denen Luftstreitkräfte der NATO-Staaten nahezu ungehindert agieren konnten. Ein militärisches Handeln durch NATO-Kräfte im Konfliktfall mit Russland sei daher risikobehaftet, erfordere eine hohe Konzentration an militärischen Kräften und eine hohe militärische und zivile Verlustbereitschaft. Dies könne die Fähigkeit und den Willen der Allianz zum Handeln einschränken, insbesondere falls Russland auf hybride Taktiken setzt, die unterhalb der durch Artikel 5 gesetzten Schwelle liegen. Auch wenn A2/AD auf taktischer Ebene als defensiver Mechanismus betrachtet werden muss, erhöhe es im Fall einer russischen Aggression die Kosten, die die NATO zum Schutz ihrer Mitgliedstaaten aufbringen müsse und beeinflusse daher die politische Entscheidungsfindung. Beide Aspekte untergraben die Fähigkeit und Glaubwürdigkeit der NATO als effektives kollektives Verteidigungsbündnis zu fungieren. Eine Gegenstrategie zu A2/AD sollte daher nicht darauf abzielen, Russlands A2/AD Fähigkeiten durch kostspielige militärische Innovationen obsolet zu machen, sondern Russland durch eine Kombination aus militärstrategischen und politischen Maßnahmen von verdeckter Kriegsführung unter dem Schutzmantel von A2/AD abzuhalten.
Die Autoren beschreiben eine Reihe an Maßnahmen, um das Risiko russischer Aggressionen zu vermindern. Insbesondere müsse verhindert werden, dass Russland auf hybride Taktiken setzen kann. Dies könne durch eine NATO-Präsenz in Osteuropa erreicht werden, die verhindert, dass Russland verdeckte Operationen unterhalb der durch Artikel 5 gesetzten Schwelle durchführen kann. Zusammen mit dem politischen Willen aller 28 NATO-Mitgliedstaaten, gemeinsam im Konfliktfall zu agieren, könne Russland somit effektiv von militärischen Aggressionen abgehalten werden. Die Autoren argumentieren ebenfalls, dass zur effektiven Abwehr von A2/AD und hybriden Strategien die militärischen Fähigkeiten europäischer Mitgliedstaaten, die Interoperabilität von NATO-Kräften und der Austausch von Informationen zwischen NATO-Mitgliedstaaten verbessert werden müssen.
© 2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
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