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Public Health Infos

Published/Copyright: June 6, 2019

Tagungen

64. GMDS Jahrestagung in Dortmund

„Wandel gestalten – kreative Lösungen für innovative Medizin“

08.-11.09.2018

Dortmund

Veranstalter: Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)

In Zeiten der Digitalisierung erhält der Begriff Kooperation in der Medizin und im Gesundheitswesen eine zunehmend wichtige Bedeutung. Die GMDS steht mit ihrer Vielzahl an Disziplinen für den Austausch und die Kooperation über Fach- und Sektorengrenzen hinweg. Im Mittelpunkt der Tagung steht die methodische und anwendungsorientierte Forschung in der Medizinischen Informatik, Biometrie, Epidemiologie, Medizinischen Bioinformatik und Systembiologie sowie der Medizinischen Dokumentation. Unter dem Leitthema „Wandel gestalten – Kreative Lösungen für innovative Medizin“ zielt die Veranstaltung darauf ab, im gemeinsamen Dialog zwischen Forschung und Praxis die Zukunft aktiv zu gestalten. Auf der Seite www.gmds.de/aktuelles-termine/tagungen-2019-willkommen finden Sie weitere Informationen zur Tagung und zur Registrierung.

14. Jahrestagung der DGepi

„Daten analysieren für informierte Entscheidungen“

11.-13.09.2019

Ulm

Veranstalter: Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e.V. (DGepi).

Die Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi) e.V. ist die Fachvertretung der Epidemiologinnen und Epidemiologen in Deutschland und fördert als wissenschaftliche Fachgesellschaft die Epidemiologie in Forschung, Lehre und Praxis. Das Motto „Daten analysieren für informierte Entscheidungen“ der 14. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie in Ulm hat vor allem im Kontext der sich weiterentwickelnden Disziplinen und der Einbeziehung neuer Technologien, auch im Bereich der Datenzusammenführung, eine besondere Bedeutung. Ziel ist es, faktenbasierte Wissen zu erarbeiten, das für gut begründete Entscheidungen genutzt werden kann.

Weitere Informationen zur Veranstaltung und Registrierung werden auf der Tagungs-Webseite www.dgepi.de/de/tagungen-and-fortbildungen zur Verfügung gestellt.

Gemeinsame Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP)

55. Jahrestagung der DGSMP 2019 in Düsseldorf

„Neue Ideen für mehr Gesundheit – Methoden, Themen, Köpfe“

16.-18.09.2019

Heinrich Heine Universität Düsseldorf

Veranstalter: Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention e.V. (DGSMP)

Auf der gemeinsamen Jahrestagung der DGMS und der DGSMP am Universitätsklinikum in Düsseldorf soll ausgelotet werden, wo die Gesundheitsforschung angesichts gesellschaftlicher Veränderungen wie Klimawandel und Digitalisierung mit ihrer Forschung künftig ansetzen kann. Impulse dazu kommen von internationalen Rednerinnen und Rednern; es werden neue Ansätze zur Verknüpfung biomedizinischer und sozialepidemiologischer Forschung diskutiert, in die Debatte über die mangelhafte Replizierbarkeit vieler Forschungsergebnisse eingeführt und Überlegungen für die Entwicklung von neuen Publikations- und Anreizsystemen in der Wissenschaft vorgestellt. Auch neue Ideen zur Verbesserung des Erfolgs von Maßnahmen der Verhaltensprävention werden thematisiert. Der wissenschaftliche Nachwuchs spielt beim diesjährigen gemeinsamen Kongress eine besondere Rolle. So werden Programmpunkte mit Beteiligung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern integriert und Möglichkeiten der Nachwuchsförderung in den Gesellschaften zusammengetragen. Informationen zur Tagung und Anmeldung sind auf der Seite www.duesseldorf2019.de zusammengestellt.

14. Kongress der Fachgruppe Gesundheitspsychologie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs)

„Das richtige Maß – Gesundheitspsychologie zwischen Individualisierung und Bevölkerungsbezug?“

25.-27.09.2019

Greifswald

Veranstalter: Fachgruppe Gesundheitspsychologie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs)

Unter dem Motto „Das richtige Maß – Gesundheitspsychologie zwischen Individualisierung und Bevölkerungsbezug?“ beschäftigt sich der 14. Kongress für Gesundheitspsychologie in Greifswald mit den Fragen, inwiefern gesundheitspsychologische Ansätze individualisiert angewendet werden können und inwieweit gesundheitspsychologisch fundierte Erkenntnisse in bevölkerungsbezogenen Maßnahmen berücksichtigt werden. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Frage nach der Versorgungsrelevanz gesundheitspsychologisch informierte Interventionen. Das Programm wird diese Themen anhand von Keynotevorträgen, Symposien, Einzelreferaten und Posterbeiträgen aufnehmen, welche die aktuellen Forschungsergebnisse aus der Gesundheitspsychologie und aus benachbarten Disziplinen präsentieren. Weitere Informationen finden Sie unter https://gp2019.uni-greifswald.de/kongress.

Related Links

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) stellt für ihren Arbeitsschwerpunkt Männergesundheit Informationen zur Förderung der Männergesundheit und zur Steigerung der männlichen Lebenserwartung zusammen. Über das Männergesundheitsportal (www.maennergesundheitsportal.de) gibt sie Anregungen zu einem gesundheitsförderlichen Lebensstil mit körperlicher Bewegung, ausgewogener Ernährung und positiver Stressbewältigung. Die Website bietet fachlich geprüfte männerspezifische Gesundheitsinformationen u.a. zu folgenden Themen: Bewegung und Fitness, gesunde Ernährung, Alkohol, Rauchen, Psychische Gesundheit, Stressbewältigung, Psychische Erkrankungen, Früherkennungsuntersuchungen, Darmkrebs, Medikamente und urologische Erkrankungen. Analog dazu arbeitet die BZgA im Themenschwerpunkt Frauengesundheit und veröffentlicht das Frauengesundheitsportal (www.frauengesundheitsportal.de). Themenbereiche dieser Seite sind unter anderem Medikamente, gesunde Ernährung, Alkohol, Rauchen, Psychische Gesundheit, Stressbewältigung, Brustkrebs, Osteoporose, Wechseljahre, Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Diese Portale richteten sich an Frauen im mittleren Lebensalter bzw. Männer ab 35 sowie Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus dem Feld der Frauen- bzw. Männergesundheit. Darüber hinaus informieren die Seiten über Aktuelles im Themenfeld, über Daten, Tagungen, neue Projekte und Publikationen.

Die Bearbeitung geschlechtsbedingter Unterschiede in der klinischen Medizin, in der Grundlagenforschung sowie in Prävention und den Versorgungsstrukturen ist eine der Aufgaben der Deutschen Gesellschaft für geschlechtsspezifische Medizin e.V. (DGesGM e.V.). Dazu gehören auch die Förderung der Geschlechterforschung, die Umsetzung der Forschungsergebnisse in die medizinische Praxis und die Translation der Forschungsergebnisse an Öffentlichkeit, Politik, Behörden und Einrichtungen der Gesundheitsversorgung. Die Webseite www.dgesgm.de informiert über den Verein und dessen Projekte und Arbeitsfelder: u.a. über „eGender – Kommuniktaions- und Weiterbildungsplattform“ und die Gendermedizinische Datenbank GenderMedDB. Die Seite stellt Informationen zu Veranstaltungen, Aus- und Weiterbildung, einen Newsletter und einen Pressespiegel zum Themengebiet zur Verfügung. Außerdem verlinkt sie zum GenCAD-Projekt zum besseren Verständnis von Geschlechtsunterschieden bei chronischen Krankheiten.

Das Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie der Medizinischen Hochschule Brandenburg arbeitet mit dem Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen (IPP Bremen) und mit dem Robert Koch-Institut (RKI) für das Verbundprojekt AdvanceGender, das es zum Ziel hat, Methoden für einen geschlechtersensiblen Forschungsprozess in populationsbasierten Studien zu entwickeln. Themenschwerpunkte des Projektes sind die Analyse von Rekrutierung und Studienteilnahme in populationsbasierten Studien, Methodenentwicklung zur geschlechtersensiblen multivariablen Datenanalyse sowie die geschlechtersensible und intersektorale Ausrichtung der Gesundheitsberichterstattung. Auf der Seite www.mhb-fontane.de/advance-gender.html informiert die Hochschule Brandenburg über das Projekt. Über die Teilprojekte wird jeweils zum RKI und zum IPP verlinkt.

www.bundeskongress-gender-gesundheit.de

Hinter dem monatlich verfassten KongressBriefGenderGesundheit versteckt sich ein Nachrichtenüberblick über Gendergesundheit, in dem regelmäßig über aktuelle Studien zum Thema berichtet wird, aber auch politische und gesetzgeberische Hinweise aus dem Bundestag Berücksichtigung finden.

Die AG „Geschlechterunterschiede in Gesundheit und Altern“ des Max Planck- Instituts für Demografie und Forschung will herausfinden, ob unterschiedliche Verhaltensweisen der beiden Geschlechter ursächlich für die verschiedenen hohen Lebenserwartungen von Männern und Frauen sein könnten. Sie untersuchen u.a. in den Projekten „Gender Differences in Health and Mortality: Comparative Approach und Gender Differences in Health and Mortality: The Role of Biology, Behavior, and Social Factors“ ob die Unterschiede in den Lebenserwartungen universell für alle Länder sind und welche biologischen, demografischen und sozialen Faktoren das “male-female-health-survival paradox” bestimmen. Nähe Informationen finden Sie hier:

https://www.demogr.mpg.de/de/abteilungen/geschlechterunterschiede_in_gesundheit_und_altern_ 3860/default.htm

Weiterführende Literatur

Beigang S, Fetz K, Kalkum D, Otto M. Diskriminierungserfahrungen in Deutschland – Ergebnisse einer Repräsentativ- und einer Betroffenenbefragung. Baden-Baden: Antidiskriminierungsstelle des Bundes, 2017.

Bockhold P, Stöver H, Vosshagen A. Männlichkeiten und Sucht – Handbuch für die Praxis. Münster: LWL Koordinierungstelle Sucht, dritte überarbeitete Auflage 2017.

Dauber H, Specht S, Künzel J, Braun B. Suchthilfe in Deutschland 2017 – Jahresberichte der Deutschen Suchthilfestatistik. München. Institut für Therapieforschung. 2018.

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), Hrsg. Jahrbuch Sucht 2018. Geesthacht. Neuland, 2018.

Gassner UM, Hayek J von, Manzei A, Steger F, Hrsg. Geschlecht und Gesundheit. Baden-Baden: Nomos, 2018.

Goldberg H. Der verunsicherte Mann: Wege zu einer neuen Identität aus psychotherapeutischer Sicht. Reinbek: Rowohlt, 1979.

Hornberg C, Pauli A, Wrede B, Hrsg. Medizin – Gesundheit – Geschlecht: eine gesundheitswissenschaftliche Perspektive. Wiesbaden. Springer, 2016.

Huster S, Schramme T, Hrsg. Normative Aspekte von Public Health: Interdisziplinäre Perspektiven. 1st ed. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, 2016.

Jahoda M, Lazarsfeld PF, Zeisel H. Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch. Frankfurt a. M: Suhrkamp, 1933/1975.

Kolip P, Hurrelmann K, Hrsg. Handbuch Geschlecht und Gesundheit: Männer und Frauen im Vergleich. 2. Aufl. Bern: Hogrefe, 2016.

Koppelin F. Arbeitsbelastungen und Ressourcen in der stationären Behindertenhilfe. Endbericht für das EFRE-Projekt (HEP BGF). Jade Hochschule Oldenburg. 2015.

Kuhlmann E, Blank RB, Bourgeault IL, Wendt C (eds.) The Palgrave International Handbook of Healthcare Policy and Governance. Basingstoke: Palgrave, 2015.

Marschall J, Nolting H-D, Hildebrandt-Heene S, Sydow H. Gesundheitsreport 2016: Analyse der Arbeitsunfähigkeitsdaten. Schwerpunkt: Gender und Gesundheit:DAK-Gesundheit. Hamburg, Germany, 2016.

Morales L, Giugni M, editors. Social capital, political participation and migration in Europe: making multicultural democracy work?: Springer, 2016.

Reifegerste D. Die Rollen der Angehörigen in der Gesundheitskommunikation: Modelle, Funktionen und Strategien. Wiesbaden: Springer, 2019.

Robert-Koch-Institut. Gesundheit in Deutschland. Berlin: Gesundheitsberichterstattung des Bundes, 2015.

Robert Koch-Institut (RKI). Gesundheitliche Lage der Männer in Deutschland. Berlin: RKI, 2014.

Rosenbrock R, Hartung S. Handbuch Partizipation und Gesundheit. Bern: Huber, 2012.

Rossmann C, Hastall MR, Hrsg. Handbuch der Gesundheitskommunikation: Kommunikationswissenschaftliche Perspektiven. Wiesbaden: Springer Fachmedien, 2019.

Rütten A, Pfeifer K, editors. Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung. Erlangen: FAU Erlangen-Nürnberg, 2016.

Schmiedebach H-P, Hrsg. Medizin und öffentliche Gesundheit. Konzepte, Akteure, Perspektiven. Berlin, Boston. Walter de Gruyter, 2018.

Schott T, Hornberg C, editors. Die Gesellschaft und ihre Gesundheit – 20 Jahre Public Health in Deutschland: Bilanz und Ausblick einer Wissenschaft. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2011.

Stiftung Männergesundheit Berlin (Hg) (2017): Sexualität von Männern. Dritter Deutscher Männergesundheitsbericht. Psychosozial Verlag 2017.

Stulberg L. LGBTQ social movements: John Wiley & Sons, 2018.

Weinert S. Der Körper im Blick. Gesundheitsausstellungen vom späten Kaiserreich bis zum Nationalsozialismus. Berlin, Boston: Walter de Gruyter, 2017.

Weißbach L, Stiehler M (2013) 2. Männergesundheitsbericht 2013. Im Fokus: Psychische Gesundheit. Verlag Hans Huber.

Wolff, A, Rütten, A. Gesundheitsförderung in der Kommune für Frauen in schwierigen Lebenslagen. BIG – Bewegung als Investition in Gesundheit. Das BIG-Manual. Heiligenhausen, 2018.

Bücher

Benjamin Kuntz. Jüdische Miniaturen (Band 241): Gustav Tugendreich. Kinderarzt – Sozialhygieniker – Pionier im Öffentlichen Gesundheitsdienst. ca. 106 S., Softcover. Hentrich & Hentrich, 2019. ISBN: 978-3-95565-314-9; ca. 9,90 €

In der Reihe „Jüdische Miniaturen“, in der 2011 bereits ein Bändchen über den Sozialmediziner Salomon Neumann veröffentlicht wurde, erscheint in diesen Wochen eine Biographie über den Berliner Kinderarzt und Sozialhygieniker Gustav Tugendreich (1876–1948). Dieser war in vielerlei Hinsicht ein Wegbereiter der modernen Sozialpädiatrie und Sozialepidemiologie. Zu seinen herausragenden Werken zählen das Handbuch „Die Mutter- und Säuglingsfürsorge“ (1910) sowie der gemeinsam mit Max Mosse herausgegebene Sammelband „Krankheit und soziale Lage“ (1913). Der langjährige Leiter einer Säuglingsfürsorgestelle engagierte sich insbesondere für die Stillförderung und den Kleinkinderschutz. Viele Jahre war er im Öffentlichen Gesundheitsdienst tätig. So übernahm er u.a. die Leitung der sozialhygienischen Abteilung im Berliner Hauptgesundheitsamt, nachdem sein Vorgänger Alfred Grotjahn auf den deutschlandweit ersten Lehrstuhl für Sozialhygiene an die Charité berufen worden war. Als Wissenschaftler und Publizist war Tugendreich überaus produktiv: er veröffentlichte mehr als 100 Buch- und Zeitschriftenbeiträge. Auch die Idee für den gesundheitlichen Aufklärungsfilm „Wie bleibe ich gesund?“ (1921/22), der durch die Kulturabteilung der Ufa realisiert wurde, stammte von ihm. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verlor Tugendreich nicht nur seine Anstellung – auch aus den Fachgesellschaften, in denen er Mitglied war, musste er sich zurückziehen. Als sich die Situation seiner Familie zunehmend verschlechterte, ging Tugendreich 1937 zunächst für ein Jahr an die berühmte London School of Hygiene and Tropical Medicine, bevor er mithilfe der amerikanischen Quäker in die USA emigrierte. Seine Frau und seine beiden Kinder konnten erst wenige Monate vor Kriegsbeginn nachfolgen. Gustav Tugendreich starb am 21. Januar 1948 in Los Angeles – ohne je nach Deutschland zurückgekehrt zu sein. Mit der nun vorliegenden Biographie wird in würdiger Weise an das Leben eines zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Public Health-Pioniers erinnert.

Forschung

Praxisprojekt: Gesundheitsförderung von Frauen in Haft an der Universität Bremen; Institut für Public Health und Pflegeforschung

Hintergrund

Dem Frauenstrafvollzug und den differenten Problemlagen weiblicher Gefangener wird (immer noch) wenig Beachtung in Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit geschenkt. Ein Grund liegt u.a. darin, dass Frauen eine Minderheit unter den Menschen in Haft bilden: Ihr Anteil an der Gefangenenpopulation in Europa bewegt sich um 5% [1], in Deutschland waren am 31.August 2018 (bei einer Gesamtzahl von 62.902 Gefangenen) 3.652 Frauen inhaftiert [2]. Doch obwohl es sich um eine überschaubare Zahl von Inhaftierten handelt, gibt es in Deutschland bislang keine systematische, flächendeckende Gesundheitsberichtserstattung über die Gesundheit von weiblichen (oder männlichen) Inhaftierten. Entsprechend sind allgemeine Aussagen über den gesundheitlichen Zustand von Inhaftierten in Deutschland nicht oder allenfalls äußerst eingeschränkt möglich. Vorhandene Studien, die gesundheitsbezogene Aspekte von Inhaftierten zum Gegenstand haben, beziehen sich meist auf einzelne Justizvollzugsanstalten und/oder bestimmte Inhaftiertengruppen [3].

Insgesamt wird in den älteren Studien [4] und [5], aber auch in aktuellen Untersuchungen von Ochmann [3] nahezu durchgängig betont, dass es sich bei weiblichen Inhaftierten um eine besonders vulnerable Gruppe handelt, die (im Vergleich zur weiblichen Allgemeinbevölkerung) sehr viel häufiger und schwerwiegendere Gewalterfahrungen erlebt hat, was regelhaft auch als ein Grund für die erhöhte Prävalenz (durchgängig 50% oder mehr) von Suchterkrankungen bei inhaftierten Frauen gewertet wird. Damit verbunden sind wiederum eine erhöhte HIV-Prävalenz (20-fach), Hepatitis-C-Prävalenz (40-fach) und Suizidrate (5-fach) [5]. Zudem wird davon ausgegangen, dass 50–75% der Gefangenen unter psychischen Erkrankungen leiden [4].

Dieser schlechte Gesundheitszustand wird durch die haftbedingten Gesundheitsbelastungen – etwa fehlende soziale Kontakte, Einsamkeit, Langeweile, Fremdbestimmung, Passivität, Kontroll- und Machtverlust – zusätzlich verstärkt. Zwar kommt es nach der Inhaftierung, insbesondere bei den drogenkonsumierenden Inhaftierten, häufig schnell zu einer Verbesserung des körperlichen Gesundheitszustandes, was auf verbesserte Ernährung, medizinische Versorgung und regelmäßigen Tag-Nacht-Rhythmus in Haft zurückzuführen ist. Den psychischen und psychosozialen Belastungen bzw. Bedürfnissen wird im Strafvollzug dagegen in der Regel nur unzureichend Rechnung getragen.

Praxisprojekt

An diesen Punkten setzt das inzwischen bereits seit 13 Jahren bestehende „Praxisprojekt: Gesundheitsförderung für Frauen in Haft an der Universität Bremen an, das die Entwicklung und ständige Verbesserung von bedürfnisorientierten, gesundheitsförderlichen Angeboten im Bremer Frauen-Strafvollzug zum Ziel hat. Die Projektgruppe besteht dabei aus (zurzeit ca. 20) ehrenamtlich tätigen Bachelor-Studentinnen der Studiengänge Public Health und Psychologie, die die Inhalte der Angebote konzeptualisieren, weiterentwickeln und im Strafvollzug umsetzen und die sich regelmäßig zur kollegialen Supervision treffen. Die für die Gefangenen grundsätzlich freiwilligen Angebote sollen dabei die Selbstbestimmung, das Selbst- und Gesundheitsbewusstsein, die Eigeninitiative und die Kreativität der Inhaftierten fördern sowie ihre psychosozialen Ressourcen stärken. Zurzeit finden Gruppenangebote in folgenden Bereichen statt: a) Dialogisch-spielerische Informierung über Infektionsrisiken und -wege bei HIV/AIDS, sexual übertragbare Erkrankungen (STD´s) und Hepatitis; b) offene Gesundheitsstunden; c) Gemeinsames Kochen/gesunde Ernährung; d) Kreativität und Wellness.

Bei allen Angeboten steht dabei der partizipative Aspekt im Vordergrund: So bieten die „offenen Gesundheitsstunden“ z.B. Raum für zum Teil intime Gespräche, wobei die Frauen die Themen, deren Tiefe und Intensität selbst bestimmen. Im Rahmen des gesunden Kochens geht es einerseits um die gemeinsame Zubereitung gesunder und günstiger Mahlzeiten, andererseits aber auch um das gemeinsame Essen und die in diesem Kontext entstehenden Gespräche über die alltäglichen Probleme der Frauen.

Insgesamt zielen die Angebote auf die Verbesserung der aktuellen sozialen und psychischen Verfasstheit und die Stärkung der Ressourcen der Gefangenen, aber auch auf die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten, die häufig vielleicht auch erst nach der Haftentlassung an Relevanz gewinnen. Zugleich stellen sie eine Möglichkeit der Teilhabe und des Dialogs zwischen „Drinnen“ und „Draußen“, zwischen Gefangenen und Studentinnen dar, der sich nach den Erfahrungen der Projektleitung für beide Seiten äußerst Gewinn bringend gestaltet.

Kontakt: Dr. Nadine Ochmann und Prof. Dr. Henning Schmidt-Semisch Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflegeforschung, Abt. 6 Gesundheit & Gesellschaft, Grazer Str. 2, 28359 Bremen. https://www.public-health.uni-bremen.de/mitglieder/henning-schmidt-semisch/projekte/?proj=477&page=1

Literatur

1. WHO/UNDOC. Projektbericht. Gesundheit von Frauen im Strafvollzug: Beseitigung von Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern im Strafvollzug. 2009: http://www.euro.who.int/de/what-we-do/health-topics/health-determinants/prisons-and-health/news/news/2011/10/womens-health-in-prison [12.4.2013].Search in Google Scholar

2. Statistisches Bundesamt. Rechtspflege. Bestand der Gefangenen und Verwahrten. Stichtag 31. August 2018. Abrufbar unter: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Rechtspflege/StrafverfolgungVollzug/BestandGefangeneVerwahrtePDF_5243201.pdf?__blob=publicationFile 2018.Search in Google Scholar

3. Ochmann N. Gesundheit hinter Gittern. Gesundheitsförderung und -versorgung aus Sicht von inhaftierten Frauen. Wiesbaden. 2018.10.1007/978-3-658-20777-9Search in Google Scholar

4. Keppler K. Zur gesundheitlichen Lage von weiblichen Gefangenen im niedersächsischen Justizvollzug. In: Bögemann H. Keppler K, Stöver H, (Hrsg) Gesundheit im Gefängnis: Ansätze und Erfahrungen mit Gesundheitsförderung in totalen Institutionen. Weinheim und München. Juventa Verlag, 2010:73–85.Search in Google Scholar

5. Stöver H. Gesundheitsversorgung und Gesundheitsförderung im Gefängnis. In: Bögemann H, Keppler K, Stöver H. (Hrsg) Gesundheit im Gefängnis: Ansätze und Erfahrungen mit Gesundheitsförderung in totalen Institutionen. Weinheim und München. Juventa Verlag. 2010:11–32.Search in Google Scholar

Online erschienen: 2019-06-06
Erschienen im Druck: 2019-06-26

©2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Articles in the same Issue

  1. Frontmatter
  2. PHF 103 (02/2019) – Geschlecht und Gesundheit
  3. Gesundheit und Geschlecht: Ein Überblick
  4. Geschlecht und Gesundheit in der Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Konzepte und neue Herausforderungen
  5. Promises and challenges of gender-sensitive epidemiology
  6. Männergesundheit und Ungleichheit
  7. Geschlechts- und genderspezifische Aspekte der Arzneimittelversorgung
  8. Männlichkeit und Sucht: Blinder Fleck in Prävention und Versorgung?
  9. Gendergerechte Bewegungsförderung bei älteren Männern
  10. Bewegungsförderung bei Frauen in schwierigen Lebenslagen – das BIG-Projekt
  11. Gendertransformative Prävention und Gesundheitsförderung
  12. Geschlechtsspezifische Arbeitsbelastungen und Ressourcen in der stationären Behindertenhilfe – eine Annäherung
  13. „Anders den Frauen und anders den Männern“ – Differentielle Einflüsse von Arbeitslosigkeit auf die psychische Gesundheit
  14. Geschlechterspezifische Aspekte psychischer Störungen
  15. „Mut tut gut!“ Ein Kurs zur Stärkung der psychischen Gesundheit für erwerbslose Frauen
  16. Geschlechterspezifische Gesundheitsaufklärung durch die BZgA: Historischer Rückblick
  17. Die #Metoo Debatte: Warum wir Public Health-Perspektiven brauchen
  18. Geschlechtersensible Gesundheitskommunikation
  19. Warum wir eine geschlechtersensible Public Health-Lehre brauchen!
  20. Public Health Infos
  21. Corrigendum
  22. Corrigendum zu: Positionspapier zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgungsforschung und zu Themen für künftige Ausschreibungen von Forschungsvorhaben
Downloaded on 27.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/pubhef-2019-0028/html
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