Zusammenfassung
Der Wissensarbeiter von heute muss Daten nicht nur finden, bearbeiten und analysieren, sondern immer öfter auch graphisch aufarbeiten können, um mit Datenvisualisierungen effektiv seinen Standpunkt zu kommunizieren. Wie das geht, kann man von Datenjournalisten lernen, die die Datenvisualisierung zu einer wahren Kunstform erhoben haben. Mit Hilfe von Beispielen wird argumentiert, dass effektive Datenvisualisierung, wie man sie in den Medien sieht, eines oder mehrere der folgenden drei Ziele erreicht: 1) Sie zieht die Aufmerksamkeit des Lesers an, 2) sie hilft bei der Erklärung komplexer Sachverhalte, 3) sie erreicht, dass der Leser sich an den Inhalt des Textes erinnert.
Abstract
Today’s knowledge workers not only have to be able to find, process and analyse data, but increasingly have to be able to present them in graphical form, so as to effectively communicate their point with data visualisations. One can learn from data journalists how to do this, who have taken data visualization to a form of art. With the help of examples, this paper argues that effective data visualization, as it can be found in the media, tries to achieve one or more of the following aims: 1) it attracts the attention of the reader, 2) it helps explain a fact, and 3) it creates lasting memories of the text’s content.
Resumée
Dans notre société de l’information, les professionnels doivent non seulement être capables de trouver, traiter et analyser des données, mais également de les mettre en forme graphiquement afin de communiquer efficacement leurs idées. Les data journalistes sont parmi les meilleurs maîtres pour se former à la visualisation de données tant ils ont érigé cette discipline en art. Au moyen d’exemples, cet article démontre que la visualisation efficace de données, telle que pratiquée dans les médias, cherche à atteindre au moins un des trois objectifs suivants : 1) attirer l’attention du lecteur, 2) aider à expliquer un fait, 3) laisser une impression durable du contenu du texte.
Einleitung
Der Wissensarbeiter von heute muss Daten nicht nur finden, bearbeiten und analysieren, sondern immer öfter auch graphisch aufarbeiten können, um mit Datenvisualisierungen effektiv seinen Standpunkt zu kommunizieren; sei es auf einem persönlichen Blog, auf der Firmenwebseite oder in den Sozialen Medien. Stories mit Daten erzählen ist der neue Trend.
Datenjournalisten nehmen daher eine Spitzentstellung ein. Dieser Text versucht anhand von Beispielen aus den Medien zu zeigen, wie man gute Datenvisualisierungen in der Praxis umsetzt.
Datenjournalisten haben die Datenvisualisierung zu einer wahren Kunstform erhoben. Das heißt, dass die Werke in großen Teilen auf der künstlerischen Intuition des jeweiligen Designers beruhen. Nichtsdestotrotz gibt es auch immer mehr wissenschaftliche Untersuchungen über die Effektivität von verschiedenen Visualisierungstypen. Wenn möglich, wird in diesem Text auf die relevanten Quellen hingewiesen.
Was macht eine Datenvisualisierung effektiv? Eine erfolgreiche Datenvisualisierung erreicht eines oder mehrere der folgenden drei Ziele: 1) Sie zieht die Aufmerksamkeit des Lesers auf den Artikel, 2) sie fördert das Verständnis komplexer Sachverhalte, 3) sie erreicht, dass der Leser sich an den Inhalt des Textes erinnert. Im Folgenden sollen diese drei Ziele separat genauer betrachtet werden.
1 Interesse wecken
Man kann es lieben oder hassen, aber die Realität ist, dass die Medien aktiv um die Aufmerksamkeit des Lesers buhlen. Im Zeitalter der schwindenden Print-Auflagen und steigender Auswahl von Nachrichtenkanälen im Internet versuchen sie mit allen Mittel so viele Klicks wie möglich zu bekommen. Um das zu erreichen, gehört heutzutage fast zu jedem Artikel ein Vorschaubild, nicht nur auf der Homepage, sondern – fast noch wichtiger – auf Twitter, Facebook, Bendle oder einer der vielen anderen Apps und Sozialen Netzwerke, die mittlerweile traditionelle Nachrichtenkanäle ersetzen. Der Grund ist einfach: Wie Twitter in einer Untersuchung herausgefunden hat, bekommt ein Tweet mit einem Vorschaubild viermal so viel Aufmerksamkeit wie einer, der nur Text beinhaltet. Und ein Tweet mit einer Bildserie wird nochmal öfter angeklickt als einer mit nur einem Bild.[1]
Und immer häufiger sieht man auch eine Datenvisualisierung als Vorschaubild, statt einem Foto, wie z. B. in Abbildung 1. Das kann daran liegen, dass für die Story kein passendes Foto gefunden wurde, dass der Verfasser sich von der Masse absetzen will, oder dass die Daten selbst die Hauptrolle in der Geschichte spielen.
In den meisten Fällen wurde dabei die Datenvisualisierung so gestaltet, dass sie sich als Vorschaubild eignet, am besten in einer Größe die auf einen Smartphone-Bildschirm paßt. Denn mittlerweile konsumiert die Mehrzahl der Leser ihre Nachrichten über mobile Geräte.
![Abbildung 1: Tweet von FAZ.NET, https://twitter.com/faznet/status/664076064881176577 [10.11.2015].](/document/doi/10.1515/iwp-2016-0019/asset/graphic/iwp-2016-0019_01.jpg)
Tweet von FAZ.NET, https://twitter.com/faznet/status/664076064881176577 [10.11.2015].
Allerdings gibt es keine Garantie, dass der Leser den Text auch liest nachdem er den Artikel geöffnet hat. Im Zeitalter der knappen Aufmerksamkeitsspanne ist es eine gängige Strategie längere Texte mit mehreren Multimediaelementen, einschließlich Datenvisualisierungen, aufzubrechen.
Einige Artikel, wie der von der Süddeutschen Zeitung zum Jubiläum der Erstbesteigung des Matterhorns z. B., gehen noch einen Schritt weiter (Abbildung 2): Sie integrieren Text und Visualisierung so, dass die dargestellte Grafik sich dem Lesefortschritt anpasst. In diesem Beispiel werden auf einer Karte die entsprechenden Zwischenstationen der Bergbesteigung angezeigt. Auf diese Weise wird der Leser nicht nur informiert, sondern spielerisch zum Weiterlesen animiert.
![Abbildung 2: Sueddeutsche.de, http://gfx.sueddeutsche.de/gesellschaft/2015-07-11-matterhorn/ [13.7.2015].](/document/doi/10.1515/iwp-2016-0019/asset/graphic/iwp-2016-0019_02.jpg)
Sueddeutsche.de, http://gfx.sueddeutsche.de/gesellschaft/2015-07-11-matterhorn/ [13.7.2015].
2 Verständnis fördern
Datenvisualisierungen sind – wenn sie gut gemacht sind – ein mächtiges Werkzeug um numerische Fakten zu kommunizieren. Das liegt daran, dass visuelle Elemente auf das präattentive Wahrnehmungsvermögen wirken. Das heißt, visuelle Muster werden vom Gehirn ohne große mentale Anstrengungen verarbeitet.
Damit eine Datenvisualisierung dies erreicht, müssen drei Sachen gegeben sein. Erstens sollte die Art der Grafik zur Aussage, die man kommunizieren möchte, passen. Zweitens sollte die Visualisierung frei von ablenkenden Grafikelementen wie überflüssigen 3D-Effekten, Schattierungen oder z. B. fetten Rasterlinien sein.[2] Drittens hilft es, wenn Beschriftung, Farbwahl, und Anmerkungen dem Leser deutlich machen, was er sehen soll.
Die Datenvisualisierung in einem Artikel auf Stern.de in Abbildung 3 ist ein gutes Beispiel. Die Autoren hatten recherchiert, wie viele Fußballspieler, die seit der Wende für die Nationalmannschaft aufgelaufen sind, aus den neuen Bundesländern kommen. Die Grafik zeigt die Anzahl der Tore von Nationalspielern, die seit der Wiedervereinigung geschossen wurden. Man sieht sofort, dass Spieler aus den alten Bundesländern drei Mal so viele Tore wie die Spieler aus den neuen Bundesländern geschossen haben.
![Abbildung 3: Stern.de, http://www.stern.de/sport/fussball/wie-die-einheit-die-nationalmannschaft-praegte-6475472.html [ 30. 9. 2015].](/document/doi/10.1515/iwp-2016-0019/asset/graphic/iwp-2016-0019_03.jpg)
Stern.de, http://www.stern.de/sport/fussball/wie-die-einheit-die-nationalmannschaft-praegte-6475472.html [ 30. 9. 2015].
Der hier gewählte Typ der Datenvisualisierung– nämlich horizontale Balken – ist heutzutage eine populäre Wahl, die sich immer dann anbietet, wenn man eine quantitative Zahl (z. B. hier die Anzahl der Tore) über verschiedene Untergruppen (z. B. hier die Herkunft der Spieler) hinweg vergleichen möchte.
Forschungsstudien haben gezeigt, dass das Gehirn leicht die Länge sowie die horizontale und vertikale Position von grafischen Elementen vergleichen kann.[3] In dem Beispiel oben kann man sofort sehen, dass der rote Balken dreimal so lang wie der schwarze ist.
Die Studien haben auch gezeigt, dass andere grafische Eigenschaften wie z. B. Winkel, Flächengröße, oder Farbsättigung und -schattierung sich weniger gut für Vergleiche von quantitativen Maßzahlen eignen.[4] Aus diesem Grund sieht man auch Tortendiagramme – hierbei muss das Gehirn die Winkel und Flächen von verschiedenen Tortenstücken vergleichen – nicht mehr ganz so häufig wie noch vor einigen Jahren. Tortendiagramme eignen sich nur, wenn man das Verhältnis von einem (allerhöchstens zwei) Segmenten in Relation zum großen Ganzen darstellen will.
Horizontale Balken haben – im Gegensatz zu vertikalen Säulen – auch den Vorteil, dass man die Beschriftungen einfacher lesen kann, weil man den Kopf dafür nicht drehen muss. Dazu braucht man keine Farblegende, da die Balken direkt beschriftet werden können. Das macht es einfacher, sofort das zu sehen, was man sehen soll.
Dabei hilft auch die Farbwahl. In Abbildung 3 macht der Kontrast zwischen dem schwarzen und dem roten Balken sofort deutlich, was man vergleichen soll. Während die Farbe sich schlechter eignet um quantitative Differenzen darzustellen, kann man damit gut kategorische Unterschiede hervorheben, wie in diesem Beispiel gesehen.
Ein anderer Trick ist es die Balken der Größe nach zu sortieren, wie z. B. in Abbildung 1. Hier wird der Blick sofort auf den längsten Balken geleitet. Aber, wenn es in der Story um die Nummer Zwei oder Drei geht, dann muss man die Balken auf andere Art und Weise hervorheben (Pfeile, Beschriftung, farbliche Hervorhebung o. ä.), wie z. B. in Abbildung 4, eine Grafik aus einem Artikel zur Debatte um die umstrittene dritte Startbahn für den Flughafen Heathrow.
Abbildung 5 dient als Gegenbeispiel: Hier weiß man auf den ersten Blick nicht, was man betrachten soll. Die Grafik zeigt verschiedene Todesursachen in den USA. Die Überschrift sagt, dass mehr Leute durch Schusswaffen als durch Terroranschläge getötet werden. Aber man erkennt das nicht sofort in der Grafik. Der Grund ist, dass das Farbschema zwar sehr schön aussieht, aber nicht effektiv ist, um das Auge auf das Wesentliche zu lenken. Außerdem bleibt unklar, ob man die Werte für die einzelnen Jahre oder die verschiedenen Kategorien vergleichen soll. Schlussendlich ist man auf eine Farblegende angewiesen, sodass man ein paar Mal hin- und herschauen muss, bis man weiß, welche Balken welche Todesursache darstellen.
![Abbildung 4: Economist.com, http://econ.st/1JzNgWT [4.7.2015].](/document/doi/10.1515/iwp-2016-0019/asset/graphic/iwp-2016-0019_04.jpg)
Economist.com, http://econ.st/1JzNgWT [4.7.2015].
Im Vergleich dazu schafft es Abbildung 6 besser die gleiche Story zu vermitteln, auch wenn sie dafür die Daten etwas vereinfacht und sich auf zwei Todesursachen konzentriert. Hier sieht man sofort, dass jedes Jahr deutlich mehr Amerikaner durch Schusswaffen als durch Terrorattacken sterben. Mit einem Liniendiagramm wurde hier der Zeit-Trend (der hier zweitranging ist) dargestellt. Der weiße Raum zwischen den Linien und die kontrastreiche Farbwahl (Blau und Rot) machen sofort klar, welche Unterschiede hier relevant sind.
![Abbildung 5: Wired.com, http://www.wired.com/2015/10/infographic-guns-kill-more-americans-than-terrorists-do/ [10.02.2015].](/document/doi/10.1515/iwp-2016-0019/asset/graphic/iwp-2016-0019_05.jpg)
Wired.com, http://www.wired.com/2015/10/infographic-guns-kill-more-americans-than-terrorists-do/ [10.02.2015].
![Abbildung 6: CNN.com, http://edition.cnn.com/2015/10/02/us/oregon-shooting-terrorism-gun-violence/ [3.10.2015].](/document/doi/10.1515/iwp-2016-0019/asset/graphic/iwp-2016-0019_06.jpg)
CNN.com, http://edition.cnn.com/2015/10/02/us/oregon-shooting-terrorism-gun-violence/ [3.10.2015].
In Abbildung 6 wurde das Problem gelöst, indem der Datensatz so einfach wie möglich gehalten wurde; anders als in Abbildung 5, werden nur zwei Zeitreihen miteinander verglichen. Die Datenvisualisierung auf das Wesentliche zu beschränken, ist häufig die beste Art mit komplexen Informationen umzugehen.
Das geht aber natürlich nicht immer. Nicht immer ist die Realität schwarz oder weiß. Manchmal will man auch nicht nur einfache Gegensätze darstellen, sondern Unterschiede in Unterschieden bebildern. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten. Man kann zum Beispiel die Grafik etappenweise aufbauen und dem Leser jeden Schritt erklären. Oder man verteilt die Daten auf verschiedene Visualisierungen. Oft bietet es sich auch an, mehrere ähnliche Grafiken in einem Raster anzuordnen (sogenannte „Small Multiples“), wie in Abbildung 7.
![Abbildung 7: NZZ.ch, http://www.nzz.ch/international/fluechtlingskrise/der-stand-der-fluechtlingskrise-im-ueberblick-ld.2025 [6.11.2015].](/document/doi/10.1515/iwp-2016-0019/asset/graphic/iwp-2016-0019_07.jpg)
Man kann auch versuchen, mit einem anderen Datenvisualisierungstyp zu verdeutlichen, was man zeigen will. Ein sogenannter Dotplot eignet sich z. B. oft, um Unterschiede in Unterschieden dazustellen, wie Abbildung 8 deutlich macht. In dieser Grafik geht es um die Aufholjagd von Borussia Dortmund während der Saison 2014/2015 und die Frage, ob in der Geschichte der Bundesliga schon mal eine Mannschaft 11 Tabellenplätze aufgeholt hat. Man sieht schnell – in dem man die Abstände der Punkte, sprich die Länge der Verbindungslinien vergleicht – dass außer Borussia Dortmund auch der Hamburger SV eine ähnliche Aufholjagd bewältigt hat.
![Abbildung 8: N-TV.de, http://www.n-tv.de/15099711 [14.5.2015].](/document/doi/10.1515/iwp-2016-0019/asset/graphic/iwp-2016-0019_08.jpg)
N-TV.de, http://www.n-tv.de/15099711 [14.5.2015].
3 Erinnerungen kreieren
Eine saubere, leicht zu verstehende Datenvisualisierung ist aber noch keine Garantie, dass man damit den Leser erreicht, bzw. dass er die Kernaussage langfristig verinnerlicht.
Die Einprägsamkeit von Datenvisualisierungen war bis vor kurzem noch wenig untersucht. Es gibt nur ein paar wissenschaftliche Studien, die sich damit beschäftigen.[5] In einem Experiment wurde gezeigt, dass eine künstlerische Ausstattung der Grafik helfen kann, den Inhalt der Visualisierung besser zu erinnern.
Datenvisualisierungen mit Piktogrammen und anderen Grafikelementen zu verzieren war in den 80er und 90er Jahren populär; heutzutage sehen wir häufiger ein eher minimalistisches Design, dass auf die Verständlichkeit abzielt, wie oben erklärt, und wie es von Datenvisualisierungsgurus wie Edward Tufte[6] oder Stephen Few[7] propagiert wird.
Trotzdem gibt es heutzutage viele gute Beispiele von einprägsamen Datenvisualisierungen. Datenjournalismusexperten wie Alberto Cairo[8] oder Cole Nussbaumer Knaflic[9] würden sagen, dass die einprägsamsten Datenvisualisierungen die sind, die eine Story wiedergeben.
Wie erzielt man diesen Storytelling-Effekt? Wie jede gute Geschichte braucht man eine Einleitung, die den Kontext erklärt, einen Hauptteil, der das Problem im Detail erörtert und ein Ende, das das Problem auflöst.
Für den „Hauptteil“ braucht man meist Differenzen – alle guten Geschichten basieren auf Gegensätzen zwischen den Hauptfiguren. Ebenso in der Datenvisualisierung. Man sollte also versuchen, diese in den Daten wiederzufinden – reich gegen arm, liberal gegen konservativ, was war gegenüber dem was hätte sein können, usw. – und mit den Hilfsmitteln, die im vorherigen Abschnitt beschrieben wurden, visuell auszuarbeiten oder dem Leser die Möglichkeit zu geben, diese selber zu erkunden.
Des Weiteren schafft es eine gute Geschichte, den Leser an dem Punkt abzuholen, der ihm schon vertraut ist. Je weniger der Leser die Welt der Geschichte kennt (etwa eine Fabelwelt) desto wichtiger wird die Einleitung, die diese beschreibt.
Manchmal kann man das in der gleichen Grafik erreichen, wie zum Beispiel in Abbildung 6. Man hat als Laie nicht unbedingt eine Vorstellung davon, wie viele Leute an verschiedenen Todesursachen in den USA sterben. Allerdings können die meisten von uns sich noch an den 11. September erinnern. Die Anzahl der Todesopfer der Terrorattacken werden durch den „Hügel“ am Anfang der blauen Linie dargestellt – der Wert für das Jahr 2001. Dies ermöglicht einen Vergleich der Zahlen mit etwas, wofür wir eine konkrete Vorstellung haben.
Bei komplexeren Sachverhalten muss man als „Einleitung“ erst eine andere Grafik zeigen, wie zum Beispiel in Abbildung 9 und Abbildung 10. Diese sind aus einem Artikel über die Leistungskurven der schnellsten 100m-Läufer der Welt. Mit Hilfe der ersten Grafik, die die Jahresspitzenzeiten der einzelnen Läufer im Verhältnis zum Alter darstellt, zeigen die Autoren, dass die meisten Athleten nach einem gewissen Alter wieder langsamere Zeiten laufen. Laut der gestrichelten Trendlinie liegt der durchschnittliche Leistungshöhepunkt bei ca. 22 Jahren (Abbildung 9).
![Abbildung 9: FT.com, http://ig.ft.com/sites/2015/the-fastest-men-in-the-world/ [22.8.2015].](/document/doi/10.1515/iwp-2016-0019/asset/graphic/iwp-2016-0019_09.jpg)
FT.com, http://ig.ft.com/sites/2015/the-fastest-men-in-the-world/ [22.8.2015].
![Abbildung 10: FT.com, http://ig.ft.com/sites/2015/the-fastest-men-in-the-world/ [22.8.2015].](/document/doi/10.1515/iwp-2016-0019/asset/graphic/iwp-2016-0019_10.jpg)
FT.com, http://ig.ft.com/sites/2015/the-fastest-men-in-the-world/ [22.8.2015].
In dem Artikel werden die Karrieren mehrerer Athleten einzeln diskutiert. Abbildung 10 zeigt z. B. die Leistungskurven von Usain Bolt und von Justin Gatlin. Ersterer ist seine bisher beste Zeit – der derzeitige Weltrekord – im Alter von 22 Jahren gelaufen. Seitdem geht es für Bolt tendenziell bergab. Wird er nochmal einen neuen Rekord setzen können? Hoffnung macht die Formkurve von Gatlin, der seine beste Zeit im Alter von 33 Jahren gelaufen ist.
Dieser datenjournalistische Spannungsbogen wurde hier durch die Verwendung von einzelnen Diagrammen erzielt. Man hätte aber auch eine kommentierte Animation oder eine „Diashow“ mit verschiedenen Folien verwenden können. Wichtig ist nur, dass der Leser nicht mit Informationen überflutet, sondern langsam an die Geschichte herangeführt wird. Dann sind die Chancen gut, dass er auch davon etwas mitnimmt.
Conclusio
Es wurde behauptet, dass Datenjournalisten drei verschiedene Absichten verfolgen, wenn sie Datenvisualisierungen verwenden: Sie wollen Interesse wecken, Verständnis fördern und Erinnerungen kreieren.
Obwohl das ein hilfreiches Rahmenwerk für die Untersuchung von guten Beispielen ist, sollte auch klar sein, dass diese Ziele nicht immer deutlich trennbar sind. Ausprägungen, die eine Grafik verständlich machen, können auch helfen, dass einem diese länger im Gedächtnis bleibt.
Auch kann es legitim sein, nur auf einen oder zwei der drei Zwecke abzuzielen. Besonders da es manchmal der Fall zu seien scheint, dass die Kategorien im Widerspruch miteinander stehen. So kann es vorkommen, dass jemand das leichte Verständnis aufgibt, um einen hohen Aufmerksamkeitseffekt mit einer sehr ausgefallenen Visualisierung zu erzielen.
Die hohe Kunst des Datenjournalismus versteht es mit Datenvisualisierungen alle drei Ziele zu erreichen.
Es wird erhofft, dass Wissensarbeiter, die ihre Daten kommunizieren möchten, mit Hilfe dieses Rahmenwerkes leichter von den vielen Beispielen, die in den heutigen Medien anzufinden sind, lernen können.
Literatur
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Florian Ramseger ist Produktspezialist bei Tableau Software. Dort hilft er Nutzern von Tableau Public, ihre Daten zu visualisieren. Davor arbeitete er für das Weltwirtschaftsforum und das Internationale Rote Kreuz im Bereich Datenanalyse und Datenvisualisierung. Er hat einen Master in VWL von der London School of Economics.
© 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
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- 日本の情報学 ・Informationswissenschaft studieren im „Land der aufgehenden Sonne“
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