Wissenschaftliche Beratung der Wirtschaftspolitik - zur Rolle von Think Tanks in der US-amerikanischen Politikberatung
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        Susanne Cassel
        
Zusammenfassung
Der wissenschaftlichen Beratung der Wirtschaftspolitik wird immer wieder vorgeworfen, daß sie kaum Wirkung entfalte, da die im Sinne ökonomischer Rationalität von den Beratern vorgeschlagenen Reformen als politisch nicht opportun angesehen werden. Wissenschaftliche Beratung der Wirtschaftspolitik kann ihre Einflußpotentiale nur dann optimal nutzen, wenn sie institutionell so ausgestaltet ist, daß die Anreize der beteiligten Akteure in geeigneter Weise berücksichtigt werden. Um dies zu gewährleisten, sollte explizit zwischen der öffentlichkeitsbezogenen Politikberatung und der Politikerberatung unterschieden werden.
Vergleicht man die bundesdeutsche Beratungslandschaft mit der US-amerikanischen, so fallt auf, daß ein großer Teil der wissenschaftlichen Beratung der Wirtschaftspolitik in den USA durch unabhängige, privat finanzierte Forschungsinstitute, sogenannte Think Tanks, erfolgt. Diese verfolgen eine stark öffentlichkeitsorientierte Strategie, indem sie versuchen, mit ihren Beratungsvorschlägen in den Medien präsent zu sein und wichtige Einflußträger von ihren Ideen zu überzeugen. Im Gegensatz dazu dominieren in der Bundesrepublik Deutschland große staatlich finanzierte Forschungsinstitute, die zu einem großen Teil Auftragsforschung durchfuhren. Eine aktive Beratung der Öffentlichkeit über mittel- bis langfristige politische Handlungsoptionen findet dagegen kaum statt. Ein Ansatzpunkt für mögliche Reformen der deutschen wissenschaftlichen Beratung der Wirtschaftspolitik liegt darin, den Beratungsmarkt stärker wettbewerblich zu organisieren. Dazu wäre es unter anderem nötig, Anreize für ein vermehrtes privates Engagement bei der Finanzierung der Beratung zu schaffen.
Summary
The institutional setting of advice giving institutions is very important in order to assure efficient policy advice, i.e. policy advice that, on the one hand, meets the demands of the citizens and, on the other hand, has good chances of being implemented through the political process. Therefore one should distinguish between institutions of policy advice that have the public as their primary addressees and institutions that give advice to politicians.
In Germany the advice giving landscape is characterized by mostly public funded research institutes, doing in the first place contract work for different ministries. In contrast to this, the US setting is dominated by a whole array of private funded, independent research institutes, so called think tanks. They work in a very competitive environment as each of them needs to compete for funding and for public attention. Hence their public oriented strategy that includes not only advice giving to political leaders but also to opinion leaders and the public via the press and the media. Think tanks thereby provide ample input about possible economic policy options for public debate.
In order to render economic policy advice in Germany more effective, the institutional structure should be modified in a way that helps to foster competition among the different institutes. To strengthen private funding of research institutes would be a first step in the right direction. The US think tank structure could serve as a role model for an institutionalization of economic policy advice geared towards the public.
© 2000 by Lucius & Lucius, Stuttgart
Artikel in diesem Heft
- Titelei
- Vorwort
- Inhalt
- Zu den Megafusionen in den letzten Jahren
- „Wettbewerb als Aufgabe“ - Leonhard Mikschs Beitrag zur Ordnungstheorie und -politik
- Internationale Finanzmärkte aus einer von Hayek inspirierten Sicht
- Hayek and International Economic Order
- Institutionen als Kognitionsproblem - Bemerkungen zu einer neurosensorischen Vermutung
- Der Wohlstand der Nationen und die Moral der Wirtschaftssubjekte
- Soziale Marktwirtschaft und Dritte Wege
- Wissenschaftliche Beratung der Wirtschaftspolitik - zur Rolle von Think Tanks in der US-amerikanischen Politikberatung
- Mehr Beschäftigung, weniger Arbeitslosigkeit: Setzt sich das ökonomische Gesetz gegen (verbands-)politische Macht durch?
- Zum Beharrungsvermögen von sozialen Übereinkünften - das Beispiel der Habilitation
- Wachstum und endogener technologischer Wandel - Eine Kritik des Wachstumsmodells von Paul Romer aus der Perspektive der Evolutorischen Ökonomik
- Die deutsche Rundfunkordnung im Wandel
- Die ,duale‘ Rundfunkordnung in der Kritik
- Ist das Gesundheitswesen in Deutschland ein „Nachfragemotor“ für Fortschritte in der Medizintechnik?
- Austritt erlaubt? Die Verfassung der Europäischen Union braucht ein Sezessionsrecht
- Wie sozial ist die europäische Sozialpolitik?
- Müssen die nationalen Krankenversicherungssysteme in der EU harmonisiert werden?
- Welthandelsordnung, regionale Teilordnungen und interregionale Klammerordnungen
- Besprechungen
- Personenregister
- Sachregister
- Anschriften der Autoren
Artikel in diesem Heft
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- Zu den Megafusionen in den letzten Jahren
- „Wettbewerb als Aufgabe“ - Leonhard Mikschs Beitrag zur Ordnungstheorie und -politik
- Internationale Finanzmärkte aus einer von Hayek inspirierten Sicht
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- Mehr Beschäftigung, weniger Arbeitslosigkeit: Setzt sich das ökonomische Gesetz gegen (verbands-)politische Macht durch?
- Zum Beharrungsvermögen von sozialen Übereinkünften - das Beispiel der Habilitation
- Wachstum und endogener technologischer Wandel - Eine Kritik des Wachstumsmodells von Paul Romer aus der Perspektive der Evolutorischen Ökonomik
- Die deutsche Rundfunkordnung im Wandel
- Die ,duale‘ Rundfunkordnung in der Kritik
- Ist das Gesundheitswesen in Deutschland ein „Nachfragemotor“ für Fortschritte in der Medizintechnik?
- Austritt erlaubt? Die Verfassung der Europäischen Union braucht ein Sezessionsrecht
- Wie sozial ist die europäische Sozialpolitik?
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